Billy Nomates
"Ramshackle EP"
(Bandcamp)
Das ist dann tatsächlich wieder so eine Art Snapchat-Moment: Denn diese feine 4-Track-EP der Britin Billy Nomates gibt es tatsächlich nur auf Zeit, ganze drei Tage steht sie zum Kauf im Netz, dann wird sie wieder verschwunden sein. Wie übrigens viele der Songs, die diese bemerkenswerte Frau in den letzten Wochen und Monaten aufgenommen hat - allein im eigenen Studio, Coverversionen auf Zuruf, selbst das erste offizielle Album "No" ist schon wieder weg. Das ist einerseits sehr schade für Menschen, die ein Problem mit spontanen Kaufentscheidungen haben und es gewohnt sind, dass alles überall und jederzeit zur Verfügung steht. Andererseits ist es auch gerade deshalb ein Trost, weil mal eben etwas nicht so planbar verläuft, wie man es der Bequemheit halber gewohnt ist. Die Anregung, wenigstens doch hier schnell zuzugreifen, fällt jedenfalls nicht schwer, die vier aktuellen Tracks sind allesamt jeden Cent des selbst bestimmten Kaufpreises wert - ganz davon abgesehen, dass das Denken in solchen Kategorien ohnehin ziemlich abwegig ist/sein sollte.
Überraschend gleich zu Beginn, wie weich, geradezu zart sich Nomates Stimme diesmal vor den Beats und Loops ausnimmt, das erste Stück "Dave Original" als Zeugnis einer brüchigen oder schon beendeten Beziehung, das fast ohne die rasende Wut auskommt, die viele ihrer früheren Stücke bestimmte. Die Bedächtigkeit, mit der Nomates die inneren Kämpfe und Auseinandersetzungen schildert, das Durcheinander der Gedanken, Selbstzweifel, Unsicherheit, auch Verzweiflung, sie erklingen hier in einer anderen Färbung, wirken hintergründiger, vielleicht auch bedrohlicher. Nomates hat einmal gesagt, sie könne sich Serien wie "Fleabag" nicht ansehen, einfach weil sie sich der Hauptdarstellerin Phoebe Waller-Bridge im Wesen zu nahe fühle - hört man sich die neuen Songs an, dann versteht man dieses Argument um so mehr.
Wenn am Anfang der dunkle Bass und die elektronischen Texturen dominieren, dann sind es im zweiten Teil bei den Stücken "No Wildfires" und "Wronger" die knirschenden Bluesakkorde, die hervorstechen. Fast grungig kommen die Gitarren daher, die Textzeilen wie die folgende begleiten: "Everything's a daydream and i'm a foolish little psycho", und später dann "I imagined the tension and it was second to none, and it sure it ain't right, its wronger than wrong". Zugegeben, das klingt nicht nach dem felsenfesten, unumstößlichen Ego, das wir doch alle so gern hätten. Sondern eher nach einem wilden Hin und Her der Gefühle, einem Ringen und auch nach dem Bewußtsein, dass die Möglichkeit des Scheiterns mit dazugehört, wenn man nicht auf seinen Verstand hört, sondern auf das blöde Herz. Nomates tut dies in ihren Texten und in ihrer Art, Musik zu machen, aus freien Stücken und genau das ist es, was den größten Respekt verdient - sich durchzuboxen, nicht klein bei zu geben und wenn nötig, wieder aufzustehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen