Hater
„Siesta“
(Fire Records)
Man sollte schon genauer hinhören. Klar, das sollte man tunlichst bei jeder Platte. Aber wer das zweite Album der schwedischen Band Hater vorschnell als Bibi-und-Tina-Wohlfühl-Singalong-Platte abtut, wird dem Quartett wohl nicht gerecht. Denn ganz so klar wie beim Namen der Formation treten die Widersprüche hier nicht zutage. Natürlich beißt sich dieser arg mit dem verträumten, hochmelodiösen Dreampop, Hassbotschaften sind hier nicht zu finden und auch mit bösartigen Chatbots oder Trollen haben die vier aus Malmö nichts am Hut. Aber eben auch nicht mit eitel Sonnenschein und aufgesetzter Melancholie. Denn wer der wunderbaren Caroline Landahl gut zuhört, wird entdecken, daß ihre zarte Stimme wie schon auf dem Debüt "You Tried" immer ein bisschen schief und nicht selten auch etwas brüchig klingt, so als könnte sie im nächsten Moment kippen und mit ihr die als so wohltuend empfundene Stimmung der Songs. Und auch die Instrumentierung ist längst nicht so glattpoliert, wie man nach einem Schnelldurchlauf meinen möchte.
Gönnt man „Siesta“ ein paar Extrarunden, entdeckt man in den zweifellos sehr harmonischen Arrangements viele kleine Widerhaken – hier ein paar bluesige Gitarren zu dunkel vibrierendem Bass („Things To Keep Up With“), bei „Your Head Your Mind“ schichten sich im Hintergrund windschiefe Töne zu einer kleinen, aber feinen Wall Of Sound und bei „Why It Works Out Fine“ wird zur Raspelstimme ein bisschen Funk gemischt. Nicht ganz so ernst gemeint war kürzlich wohl die Bemerkung von Drummer Lukas Tomasson, sie hätten stets eine ganze Schublade voller Antidepressiva zur Verfügung. Er schob dann schnell zur Klärung nach, dass man doch sehr dankbar sei, sich mit Hilfe der Musik mit den düsteren Momenten, die sie alle durchaus haben, auseinandersetzen zu können. Bloß keine Schubladen also, nicht zu schön, aber bitte auch nicht trostlos. Hater versuchen, mit ihrem Sound und den Texten den Zwischentönen und Schattierungen des Alltags gerecht zu werden, Mut zu machen und Hoffnung zu geben, das Schöne genauso zuzulassen wie das Traurige. Zu akzeptieren, dass beides seinen gleichberechtigten Platz in unserem Leben hat, macht es manchmal einfacher. Und zwar sowohl für den, der die Songs schreibt und spielt als auch für den, der sie hört.
23.10. Hamburg, Aalhaus
13.11. Dresden, Scheune
14.11. Berlin, Marie Antoinette
15.11. Jena, Glashaus
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