Freitag, 14. September 2018

Sleaford Mods: This note's for you

Sleaford Mods
"Sleaford Mods"

(Rough Trade)

Nein, es ist nicht vorbei. Es ist auch nicht besser geworden. Es interessiert nur niemanden mehr so recht. Über zwei Jahre ist es her, da sich die Mehrheit der Briten in einem Referendum für den Austritt aus der EU entschieden hat und seitdem geht es mit dem einst so stolzen Königreich im Eiltempo den Bach runter. Obwohl noch nicht mal beschlossen ist, wie hart denn nun der Brexit wirklich wird und wann genau mit der Loslösung Großbritanniens von Europa wirklich begonnen werden soll, sind die Folgen für das ohnehin schon gebeutelte Land, vor allem für die Armen und Ärmsten bereits deutlich zu spüren. Dass dies kaum noch eine Nachricht wert ist, liegt wohl auch daran, dass wir Informationen im Schnelldurchlauf konsumieren, kaum die Zeit zur wirklichen Auseinandersetzung haben (und uns selbige auch nicht nehmen) - zudem dominieren immer die sensationellsten, die lautesten, die krassesten News die Kanäle, von stetigem Niedergang, der schleichenden Aushöhlung der Sozialsysteme, all den kleinen und alltäglichen Niederlagen will niemand wirklich etwas wissen.



Nicht so bei Jason Williamson. Der Sänger und Texter der Sleaford Mods wird nicht müde, die Missstände in seiner Heimat zu benennen. Und auch wenn es aktuell nur zu fünf Songs gereicht hat, sind diese deshalb nicht weniger deutlich, nicht weniger zornig und anklagend als auf den famosen Alben zuvor. Williamson und Andrew Fearn haben sich ja für den Tag der Veröffentlichung der neuesten EP einen kleinen Marketing-Gag überlegt und überreichen diese gerade den Bestellern persönlich vor Ort an der Haustür, was eindeutig der angenehmere Besuch ist als der, von dem der erste Song "Stick In A Five And Go" erzählt. Ein frustrierter Zeitgenosse, der auf den sozialen Kanälen wütet und hernach seinen Brass gegen unbekannt abreagiert - der Troll als Blindgänger, der rot sieht und Amok läuft. Die gleiche Story übrigens, die auch der Film "Us And Them" von Joe Martin (mit Tim Roth's Sohn Jack) thematisiert und auf dessen Soundtrack passenderweise auch die Sleaford Mods zu hören sind.

Es bleibt auch bei den restlichen Stücken düster - "Gallows Hill" handelt von einer zweifelhaften Sehenswürdigkeit in Nottingham, einem alten Friedhof, der laut Williamson zum Treffpunkt der Ausgestoßenen und Randständigen geworden ist und der es, weil die Stadt selbst die Beleuchtung entfernt hat, zum trostlosen und deprimierenden Wahrzeichen seiner Stadt geschafft hat. Weiter erinnert sich Williamson mit Bitterkeit an die armseligen Zeiten seiner Jugend als Gläsersammler in einem Pub ("Dregs"), sinniert über verlorene Seelen, die man dennoch nicht abschreiben sollte ("Joke Shop"). Der Sound der 12" ist dabei überraschend locker und manchmal geradezu verspielt, Fearn baut in seine LoFi-Tracks hübsche Melodien und Casiotone-Tunes ein, "Bang Someone Out" hat regelrecht Swing und Williamson überrascht ein weiteres Mal mit - ja, nennen wir es ruhig: Gesang. Vielleicht klingt die EP deshalb nicht ganz so zwingend und rough wie die vorangegangenen Longplayer, als Statement ist sie so wichtig wie gelungen. This note's for you, sozusagen. https://sleaford-mods.myshopify.com/

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