Clipping
"Visions Of Bodies Being Burned"
(Sub Pop)
Gemacht für Tage wie diese: Es gibt wohl kaum einen besseren Moment, um über Clipping und ihr aktuelles Album zu sprechen. Da schickt sich eine der ältesten Demokratien dieses Planeten an, im Chaos zu versinken, weil ein durchgeknallter Egomane meint, mal eben alle über die Jahrhunderte gewachsenen und bislang verbindlichen Regeln außer Kraft setzen zu dürfen. Und die Hälfte der Bewohner dieses einst so stolzen Landes hat ihn genau dafür ins Amt gehoben und schaut ihm nun begeistert dabei zu, wie er ihrer aller Untergang herbeiregiert. Aus Hope and Glory ist längst Hate and Fury geworden - es ist der Horror. Und wenn man zu diesem Szenario noch einen Soundtrack braucht, dann ist dies unbedingt „Visions Of Bodies Being Burned“. Im Zweifelfall, wenn also nicht zur Hand, würde es natürlich auch der Vorgänger „There Existed An Addiction Of Blood“ tun, denn schon 2019 haben Daveed Diggs, William Hutson und Jonathan Snipes mit ihrer dritten Studioplatte Bahnbrechendes in Sachen Noise Rap abgeliefert.
Nun gibt es in diesem Jahr beispielsweise mit Run The Jewels oder auch Algiers schon brilliante Beispiele politischer Wortmeldung, allerdings erscheinen diese im Vergleich nicht ganz so verstörend, wie sich die Realität gerade darstellt. Clipping dagegen haben genügend Albtraumhaftes im Programm, um hier bestehen zu können: Es knistert, raschelt, pfeift und kreischt, dass sich einem die Nackenhaare aufstellen, zu dröhnenden, furchterregenden Klangkulissen mischen sich wuchtige, metallische Beats („Pain Everyday“), dissonantes Durcheinander („“Eaten Alive“), übersteuertes Feuerprasseln, Schafherdengeblöke und natürlich haufenweise böse Reime in teilweise atemberaubendem Tempo.
Dass sich Clipping neben dem Hip-Hop-Duo Cam And China auch Tonkünstler wie Greg Stuart oder die Jazzer Jeff Parker und Ted Byrnes ins Studio geholt hat, spricht für ihre ungebremste Experimentierfreude, die Kollaboration mit theOGM und Eaddy von der Hardcore-Truppe Ho99o9 aus Los Angeles ist dagegen fast zwangsläufig, verfolgen die beiden doch einen ähnlich kontroversen Ansatz. Unbedingt erwähnen müssen wir noch das Video zu „Enlacing/Pain Everyday“: Wie auch schon für „All In Your Head“ (2019) übernahm hier die Filmemacherin Sarah C Prinz Regie und Choreographie und hat hier (auch dank der sagenhaften Performance von Matthew Gibbs) abermals ein beeindruckend düsteres, elektrisierendes Kunstwerk geschaffen. Wären die Umstände nicht so bedrückend, es bestände Grund zu ausgelassenem Jubel – so gruseln wir uns im Stillen und hoffen inständig, dass es nicht noch schlimmer kommt.
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