Donnerstag, 10. Juni 2021

Telquist: Slacker mit Ehrgeiz

Telquist
„Wild Haired“

(Blickpunkt Pop)

Unverwechselbarkeit ist ein wertvolles Gut und im Pop von heute, wen wundert’s, eigentlich kaum mehr zu bekommen. Es kann aber durchaus von Vorteil sein, wenn man sich wenigstens ein paar markante Eigenheiten draufschafft, Stichwort: Wiedererkennungseffekt. Das steigert nicht nur die Kundenbindung (hier also die Treue der Anhängerschaft), sondern ruft auch diejenigen auf den Plan, die seit jeher auf der Suche nach außergewöhnlichen Talenten sind. Genau das scheint mit dem Regensburger Musiker Sebastian Eggerbauer und Münchens Labelchef Marc Liebscher passiert zu sein – beide auf der Suche nach dem, was man gern als „Mojo“ bezeichnet, also das ultimative Glücksgefühl, den besonderen Dreh. Eggerbauer hatte 2017 unter dem Pseudonym Telquist mit seinem Debüt „Strawberry Fields“ für ein erstes Ausrufezeichen gesorgt – klug verfrickelter Sample-Pop, den man ein paar Kilometer weiter im oberbayerischen Weilheim mit The Notwist fast schon zur Perfektion entwickelt hatte. Der hier aber (noch bei Wohnzimmer Records beheimatet), mit Reggaetunes angereichert und einer speziellen, sehr lässigen Slacker-Attitüde versehen, eine ganz eigene Strahlkraft entfaltete.



Wie so viele durch die Wirren der Pandemie wohl ein wenig ausgebremst, ist Eggerbauer dann doch bei Blickpunkt Pop gelandet und hat für sein zweites Album besagte Eigenheiten verfeinert. Alles das, was der Waschzettel zur Platte durchaus großspurig anmerkt, lässt sich tatsächlich erkennen bzw. -hören: Die Verwandtschaft zum großartigen Loser-Gedengel eines Beck Hansen, die brüchige, trotzige Stimme von J. Mascis und die spielerische Finesse der Sophtware-Spezialisten Grandaddy, auch Milky Chance sind natürlich in der DNS zu finden. Um noch eins draufzusetzen – Telquist klingt ein wenig so, als habe man Phoenix auf Valium gesetzt, ohne sie in ihrem Einfallsreichtum zu beschneiden, alles ungemein clever arrangiert, mit ein paar glitzernden Hooks versehen, nie langweilig. Ab und an versucht sich Eggerbauer auch mal an einem Rap und auch das gelingt ihm (auf seine eigenwillige, verschlafen-nölige Art) ganz gut. Die übers vergangene Jahr vorveröffentlichten Singles „Trash Talk“, „Taste“, „Mojo“ (ja, eben) und „Am I Right“ haben allesamt genügend Potential für längere Durchlaufzeiten auf den einschlägigen Kanälen, live soll der Junge eine respektable Band zur Unterstützung dabeihaben. Es könnte also durchaus sein, dass sich hier die Richtigen gefunden haben, um aus einem Überraschungscoup ein nachhaltiges Projekt zu machen.

28.10.  München, Milla
29.10.  Augsburg, Kantine
30.10.  Köln, Luxor
06.01.  Nürnberg, Club Stereo
07.01.  Berlin, Badehaus
08.01.  Hamburg, Hebebühne
15.01.  Regensburg, Mälzerei



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