Montag, 30. Juni 2014

Atari Teenage Riot: Alles auf Anfang

"... And then there is me, Alec Empire, I am the producer, I am from Berlin." Klasse Satz. Stammt vom Vorkämpfer der Electro-Noise-Punks Atari Teenage Riot, denn die haben bald wieder ein Album fertig. Das wird genauso heißen wie die erste Auskopplung "Reset" und hat, dem Selbstverständnis der Band folgend, natürlich eine deutliche politische Adresse. "We live in a decade where violence breeds more violence, destructive forces are at work," so Rowdy SS (aka Rowdy Superstar, Rapper und DJ der Formation) über den neuen Song - es geht darum, alles wieder auf Null, auf (Neu)Anfang zu stellen und dem Feind, wo auch immer dieser sitzt, die Stirn zu bieten. Machen sie wieder mal ganz gut für's erste...

Tricky: Strange Tunes

Ho ho ho, was ist denn mit Adrian Thaws los? Dem Mann, den wir sonst nur als den miesepetrigen Tricky kennen? Bringt Anfang September eine Platte, die er mit seinem Klarnamen benennt und als ersten Song daraus dürfen wir den Herren zusammen mit Francesca Belmonte im House-Kostüm bewundern. "Nicotine Love", so ist zu lesen, soll beileibe kein Einzelfall sein, auf dem Album, an dem auch Oh Land, Nneka und Micky Blanco zu hören sein werden, sollen sich noch einige solcher Clubtracks finden. Na dann mal los!

Dolly Parton: Zur Sache, Schätzchen!

Wer bisher die Bedeutung eines chinesischen Fahrrades mit der eines Sackes Maismehl gleichgesetzt hat, wird spätestens jetzt zum Umdenken gezwungen: Am letzten Freitag in der Printausgabe des Magazins der Süddeutschen Zeitung, seit ein paar Minuten endlich auch online zu haben - das grandiose Interview von Eric Spitznagel mit Dolly Parton. Man erfährt von ihr Wegweisendes über den Geschmack von Eichhörnchen (süßlich), ihren Erfolg bei Lookalike-Contests als - äh, Dolly Parton (überschaubar), die Tragbarkeit von High Heels (immer) und natürlich Gott, Musik und Sex.

Weiterführende Betrachtungen gefällig? Dann unbedingt einen Ausschnitt des Konzerts der Ausnahmekünstlerin vom diesjährigen Glastonbury-Festival anschauen - "Jolene".

Sonntag, 29. Juni 2014

The Libertines: Kick Off

Bilder, die man trotz mangelhafter Qualität keinem vorenthalten möchte und die sich alle Fans in Berlin und Düsseldorf schon einmal genauer anschauen sollten: The Libertines haben gestern eines von zwei KickOffs ihrer Reunion-Tour in Glasgow hingelegt und wie die vier Filmchen bei Stereogum zeigen, war die Stimmung durchaus eine ausgelassene. 24 Songs, die Halle kocht (und zwar die ganze), das kann so weitergehen.

Interpol: Waving Flags

Ein Wochenende zum Durchdrehen - in England zumindest: Glastonbury dominiert dort über drei Tage die komplette Berichterstattung und das mit einigem Recht. Mal abgesehen von Metallica, Arcade Fire und Jack White gabe es am heutigen Mittag eine Aufführung des English National Ballet und am Freitagabend eine knapp fünfzigminütige Show von Interpol. Mit auf der Setlist standen auch die neuen Stücke "All The Rage Back Home" und "Anywhere" und wer mit der Musik nicht so viel anfangen kann, der darf sich zumindest an den wundervollen Bildern des Sonnenuntergangs freuen - für jeden was dabei...

Ryan Adams: Wieder was Gutes [Update]

Ganz so taufrisch sind sie nicht mehr, die letzten Nachrichten von Ryan Adams. Das ändert sich aber gerade, denn ein neues Album des Sängers aus Jacksonville ist dem Vernehmen nach auf gutem Wege. Aus diesem kann man Anfang Juli via PaxAm eine erste Auskopplung erwerben - "Gimme Something Good" heißt die Single (B-Seite "Aching For More"), anhören läßt sie sich u.a. hier.

Update: Nun stehen also auch Cover mit Titel (siehe oben), VÖ-Termin (Deutschland: 5. September) und das Tracklisting (Stereogum).

Samstag, 28. Juni 2014

Bobby Womack: It's all over now

Jetzt hat er es doch nicht mehr auf seine lang erwartete Europatournee geschafft: Bobby Womack, einer der einflussreichsten Soulmusiker, ist gestern im Alter von siebzig Jahren verstorben. Für ältere Generationen hat er Jahrzehnte geprägt, jüngeren ist er besonders durch seine Zusammenarbeit mit Damon Albarn und Richard Russell und das grandiose Album "The Bravest Man In The Universe" in bleibender Erinnerung.

Freitag, 27. Juni 2014

Kraftklub: Headliner der Herzen

Und noch eine gute Nachricht für alle, die beim Serverzusammenbruch bei Krasser Stoff am gestrigen Donnerstag live dabei waren und mit vollem Warenkorb und hochrotem Kopf ihrem Clubticket für Kraftklub Winkewinke sagen mussten: Die Chemnitzer stehen als Headliner für die Jubiläumsparty von VISONS am 25.10. in der Dortmunder Westfalenhalle auf der Bühne, zusammen übrigens mit Thees Uhlmann - Tickets diesmal ab dem 1. Juli ab 16:00 Uhr auch bei Eventim.

The Black Keys: Heißer Winter

Solange es noch keine Termine von Jack White für Deutschland gibt, darf man sich gern mit den Black Keys behelfen (haha!) - die haben nämlich gerade für den Februar 2015 (!) nachgemeldet:

16.02.  Zürich, Hallenstadion
19.02.  München, Zenith
20.02.  Berlin, Max-Schmeling-Halle
25.02.  Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle

Tickets gibt's ab morgen hier.

George Ezra: Das Kreuz mit den Gutfindern

George Ezra
„Wanted On Voyage“

(SmiCol/Sony)

Dieses Album ist, man kann es nicht anders sagen, ein Albtraum für jeden Musikjournalisten. Da spaziert dieser milchgesichtige Twen aus Bristol, dessen Songs sich gerade im Frühstücksradio landauf landab die Klinke in die Hand geben, einfach durch die Hintertür auf die große Showbühne, trällert gutgelaunte Lieder über Städte, von denen er frech behauptet, er habe sie noch gar nicht besucht und alle finden es gut. Was alle gut finden, ist aber ein Problem für den Kritiker, wird er doch für jedes Haar bezahlt, das er in der Suppe findet, muss er doch trotz sinkender Auflage einem hehren Anspruch genügen. Und so sitzt der Fachmann als modern gewandeter Pilatus auf dem Bürostuhl, der imaginierte Leser in seinem Kopf schreit in einem fort: „Kreuzige ihn!“ und er kann nur genervt mit den Schultern zucken und antworten: „Wofür denn aber, ich finde keine Schuld an ihm!?“ Blogger müsste man sein… Dann nämlich dürfte man schreiben, dass zwar am Singer-Songwriter-Pop des Jungen nichts Weltbewegendes ist, er aber die gesamte Klaviatur der populärmusikalischen Unterhaltungsmusik erstaunlich clever zu spielen weiß. Über das lautmalerische Wohlfühl-Liedchen „Budapest“ muss dabei gar nicht mehr gesprochen werden, die Frage war ja eher, ob noch mehr Stücke mit dieser unbekümmerten Lockerheit auf dem Album zu finden sind. Und tatsächlich, auch „Blame It On Me“, „Cassy O'“ und „Listen To The Man“ müssen sich nicht verstecken, Handclaps, Fingerschnippen, gefälliger Countryswing, hier ein bisschen Weltmusik, da ein wenig Gospel, funktioniert prima. Interessanterweise ähnelt Ezras Stimme dann, wenn sie wie beim rockigen „Stand By Your Gun“ etwas gefordert wird, der von Caleb Followill, dem Sänger der Kings Of Leon, wem der beiden das zukünftig zum Vorteil gereicht, wird sich noch zeigen. Für den Augenblick ein durchaus ansprechendes Debüt, wenn Ezra sich die Leichtigkeit bewahrt und sein Talent zu nutzen weiß, sollte ihm das Schicksal des One-Hit-Wonders erspart bleiben.

07.11.  Leipzig, Täubchenthal
11.11.  Berlin, Postbahnhof
13.11.  Köln, Die Kantine
15.11.  Frankfurt, Batschkapp
17.11.  Stuttgart, Longhorn
18.11.  München, Theaterfabrik
25.11.  Wien, Arena
26.11.  Zürich, Härterei Club

Donnerstag, 26. Juni 2014

Grimes: Wer nicht will...

Man hat lange warten müssen auf neues Material von Claire Boucher alias Grimes. Das vorliegende Stück "Go" hatte sie vor einiger Zeit für Rihanna geschrieben, diese hatte es aber wohl nicht haben wollen und so kommt der Track nun als Kollaboration mit Blood Diamonds unter dem eigenen Moniker ins Netz. Wann das dazugehörige, neue Album als Nachfolger des Debüts "Visions" nachfolgt, weiß man dagegen noch nicht so genau, diesen Titel jedenfalls darf man erst einmal behalten.

Mittwoch, 25. Juni 2014

The KVB: Zu viel Kontrolle

The KVB
„Out Of Body“

(A Records/Cargo)

Neue Songs vom Londoner Gothwave-Duo Nicholas Wood und Kat Day aka The KVB. Noch kein ganzes Jahr nach ihrer letzten Platte „Minus One“ bringt diese EP keine bahnbrechenden Neuigkeiten, der Sound hat sich nicht großartig verändert, er ist nur etwas zahmer und weniger krachverliebt geworden. Nachdem der Longplayer also noch mächtig auf Noise gebürstet war, kommen die sechs aktuellen Tracks mit gebremsten Postpunk-Beats und wattierten Vocals daher, einzig das Stück „Heavy Eyes“ fällt mit scheppernder Kulisse etwas aus dem Rahmen, der Rest wirkt wie hinter einem schallschluckenden Vorhang aufgenommen. Alles sehr kontrolliert und ohne große Emotion, aber die hatte man bei diesen Vorbildern auch nicht erwartet. Das klingt beileibe nicht schlecht – es könnte allerdings durchaus passieren, dass sich die zur Schau getragene Lustlosigkeit bald auf die Zuhörer überträgt, ein wenig mehr an Inspiration sollte man für die nächste Veröffentlichung schon erwarten dürfen.

Weiterführendes Material findet sich auf der Bandcamp-Seite von The KVB.

Karen O: Selbstanzeige

Die Gerüchte über ein Solo-Debüt von Yeah-Yeah-Yeahs-Frontfrau Karen O halten sich schon seit Jahren, so richtig rumgekommen ist dabei nie wirklich was. Bekannt sind dagegen die gemeinsamen Arbeiten mit Regisseur Spike Jonze für dessen Filmscores zu "Where The Wild Things Are" und "Her", nun vermeldet Madame Orzolek lt. Pitchfork höchstselbst auf ihrer Website den ersten Wurf, es gibt eine persönliche und handschriftliche Notiz, ein Label (Cult), einen Termin (Anfang September) und einen Namen - "Crush Songs". Mehr natürlich sobald verfügbar...


Poliça: Gelungene Spielpause

Poliça
Support: Scarlett O’Hanna
Strom, München, 24.06.2014

Eine gute Terminplanung kann für das Gelingen einer Konzertreise – sagen wir es vorsichtig – von Vorteil sein. Die Booking-Agentur der amerikanischen Band Poliça hat, zumindest mit ihren deutschen (und englischen, haha!) Terminen, soweit keinen Fehler* gemacht, wäre der Auftritt der Band auf zwei Tage später gelegt worden – nun, man hätte nach dem Umzug von der Freiheizhalle ins kleinere Strom vielleicht noch einmal umbuchen müssen, der Ballsport diktiert dieser Tage schließlich den Lebensrhythmus. Nun will man den griechischen und japanischen Kickern nicht zu nahe treten, aber die Entscheidung für zwei späte Stunden mit Channy Leaneagh und ihren Kollegen war in jedem Falle die richtige, wo sich die einen sang- und klanglos vom Spielbetrieb verabschiedeten oder auf unschöne Art eine Runde weitermauerten, bewies das Quintett aus Minneapolis beachtliche Geberqualitäten und bescherte allen Anwesenden einen mehr als erfreulichen Abend.

Man übertreibt sicher nicht, wenn man behauptet, Poliça seien auf der Bühne ein Ereignis. Allein die zwei Drumsets mit Drew Christopherson und Ben Ivascu reichen, um den Zuhörer zu beeindrucken – die beiden trommeln sich unter ihren Kopfhörern, um im Bilde zu bleiben, in eine Art Kahn’schen Konzentrationstunnel und fast vergißt man, wie wichtig ihr präzises Zusammenspiel für den kraftvollen, perkurssiv angelegten Sound der Band ist. Einen weiteren wichtigen Aktivposten bekommt man an diesem Abend fast gar nicht zu Gesicht, Ryan Olson, verantwortlich für die synthetischen Arrangements, wurde wegen Platzmangels kurzerhand in einen schwer einsichtigen Bühnenwinkel verräumt, seine Arbeit hat er auf dieser Position trotzdem tadellos gemacht. Und so konzentrierte sich die Aufmerksamkeit vornehmlich auf Bassist Chris Bierden und Sängerin Leaneagh – auch das nicht von ungefähr. Bierden ist als Taktgeber, Antreiber und Stimmbegleitung unverzichtbar, er lenkt den Abend und baut mit seinem grollenden Viersaiter für jeden Song das entsprechende Gerüst.

Channy Leaneagh wiederum erscheint auf den ersten Blick als größtmöglicher Kontrast zum gewaltig pumpenden Elektroniksound ihrer Band, die zarte, kleine Frau, deren Gestik immer auch an die einer Gebärdendolmetscherin erinnert, besitzt aber eine Präsenz und Ausstrahlung, die keine Zweifel zuläßt, wer diese Gruppe wirklich führt und wie ernst sie die Dinge meint, von denen sie auf ihren bisherigen beiden Alben singt. “Shulamith”, das zweite, ist ja nicht nur durch Titel und Optik noch eine ganze Ecke politischer als der Vorgänger, und auch wenn Leaneagh den Begriff Feministin wohlweislich scheut, der (ganz persönliche) Kampf für die Rechte der Frau und gegen jede Art von physischer und psychischer Gewalt bleibt ihr das allererste und wichtigste Anliegen.

Und diesem verleiht sie auch auf der Bühne energischen Ausdruck, Stücke wie das dunkel zuckende “Amongster” oder auch “Dark Star”, “Leading To Death” und “Smug” geraten neben der eher poppigen Single “Chain My Name” zu leidenschaftlichen Abrechnungen und Anklagen. Am Klarsten wird Leaneagh ganz zum Schluß, wenn sie mit “Warrior Lord” und dem wundervollen Lesley-Gore-Cover "You Don't Own Me" (unten) ein Gegensatzpaar als Zugabe intoniert. Das eine getragen, düster und dramatisch, das andere ungewohnt liedhaft, fast ein Chanson, wenn auch der Text – hier bleibt sie sich treu – bekanntlich eine andere, ernstere Sprache spricht. Es sei ihr ein Hauptanliegen, so die Sängerin kürzlich, zusammen mit ihrer Band auf eine Weise zu musizieren, die auch dem Publikum einen emotionalen Zugang zu den Stücken ermöglicht und so vielleicht teilhaben läßt an dem, was sie als eine Art von allabendlicher Meditation empfände – für München jedenfalls scheint das in dieser Nacht geglückt.

* PS: Kleiner Hinweis noch an's Management: Beim Konzert am Samstag im niederländischen Ewijk nicht mit allzu pünktlichem Beginn rechnen - an diesem Abend will Oranje gegen Mexiko schließlich in die nächste Runde...

Dienstag, 24. Juni 2014

How To Dress Well: Schmerzensmann

How To Dress Well
„What Is This Heart?“
(Domino Records)

Selbstportraits auf Plattencovern sind eine heikle Angelegenheit, die Gefahr, dass sie eitel oder albern wirken, ist groß. Dann doch lieber abstrakte Kunst oder befreundete Vierbeiner, das ist dekorativ und deutlich unverfänglicher. Nun, Tom Krell alias How To Dress Well ist weit davon entfernt, abstrakt oder gar unverfänglich zu sein, es gibt eigentlich nicht viele Musiker zur Zeit, die ihre persönliche Gefühlswelt derart offensiv und ungeschützt in die Auslage stellen – der fast schon ikonografische Covershot war also so zwangsläufig und angebracht wie selten. Ein leicht verzweifelter, wehmütiger Blick, der etwas an die mittelalterlichen Darstellungen des Heiligen Sebastian erinnert, wie er da, von Pfeilen durchbohrt am Marterpfahl steht – nur dass dieser nach oben schaut, eine Richtung, aus der Krell, Philosophiestudent, keine Hoffnung zu erwarten scheint.

Mehr noch als bei seinen ersten beiden Platten ist die unverstellte Preisgabe der eigenen Befindlichkeit die Sache des Amerikaners, passend dazu äußerte er kürzlich in einem Interview mit der SPEX: „Ironie ist der Tod der Seele. In meiner Musik gibt es keinen Raum für Kitsch. Sie ist kein Spiel, mit dem ich genausogut auch wieder aufhören könnte.“ Sagt’s und singt gleich zu Beginn vom Kindheitstrauma der sexuellen Unterdrückung („2 Years On“), keine Drums, keine störenden Ausschmückungen, nur Gitarre und Piano, der wahre Herzschmerz. Doch ganz so reduziert bleibt es nicht, schließlich zählt Krell zu den führenden Modernisierern des RnB und hat als solcher natürlich das passende Handwerkszeug dabei: träge Dampfwalzenbeats, rollende Bassloops und allerlei sorgsam arrangierte Synthakkorde.

Neben den gewohnt opulenten Balladen („Words I Don’t Remember“, „House Inside“) gibt es diesmal im Gegensatz zum eher tiefgefrorenen Vorgänger „Total Loss“ auch überraschend Poppiges. Mit „Repeat Pleasure“, „Childhood Faith In Love“ und „Very Best Friend“ kommen gleich drei Stücke mit angefunkten Timbaland/Timberlake-Beats daher – diese Qualität, wenn es denn eine ist, fehlte ihm bisher noch, da verzeiht man ihm auch glatt den leicht ins Rührseelige kippenden Ausrutscher „Poor Cyril“, den er so doch besser Enya überlassen hätte. Entscheidend aber bleibt, wie kunstvoll er Zartes und Schweres zusammenbringt, wie er seine Verletzlichkeit, seine Zweifel und Ängste unter und über die gewaltigen Klangkulissen zu schieben vermag, so dass sie im Ohr des Hörers noch nachhallen, wenn der letzte Ton bereits verklungen ist. Dazu noch ein entwaffnend simpler Satz aus besagtem Interview: „Wir müssen an Liebe und Sympathie glauben, wenn wir nicht untergehen wollen.“ Er für seinen Teil befolgt das auf dem aktuellen Album in beeindruckender Weise. http://www.whatisthisheart.com/

29.06.  Berlin, Berliner Festspiele

FKA Twigs: Aus dem Milchbad

Die Meldung zur "LP1", so heißt ihr Debütalbum, ist schon eine Weile durch, nun kommt die erste offizielle Single "Two Weeks" von FKA Twigs in Umlauf und zwar mit einem Videofilmchen so ganz im Cleopatra-Style, produziert von Nabil Elderkin. Ein paar Wochen mehr sind es schon noch bis zur Veröffentlichung der Platte (8. August), wenigstens zeigt die Dame schon jetzt, dass es ihr an Selbstvertrauen nicht mangelt. Warum auch, bei der Musik...?


Kraftklub: Kleinster gemeinsamer Nenner

Da ist mal ein schöner Zug: Die Chemnitzer Jungs von Kraftklub wollen sich nach den Hallen mal in überschaubaren Klubs austoben und werden deshalb im Herbst einige Shows "in klein" bestreiten - im Einzelnen sieht das dann wie folgt aus:

10.10.  Leipzig, Conne Island
13.10.  Köln, Gebäude 9
14.10.  Münster, Gleis 22
16.10.  Hamburg, Uebel & Gefährlich
17.10.  Berlin, Lido
18.10.  Dresden, Beatpol
20.10.  Wien, Flex
21.10.  München, Atomic Cafe
22.10.  Stuttgart, Wagenhallen
24.10.  Zürich, Exil
01.11.  Chemnitz, Atomino

Karten gibt's ab dem 26.06., 10:00 Uhr unter www.krasserstoff.com.

Montag, 23. Juni 2014

Esben And The Witch: Eingezahltes zahlt sich aus [Update]

So, der Klingelbeutel ist voll und das Geld beisammen: Esben And The Witch hatten ja für ihr neues Album das sogenannte Crowdfunding bemüht und wie man bei CoS liest, war die Sache erfolgreich. Im Spätsommer soll die bereits komplett eingespielte Platte erscheinen, einen Titel hat sie wohl noch nicht, aber dafür mit "Blood Teachings" eine knapp achtminütige, erste Single - exklusiv bei CoS.

Update: Der Titel ist gefunden - "A New Nature", den ersten Track gibt's jetzt auch hier...

Zola Jesus: Erster Ableger

Es war nur eine Frage der Zeit, bis der erste Track vom gerade angekündigten Album von Zola Jesus aus dem Dickicht auftauchen würde - voilá, "Taiga" hat seinen ersten Vorabtrack und es sind nicht nur "Dangerous Days", sondern auch erstaunlich tanzbare - den Download gibt es auf der Website der Künstlerin zu holen.

Liars: Puppenkiste

Wer schon immer wissen wollte, wie die Liars zu ihren shitty Videografiken kommen, der darf sich nun im aktuellen Clip zum Song "Pro Anti Anti" eine Art Making Of Puppenbasteln anschauen - 3D-Druck inklusive, hier bei Nowness.

Soft As Snow: Gutes zur Unzeit

Wenn das mal nicht aus Norwegen kommt? Tut es. Der Synthpop von Soft As Snow wird Mitte Juli auf einer EP mit Namen "Glass Body" seine nächste VÖ feiern, bei Stereogum gibt es schon mal vorab den Song "Halo Heart" samt Video von Michael Crowe zum Hören und Sehen, nachfolgend auch noch den Titeltrack.

Sonntag, 22. Juni 2014

Au Revoir Simone: Fortsetzung

Gerade erst hatten die Mädels von Au Revoir Simone eine mehr als respektable Cover-Version von Mazzy Star's "Fade Into You" vorgelegt, nun geben sie die Veröffentlichung eines Remix-Albums bekannt. Es handelt sich um Neubearbeitungen ihrer letzten Platte "Move In Spektrums", heißt deshalb der Einfachheit halber einfach "Spektrums" und enthält u.a. Arbeiten von I Am The Cosmos, Passarella Death Squad, Clock Opera und White Collar Boy, ganze 19 Tracks.

Samstag, 21. Juni 2014

Seinabo Sey: Ein Versprechen

Die Kombination aus "Schweden" und "Geheimtipp" ist eigentlich ein Unding, denn wer es da oben zu einigem Erfolg gebracht hat, bleibt in der Regel nicht lang geheim und kann, wenn ein paar gewichtige Leute keine Fehler machen, auf eine ordentliche Karriere hoffen. Ähnliches gilt auch für Seinabo Sey - gebürtige Schwedin mit gambischen Wurzeln. Mit einem Label wie Universal im Rücken und zwei wirklich guten Songs darf man wohl erwarten, dass ihr Debütalbum, das im Herbst erscheinen soll, ein weiteres Achtungszeichen setzen wird. Zu ihren Protegés und Remixern zählen Größen wie Fryars, Spoek Mathambo und Maps, der synthetische Soulpop von "Younger" und "Hard Time" ist ausgefallen genug, um aufmerken zu lassen und von wohltuender Geschmeidigkeit - ein Versprechen also.



Freitag, 20. Juni 2014

Cold Specks: So und nicht anders

Da haben sich alle Voraussagen bestätigt: Die nächste Platte von Cold Specks, "Neuroplasticity", von der kürzlich schon die Rede war, sollte ja noch düsterer werden - schaut man sich das Video zur ersten Auskopplung "Absisto" nun an, will man das gern glauben...

Mutter: Geborgtes Sammelsurium

Wenn sich die SPEX denn schon die Mühe macht, wollen wir gern davon partizipieren: Mutter werden bald ihr neues Album "Text und Musik" veröffentlichen und dieses dann, in veränderter Besetzung, auch live präsentieren. Neu dabei ist Ex-Britta-Bassistin Julie Miess - mit neuen Songs bzw. Hörproben sieht es noch etwas mau aus, auf Max Müllers Blog Die eigene Gesellschaft finden sich die beiden Songs "Abends gehen wir aus" und "So zu leben", einer davon hat es wohl auf die neue Platte geschafft.

21.10.  Berlin, HAU Hebbel am Ufer  
22.10.  Leipzig, Werk 2, Halle D  
23.10.  Dresden, Groove Station  
24.10.  Hamburg, Prinzenbar  
25.10.  Bielefeld, Bunker Ulmenwall  
31.10.  Hannover, Cafe Glocksee  
01.11.  Köln, Luxor  
02.11.  Wiesbaden, Schlachthof  
07.11.  Schorndorf, Manufaktur  
08.11.  Karlsruhe, Hackerei
14.11.  München, Milla Club  
15.11.  Wien, Arena

The Antlers: Selbsthilfe

The Antlers
„Familiars“

(Anti Records)

Schon vor drei Jahren geriet man unweigerlich ins Schwärmen, wenn man das golden schimmernde „Burst Apart“ des New Yorker Trios The Antlers auf dem Plattenteller zum Klingen brachte, die Meister der feingewirkten Grübelei hatten und haben einfach ein untrügliches Gespür dafür, wie man auf behutsame Weise schwermütige Gedanken zum Schweben bringt. Und von dieser Fähigkeit ist ihnen auf dem neuen, mittlerweile fünften Album nichts abhanden gekommen, sie haben nur die Mittel etwas variiert. Die neun Stücke stammen wieder allesamt aus der Feder von Sänger Pete Silberman – dieser hatte sich nach überstandener Blessur seines Gehörs zusammen mit Bandkollege, Multiinstrumentalist und Freund Darby Cicci vornehmlich dem Jazz gewidmet, John Coltrane und Miles Davis standen demnach ganz hoch im Kurs und es fällt nicht schwer, diese Einflüsse bei „Familiars“ herauszuhören. Neben Cicci gesellen sich noch eine Reihe von Gastmusikern zum Personal – Saxophon, Trompete, Euphonium, Tuba, die Bläsersektion begleitet einen durchgängig vom ersten bis zum letzten Song der Platte und gibt dem Sound der Antlers etwas sehr Feierliches, Anmutiges.

Wäre nicht Silbermans markanter Gesang, der von souligen Mitteltönen bis hin zur zarten Kopfstimme reicht, die Antlers könnten wohl Aufwand und Personalkosten gemeinsam mit den Tindersticks per Bandsharing halbieren. Auch hier samtpfötige Drums, verhaltene Tempi, ab und an mal ein verschämtes Gitarrensolo („Intruders“) oder eine überschaubare Wall Of Sound („Director“), alles bleibt bedächtig und zielt auf Langzeitwirkung. Länger im Gedächtnis verbleiben auch Silbermans eigenwillige Texte – diesmal hat er sich mit den Absonderlichkeiten der menschlichen Psyche beschäftigt. Worte wie multiple Persönlichkeitsstörung und Werwolf fallen da, es geht um das Biest, das ein jeder in sich trägt. „Can you hear me when I'm trapped behind the mirror? A doppelgänger roaring from my silent kind of furor? If you're quiet, you can hear the monster breathing… Do you hear that gentle tapping? My ugly creature's freezing“, singt er in „Doppelgänger“ und weiter: „Paranoia backward whispering on my shoulder, like a wasp is getting nervous, so if I shiver…“ Wären da nicht diese sanft schwingenden Lieder, es könnte einem himmelangst werden. Man gewinnt beinahe den Eindruck, Silberman hat mit dieser Musik nicht nur uns, sondern auch sich selbst einen großen Gefallen getan. http://antlersmusic.com/

04.10.  Köln, Gebäude 9
12.10.  Hamburg, Knust
14.10.  Berlin, Lido
16.10.  Wien, Flex
18.10.  Zürich, Komplex

Donnerstag, 19. Juni 2014

The Chills: Ab nach Berlin

Da muss man schon tief graben, will man The Chills aus der Plattensammlung fischen: "Submarine Bells" aus dem Jahr 1990 steht da zum Beispiel - "Heavenly Pop Hit", "The Oncoming Day", "Dead Web", langsam kommt die Erinnerung wieder. Im letzten Jahr haben die Neuseeländer - nahezu unbeobachtet - ihr Album "Somewhere Beautiful" veröffentlicht, ganze siebzehn Jahre nach dem letzten ("Sunburnt"). Nun hat die Band laut SPEX das einzige Deutschland-Konzert für dieses Jahr angekündigt, am 28. Juli spielen sie im Berliner Lido.

Woman's Hour: Gespräche für unterwegs

Die Regel lautet: Wo Fort Romeau draufsteht, ist stets Gutes drin. Der Londoner Keyboarder von La Roux, Mike Norris, der schon viele Songs als Remixer veredelt hat, durfte sich nun an "Coversations" von Woman's Hour versuchen und hat seine Sache, wie man unten hört, recht gut gemacht. Die Synthpopband, die gerade ihr Albumdebüt veröffentlicht hat, gab noch dazu ein paar Konzerttermine für Europa bekannt, Deutschland ist auch dabei.

21.10.  Hamburg, Molotow
22.10.  Berlin, Berghain Kantine

Young Fathers: Live on screen

Da hätte man sie wirklich nicht erwartet: Die Young Fathers aus Schottland haben gerade in den USA bei Jimmy Kimmel ihr TV-Debüt gegeben und zwei Songs von ihrem Album "Dead" performt - "Get Up" und "Low" vor aufgekratzter Menge, besser kann der Einstieg kaum laufen.

Alt-J: Noch immer nicht das Übliche

Und da ist er dann also, der erste Song vom neuen Album der britischen Mercury-Prize-Gewinner Alt-J. "Hunger Of The Pine" enthält ein Sample von Miley Cyrus ("4x4") und klingt gewohnt unorthodox und interessant, Chöre, Bläser, schleppende Beats, so kann es weitergehen.

Mittwoch, 18. Juni 2014

Zola Jesus: Aus dem Dickicht

Das kam dann irgendwie mit Ansage: Kaum hatte Austra den Stream draußen, lag die Nachricht von Nika Roza Danilova aka Zola Jesus auf dem Tresen: Das neue Album mit Namen "Taiga" soll via Sacred Bones im Oktober erscheinen, es folgt den beiden letzten Veröffentlichungen der Amerikanerin "Conatus" und "Versions" - ein kleiner Teaser steht bei Youtube auch schon bereit.

Austra: Thementag

Wohl Synthpoptag heute? Nach dem Interview mit Poliça nun auch noch die neue EP "Habitat" von Austra im Stream - pulsierende Beats mit so schönen Namen wie "Doepfer" (ein 'n' vergessen?) und "Hulluu", was kann da noch kommen? Richtig, das passende Video zum Titeltrack, zu finden auf der Seite von Dazed.

Bleached: Rockin' Summer

So könnte der Sommer auch klingen: Die Geschwister Jessie und Jennifer Clavin, unter dem Namen Bleached im letzten Jahr mit dem Album "Ride Your Heart" im Gespräch, haben von ihrer neuen EP "For The Feel" den Titeltrack vorab gestreamt - Surfsound meets Rock'n Roll, alles wie immer, alles sonnig soweit...

Any Questions: Poliça

This week American band Poliça kicks of the second leg off their European Tour, as early as last summer they’ll play on some festivals and stages in Germany. Difficult, or perhaps even unnecessary, looking with the band again to a point of contact for their terrific album "Shulamit" - so why not even a few basic questions on live touring at singer Channy Leaneagh ...

Since foundation of the band in 2011 you‘ve played both - on large open-airs and festivals (like SXSW, Austin City Limits, Coachella, ...) as well as in small clubs, even record-store gigs and studio-concerts - what suits better to Poliça?
What suits Poliça best is an audience that has come to enjoy themselves and let us take them away for an hour or two. No matter where we are we can have a good time.                       
                       
Are there cities or locations you had unique experiences or still have special memories about?
I have had so many unique experiences in so many cities. Every new city is full of adventure and new people to meet.  And the cities we return to over and over again are very special to me (like London, Philadelphia, Toronto and New York) because of the friends we’ve made and the favorite places I’ve fallen in love with. My first time in Detroit will always stay with me. It is a city I have read and followed for some time and to see it in person and meet the people that live there and hear a bit of the music scene was very important to me and I hope to go back again.                 

Are there any criteria or limits (in concerts, festivals, etc.) where you say that they do not fit to your music, to the concept, or try your better off with the risk that it could go to a completely wrong direction?
We do pick and choose around opportunities that fit our music and vision for Poliça. Sometimes it is also about timing ... we’ve had to say no to a lot of great opportunities because we can’t make it work with our schedule or someone in our family gets married or dies ... sometimes real life happens and that takes precedent over work.

It is often said, that electronically based music like yours could not bring the necessary passion to the stage, there is a lack of opportunities for improvisation – how do you counter?  
If the music doesn’t inspire the perform(ers) to have passion on stage than it may not be music worth playing live. I think it is possible to have passion in an electronic format - it moves me strongly. It is true that electronic music can have parameters that can either be seen as restrictive or as an inspiring framework with which to play in - I like to see it as a positive challenge with which not to get lazy about or to hide behind. We look for ways to add play and room for improv in our sets while following a common BPM and key among the four of us.
                       
How do you deal with, when you realize, that the club or one of these modern, multifunctional halls, in which you shall play, can expect an acoustic fiasco?
Play with it - use it towards the music. Chaos and imperfection are my friends. There is a bit of bullshit in this because it’s best for us with two drummers and layers of effects to stay away from marble church halls - but at the same time when it comes our way we’ll play the show and we’ll still make some music.

Whats the secret of keeping such a high concentration singing the same songs, night after night?
It’s the closest thing to meditation I do. It’s like saying an hours worth of hail mary’s every night.
                       
From an insider tip to a headliner - what is different now than it was a few years ago?
So many things are different. With all the great opportunities we have has there have been great disappointments. I think the biggest change in me in the past two years is my attitude going into a situation - knowing what I have control over and what I don’t and how to deal with the ride without getting lost.
                       
You was supported from Marijuana Deathsquads (where again some of you have a second job), and the German-Swedish band New Found Land – what’s the importance of a good support and by what criteria do you choose?
The opening act sets the vibe for the night. We look for an opener (or to be an opener) that can connect back and forth to each other in some way. We also look to create community through touring with different acts by either highlighting bands from our home town or highlighting bands from other states that fit with Poliça’s aesthetic and make connections across other music communities.
                       
How much of the city/place you’re playing you‘re taking with you – is the hotel room often enough or ist there a need to see more of the people an the circumstances of their lifes?
I try to walk every city I play and we all really enjoy seeing the sights and getting out on the town after the show.
                       
You have a special relationship to Germany, perhaps even to Munich? Or maybe any specific memories or even expectations?  
I still remember the first time we played Munich - I still have the leather riding gloves I bought on my first trip there. It’s a very classy city. I also feel like it’s been a decade since we were last there - how times flies - it has only been a few years. I feel we’ve grown and changed so much - it will be great to go back and play new songs for Munich. Looking forward to it.

21.06.  Neuhausen ob Eck, Southside Festival
22.06.  Scheeßel, Hurricane Festival
24.06.  München, Strom (verlegt aus der Freiheizhalle)
25.06.  Düsseldorf, Zakk
04.08.  Leipzig, Täubchenthal
12.08.  Frankfurt, Palmengarten

(Die deutsche Übersetzung ist auf der Seite des Münchner Stadtportals Mucbook zu lesen.)

Dienstag, 17. Juni 2014

Chlöe Howl: Rollergirl

Auf das erste Album müssen wir leider immer noch warten, dafür gibt es jetzt wenigstens mal wieder einen Song und ein paar Bilder extra: Chlöe Howl hat sich für "Disappointed" unter die Rollergirls begeben und ein hübsches Filmchen drehen lassen - anschauen kann man sich das Ganze u.a. bei Clip Joda.

Lana Del Rey: Der letzte Versuch

Lana Del Rey
„Ultraviolence“

(Vertigo/Universal)

Jetzt, da die letzte Nobelkarosse getauft, alle aktuellen Kollektionen über den Catwalk sind und sich wirklich kaum noch eine Luxusmarke findet, bei der Elizabeth Woolridge Grant als Lana Del Rey noch nicht auf der Payroll stand, jetzt, da also der ganz große Hype endgültig vorbei scheint – wäre es da nicht interessant zu prüfen, ob der Zauber noch trägt? Ob man sich noch einfangen läßt von dieser eigenwilligen und durchaus faszinierenden Mischung aus Lolita und Madonna, von der samtverhangenen Melodramatik zwischen Todessehnsucht und Himmelfahrt? Reichlich Arbeitsproben sind ja vorhanden – Lana Del Rey liefert mit ihrem neuen Album zehn und mehr Stücke in gleicher Tonlage und nach kaum verändertem Strickmuster: weinende Geigen mit großem Orchester, die Stimme mal brüchig und zart, mal geschmeidig und verrucht, das “sad girl, bad girl”, Miss Superschwermut bleibt sich treu. Es gibt reichlich urbane und natürlich uramerikanische Westernromatik, auf die Spitze getrieben von prächtigen Heulern wie “Cruel World” und “Pretty When You Cry”, eimerweise Selbstironie in “Fucked My Way Up To The Top” und die schon bekannte und (ebenso zwingende) Initiativbewerbung für den nächsten Bond-Soundtrack mit “Shades Of Cool”. Zwei der Stücke bieten vielleicht einen kleinen Ausblick, wo es mit Madame Del Rey zukünftig hingehen könnte – “Brooklyn Baby” und “West Coast” sind im Gegensatz zu den zuvor genannten Pathosbolzen eher Leichtgewichte, mal geträllert, mal mit trippigem, abgebremsten Funk versehen, beide bleiben in guter Erinnerung. Dort landet auch die gelungene Coverversion des Klassikers “The Other Woman” von Nina Simone (bzw. Jessie Mae Robinson), auch wenn man sich fragen muss (aber das ist ja ein Problem, was fast jede Neubearbeitung trifft), wie gut und glaubwürdig so ein neuer Anzug im Vergleich zum Original denn sitzen kann. Egal, zurück zur Eingangsfrage: Ja, es hat noch einmal funktioniert, überraschend gut sogar – sie sollte es so aber besser nicht noch einmal versuchen… http://lanadelrey.com/

Montag, 16. Juni 2014

Goldfrapp: Nachbetrachtungen

In all der Hektik um neue und immer wieder neue Veröffentlichungen geht manchmal auch die Muße verloren, bei einem Album ein wenig länger zu verweilen, einfach weil es sich lohnt. Dazu zählte im vergangenen Jahr unbedingt "Tales Of Us" von Goldfrapp, ein Meisterwerk zart verwebter Klangkunst. Anfang Juli wird es von der Platte eine Deluxe-Edition geben, mit dabei die Aufnahme einer Live-Session aus London und in bewährter Weise filmische Ergänzungen von Lisa Gunning zu den Songs "Stranger", "Laurel", "Jo", "Drew" und "Annabel" - das Video zu "Jo" hier erstmals online gestreamt.

Morrissey: Tod am Nachmittag

Gut, wir hatten nicht angenommen, dass Ernest Hemingways "Tod am Nachmittag" zu den Lieblingsbüchern von Morrissey zählt - zur Sicherheit gibt es von ihm dennoch ein paar recht drastische Worte zum Ritualspektakel Stierkampf. "The Bullfighter Dies Tonight" vom neuen Album "World Peace Is None Of Your Business" kommt wieder in einer Spoken Word Performance und dem Originaltrack daher, beides bei Vevo.

The Libertines: The Wiedergeburt

Das kann man kurzhalten, denn viel mehr als ein Statement und ein paar Termine gibt es nicht von der Nachricht, die einige voll Sehnsucht an ihre alte Liebe denken läßt: The Libertines werden also tatsächlich wieder gemeinsam auf Tour gehen und glaubt man Pete Doherty (s.u.), dann ist auch ein neues Album nicht ganz unwahrscheinlich. Nun, wir werden sehen, ob sich der hohe Puls gelohnt hat...

"A new record is exactly what we're talking about, that's the dream, really. Finish off all those ideas that we never completed back in the day, all those songs we never played for anyone else that have been floating around in the ether. We're also wanting to try out a few new ideas so it wouldn't just be old stuff. I don't want to tempt fate but we both have the desire, so I think it will happen. It's important to be honest and there's still a lot we have to say. We're still relevant."

04.10.  Berlin, Columbiahalle
05.10.  Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle

Samstag, 14. Juni 2014

Field Mouse: Das Gegenteil von grau

Wer sie sucht, sollte nicht vergessen, 'band' hinter den Namen zu schreiben, denn sonst gibt's bei Google - na, genau - eine ganze Armee putziger, farbloser Feldmäuse. So unscheinbar und grau sind Field Mouse aus Brooklyn ganz gewiss nicht und wer jetzt meint, er habe diesen Sommer schon genug Shoegazing-Kapellen gehört, der darf sich diese hier bitte trotzdem notieren. Mitte Juli soll bei Topshelf-Records ihr Debütalbum "Hold Still Life" erscheinen, bis dahin darf man sich schon mal "Two Ships", einen ersten Song davon, anhören. Ein etwas älteres Stück gibt es samt Video gleich darunter zu hören, auch dieser Titel klingt so gar nicht feldmäusig: "You Guys Are Gonna Wake My Mom" aus dem Jahr 2011.



Freitag, 13. Juni 2014

The Orwells: Mehr drin

The Orwells
„Disgraceland“
(Atlantic)

Wollen wir nicht wirklich wieder mit der alten, immer gleichen Leier beginnen, gegen guten Rock sei nichts einzuwenden, ab und an müsse man auch mal kräftig die Sau rauslassen – The Orwells böten dafür den passenden Soundtrack. Als Punkrockquintett aus Elmhurst bei Chicago vor fünf Jahren gestartet, bieten die jungen Männer um Sänger Mario Cuomo auf dem neuen, zweiten Album zunächst einmal einen deutlich glatteren, gefälligeren Sound als noch zu Gründerzeiten – das Rohe und Ungeschliffene, das „Remember When“ auszeichnete, werden nicht wenige ihrer Fans vermissen. Was früher als ungezügelter Noise zu verzerrtem Geschrei vibrierte, kommt heute meistenteils als straighter Alternativrock daher, immer noch laut, aber eben auch etwas braver.

Das ist wohl auch ein Grund dafür, dass eine grandiose Single wie „Who Needs You“ hier so hervorsticht – hätte „Disgraceland“ mehr von diesen schnellen, kratzigen Nummern zu bieten, wäre die Nummer also eine unter vielen, niemandem wäre sie so sehr aufgefallen. Jetzt aber landet der Videomitschnitt von David Letterman als Clickhit bei Youtube und man weiß nicht genau, ob Frontmann Cuomo die Parodie der Studioband auf seinen typischen, geziert tänzelnden Vortragstil wirklich so witzig findet. Die Verse zum Garagenkrach sind im Übrigen überhaupt nicht komisch: „Listen up forefathers, I'm not your son, you better save the country, you better pass the flask, you better join the army, I said: "no thank you, dear old uncle Sam!"

Textlich sind The Orwells hier und an anderer Stelle immer noch weit von glattgebügelter Harmlosigkeit entfernt, mal blutiges Drama (“She screamed now for help, but nobody came, so she picked up my gun and put it to her brain, she begged, she begged, she screamed, said God, give me help, then she decided to do it herself“, Blood Bubbles), dann fast die Kapitulation „I wanna get stupid, I gotta get limb, I wanna have faith in something I don't kill. I'm starting to feel numb, can't see me in the mir', my daddy's got a twelve gauge, I hope I don't find it” (Gonna Get Down) – wer solche Zeilen singt, hat noch genügend Wut im Bauch und der Welt noch einiges zu sagen. Bleibt zu hoffen, dass sie sich die Mischung aus Doors und Stooges nicht nur für die Liveauftritte aufheben, der Weg der Kings Of Leon ist hier Mahnung genug und an Potential und Themen sollte es auch weiterhin nicht mangeln. http://www.theorwells.com/

David Sitek: Kein Versteckspiel mehr

Für den ersten Song unter eigenem Namen musste es schon was Neues sein: David Sitek, Mastermind von TV On The Radio und meistgesuchter resp. bestgebuchter Produzent und Remixer, hat erstmals unter seinem Klarnamen ein Musikstück veröffentlicht - "God Damn Beauty" kommt, etwas ungewöhnlich, mit Mariachi-Bläsern und Westernatmo daher, am 17. Juni soll es auf Siteks eigenem Label Federal Prism erscheinen.

Au Revoir Simone: Gutes Gespür

Das Ding darf natürlich auf keiner 90er Partie fehlen, schön deshalb, dass es jetzt eine passende Verlängerung oder Auffrischung erfährt: Au Revoir Simone, das dreiköpfige Synthpopgrüppchen aus Brooklyn, haben sich Mazzy Stars "Fade Into You" live ja schon öfters vorgenommen - begleitet vom Strokes-Bassisten Nikolai Fraiture ist daraus nun ganz offiziell eine hübsch anzuhörendes Stück Tanzmusik geworden - zu hören hier bei Soundcloud.

Donnerstag, 12. Juni 2014

Kasabian: Das kleinere Übel

Kasabian
„48:13“
(SmiCol/Sony)

Mit Kasabian ist es zum Verrücktwerden. Nach dem letzten Album „Velociraptor!“ hatte sich das Verhältnis merklich abgekühlt, zu durchschaubar war die Großmaulmasche mittlerweile geworden, die Songs zwar fett, aber auch beliebig, man konnte sich gerade noch darauf einigen, dass es die Jungs aus Leicester zwar auf der Bühne noch immer bringen, ihr Weg in die Bedeutungslosigkeit aber schon vorgezeichnet scheint. Dachte man. Und jetzt? Ist man immer noch keinen Schritt weiter. Denn das neue Album hilft einem weder bei der einen noch bei der anderen Entscheidung, kein für und kein wider, Kasabian machen einfach weiter und schweren sich einen Dreck um die Erwartungen.

Gut, die großen Nöler Liam und Noel sind seltsam zahm geworden und vielleicht ist das ein Grund, weshalb man auf das aufgeblasene Gehabe von Tom Meighan und Sergio Pizzorno nicht verzichten will – irgendwie ahnt man, dass es sonst auch auf der Insel mit all den braven (und wirklich nicht unbegabten) Newcomern ziemlich langweilig und öde werden könnte. Also: Pinke Hülle, Zahlencode, Shiva, Doomsday, Bumblebee – meinentwegen. Natürlich hört man auch hier viel Mittelmaß, mehr Elektronik heißt schließlich nicht zwingend auch mehr Ideen. Aber es gibt eben auch das fabelhafte „Glass“ mit seiner satten Downbeat und dem quasilyrischen, halbgerappten Rezitativ über ehemals beflügelte Menschen als Sinnbild für die schiefgelaufene Evolution, es gibt den zweiten Teil der sieben Minuten von „Treat“, der den Beinen Beine macht und das Hüpfen befiehlt.

Und es gibt natürlich „Eez-eh“. Selten haben Kasabian nach ihrem umwerfenden Debüt so sehr ins Schwarze getroffen wie mit diesem Killertrack – denn der hat alles: Geschwindigkeit, Biss, Agressivität, Soul (ja auch den) und ganz, ganz viel Rhythmus. Ein Track, der ein Album, das vielleicht nur zu Hälfte gelungen ist, besser machen kann, der den Unterschied bringt. Ganz egal, ob dabei die Milch sauer wird. Also, alles was wir bisher über Style, Understatement und Attitüde gelernt haben, ist nicht falsch, nur manchmal eben unbrauchbar. Kasabian pokern hoch, stapeln tief und sind genauso vorherseh- wie unberechenbar geblieben. Und damit finden wir uns jetzt einfach mal ab und sagen: Etwas mehr als okay. Oder?! http://www.kasabian.co.uk/

24.10.  Bremen, Pier 2
25.10.  Berlin, C-Halle
26.10.  München, Kesselhaus
28.10.  Neu-Isenburg, Hugenottenhalle
29.10.  Köln, Paladium

Der Komplettstream des Albums findet sich momentan beim Rolling Stone.

Dios Mio: Dial a cliche

Dreampop, London, Next Big Thing - klar, dial a cliche! Wer jetzt lästert, sollte aber wissen, dass man sich dem Zauber von Dios Mio, der vierköpfigen Band aus UK, nur schwer entziehen kann. Nach zwei EPs haben diese nun zu ihrer letzten Single "Stories" ein Video dazugepackt und wenn das gleich gelaufen ist (mehr gibt's übrigens bei Bandcamp) wollen wir doch mal sehen, wer da noch weitermeckern will...

Dub Thompson: Patchwork rocks

Dub Thompson
„9 Songs“

(Dead Oceans)

Eine krudere Mischung als diese hört man selten, genau das macht sie aber auch so interessant: Evan Laffer und Matt Pulos, beide noch keine zwanzig und aufgewachsen in der Nähe von Los Angeles, haben auf ihrem Debütalbum so gut wie alles zusammengemischt, was quietscht, scheppert und knarzt. “9 Songs” heißt die Platte, nur acht Stücke sind drauf – Dubstep, Blues, Psych- und Krautrock, Garage, Noise und vieles mehr wird hier zu einem hochprozentigen Cocktail geschüttelt, es hört sich an wie ein feuchtfröhlicher Zug durch den Lieblingsplattenladen – Patchwork rules. Die Stimmen werden dazu geloopt, verzerrt und gehäckselt und manches Mal, wie bei “Dograces” oder “No Time”, gesellt sich zu dem Krawall eine kleine, verschüchterte Melodie. Popsongs werden das aber trotzdem nicht, dafür sind sie viel zu laut und ungehobelt. Das Titelstück selbst ist konsequenterweise gleich ein Instrumental, ganz am Schluss zelebrieren die beiden mit “Pterodactyls” (genau, das sind diese kleinen, biestigen Flugdinger, die schon bei “Jurassic Park” so unglaublich genervt haben) allerschönsten Punkrock, so als wollten sie uns zu guter Letzt noch einen Gruß hinterherschicken – “Seht ihr, können wir auch…!” Haben wir verstanden, ziemlich coole Platte, das.

Gems + Hundred Waters: Doppelte Empfehlung

Sollte dieses Gesamtpaket auch mal in Deutschland Halt machen, wäre ein Besuch unabdingbar: Das Electropop-Duo Gems aus Washington DC, bestehend aus Clifford John Usher und Lindsay Pitts, wird bald als Support auf der aktuellen Tour der Indiekapelle Hundred Waters zu sehen und zu hören sein - beide seien hier dringend empfohlen. Von den Gems gibt es den brandneuen Track "Scars" und Hundred Waters glänzen mit dem nach wie vor entzückenden Video zum Song "Cavity", der von ihrem aktuellen Album "The Moon Rang Like A Bell" stammt, das derzeit auf der bandeigenen Website gestreamt wird.



Franz Ferdinand: Kartengrüße

Neues aus der Reihe "Lieder so schön wie der Norden": Franz Ferdinand bringen sich mal wieder in Erinnerung und verschicken ein paar Kartengrüße von der Nordsee, die natürlich schnurstracks auf eine weitere Singleauskopplung von ihrem Album "Right Thoughts, Right Words, Right Action" hinweisen sollen, nämlich auf den Track "Stand On The Horizon". Von dem gibt es nämlich auf der 12" neben dem Original eine sehr geglückte Langversion von Todd Terje, eine weitere Neubearbeitung von Tom Furse (The Horrors) und ein Cover von Frankie And The Heartstrings. Na, wenn das mal keine guten Nachrichten sind - erscheinen wird das Stück übrigens am 28. Juni.

Mittwoch, 11. Juni 2014

The Roots: Vorstadtapokalypse

Einigermaßen gruselig, was sich The Roots für ihr Video zu "Never feat. Patty Crash" haben einfallen lassen: Zombies, verlassene Vorstadtstrassen, bedrohliche Endlosschleifen und am Ende wohl die Erlösung, mächtig viel Drama für vier Minuten. Der Song stammt im Übrigen vom aktuellen Album "... And Then You Shoot Your Cousin", das vor kurzer Zeit erschienen ist, den Clip gibt's bei Vevo.