Dienstag, 13. Oktober 2020

Working Men's Club: Das letzte Zucken

Working Men’s Club
„Working Men’s Club“

(Heavenly Recordings)

Reden wir nicht lang drum herum: Was für ein Debüt! Natürlich werden haufenweise Leute um die Ecke kommen mit dem immergleichen Vorwurf, hier werde doch nur eine uralte Suppe aufgekocht und erneut zum Verzehr angeboten. Doch die Nörgler und Spaßverderber vergessen gern, dass erstens – ist es so gut gemacht wie hier – auch dazu eine Menge Talent gehört. Zum zweiten, und das sollte das Hauptargument für den WMC sein: Das Quartett um Sänger und Gitarrist Sydney Minsky-Sargeant (nebenbei – was für eine Name!) leiht nicht nur aus, erinnert nicht nur entfernt, läßt nicht nur anklingen. Nein, der Working Men’s Club feiert die komplette britische Musikhistorie der letzten Jahrzehnte einmal quer durch den berüchtigten Gemüsegarten. Wir treffen die Arctic Monekys wie auch die Happy Mondays, wippen zu New Order und Factory Floor, den souligen Groove gibt’s von Gillespie’s Primal Scream und den Funk von Heaven 17, die Stone Roses fehlen nicht und auf gar keinen Fall The Fall. Fast mitleidig möchte man auf jene blicken, die immer mit dem erhobenen musikhistorischen Zeigefinger „Ja, aber…“ sagen müssen – lasse reden, wir sind tanzen.


Dass der WMC aus Manchester kommt, muss man wohl nicht extra erwähnen, man hätte ihn sowieso nirgendwo anders hingesteckt. Ahnen ließ sich die Erfolgsgeschichte schon im Sommer 2019, als die Single „Teeth“ den Dancefloor aufmischte, in diesem Jahr folgten dann „A.A.A.A“ und „White Rooms And People“ und spätestens jetzt war alles soweit klar. Die volle Dröhnung? Kein bisschen schlechter, im Gegenteil. „Valleys“ und „Be My Guest“ mit hartem, maximal elektrifiziertem Beat, „Outside“ und besagtes „White Rooms And People“ etwas anschmiegsamer, aber eben auch sehr funky. „Flowers blooming, people talking, shit about you, so confused“, singt herrlich rotzig Minsky-Sargeant und resümiert entsprechend lakonisch: „Dawn a new day and old age come for me.“ An anderer Stelle perfektioniert er seine Schnodrigkeit im Duett mit Bandkollegin Mairead O’Connor – „I hate tomorrows!“, Mark E. Smith wäre stolz gewesen. Irgendwann brüllen und kreischen dann auch die Gitarren, erst zu „Cook A Coffee“, später beim lärmenden Zwölfeinhalbminüter (!) „Angel“. Kann schon sein, das Boris Johnson und seine Verbrecherclique Cool Britannia a.D. totgewirtschaftet haben – es zuckt aber noch und zwar im Takt des WMC.



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