„Future“
(Beatnik Creative)
Es wird ja viel gelobt, wir nehmen uns da nicht aus, einfach weil es weit mehr Befriedigung verschafft, etwas zu finden, das einem gut gefällt und weil auch mehr dazugehört, als dieses oder jenes in der Öffentlichkeit (und sei es auch nur eine kleine) zu zerreißen. Das nun folgende Lob ist nun aber kein überraschtes, kein vorschnelles, unüberlegtes. Denn die Songs der jungen Britin Eliza Shaddad begleiten uns schon seit Jahren und sie sind, das darf man ohne jeden Zweifel behaupten, bei allen Wandlungen, die sie stilistisch genommen haben, immer von bestechender Qualität gewesen sind. 2012 erschien mit „January – March“ ihre erste EP, eine zurückhaltende, zarte Sammlung von Folksongs. Zwei Jahre danach mit „Waters“ die langsame Hinwendung zum Rock, der noch einmal zwei Jahre darauf („Run“) dem Grunge Platz machte. Und auch dann folgte kaum eine Pause. Shaddad reiste in dieser Zeit, familiär bedingt, über die Kontinente, Australien, Afrika, Asien, Europa, Freundschaften wurden geschlossen, später Beziehungen, Trennungen blieben nicht aus, Liebe und Schmerz, sie erfuhr das alles quasi unterwegs.
Und schrieb weiter Lieder. Wunderschöne Lieder, jetzt poppiger, facettenreicher, dunkel schon, aber nicht düster. Shaddad baute zunehmend Synthesizer in ihre Kompositionen, Effekte, Beats, doch weil die Lieder im Kern so gut waren, verloren sie sich nicht in der neuen Vielfalt, sondern erschienen reifer, erwachsener. „Future“, ihr lang erwartetes Debüt, ist nun nicht etwa die Aneinanderreihung bislang veröffentlichten Materials, wie es viele gern tun, sondern die Summierung der neu entstandenen Stücke unter dem Topic „Veränderung“. Das meint natürlich neben den Reisen den Verlust von Bindungen, Einsamkeitsängste, Furcht vor der eigenen Courage, vor dem nächsten Schritt. Aber vor allem sollen die Songs den Weg aus der Lebenskrise, aus der Traurigkeit weisen, sollen den Kopf nach oben bringen und die Zukunft, die Chance auf einen neuen, wenn auch ungewissen Lebensabschnitt, in den Mittelpunkt rücken.
Musikalisch hat ihr dabei einmal mehr Produzent Chris Bond geholfen, der auch schon mit Talenten wie Ben Howard oder Matthew And Me zusammengearbeitet hat und Shaddad bereist über längere Zeit begleitet. Gemeinsam haben sie einen Sound gefunden, der einerseits sehr geschmeidig, melancholisch daherkommt, mit großen Melodien, die aber jederzeit von harschen Gitarrenakkorden gebrochen oder harten Drums („Your Core“) angetrieben werden können. Die Referenzen hierzu finden sich sowohl im Wave der 80er als auch dem Glamour-Pop der 90er Jahre („Just Goes The Show“) – The Cure tauchen ebenso auf („My Body“) wie Chris Issaks großartiges Thema „Wicked Game“ zu „Wild At Heart“ – letzteres ist beileibe keine Schande, schließlich haben The XX aus diesem Song einen nicht unwesentlichen Teil ihres Fundaments gezimmert. „The Conclusion“, so heißt der Song von Shaddad, glänzt außerdem mit einem herrlichen Riff im Schlußteil, immer wieder gelingt es ihr, die Zuhörer fast im selben Moment zu umgarnen und zu überraschen. Und das ist das Schöne an diesem Album – hier weiß selbst der Laie, daß die Geschichte des weitgereisten Mädchens aus London gerade erst angefangen hat.
10.12. Hamburg, Nochtwache
11.12. Berlin, Privatclub
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