Dienstag, 6. November 2018

Vagina Lips: Strange, good life

"Jimmy Polioudis is a strange adult boy who lives in Thessaloniki and writes music...", mit diesem Satz beginnt die Nachricht und für die erste Feststellung hätte es wohl keine nähere Erläuterung gebraucht. Auf die Auswahl des Bandnamens verwenden Jungs noch vor erfolgter Gründung derselben mindestens die Hälfte der Zeit (die andere geht für Styling, Auswahl des Equipments, Verteilung der Rollen und, naja, auch ein bisschen üben drauf) - wer für sein Projekt den Namen Vagina Lips wählt, der muß schon besonders und auch besonders selbstbewusst sein. Eigentlich hieß das Soloprojekt des jungen Griechen mal Zimmy Lips, das musizierte noch Kostantinos Iosifidis mit, aber dann war Jimmy allein und Kosta fungierte lieber als Produzent. Nach einer Reihe von Veröffentlichungen als digitale Alben, Tapes und EP kommt nun via Inner Ear Records "Generation Y", die neue Platte, ins Regal und Polioudis präsentiert sich hier einmal mehr unter dem Einfluss seiner Idole Sonic Youth, Stereolab und Car Seat Headrest. Zwei Stücke gibt es bereits daraus zu hören, dem früher veröffentlichten "This Is A Good Life" folgt nun "Boy June" - dunkel, intensiv, geheimnisvoll. Ganz so, wie es bei der Geschichte zu erwarten war.



Montag, 5. November 2018

Idles: Bereitwillige Unterwerfung

Am Freitag dieser Woche ist es endlich soweit, dann startet die derzeit mutmaßlich beste Liveband der Welt (nein, diesmal ist mal nicht von Rammstein die Rede) auch hierzulande einen weiteren Eroberungsfeldzug. Denn wo auch immer die Idles aus Bristol bislang gewesen sind, sie hinterlassen grenzenlose Begeisterung und Unterwerfungsgesten, die man sonst nur von zwielichtigen Sekten kannte. Weil aber leider schon fast alle Spielorte ausverkauft sind, legen die fünf Briten nach und geben für das kommende Frühjahr noch ein paar Termine bekannt. Und wer an der aktuellen Tour zum fabelhaften Album "Joy As An Act Of Resistance" Gefallen finden sollte (woran nun wirklich kaum Zweifel besteht), darf für das nächste Jahr eine kleine Städtereise planen.

13.04.  Schorndorf, Manufaktur
15.04.  Köln, Gloria Theater
16.04.  Bielefeld, Forum Bielefeld
17.04.  Erlangen, E-Werk

The Good, The Bad And The Queen: Goldjunge [Update]

Wenn Damon Albarn etwas anpackt, dann wird das irgendwie immer auch gut. Der Mann mit dem Midas Touch hat Blur zum Comeback geführt, solistisch überzeugen können und auch die Gorillaz mehr als nur am Leben gehalten. Fast vergessen hatte man, daß es da ja auch noch die formidable Super Group namens The Good, The Bad And The Queen gab, ja sogar gibt, gemeinsam mit Musiker von The Clash, The Verve und Tony Allen. Deren selbstbetiteltes Debütalbum ist vor ganzen elf Jahren erschienen, nun kündigen Albern und Kollegen für den 16. November einen Nachfolger mit dem Titel "Merrie Land" an. Zehn neue Songs soll der enthalten, produziert hat diesmal nicht Danger Mouse, sondern Tony Visconti und das Titelstück gibt es samt Albumcover gleich mal für lau vor Ort.

Update: Da ist sie wieder, unsere Puppe - diesmal mit dem feinen Song "Gun To The Head".



Samstag, 3. November 2018

LCD Soundsystem: Zur rechten Zeit

Ein Track, wie gemacht für diese Band. Und leider auch wie gemacht für diese Zeit - immer noch. LCD Soundsystem haben eine Live-Studio-Album unter dem Titel "Electric Lady Sessions" via DFA angekündigt und ein Track der Platte, die später in diesem Jahr erscheinen soll, ist das Cover von Heaven 17 "(We Don't Need That) Fascist Groove Thang". Der Titel kommt natürlich nicht ohne Grund mit hinein in die Halbzeitwahlen in den USA - was James Murphy vom jämmerlichen Zustand seines Heimatlandes inklusive seiner derzeitigen Regierung hält, hat er ausführlich auf seinem letzten Werk "American Dream" verarbeitet, wahrlich keiner freudesprühender, gleichwohl aber großer Wurf.

Donnerstag, 1. November 2018

Rammstein: Hysteria Germania

Wie hat man sich das vorzustellen? Etwa so, dass in allen größeren deutschen Städten spezielle Suchkommandos rekrutiert werden (der Bundesgrenzschutz hilft mit einem Sondererlaß des Innenministers natürlich selbstlos aus), diese berichten rund um die Uhr an eingerichtete Taskforce-Büros, welche wiederum die begehrten Informationen sammeln, abgleichen und interessierten Medien weiterleiten. Warum? Nun, Rammstein haben gerade unter dem Hashtag #gebtfeinacht ein paar Plakate aufgehängt und Projektoren installiert - jedem, der offenen Auges durch die Großstadt seiner Wahl läuft, sollte das nicht entgangen sein. Und weil man ja weiß (oder besser glaubt zu wissen), dass die Berliner Band 2019 wohl ihre allerletzte Platte veröffentlichen wird, wird der Scheiß mit den Konzerten natürlich noch heißer. Warum nun für Berlin die Alte Försterei und nicht das Olympiastadion kolportiert wird, weiß wohl nur die Band selbst (und natürlich die Fans von Eisern Union), was sonst noch dazu kommt, werden wir wohl morgen erfahren, dann geben Rammstein in Dresden (angeblich) eine Pressekonferenz. Bis dahin können wohl alle Praktikanten, die jetzt noch erfolglos durch Stuttgart, Leipzig oder Bremen ziehen, vorerst abgezogen werden.

Update: Nun, das Thema Alte Försterei hat sich erledigt, hatte aber trotzdem Charme.

27.05.  Gelsenkirchen, Veltins Arena
28.05.  Gelsenkirchen, Veltins Arena
08.06.  München, Olympiastadion
12.06.  Dresden, Rudolf-Harbig-Stadion
13.06.  Dresden, Rudolf-Harbig-Stadion
16.06.  Rostock, Ostseestadion
22.06.  Berlin, Olympiastadion
02.07.  Hannover, HDI-Arena
13.07.  Frankfurt am Main, Commerzbank-Arena
22.08.  Wien, Ernst-Happel-Stadion

Dienstag, 30. Oktober 2018

Blushing: Verschworene Gemeinschaft

Etwas kratziger geht es bei Blushing aus Austin/Texas zu. Obwohl auch das nur auf den Klang der Gitarren gemünzt ist, denn das Quartett ist in der Musikszene eine ziemliche Seltenheit: Es musizieren hier nämlich zwei Ehepaare miteinander. Ins Leben gerufen wurde die Shoegazing-Formation 2015 von den beiden Frauen Michelle Soto und Christina Carmona, bald unterstützt von den dazugehörigen Partnern Jake und Noe. Zwei Jahre später erschien die Debüt-EP "Tether", bald darauf das Kurzformat "Weak". Nun hat das Quartett das Doppel "The Truth/Sunshine" bei The Nothing Song Records veröffentlicht, und auch hier vermeldet das Label ein komplettes Album für das nächste Jahr. Wollen wir hoffen, dass die ungewöhnliche Partnerschaft auch weiterhin Bestand hat, bis jetzt können wir uns über den Output jedenfalls nicht beklagen.

Montag, 29. Oktober 2018

Cake: Aus der Versenkung

Ja, und dann waren da noch Cake. Irgendwie bekannt? Doch, doch - mit "The Distance", "Perhaps,..." und "I Will Survive" kann ja nun hoffentlich jeder, der diesen Blog liest, etwas anfangen, denn diese beiden Songs gehören schließlich beide zur unbedingten Partyausstattung gehobenen Alters. Das letzte richtige Studioalbum von John McCrea und Kollegen datiert allerdings auch schon auf das Jahr 2011, hörte auf den Namen "Showroom Of Compassion" und war, bei allem Respekt, keine wirkliche Offenbarung. Vielleicht wird das ja diesmal anders, denn eine neue Platte soll laut CoS in Arbeit sein, die erste Hörprobe vorab heißt "Sinking Ship" und kommt mit einem Animationsvideo von Owen Streeter daher. Erstaunlich übrigens, dass die Herren noch zum Musik machen kommen, denn die meiste Zeit sind sie, besucht man ihre Facebook-Seite, nämlich politisch höchst aktiv - Respekt.

Kagoule: Und immer wieder Lieblingslieder

Kagoule
„Strange Entertainment“
(Alcopop Records)

Das ist sicher keine leichte Entscheidung: Das erste Album draußen, von der Kritik hoch gelobt, die Fanbase ist begeistert, aber der richtige Durchbruch scheint noch nicht gelungen. Frage also: Wie weiter? Auch Kagoule aus Nottingham haben sich um eine Antwort wohl nicht herumdrücken können, nachdem ihr Erstling „Urth“ 2015 das Grunge-Revival befeuert und auch sonst viel Lob geerntet hatte. Gleichwohl steht man als Musiker irgendwie immer vor der Entscheidung, ob man weiter vor allem dem eigenen Anspruch genügen möchte und unbeeindruckt weiterwerkelt oder besser auf ein paar Ecken und Kanten verzichtet und dem Geschmack der Masse und ein paar Ziffern mehr auf dem Kontoauszug so ein paar Meter näher kommen will. Beides zusammen geht selten und gleich, welche Richtung man einschlägt – es erwarten einen garantiert Beifall und Unverständnis zu gleichen Teilen.



Was von dem Trio aus der Mitte der Insel zu erwarten war, ließ sich schon aus einem Interview mit Gitarrist und Songschreiber Cai Burns herauslesen, das dieser einem Netzportal bei Veröffentlichung der Single „Not My Day“ gegeben hatte: „Das wichtigste und lohnendste für mich ist, dass ich einen Song, den ich gemacht habe, wirklich genießen kann. Das mag vielleicht komisch oder sogar egoistisch klingen, aber ich versuche tatsächlich, einfach jedes Mal mein neues Lieblingslied zu schreiben.“ Was zwischen den Zeilen nichts anderes heißen soll, als daß es ihm ziemlich egal ist, wem außer der Band selbst seine Ideen sonst noch gefallen, solange sie für ihn, Bassistin Lucy Hatter und Drummer Lawrence English funktionieren, läuft alles bestens.



Keine Sorgen also für alle, die den Ausverkauf fürchteten, Kagoule klingen weiterhin so rough und eckig wie zu Zeiten des Debüts. Sie haben ein einige, kleinere Stellschrauben gedreht, der Grunge steht nicht mehr ganz so dominant im Vordergrund, ein paar Synthsequenzen und Fuzzgitarren wurden ergänzt. Angepaßt oder gar glanzpoliert wirkt das alles bei weitem nicht. Auffällig oft hat sich Burns auch die Leadvocals geschnappt, Hatter übernimmt in der Regel den Backing-Part und tritt nur selten in die erste Reihe. Richtig durchgerockt wird eigentlich nur beim Dreiklang aus besagtem „It’s Not My Day“, „Superhuman“ und dem vorzüglichen „Mister Automaton“, die restlichen Stücke frönen der Lust am Gegenspiel aus laut und leise, hart und zart und wechseln das Tempo nach Belieben. Sie haben lange gebraucht für diesen zweiten Wurf und liest man ihre aktuellen Tweets richtig, spürt man einige Erleichterung, daß der Kampf nun endlich vorbei ist. Bleibt zu hoffen, dass ihnen der Anhang die Konsequenz danken wird – wir fangen jedenfalls schon mal an und vergeben die maximal erreichbare Punktzahl.

Sonntag, 28. Oktober 2018

Screaming Females: Gegenbeweis [Update]

Screaming Females
"All At Once"

(Don Giovanni Records)

Zuverlässig wie Trumps Tritte ins nächstgelegene Fettnäpfchen kommt immer jemand mit der Behauptung um die Ecke, die Gitarre hätte als Musikinstrument endlich ausgedient und keiner wolle sie mehr hören. Diese nichtsnutzigen Unkenrufe werden zukünftig mit einem Wochenendseminar bei den Screaming Females in New Jersey bestraft und deren Frontfrau Marissa Paternoster wird mit gewohntem Furor schon dafür sorgen, daß derlei unwahre Behauptungen künftig unterbleiben. Das aktuelle Album des Trios ist nämlich pickepackevoll mit lauter Gegenbeweisen, wir hören laut schrammelnden Indierock allererster Güte, der Vergleich mit dem Frühwerk der Smashing Pumpkins, der die Band schon seit ihren Gründertagen und dem Durchbruch "Ugly" (2012) verfolgt, läßt sich auch hier beim besten Willen nicht leugnen.



Gab es auf dem ebenfalls sehr gelungenen "Rose Mountain" einige Anzeichen für eine vorsichtige Diversifizierung hin zu neuen Instrumenten, ungewöhnlichen Arrangements, ist hier der Focus wieder strikt auf die rohe Gewalt polternder Riffs gerichtet, in mehreren Fällen gönnt man sich gar herrlich altmodische Gitarrensoli. Und das macht wirklich nur, wer sich seiner Sache ziemlich sicher ist. Dass Paternoster mit allem Unbill der Welt vor ihrer Haustür einen tagtäglichen Kampf ausfechtet, liegt auf der Hand - medialer Overflow und damit einhergehende Überforderung ("Glass House"), männliche Dominanz und Arroganz ("Black Moon") und vieles mehr treiben sie um und ihre Wut bricht sich in jedem der fünfzehn Songs Bahn. Die Screaming Females bleiben mithin nicht nur die Antithese zur musikalischen Trendhascherei, sondern auch eine wichtige Stimme der resistancehttp://screamingfemales.com/

28.05.  Köln, Buman und Sohn
29.05.  Berlin, Kantine Berghain
30.05.  Hamburg, Hafenklang
Tour-Update:
05.03.  Düdingen, Bad Bonn
06.03.  Zürich, Rote Fabrik
11.03.  Wien, Chelsea
12.03.  München, Unter Deck
16.03.  Berlin, Cassiopeia

Object As Subject: Wilde Bande [Update]

Wenn wir das allgemeine Wohlbefinden einmal kurz stören dürften? Damit es nicht allzu heimelig wird? Zum Beispiel mit diesem Quintett hier: Object As Subject sind eine All-Girl-Punkband aus Los Angeles, die gerade ihre Debütsingle "WEAPONRY" vorgelegt haben, tatsächlich ist das Quartett eine Interessensgemeinschaft von fünf ziemlich lauten Damen - Sängerin Paris Hurley, eigentlich ausgebildete Violinistin, die die Band vor vier Jahren gegründet hat und ursprünglich bei der Kapelle Culture Shock spielte, weiterhin Emilia Richeson, Gina Young (Sorority), Megan Fowler-Hurst (Tales Between Our Legs) und Patty Schemel von den legendären Hole. Das ganze Album folgt der EP "Irons In The Fire" (2016), wird "Permission" heißen und ist für den 17. August bei Lost Future Records gelistet. Schaut man sich Live-Performances wie die folgende, superkurze an, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die fünf durch die berüchtigte Decke gehen.

Update: Bild zum Ton - hier aktuell nachgereicht das Video zu "WEAPONRY" von Regisseurin Megan Fowler-Hurst.





Samstag, 27. Oktober 2018

Sudden Infant: Mega Dada City

Neues auch aus dem Hause Harbinger Sound: Die schweizerischen Dada-Punks von Sudden Infant haben ja kürzlich ihr neues Album "Buddhist Nihilism" veröffentlicht, die aktuelle Single "Hong Kong Nursery" hat nun ein Video unter Regie von Marcel Derek Ramsey bekommen - Straßenszenen aus der Megacity und Aufnamen von einem Konzert in Brüssel. Warum das Trio auf dem gleichen Label wie die Sleaford Mods und Paul Smith erscheint, kann man bei diesem Song exemplarisch hören, auch wenn der Grundstein angeblich, wie das Portal Everything Is Noise kolportiert, von zwei Kids stammen soll, die im Studio während des Soundchecks etwas umeinandergetrommelt haben.



Blonde Redhead: Konsequent anders

Schon ihre letzte Platte "Barragán" hatte einem neuen Sound Platz gemacht - Blonde Redhead waren jetzt eher was für's Jazzcafé, für die dunkle Nachtbar, wo man sich eigenwillige Soundtracks gibt statt lauter Indierocksachen. In die gleiche Richtung ging dann auch die neue EP "3 O'Clock", 2017 erschienen, voll mit sanften Melodien, Streichern, Bläsern, asiatische Zwischentöne sogar. Es überrascht deshalb kaum, dass Kazu Makino und Kollegen auf ihrem ersten neuen Song seit langer Zeit wieder variieren - "We Should Be Holding Hands" kommt fast als Reggae-Tune daher, die Rhythmik dunkel, das Blech soulful, wunderbar. Wir bleiben neugierig.

Sigrid: Nachschlag

Jaja, ist schon klar, über MUNA, Empress Of, Robyn oder Chlöe Howl schreiben, aber diese junge Dame hier unterschlagen - geht ja mal gar nicht. Gibt's jetzt eine linke Gerade für, im übertragenen Sinne. Denn Sigrid, gerade erst zweiundzwanzigjährige Sängerin aus dem norwegischen Städtchen Ålesund, hat ja schon im vergangenen Jahr mit ihrer Single "Don't Kill My Vibe" das Business kräftig aufgemischt, 2018 kam dann "High Five" und nun schlägt sie mit "Sucker Punch" noch einmal nach. Die Single ist Anfang Oktober im Umlauf, nun gibt es ein hübsches Video dazu und wenn einen das nicht für sie einnimmt, dann wissen auch wir nicht mehr weiter.



Laura Jane Grace: Neue Wege

Ganz so solo ist das natürlich nicht: Laura Jane Grace, Frontfrau der Punk-Kapelle Against Me! und dort über die Jahre hauptverantwortlich für den Transgender Disphoria Blues, wagt den Alleingang und wird am 9. November gemeinsam mit den Devouring Mothers ihre erste eigene Platte "Bought To Rot" veröffentlichen. Hinter den gefräßigen Müttern verbergen sich Drummer Atom Willard und Bassist Marc Jacob Hudson, hinter dem neuen Album eine klare Vorstellung: "Ich möchte nicht mehr über dieselben Dinge schreiben ", sagte Grace in den Liner Notes, "Ich brauche neue Inspirationsquellen. Und ich möchte nicht negativ sein. Ich will ein paar positive, fröhliche Lieder schreiben und mich vom positiven, glücklichem Leben inspirieren lassen." Na, wir sind jedenfalls dabei, hier nach "The Airplane Song" und "Apocalypse Now" die dritte Vorauskopplung "Reality Bites".

Freitag, 26. Oktober 2018

Sgrow: Anhaltend unangepaßt

Bleiben wir doch einfach mal elektronisch und teilen gleich noch den neuen Track des norwegischen Duos Sgrow. Schon im vergangenen Jahr hatten wir Vilde Nupen und Kristoffer Lislegaard hier auf dem Schirm, da nämlich erschien ihr Album "Circumstance" und weil das alles so angenehm unangepaßt klang und eine Verwandschaft zur Lieblingsisländerin Björk mehr als auf der Hand lag, gab's viel Lob dafür. Gleiches könnte sich nächstes Jahr wiederholen, dann nämlich erscheint die Folgeplatte "Circumstance II", eine erste Auskopplung geht heute mit dem Track "You" samt Video von Linnea Syversen in die Runde.

Bit Cloudy: Ohne Störgeräusche

Wen ständiges Gerede auch manchmal nervt, für den haben wir hier gerade mal ohne störende Nebengeräusche: Der Londoner Musiker und Produzent Martin Thompson, Eingeweihten unter dem Moniker Bit Cloudy ein Begriff, hat gerade seine neue EP fertiggestellt, "Cut Crescent" wird sie heißen und am 16. November zum Kauf und Download bereitstehen. Die Mischung aus Krautrock und House darf man auch gleich mal im ersten Vorabtrack "Street Orbit" begutachten, die restlichen vier Stücke folgen dann zum genannten Termin.

Donnerstag, 25. Oktober 2018

Eliza Shaddad: Soundtrack der Veränderung

Eliza Shaddad
„Future“
(Beatnik Creative)

Es wird ja viel gelobt, wir nehmen uns da nicht aus, einfach weil es weit mehr Befriedigung verschafft, etwas zu finden, das einem gut gefällt und weil auch mehr dazugehört, als dieses oder jenes in der Öffentlichkeit (und sei es auch nur eine kleine) zu zerreißen. Das nun folgende Lob ist nun aber kein überraschtes, kein vorschnelles, unüberlegtes. Denn die Songs der jungen Britin Eliza Shaddad begleiten uns schon seit Jahren und sie sind, das darf man ohne jeden Zweifel behaupten, bei allen Wandlungen, die sie stilistisch genommen haben, immer von bestechender Qualität gewesen sind. 2012 erschien mit „January – March“ ihre erste EP, eine zurückhaltende, zarte Sammlung von Folksongs. Zwei Jahre danach mit „Waters“ die langsame Hinwendung zum Rock, der noch einmal zwei Jahre darauf („Run“) dem Grunge Platz machte. Und auch dann folgte kaum eine Pause. Shaddad reiste in dieser Zeit, familiär bedingt, über die Kontinente, Australien, Afrika, Asien, Europa, Freundschaften wurden geschlossen, später Beziehungen, Trennungen blieben nicht aus, Liebe und Schmerz, sie erfuhr das alles quasi unterwegs.



Und schrieb weiter Lieder. Wunderschöne Lieder, jetzt poppiger, facettenreicher, dunkel schon, aber nicht düster. Shaddad baute zunehmend Synthesizer in ihre Kompositionen, Effekte, Beats, doch weil die Lieder im Kern so gut waren, verloren sie sich nicht in der neuen Vielfalt, sondern erschienen reifer, erwachsener. „Future“, ihr lang erwartetes Debüt, ist nun nicht etwa die Aneinanderreihung bislang veröffentlichten Materials, wie es viele gern tun, sondern die Summierung der neu entstandenen Stücke unter dem Topic „Veränderung“. Das meint natürlich neben den Reisen den Verlust von Bindungen, Einsamkeitsängste, Furcht vor der eigenen Courage, vor dem nächsten Schritt. Aber vor allem sollen die Songs den Weg aus der Lebenskrise, aus der Traurigkeit weisen, sollen den Kopf nach oben bringen und die Zukunft, die Chance auf einen neuen, wenn auch ungewissen Lebensabschnitt, in den Mittelpunkt rücken.



Musikalisch hat ihr dabei einmal mehr Produzent Chris Bond geholfen, der auch schon mit Talenten wie Ben Howard oder Matthew And Me zusammengearbeitet hat und Shaddad bereist über längere Zeit begleitet. Gemeinsam haben sie einen Sound gefunden, der einerseits sehr geschmeidig, melancholisch daherkommt, mit großen Melodien, die aber jederzeit von harschen Gitarrenakkorden gebrochen oder harten Drums („Your Core“) angetrieben werden können. Die Referenzen hierzu finden sich sowohl im Wave der 80er als auch dem Glamour-Pop der 90er Jahre („Just Goes The Show“) – The Cure tauchen ebenso auf („My Body“) wie Chris Issaks großartiges Thema „Wicked Game“ zu „Wild At Heart“ – letzteres ist beileibe keine Schande, schließlich haben The XX aus diesem Song einen nicht unwesentlichen Teil ihres Fundaments gezimmert. „The Conclusion“, so heißt der Song von Shaddad, glänzt außerdem mit einem herrlichen Riff im Schlußteil, immer wieder gelingt es ihr, die Zuhörer fast im selben Moment zu umgarnen und zu überraschen. Und das ist das Schöne an diesem Album – hier weiß selbst der Laie, daß die Geschichte des weitgereisten Mädchens aus London gerade erst angefangen hat.

10.12.  Hamburg, Nochtwache
11.12.  Berlin, Privatclub



Mittwoch, 24. Oktober 2018

Empress Of: Ein Stück vom Glück

Empress Of
„Us“
(XL Recordings)

Madonna wird es sicher freuen. Zwar ist es nicht sonderlich originell, für jede hoffnungsvolle Musikerin ein jedes Mal Madame Ciccone als Übermutter aufzurufen. Fakt ist jedoch, dass viele Künstlerinnen heute gar nicht auf den umjubelten Siegertreppchen ständen, hätte damals nicht die Tochter eines italienischen Autoschraubers und einer Frankokanadierin solch einen Mut bewiesen, mit Hitsingles Wochentakt das Showbusiness durcheinandergewirbelt und gleichzeitig die Sache mit dem weiblichen Selbstverständnis auf ihre stolzen Schultern gehoben. Und auch wenn sie wiederum bei Frauen wie Aretha Franklin, Martha Graham oder Debbie Harry in die Schule gegangen ist, wirkt ihr Weg, ihr Beispiel zweifellos bis in heutige Generationen fort. Janelle Monae beruft sich wie viele mit Vorliebe auf die Kollegin und sicher haben auch die Mädels von MUNA vor ein paar Tagen mehr als einen Gedanken an die (Groß)Mutter des Pop verschwendet, als sie wie folgt twitterten: „Okay, like hear me out the world is burning and civilization is collapsing, but we habe Robyn, we have Maggie Rogers, we have Empress Of, we have Adrianne Lenker, we have Japanese House, we have Christine And The Queens, we have Miya Folick, we have woman giving us art!“

Man könnte die Reihe natürlich unendlich fortsetzen, besser widmen wir uns aber mal einer Dame in dieser Aufzählung, die dieser Tage mit ihrer neuen Platte von sich reden macht – Lorely Rodriguez alias Empress Of gibt tatsächlich in vielerlei Hinsicht (und mit freier Interpretation) ein erstklassiges Beispiel für die obige These ab. Schaut man sich das Cover ihres Debütalbums „Me“ aus dem Jahr 2015 an, dann sieht man dort ein zartes Mädchen mit zweifelndem Blick und unsicherer Gestik – ganz anders jetzt: Aus „mir“ wird „uns“, Vorsicht und Zurückhaltung sind von gestern, frau ist sich der gemeinschaftlichen Stärke bewußt und zeigt das auch gern. Was bei Männern verpönt (Stichwort: Manspreading), ist für Frauen jetzt Zeichen trotziger Selbstbehauptung, dazu der herausfordernde Blick, den man mit „Du kannst mich mal!“ kaum fehldeutet. Bezeichnenderweise spart sich Rodriguez für ihre zehn Dreiminüter fast durchgängig jedwedes politische Statement (auch da folgt sie dem Beispiel Madonnas aus deren Anfangstagen), das gewachsene Bewußtsein wird im Kontext aus Optik, Sound und Sprachmix so selbstverständlich wie ausreichend transportiert.



Heißt einmal mehr: LoFi-Pop für Feinschmecker! Schon erstaunlich, mit wie wenig Tönen und vermeintlich einfachen Mitteln Empress Of hier operiert und wie glatt die Sache aufgeht. Entspannte Rhythmik, verspielte Synthesizer, hingetupfte, hüpfende Melodien und ihre vielleicht nicht sonderlich große, aber angenehm weiche, einschmeichelnde Stimme ergeben eine perfekte Mischung, irgendwo bei Charli XCX, Lily Allen und „Jenny from the Block“. Auch wenn Leichtigkeit oft die meiste Mühe kostet, das hier klingt so locker dahinkomponiert, dass man an das Gute in dieser Welt wieder glauben mag. Dass sie dabei das Englische mit dem Spanischen, also die beiden Muttersprachen ihrer Vita, ansatzlos miteinander vermengt, macht die Sache noch ein Stück sympathischer. Rodriguez singt von der Liebe und hat genug für alle dabei: „Sometimes we fall and sometimes we fly, thats how life goes, chin up to the sky, let your brown eyes light up, they glow. Don't let you heart consume all the hate they love to feed, I've got something that you need, I've got something“ heißt es in „I’ve Got Love“ und wir wären reichlich beschränkt, würden wir uns nicht etwas davon nehmen. http://www.empressof.com/

20.03.  Berlin, Kantine Berghain
22.03.  Köln, Artheater

Miya Folick: Keine Zweifel [Update]

Dass eine EP nicht ausreichen würde, wenn man so tolle Songs schreiben kann, das war relativ schnell klar: Miya Folick hat im vergangenen Jahr mit ihrer EP "Give It To Me" mehr als eindrücklich bewiesen, was für ein großes Talent in ihr schlummert - in der kommenden Woche nun wird ihr Debüt "Premonitions" erscheinen und endgültig die letzten Zweifel beseitigen. Bislang sind davon die Stücke "Deadbody", "Stock Image" und "Stop Talking" erschienen, nun kommt mit "Thingamajig" eine eindrucksvolle Ballade hinzu. Noch erfreulicher: Folick wird sich bald auch für ein paar wenige Termine auf die Bühnen dieses Landes wagen.

05.12.  Berlin, Musik und Frieden
06.12.  Hamburg, Häkken
09.12.  Haldern, Haldern Pop Bar
10.12.  Köln, Blue Shell

Update: Und noch ein neuer Song vom künftigen Album geht in die Runde - hier kommt "Cost Yor Love", voller dunkler Energie, starkes Stück, schon wieder.



Bob Mould: Weil er es kann

Er gibt nicht Ruhe - warum sollte er auch? Bob Mould hat Zeit seines Lebens wunderbare Musik gemacht, in jungen Jahren haben das viele. Schwierig wird es in gehobenem Alter, da gelingt es nur wenigen, sich nicht der Lächerlichkeit preiszugeben, nicht zu verkrampfen - alteresgerecht rocken, hat sich was! "Silver Age", "Love And Ruin" und zuletzt "Patch The Sky", alles tolle Alben, nichts davon peinlich, nichts langweilig oder egal. Und nun also "Sunshine Rock". Klingt ziemlich optimistisch, soll es auch, sagt der Mann - am 8. Februar erscheint die Platte via Merge Records und den Titelsong gibt's hier schon mal vorab.