Dienstag, 31. Mai 2011

Nachgesungen



Über die mutmaßlich besten Coverversionen von Joy Division war an dieser Stelle schon mehr als einmal ausführlich die Rede, stereogum hat nun eine Liste der ihrer Meinung nach besten Neubearbeitungen von, also durch Radiohead auf die Seite gestellt - angenehmerweise kann man das Ganze auch noch für lau downloaden. Yorke's bevorzugter Coverstar ist mit fünf Nennungen eindeutig Neil Young, der olle Stromgitarrist, aber auch Joy Division, Portishead und die deutschen CAN sind mit von der Partie - saugen: hier.

Zweigeteilt



Arctic Monkeys „Suck It And See“ (Domino)
Sieht man sich die aktuellen Bilder der Arctic Monkeys an, möchte man gar nicht glauben, dass die Jungs aus Sheffield als Band schon fast zehn Jahre und vier Alben alt sind. Gestartet als eine der ersten Formationen, die sich ihren Bekanntheitsgrad über die eigene Website selbst erwarben, haben sie mittlerweile allerdings nicht nur ihre Unschuld, sondern auch gehörig an Tempo verloren. Denn wenn die ersten beiden Alben „Whatever People Say...“ und „Favourite Worst Nightmare“ noch von einem zackig rotzigen Haurucksound geprägt waren, ging es mit „Humbug“ und Vorzeigestoner Josh Homme konsequent in die Breite, die Songs wurden schwergewichtiger, weniger gefällig – auch erwachsener.

Das neue Album, wieder unter Hommes Regie, bleibt zumeist treu in der Spur – wo früher mit wippendem Stick eingezählt wurde, zwingen heute anfangs fette, sämige Gitarren den Sound ins Metallkorsett. Manchmal, wie bei „Brick By Brick“ oder „The Hellcat Spangeled...“ klingt das ein wenig zu simpel, dagegen gelingen mit dem Opener „She’s Thunderstorm“, dem schwelgerischen „Black Treacle“ und der zweiten Singleauskopplung „Don’t Sit Down Cause I‘ve Moved Your Chair“ feine, urbritische Rockschwarten. Bei „Library Pictures“ wird dann tatsächlich mal die Schlagzahl erhöht – angenehme Frischluftzufuhr.

Für’s letzte Drittel wurden dann aber überraschenderweise alle Widerhaken entfernt: „Reckless Serenade“ und „Piledrivers Waltz“ eröffnen den Reigen verträumter Singalongs, das dunkle und grandiose „Love Is A Laserquest“ erinnert mit seinem matten Schimmern an „Dance Little Liar“ vom Vorgänger. Auch der Titelsong ist ein wunderbar eingängiges Leichtgewicht – „I poured my aching heart into a popsong, I couldn’t get the hang of poetry, that’s not a skirt, girl, that’s a sawn-off shotgun, and I can only hope you’ve got it aimed at me“, ach, jung sein ... Eine seltsame Zweiteilung also, an die man sich erst gewöhnen muß, vielleicht zeugt diese Unentschiedenheit ja von einer wenig ausbalancierten Grundspannung – die Jungs wollen noch, nur wissen sie nicht so genau, was und wohin. Da mag sich vorerst jeder das ihm Nächstliegende heraussuchen und einfach auf Kommendes warten.
http://www.arcticmonkeys.com/

Samstag, 28. Mai 2011

Freitag, 27. Mai 2011

Schulte sein Schreibtisch - Teil 3



Das geht ja wie das Bretzlbacken, raus, rein, schon der dritte offizielle Neuzugang. Diesmal aus Gladbec... ähh, Gladbach, Sebastian Schachten, Abwehr links hinten und mit 26 im besten Alter. Linkshänder offensichtlich, beidfüßig hoffentlich. Und übrigens, Herr Schulte, in den Ball da hinten gehört mal was Luft rein ...

Schulte sein Schreibtisch - Teil 2



Das mit der besseren Ausleuchtung war offenbar ein Ausrutscher, Tradition geht vor und so sitzt olle Schulte heute mit Philipp Tschauner, dem ehemaligen Zweittorwart des jordanisch-bayerischen Millionenklubs TSV 1860 München, wieder auf der gewohnten Seite des Schreibtisches. Blau-weiß wechselt also zu braun-weiß (und ich weiß nicht so recht, ob das so weise ist), der Kader wächst wieder.

One piece of ... Boris_Heavy Rocks



Track #10 "Czecheslovakia" - Was die Welt jetzt braucht: Japanische Metalbands, die längst vergangene, sozialistische Staaten besingen: "Fukushima sucks, Temelin sucks too!"

The Confessions of Courtney Love



"All the drugs just neutered me. When I was on drugs, I felt like this nunnish, non-sexual person. After I stopped doing drugs I started to fuck like a bunny! Before that I suffered from years of celibacy. I was on this whole Morrissey kick, no masturbation, no romance, no nothing!

The store was completely closed. My self-imposed chastity was only supposed to last for two years, but it went on for three years, eight months and six days. My addiction is just about feeling comfortable in my own skin. I don't like losing control. You couldn't pay me a billion dollars to take marijuana. I don't really like coke anymore. I’m scared of ecstasy.

The one drug I'd like to try one day is ayahuasca, which should be mandatory for everybody. It's apparently this crazy tea that gives you these intense hallucinations. Everyone who takes it sees a wise old black man who takes you on a wild journey. I'm not going to name names, but everyone who takes it sees the same black guy. I'm not kidding you. Everyone!" (NME)

Donnerstag, 26. Mai 2011

Schulte sein Schreibtisch - Teil 1



Da isser wieder, olle Helmut Schulte und sein Schreibtisch (diesmal mit mehr Licht, haben sich wohl an die andere Seite gesetzt, die Burschen). Mit ihm zusammen der erste Neuzugang der so-called Oberliga-Saison, Lasse Sobiech (20) von Borussia Dortmund, nach den verbrieften Abgängen von Eger, Lechner, Sukuta-Pasu, Oczipka und Kessler - bald mehr.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Gehört_278



Death Cab For Cutie „Codes And Keys“ (Atlantic Records)
Als ich kürzlich an gleicher Stelle allerlei Lobendes über die neue Platte der Antlers zum Besten gab und sie als die bisher einzigen, legitimen Erben dieses Sommers für Arcade Fire und ihr Album „The Suburbs“ bezeichnete, da war im Grunde klar, dass sich dieses Bild ganz schnell ändern könnte – und auch mußte. Denn Death Cab For Cutie standen schließlich schon in den Startlöchern. Und die hatten vor knapp sechs Jahren mit „Plans“ immerhin das nahezu perfekte Popalbum abgeliefert. Und wer sich noch immer voller Entzücken an Songs wie „Soul Meets Body“ und „I Will Follow You Into The Dark“ erinnern kann, der weiß, dass diese Behauptung nicht zu hoch gegriffen ist.

Wenn „Codes And Keys“ annähernd so gut werden sollte, dann war klar, dass so eine branchenüblich eher selten große Zeitspanne zwischen beiden Werken liegen mußte – man erschafft Großes nicht im Akkord. Und wirklich, dem Quartett aus dem Staate Washington ist die wohl reifste und bestgelaunteste Sehnsuchtsplatte der Neuzeit gelungen – die Bright Eyes und die erwähnten Antlers werden wohl anerkennend in die Knie gehen müssen.

Ein bedächtiger Start, „Home Is A Fire“ steigert sich erst langsam – elektronisch fein aufgepeppt – mit behutsamem Gitarrenschmirgel zu einem kraftvollen Popsong, gefolgt vom gefühligen Pianostomp „Codes And Keys“, der schon etwas von dem anklingen läßt, was sich wie ein roter Faden durch’s komplette Album ziehen soll: lebenskluge Alltagsbetrachtungen, gefühlige Bilder, die nicht platt und kitschig daherkommen, sondern in ihrer Einfachheit gefallen: „When you scream, love you see like a child, throwing stones at the sky, when they fall back to earth as minor chords of major works“. Gleich danach eine sarkastische, ja fast feindseelig anmutende Replik auf das besitzergreifend Männliche dieser Welt („But some boys don't listen, some boys don't listen at all, they don't ask for permission, they lack inhibitions, no walls, and they get what they want, but some boys don't know how to love.”), Sänger Ben Gibbard geht hier einiges offensichtlich schwer gegen den Strich.

Drei von elf Songs und doch ist die kreative Energie von Death Cab For Cutie keineswegs erschöpft. Ein kalt glänzendes, vergleichsweise dunkel gestimmtes „Doors Unlooked And Open“, das auch New Order nicht hätten besser machen können – „You’re A Tourist“ birst dagegen fast vor Optimismus und auch das längere „Unobstructed Views“ umschmeichelt mit verträumter Liebeslyrik. Später gelingt ihnen dann noch eine unbeschwert schöne und rockige Ergänzung zu Bill Callahans „Sycamore“, hier „Underneath The Sycamore“ – der Schluß „Stay Young, Go Dancing“ steht für sich und ist auch auf den zweiten Blick so gemeint, wie man ihn auf den ersten zu verstehen glaubt.

Vielleicht muß man ja besonders gestrickt sein, um dieses Album uneingeschränkt wunderbar finden zu können, vielleicht gehört es ja eher denen, die sich schnell von Frohmut und der Sehnsucht nach dem einfachen Glück begeistern lassen. Doch was, wenn manche Dinge wirklich so simpel sind und Death Cab For Cutie es geschafft haben, dieses Gefühl mit traumwandlerischer Sicherheit in jedes ihrer Lieder zu packen? Gute Popsongs können und dürfen das – glücklich machen, das haben schon die Beatles gewußt. „Codes And Keys“ ist randvoll davon.
http://www.deathcabforcutie.com/

Das Grauen kehrt zurück


Nein, gemeint sind damit nicht befürchtete Karriereschübe für Peter Hintze, Harald Glööckler oder Uschi Dämmrich von Luttitz, sondern die hier lange beschwiegene, nun aber unvermeidbare Reunion der Band, die schlechtem Geschmack einen Namen gegeben hat: The Darkness. Justin Hawkins, kreischendes Schreckgespenst und amtierender Geschäftsführer der Band, äußerte sich unmissverständlich in der aktuellen Q: „There'll probably be a The Darkness album in 2012, but somehow we'll get new music out before then. A UK tour at the end of that year and then the world. Again." Wenn das nicht wie eine Drohung klingt …

Im Osten was neues ...



Also, dann zählen wir mal auf: Aue, Cottbus, Union, Hansa – und jetzt: Dynamo. Das ist zwar für einen St.-Pauli-Fan so dermaßen politically incorrect, aber als gebürtiger Sachse, der ich nun mal bin, gehört sich gescheit gefreut über diese neue 2. Liga, die sich nun fast wie eine Oberliga – ja, so hiess das früher – ausnimmt. Fehlen eigentlich nur noch Magdeburg, Chemnitz (schon 3., also auch Glückwunsch), Leipzig (hier natürlich gemeint Lok oder Chemie, nicht RB) und der BFC, obwohl, letzteres muss nun nicht sein, auch wenn Mielke schon die Radieschen von unten zählt ... hier Dynamo Wiki.

Dienstag, 24. Mai 2011

Gehört_277



She Wants Revenge „Valleyheart“ (Five Seven)
Schön ist das nicht, eine Band – wenn man sie denn so nennen möchte – die man eigentlich mehr als passabel fand, fallen sehen zu müssen. Doch wenn man den Abgesang der Kings Of Leon, die Kapitulation der Strokes oder den Offenbarungseid der White Lies überstanden hat, dann sollte einem der K.o. von She Wants Revenge nicht mehr ganz so dolle zu Herzen gehen.

Überhaupt haben Justin Warfield und Adam Bravin, eher DJs als Musiker, sich ja so viel mit ihrem neuen, regulär dritten Album „Valleyheart“ nicht zu Schulden kommen lassen – man wusste ja von Anfang an, worauf man sich einließ. Mehr noch als ihre Kollegen von den Infadels oder The Presets waren She Wants Revenge leidenschaftliche Poser, die stets mehr Wert auf den optischen Gesamteindruck, auf Oberfläche legten und die trotzdem, angefangen mit der EP „These Things“ mit ihrer Art von Electrowave zu gefallen wussten, die mit „Tear You Apart“, „Spend The Night“ oder „Sister“ sogar veritables Tanzfutter ablieferten.

Aber jede Pose wird auf Dauer hohl, schon die zweite Platte „This Is Forever“ war nur noch phasenweise unterhaltsam und die neue ist es nun überhaupt nicht mehr. Mit dem ersten Stück „Take The World“ versuchen sie noch einmal den früheren Zauber hinzubekommen, aber auch das wirkt schon abgeschmackt. Schon Song Nummer zwei „Kiss Me“ gerät regelrecht peinlich – „Kiss me now, the time is right and say goodbye“, zu mehr langte es offenbar nicht und selbst der hartnäckigste Anhänger sollte anerkennen, dass das die Killers selbst in ihren schlechtesten Zeiten schon deutlich besser hinbekommen, die mussten aus reiner Einfallslosigkeit auch keinen Chorus mit „ba-ba-bam-bam-bam“ schmücken.

Besser wird es nicht mehr, alles wirkt müde, ideenlos, kein Lichtblick – nirgends. „Must Be The One“ – hat da jemand U2 gerufen? Und wer das als Schimpfwort versteht, liegt nicht so falsch dabei – das ist teilweise schon so traurig dünne, dass einem die beiden schon Leid tun können. Auch textlich bleibt alles bei der bewährten Wiederaufkoche: Körpersäfte, Liebesleiden, mal Sado, mal Maso, immer dreckig und verrucht und irgendwann ist man trotzdem entschlummert. Ein kurzes Aufmerken noch für „Reasons“, vielleicht nicht ganz so misslungen wie der Rest, und doch reicht es am Ende nur für ein enttäuschtes Abwinken.
http://www.shewantsrevenge.com/

Montag, 23. Mai 2011

Rundumschlag



Nun hat’s sogar die Bild am Sonntag kapiert, dass der Polizeiruf, vormals wahrgenommen als ostdeutscher Wurmfortsatz sonntäglicher Krimiunterhaltung und gern kenntnisfrei als “Polizeiruf Hundertzehn” belächelt, dass also diese Sendung mittlerweile dem weniger guten als alten Tatort den Rang abzulaufen droht. Natürlich nicht mit Jaecki Schwarz, das wäre auch zu gruselig, sondern mit dem Rostocker Traumpaar Anneke Kim Sarnau und Charly Hübner alias König und Bukow, gerade erst wieder bewiesen mit “… und raus bist Du”, dem vierten und aktuellen Fall der beiden.

Die besten Geschichten, die witzigsten Dialoge und die überraschendsten Drehbücher kommen also keinesfalls aus dem mittlerweile ziemlich selbstgefälligen und längst abgefeierten Münster (sorry, Axel), nicht aus dem öden Stuttgart (Beileid, Richie), nicht aus Bremen oder Konschtanz, schon gar nicht aus dem Mekka der Schönheitschirurgie Leipzig (geht’s noch, Frau Thomalla?), sondern eben aus der mecklenburgischen Landeshauptstadt. Selbst ehemaligen Straßenfegern wie dem nur noch selten komischen Seniorenduo Batic/Leitmayr (wobei Herr Nemec aus erwähnten Gründen wohl bald in Leipzig einsteigen dürfte) gelingt kaum noch Erstaunliches, das kölsche Pärchen Schenk/Ballauf gefällt sich zunehmend in tranigem Opagetue bzw. selbstmitleidigem Junggesellenjammer – einzig Kopper versucht sich in Ludwigshafen an leidlicher Unterhaltung, Milberg und Tukur genießen quasi Artenschutz und als lichter Streifen am Horizont gingen kürzlich nur Król und Kunzendorf für Frankfurt ins Rennen.

Noch, ja noch soll Mehmet Kurtulus nicht vergessen werden, der die Nordeutsche Achse zwar ausbalanciert, bald aber nicht mehr zur Verfügung steht. Wenn dann noch Matthias Brandt und Anna Sturm (München) und Maria Simon (Potsdam) zur 110 gehen, wird aus dem Hochamt Tatort schnell ein betuliches Rosenkränzchen.

Boom Chika Wah Wah 2.0



„Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.“

Auch wenn er es schier nicht glauben wollte, so liess es sich keinesfalls leugnen: Er, der eine, der wahre Ring, war zu seinem neuen Besitzer gelangt. Der Ring also, der ausschließlich den bösen Mächten diente und seinem Träger unglaubliche Macht, aber auch bittere Verdammnis zu schenken in der Lage war. Verteufelt harmlos präsentierte er sich seinem überraschten Herren in einer Wundertüte von Smileys Pizza Service, gereicht mit einem Kaltgetränk und einem Strawberry Cheesecake von Häagen Dazs, bereit, die arglose Welt in Verwirrung und Verzückung gleichermaßen zu stoßen. Nicht nur München sollte gewarnt sein!

Samstag, 21. Mai 2011

Gehört_276



Art Brut “Brillant! Tragic!” (Cooking Vinyl)
Ganz ehrlich, wer Eddie Argos jemals live auf einer Bühne gesehen hat – idealerweise in einem kleinen Club, idealerweise mit dem ersten Album – der wird sich schwertun, alle Sympathiepunkte für diesen Mann und diese Band endgültig über Bord zu werfen, auch wenn die Folgealben an den Erstling nicht annähernd heranzureichen vermochten. Klar, damals ging es noch um Emily Kane, kleine Brüder, die rostigen Knarren von Mailand und natürlich um moderne Kunst und Argos brüllte völlig enthemmt und am ganzen Körper zitternd seine liebenswerte Stakkatopoesie ins Tanzvolk: „Modern art makes me want to rock out!“

Das ist nun in der Tat schon lange her, Art Brut wurden, kaum überraschend, etwas gewöhnlicher, verloren musikalisch ein wenig von ihrer Unberechenbarkeit und dem irrsinnigen Druck des Debüts. Ihre Selbstironie konnte ihnen aber offensichtlich keiner nehmen – klar, dass also das neue Album „Brillant! Tragic!“ heißen mußte und so die vermeintlichen Pole ihrer Karriere absteckt.

Man hört ja, Produzent und Mentor Frank Black habe Argos für diese Platte endlich das Singen beigebracht („Only took four albums to start singing, not bad."/Argos), auch die Band selbst nähert sich den Pixies mit überraschender Konsequenz. Für den fulminanten Einstieg „Clever Clever Jazz“ wird jedenfalls erst mal frech beim schottischen One-Hit-Wonder Dogs Die In Hot Cars und ihrem Song „I Love Cause I Have To“ geklaut, egal – knallt trotzdem. Auch die nach „good“ und „bad“ dritte Wochenendrevision, dieses Mal „lost“ („I’m sorry if I embarassed you by saying something stupid like i love you, … it was a lost weekend“), gelingt ordentlich, wahrscheinlich der Song, den die Wombats, zuvor gescheitert, so wohl gern gemacht hätten.

Es wird wieder, wie auf den Vorgängern auch, viel schweißtreibende Riffarbeit geleistet – wozu hat man schließlich zwei Gitarren und einen Bass besetzt. Das klingt bei „Bad Comedian“ so wütend wie der eifersüchtige Text selbst, für „Sexy Sometimes“ („Everybody wants to feel sexy sometimes, I can make it happen with a voice like mine”) und das fast überlange “Is Dog Eared“ vermutet man die Vorliebe eher bei The Cure. Dann aber muß es endlich raus und war doch schon allen klar (die s.o. …), dass Argos’ großes Idol natürlich nur Axl Rose heißen kann, folgerichtig outet er sich anschließend auch als komplett durchgeknallter Freak („ESP is good for me, I am the psychic“), bevor er in bester Ziggy-Stardust-Manier und einem letzten „Goodbye, don’t cry“ ins Ungewisse entschwindet. Von dort gibt’s noch einen kleinen verträumten Gruß („You and me, a principality, on sealand“) - schade, man hätte ihm gern noch weiter zugehört ...
http://www.artbrut.org.uk/

Freitag, 20. Mai 2011

Gefunden_94



Lust auf ein wenig verstörenden Zeichentrick-Klamauk? Dann ist das neue Video von Ilinca Höpfner zur aktuellen Grinderman-Single "Mickey Mouse And The Goodbye Man" genau das richtige - hier. Die 12" der mittlerweile vierten Single aus "Grinderman 2" wird im Übrigen neben neuem Material dem Vernehmen nach auch einen Remix von Josh Homme enthalten - Yeehaw!

Donnerstag, 19. Mai 2011

Gehört_275



The Antlers “Burst Apart” (Rubyworks)
Das Jahr läuft sich warm. Fettes Grün überall, gut gelaunte, ausgelassene Menschen bevölkern die Straßen und auch das Musikbusiness atmet einmal kräftig durch. Vom asthmatischen Anfall ESC einmal abgesehen, räumen branchentypisch die Großen und die Altbekannten ihre Frischware in die Auslagen, Beastie Boys, Lady Gaga, Foo Fighters, der Dealer jubelt. Einzig das Branchensegment Indierock will sich nicht so recht aufraffen, schaut noch mit verklärtem Blick zum letzten großen Wurf der Kanadier Arcade Fire zurück und fragt sich wehmütig, wer denn um Himmels Willen Ähnliches im Jahre 2011 auch nur annähernd erreichen soll.

Dass sich nun ausgerechnet das feinsinnige Künstlerkollektiv The Antlers anschickt, dem Klagen ein Ende zu setzen, hat schon eine gewisse Ironie, denn um das Thema „Klagen“ haben sich eben jene Mannen um Sänger Peter Silberman mit ihrem letzten Album „Hospice“ mehr als verdient gemacht. Zur Erinnerung: Auf dieser Platte, deren Cover schon auf einfache und eindrückliche Art wegweisend war, verarbeitet die Band die Geschichte der Liebe einer an Knochenkrebs erkrankten Frau zum Erzähler und Textgeber – fast ein cineastisches, überaus ehrenwertes, gleichwohl in der Breite schwer vermittelbares Thema. Dieses Trio, dem Schweres offenbar leichter von der Hand geht, schickt sich nun also mit dem Nachfolger „Burst Apart“ an, eine ganze Zunft zu retten.

Das Cover diesmal weniger plakativ, eher irritierend – auf den ersten Blick nimmt man einen goldenen Fleck war, so als habe jemand einen Farbbeutel an eine schwarze Wand geschmissen. Erst bei genauerem Hinsehen entpuppt sich dieses Bild als sonnendurchfluteter Wald, betrachtet durch ein imaginäres Loch im Gestrüpp. Was so simpel erscheint, dient doch als schönes Sinnbild für die Musik der drei New Yorker. Beschränkt man sich nämlich auf den ersten Eindruck, so nimmt man nur einen Bruchteil vom Gehalt und der Tiefe der Songs, auch auf „Burst Apart“, wahr – mit einem Schritt nach vorn entfaltet sich eine Pracht und Anmut, die so doch noch recht selten zu hören war.

Nahezu bei jedem der zehn Stücke möchte man begeistert rufen: „Diese Stimme! Diese Melodien!“, denn auch wenn die Kompositionen einfach und konventionell gestrickt sein mögen, im Zusammenspiel entfalten Text und Sound eine fast magische Mischung. Zunächst das elegische Eröffnungsstück „I Don’t Want Love“ mit seinem nüchternen Statement (“So if I see you again, desperate and stoned, keep your prison locked up, and I will leave my gun at home. I don’t want love.”), danach das mehr als gegensätzliche und unverschämt entspannte “French Exit”. „Parentheses“ wiederum überzeugt mit feinen Drumsequenzen und natürlich wieder mit Vocals (Diese Stimme!), deren Perfektion sicher manchen von Bonos Albträumen untermalen dürfte.

Mit „No Widows“ wandeln die Antlers auf bekanntem, mehr als melancholischem Terrain, der Song ist von einer bittersüßen Trauer, die fast schon körperlich greifbar ist („No shirts to hang and fold, no kid out in the cold, no widows in the walls, no widows at the phone ... no perfect love above, no punishment below.“) – diese Melodien! Dass dem Album gegen Ende ein Spannungspunkt fehlt, ist vielleicht die einzige, sehr sachte Kritik – nach dem dann tatsächlich vertonten Albtraum „Every Night My Teeth Are Falling Out“ verhallen die restlichen Songs ohne Aufbäumen in zuweilen rein instrumentaler Verträumtheit oder bitterem Monolog („Putting The Dog To Sleep“). Am überzeugenden Gesamteindruck von „Burst Apart“ ändert das allerdings nichts.
http://www.myspace.com/theantlers

Mittwoch, 18. Mai 2011

Gefunden_93



Das Wochenende mit Beate von der SiPo, zwischen Geronto-Gang, Gegengerade und Kuchenblock - hübsch geschildert von Mike Glindmeier bei SPON.

Dienstag, 17. Mai 2011

Rememberance Day [the other]



Ian Curtis
* 15. Juli 1956 + 18. Mai 1980
http://en.wikipedia.org/wiki/Ian_Curtis

DFW_US: 898



Tip für jede Stadtverwaltung: "Der grasbewachsene und nicht sehr steile Abhang des Hügels verläuft im spitzen Winkel zur Arlington Street hinab, eine einzige breite Grünfläche ohne Hundekot, weil sich Hunde nicht auf abschüssigem Terrain erleichtern."

Gehört_274



Stars spielen Superpunk “Oh, dieser Sound!“ (Tapete)
Eine Platte, die man nicht groß erklären muß. Nicht den Sonderstatus, den Superpunk seit nunmehr 15 Jahren genießen und somit auch nicht den Grund, weshalb sich ein so erlauchtes Feld an Gratulanten eingefunden hat. Die einen mutmaßliche Vorbilder, andere dürften wiederum selbst die Hamburger und deren Repertoire verehren, zuletzt welche, die man hier nicht auf Anhieb mit einem Strauß Blumen erwartet hätte und die doch so wunderbar ins Teilnehmerfeld passen. Fettes Brot, Madsen und das Exblümchen eher wenig überrraschend, sehr schön dafür Nom de Guerres „Ford Escort“, das wirklich frostige Bierbeben „In eisigen Tiefen“ und die leichtgängigen Interpretationen von Station 17 und den Mobylettes. Thees Uhlmann versucht sich für „Ein bisschen Seele“ nicht ganz so ungeschickt wie befürchtet an einer Art von deutschem Shoegazing und Die Sterne tun sich naturgemäß etwas leichter mit Unerwartetem, ihre Version von „Ich weigere mich aufzugeben“ paßt deshalb prächtig ins neue Reggae-Kostüm. Dorau und Begemann, was sonst, über jede Kritik erhaben, unerreicht aber der grandiose Gastbeitrag aus Wien – was die Neigungsgruppe Sex, Gewalt und gute Laune aus „Das Feuerwerk ist vorbei“ extrahiert, ist so komplett entspaßt, traurig und bitterböse, dass einem das kalte Grausen kurz die Jubiläumsfreuden vergellen will. Schaffen sie natürlich nicht, wird ja auch niemand wollen, der Gesamteindruck bleibt ein durchaus entspannter und abgesehen von der auffälligen Abwesenheit der Hamburger Szenegröße Jan Delay, der hier sicher gut ins Bild gepaßt hätte, gibt’s an dieser Platte so gar nichts auszusetzen.
http://www.superpunk.de/

Montag, 16. Mai 2011

Gehört_273



Planningtorock “W” (DFA)
Fast hätte man darauf wetten mögen, dass Janine Rostron, Videokünstlerin und Multiinstrumentalistin aus dem Norden Englands, mit ihrem gehypten Projekt Planningtorock natürlich nirgendwo anders heimisch werden konnte als in einem verrümpelten Hinterhof der Avantgarde-Metropole Berlin. „Dickes B“ also wieder mal als Mekka der Musikszene – hört bzw. sieht man sich die Arbeiten auf/zu Rostrons neuem Album „W“ an, ist man fast versucht, daran zu glauben.

Der Assoziationen gibt es viele, angefangen beim eigenwilligen Äußeren der Dame selbst in ihrem aktuellen Video „Doorway“: Der spextaugliche Fachbegriff für solche Spielereien nennt sich „Skullmorphing“, die plastisch verformten Gesichtspartien erinnern den Betrachter wahlweise an Camerons „Avatar“-Blaumännchen, stark überzeichnete Darstellungen des griechischen Schönheitsideals oder die teils grotesken Filmgestalten eines Matthew Barney. Musikalisch sucht man die Parallelen nicht zuletzt beim schwedischen Geschwisterpaar Karin Dreijer Anderson und Olof Dreijer, die zusammen mit Rostron schon im letzten Jahr den ehrenwerten, aber fast ungenießbaren Versuch unternahmen, die Darvinsche Evolotionstheorie in eine Art Bio-Oper zu packen. Doch auch wenn die stärkste Verwandschaft zu Andersons Alter Ego Fever Ray zu bestehen scheint, gibt es doch ein paar erwähnenswerte Unterschiede.

Im Gegensatz zur Schwedin setzt Rostron eher auf ein gleichwertiges Wechselspiel aus analogem, eher sinfonischem Instrumentarium, das sich – wenn auch digital eingespeist – hier den Synthieklängen als passende Ergänzung zugesellt. Mehr noch als Anderson nutzt die Wahlberlinerin ihre markante und wandlungsfähige Stimme als zusätzliches Stilmittel – fast jeder Song wird so auch in der Stimmlage variiert. Zuguterletzt entfernt sich Rostron auch deutlich öfter von den homogenen und hypnotisch anschmiegsamen Melodien, anders als Fever Ray scheut sie nicht die Ausflüge in weniger düstere Gefilde: Schon „Manifesto“, der vierte Song, wirkt mit seinen jazzigen Sequenzen etwas heller und beschwingter, der Electroclash von „I Am Your Man“ deutet auf eine Person ohne Geschlechtsspezifik hin und bezeugt, dass Peaches offenkundig zum auserwählten Freundeskreis gehört – „I don’t need a microphone to tell you what I’m realy feeling for you”, wunderbar.

Vieles, was textlich kryptisch und schwer deutbar bleibt wie das herrlich behäbige, fast erhabene „Breaks“ („Don’t be seduced, I tell you now my truth, I’m on fire ... we break too easily“) setzt dennoch die Ausrufezeichen auf „W“ – „Living It Out“ entpuppt sich als lässige Spielart von, ähem ... Italodisko, „Milky Blau“ zupft synthetisch den Marschrhythmus, wohingegen „Jam“ seinem Namen alle Ehre macht, atonal zuweilen, ein munteres Klappern und Jaulen, die Stimme am Ende als bloßer Laut. Mit „Janine“ gibt’s am Ende noch eine eigenwillige Version des Stücks von Arthur Russell, bevor Mdme. Rostron hernach Marc Almond umarmt und sich mit dem wavigen „9“ gekonnt vom Acker macht.
http://planningtorockoffical.tumblr.com/

Samstag, 14. Mai 2011

Ach, München



Nicht dass ich sie Dir wünschen würde, die Olympischen Winterspiele 2018, aber wenn Du mit Deiner Bewerbung einen Moment länger gewartet hättest, wäre mit ein bisschen Verhandlungsgeschick noch ein klasse Olympiasong mit passendem Video herausgesprungen. Die Visualisierung seiner wunderbaren Stückes "Riding For The Feeling" kann Bill Callahan nämlich nicht mehr als ungefähr drei Dollar vierachtzig gekostet haben. Und wenn es dann doch nix geworden wäre mit dem Rumgerodel und Skigebretter, und die Spiele gingen doch an die Koreaner (allg./nachträgl. Korr.), dann hättest Du wenigsten mächtig Geld gespart und noch dazu ein paar Coolness-Punkte gesammelt. Aber ach, Chance vertan, vorbei, vorbei.

Donnerstag, 12. Mai 2011

One piece of ... Gang Gang Dance_Eye Contact



Track #3 "Adult Goth" – Cocteau Twins als indische Importware, ohne Heiligenschein, aber mit Beats.

Gehört_272



Gavin Friday “Catholic” (Rubyworks)
Ein wenig erinnert einen das alles an ein ähnliches Spektakel aus dem Jahr 2009: In diesem Jahr veröffentlichten die Manic Street Preachers ihre Platte „Journal For Plague Lovers“, doch statt die mehr als durchschnittliche Qualität des präsentierten Materials zu kritisieren, zerriss sich die Musikpresse das Maul über das ach so schockierende Covermotiv der Malerin Jenny Saville. Das malträtierte Kindergesicht war großen Handelsketten in den USA immerhin fast den Boykott des Albums wert, schließlich einigte man sich auf einen hübschen Pappschuber, die Sache war geklärt, die Manics blieben im Gespräch in ihrer Lieblingsrolle als Salonprovokateure, die Musik als Nebenschauplatz interessierte kaum noch. Much ado about nothing – Meister Shakespeare ließ grüßen.

Fast scheint sich nun die Geschichte zu wiederholen, auch wenn die Gemengelage bei genauerer Betrachtung eine andere ist. Denn Gavin Friday, irischer Ex-Frontmann der Virgin Prunes, lässt sich für das Cover seines neuen Soloalbums von Fotokünstler Perry Ogden ikonografisch und detailgetreu als Kopie eines Ölschinkens in Szene setzen, auf dem das aufgebarte Idol des irischen Befreiungskampfes, Michael Collins, zu sehen ist. Natürlich inklusive Holzkreuz und grün-weiß-oranger Trikolore, die Kragenaufschläge werden flugs mit dem Plattentitel „catholic“ bestickt – fertig ist die Irritation.

Dass aber auf die visuelle Aufregung keine akustische folgt, ist die eigentliche Überraschung dieses Albums. Keine straßenkämpferischen Attitüden, keinerlei Politsong, nicht einmal der Anflug einer bonoesken Umarmungsgeste für sein zerrissenes Heimatland. Stattdessen über die komplette Länge fast verstörend intime und selbstreflektierende Songs, musikalisch angelehnt an die Alterswerke der Kollegen Bowie, Cale und Ferry. Der Großteil der Stücke gerät dabei ein wenig theatralisch – das klappt mal gut wie beim berührenden „A Song That Hurts“ oder der hintersinnigen Pianoballade „Blame“ („I love you and that says a lot“), kann aber auch kräftig nach hinten losgehen, wenn die Texte allzu sehr nach bräsiger, altmännerhafter Erbauungslyrik klingen wie in „It’s All Ahead Of You“ – Gemeinplatz rules: „The best is yet to come, it’s all ahead of you, if you want it, it’s all behind you, if you let it go, will you let me know, etc.“

Dass man ihm dies nach dem beschwingten Beginn mit „Able“ vielleicht übel nehmen könnte, muss Friday geahnt haben, für „Perfume“ wird’s deshalb noch mal etwas lebendiger im Trauerhaus, ein paar Drums, Gitarren dazu, schon wirkt er wieder frischer – der alte Mann ist also nicht nur hoffnungsloser Romantiker, er kann auch noch rocken. Für „Where’d Ya Go? Gone“ wird abermals draufgesattelt, lauter, aggressiver, ein letzter Totentanz, bevor es mit „Lord I’m Coming“ selbstredend und endgültig voller Pathos gen Himmel geht. Es wird sich wohl ein Plätzchen finden lassen da droben.
http://gavinfriday.com/

Mittwoch, 11. Mai 2011

Gehört_271



EMA „Past Life Martyred Saints“ (Rough Trade)
Künstler, die ihre Namen in komischen Kürzeln verarbeiten, sind auf dieser Website aus naheliegenden Gründen natürlich besonders willkommen, Erika M. Anderson hätte es aber auch unter ihrem Klarnamen mühelos zu einem Ehrenplatz geschafft. Nach diversen mehr oder weniger abseitigen Projekten wie den Gowns oder Amps For Christ schickt sie sich mit ihrem Solodebüt an, ein schaurig-schönes Gegenstück zum sommersonnigen und quietschbunten Formatsound der us-amerikanischen Charts zu setzen, wo einzig Lady Gaga ein halbwegs überraschendes, hier verrucht-luzides Image neben all den Hupfdolen wie Kesha, Rihanna und Kate Perry zu pflegen in der Lage ist.

(Wer im Übrigen ermessen will, zu welchen Verirrungen Befindlichkeitspop auch zu Zeiten von Barack Obama noch fähig ist, muß sich nur die aktuelle 9/11/Single der vermeintlich geschichtsbewußten Afroamerikanerin Beyonce Knowles zu Gemüte führen – was da unter dem Deckmantel der Vaterlandsliebe mit dem patriotischen Vershammer zusammengeschustert wurde, ist wohl nur für hartgesottene Rednecks oder Liebhaber von weißen Zipfelmasken ernsthaft zu ertragen: „And I gladly stand up, next to you and defend her still today, cause there ain’t no doubt I love this land, God bless the USA. And I’m proud to be an American, where at least I know I’m free ...“)

Die Ahnengalerie für EMA ist natürlich trotz des düsteren, sperrigen Sounds recht umfangreich, PJ Harvey und Karen O. sind so sicher mit von der Partie wie ihre Schwester im Geiste Karin Dreijer Andersson (The Knife/Fever Ray), naheliegend auch die Verwandschaften mit dem Electrogothic einer Zola Jesus oder dem torkelnden Knochenblues von Anna Calvi.

Schon der Beginn furios - sieben zähe Minuten lang schiebt sich ein graues Narrenschiff durch die Kulissen, anfangs noch zurückhaltend, zaudernd, später gedrängt und getrieben von tosender See. Tonnenschwere Synthesizergebirge folgen und Anderson fügt ihrer Stimme eine weitere Schattierung, die von Kim Gordon hinzu – „Fuck California, you made me boring, I’ve bled all my blood out …“. Der „Milkman“ knirscht und kreischt zum Gotterbarmen, die Stimme verfremdet, gehechselt als Dreingabe. „Marked“ dann als kleine Horrorshow – grollende Gitarrenläufe, dunkel dräuendes Wummern, eine Stimme wispert aus dem Höllenschlund: „I wish that every time he touched me he left a mark“.

Beschaulicher wird es nicht – auch „Butterfly Knife“ erzählt bildhaft Mörderisches zu hart angeschlagenen Saiten. Den Blues hebt sie sich für den Schluß auf, „Red Star“ kommt mit feinem Feedback, ohnehin nach eigener Aussage ihr liebstes Stilmittel, um die Ecke. Der Song beschließt eine Platte, die sicher an Polly Jean Harveys neuestem Opus gemessen wird, diesem Vergleich aber ohne weiteres standhalten kann – „Let America Shake“.
http://cameouttanowhere.com/

Montag, 9. Mai 2011

Gehört_270



Manchester Orchestra „Simple Math“ (Sony)
Im Nachgang zur aktuellen Platte der Fleet Foxes habe ich mich kürzlich gefragt, ob das eigentlich ein untrügliches Zeichen einsetzender Altersschwäche ist, wenn man solche Musik, na sagen wir mal, ganz passabel findet? Kann ja gar nicht sein, beruhigt man sich, denn die Menschen, die diese Klänge zu verantworten haben, sind ja selbst erst halb so alt wie man selbst und trotzdem findet man zueinander und mittels einer kleinen Plastikscheibe dann auch den gemeinsamen Nenner.

Mit den Fleet Foxes lassen sich die Jungs vom Manchester Orchestra ohnehin kaum vergleichen, sieht man mal von ein paar Äußerlichkeiten ab und vielleicht dem etwas befremdlich ruhigen Beginn ihrer neuen Platte „Simple Math“. In diesem Song „Deer“ versteckt sich eine sehr ungewöhnliche Ansprache an die Anhänger der Band („Dear everybody that has paid to see my band, it's still confusing, I'll never understand, I acted like an asshole so my albums would never burn, I'm hungry now and scraps are dirty dirt“). Überhaupt wollen einem so gar keine schnellen Vergleiche für diese Formation einfallen, deren Gründer und charismatischer Sänger Andy Hull 2005 nach eigener Auskunft eher bestrebt war, eine Art musizierenden Treffpunkt für seine Freunde ins Leben zu rufen – den Namen wählte er schlicht aus Verehrung für die nordenglische Stadt und ihre berühmten Söhne, die Smiths.

Doch auch mit deren Vermächtnis hat „Simple Math“ nichts zu tun, eher klingen die fünf wie eine angenehm beherzt aufspielende Variante von R.E.M., in den leisen wie auch in den lauten Momenten, manchmal erinnern sie auch etwas an die schwedischen The Soundtrack Of Our Lives. Knackiger Rock der Kategorien Alternative, Americana, Folk, manchmal mit feinen Bläserchören versetzt, immer kräftig, immer schwungvoll. Für „Pensacola“ darf’s auch schon mal ein kurzer und zackiger Mitgrölreim sein („Alcohol, dirty malls, Pensacola, Florida bars“), im satten „April Fool“ zetert Hull energisch: „I am the once now and irreplaceable son, I’ve got that rock and that roll, I’ve come around this time to set fire to your homes and let you go!“ Jedes von den zehn Stücken klingt nach durchdachter, ehrlicher Arbeit am Text und am Instrument, das leidenschaftliche „Pale Black Eye“ ebenso wie das wuchtige „Virgin“ (mit Math-Metall-Riffs, sic!) und das streicherbewährte, ruhige Titelstück.

Unverzeihlich, dass mir die beiden Vorgängerwerke entgangen sind, ist diese Platte doch der Beweis, dass es sehr wohl möglich ist, ein gutes und trotzdem ziemlich unspektakuläres Rockalbum aufzunehmen, ohne gleich platt, mittelmäßig oder übermäßig theatralisch klingen zu müssen. Wer also handwerklich soliden und geerdeten Indierock zu schätzen weiß, der läßt die überkandidelten und angestrengt politisierenden Manic Street Preachers tunlichst im Regal zurück und greift besser zum Manchester Orchestra. Das hier bleibt länger, versprochen.
www.themanchesterorchestra.com

1:8 [Nachtrag]



Dass der rote Uli mittlerweile am Kiez besser wegkommt als daheim, ist ja kein Geheimnis mehr, das Foto noch nachgereicht als versöhnliche Geste zum ansonsten ziemlich traurigen Nachmittag.
Forza St. PaUli.

Sonntag, 8. Mai 2011

Na denn Prost!



Die wahre Tragik dieser ansich recht kleinen und unscheinbaren Meldung, die heute via Kress-Report an die Abonnenten verteilt wurde, kann wirklich nur ein Mitarbeiter der Krombacher Brauerei KG ermessen. Mit den Worten "Es wird Zeit für mich zu gehen" kündigte Trainerlegende und Knallcharge Udo Lattek seinen Abschied als festgetackerte Sesselfüllung bei der DSF-Sendung Doppelpass an, einer Art spaßig abgefilmter Verweilanstalt für vergessene Fußballinvaliden und solcher, die es partu dahin schaffen wollten. Lattek gehörte wie sein quietschfideler Plaudergenosse Jörg "Wonti" Wontorra neben Palmen und extravagantem Sitzmobilar quasi zur Standarddeko des Formats und stemmte in über 750 Folgen geschätzte 50 Prozent des gesponsorten Pilsaufkommens - kein Wunder also, dass die Aussichten des Braukonzerns nach dieser Hiobsbotschaft in Wirtschaftskreisen mehr als kritisch betrachtet werden. Lattek, Urvater der hochroten Debatierbirne und als solcher natürlich um Längen vor Jupp "Osram" Heynckes gelistet, meinte, zuletzt "habe er manchmal morgens vor dem Spiegel gestanden und sich gefragt, ob er sie noch alle auf dem Baum habe" (kress). Das verwundert nun wirklich niemanden mehr, eher drängt sich die Frage auf, welchem seiner beiden Spiegelbilder er diese Frage stellte ... Über vereinzelte Auftritte werde auch in Zukunft nachgedacht, als Nachfolger ist angeblich der bekennende Intellektuelle und Feuilletonist Paul Breitner im Gespräch - ob das allerdings den Absturz der Firma Kormbacher noch aufhalten kann, darf doch stark bezweifelt werden.

Samstag, 7. Mai 2011

Damals hinterm Mond ... [Update]



Die Lösung - man kann sie weiter unten farblich hervorgehoben anschauen - kam natürlich, das hätte auch niemand anders erwartet, zuerst aus dem Osten: Alexander, Glückwunsch nach Jena, satte 58 von dann doch 62 möglichen Nennungen, Respekt!

1:8 [Willkommen zu Hause]



Das mag jetzt mancher ungerecht, neunmalklug oder schlichtweg unpassend empfinden, aber mit dem heutigen Spieltag ist der Herzensklub wieder dort angekommen, wohin er er nach Meinung vieler auch gehört - in der zweiten Liga. Ein kurzes Jahr nur hat das erneute Experiment gedauert, ein Jahr voller anfänglichem Überschwang und unglaublichem Stolz, der schnell in trotzigen Selbstbehauptungswillen und selbstironischen Hoffnungsglauben umschlug, je näher es dem Ende ging. Am Ende fehlte es fast an allem: Konstanz, Spielvermögen und Kaderstärke, nie jedoch an Herz und Leidenschaft - leider schießen die noch immer keine Tore. Zudem hat diese Saison auch gezeigt, dass der Klub in vielerlei Hinsicht doch nicht so anders ist als der Rest der Liga*. Sei's drum - kein Blick zurück im Zorn, sondern lieber ein wehmütiges "Servus!" mit Franz Eugen Helmuth Manfred Nidl-Petz aka Freddy Quinn: "Viele Jahre schwere Frohn, harte Arbeit, karger Lohn, tagaus, tagein, kein Glück, kein Heim, alles liegt so weit, so weit - so schön, schön war die Zeit ..." Ach ja, fast vergessen: "Nie mehr, nie mehr, dritte Liga, nie mehr!"

* Nach den Bildern aus Frankfurt kann man das glücklicherweise etwas relativieren: Solchen Schwachsinn nicht mit unseren Fans, soweit sicher.

Freitag, 6. Mai 2011

Gehört_269



Whomadewho „Knee Deep“ (Kompakt)
Was kann da noch kommen, wenn man – wie zu lesen war – für das vorangegangene Album „The Plot“ 2009 mit dem Hinweis geadelt wurde, die Musik bringe momentan „die Hippness auf den Punkt“?

Nur wenige Bands, die ähnlich beleumundet waren, ließen sich von solchem Lob nicht irritieren und schufen auch weiterhin unbeeindruckt Bleibendes.Whomadewho, dem dänischen Trio, um das es hier sich hier dreht, mochte selbiges nicht gelingen, „Knee Deep“ ist – leider, möchte man sagen – ein recht mittelmäßiges Dancealbum geworden. Der Vergleich mit Kollegen wie Hot Chip, Zoot Woman oder Groove Armada, den sie noch vor wenigen Jahren nicht fürchten mussten, fällt nach dieser Platte eher ernüchternd aus: Zusammengeschraubt haben die Jungs um Jeppe Kjellberg das Ganze einmal mehr in der Dunkelkammer – die Grundstimmung der Tracks ist eher von schattiger Natur. Auf klassische Instrumente wurde weitestgehend verzichtet, sieht man einmal von einem mutmaßlichen Fagott im ersten Stück und vereinzelten Gitarrenzupfern ab. Von den acht Songs bleiben herzlich wenige im Gedächtnis haften, „Every Minute Alone“ erinnert ein wenig an die australischen Presets, für „Musketeer“ haben sich Whomadewho wohl an Duran Duran und Yello angelehnt. Das flotte „Nothing Has Changed“ bratzt zuweilen wie DAF in den wilderen Jahren – Texte fungieren hier und beim Rest eher als Textur, bekannte Allgemeinplätze: „Nothing has changed, people are strange, first comes love, than comes the pain“.

Die verbleibenden Minuten verlieren sich in mehr oder weniger interessanten Synthieloops und flächigem Geblubber. Sicher keine schlechte Platte, dennoch bleibt sie in diesem Jahr eine unter vielen – einen Trend werden Whomadewho damit jedenfalls kaum setzen können.
http://www.whomadewho.dk/

Donnerstag, 5. Mai 2011

Icons [smaller] reflected



Es gibt nicht wenige, die würden ganz gern mal in Sidneys berühmtem Opernhaus stehen, einfach nur um die sagenhafte Architektur von Jorn Utzon still genießen und bewundern zu können. Steven Pavlovic, Chef des Modular-Labels, bietet dem interessierten Publikum nun eine ungleich reizvollere Variante: Vom 27. Mai bis zum 6. Juni findet an bewußtem Ort das Vivid Live Festival 2011 statt, mit durchaus okayem LineUp statt. Robert Smith, als Stilikone und Leidensmann seit mehreren Jahrzehnten im Dienst am Szenevolk, sah sich offenbar durch einen vorangegangenen Post befeuert und herausgefordert, bei dieser Gelegenheit besonderes zu bieten und gleich drei seiner besten Cure-Alben, allesamt zu Recht verehrt, am Stück auf dem Festival aufzuführen, als da wären "Three Imaginary Boys", "Faith" und "Seventeen Seconds" - Respekt. Tickets? Vielleicht hier.

Jetzt also ...



... André Schubert. Im Nachhinein muss man sagen, dass sich der Start in Liga 2 mit einem unverbrauchten Gesicht statt mit einem der üblichen Verdächtigen (Koller, Wollitz, Scholl - alle "oll", wie man unschwer erkennen kann), schon eher als Neuanfang verkaufen lässt, von Neururer wollen wir jetzt mal tunlichst schweigen. Außerdem habe ich Schubert beim Saisonabschluß 2010 (eher unterbewußt) schon erleben können, denn da hat Paderborn bekanntlich am Millerntor gewonnen - Frage: Ist das jetzt ein gutes Omen? Dass der Mann neben Sport auch Germanistik studiert hat, kann mal getrost als Pluspunkt notiert werden, die Frisur stimmt ohnehin. Good luck!

Low budget lasting impression



Keine Ahnung, ob so nun "die Zukunft des Hip-Hop" klingt, wie die Süddeutsche, das anerkannte Fachblatt für schwarze Subkultur, so überaus selbstsicher behauptet - einen Blick auf das "Yonkers"-Video von Tyler The Creator kann man aber schon riskieren, selbst wenn man mit dem Sound sonst nichts am Hut hat. Ästhetik rules.

Dienstag, 3. Mai 2011

Icons hooked



Die Band, der Song – für die folgenden Clips muß man zweifellos Nehmerqualitäten besitzen, natürlich nur, wenn man, wie der Blogger selbst, Joy Division für eine der besten Bands des Universums hält und in dieser Beziehung auch unheilbar spaßfrei veranlagt ist. Dass deren (ehemaliger) Bassist Peter Hook im Zuge des allgemeinen Trends zur Komplettpräsentation legendärer Alben (Sonic Youth „Daydream Nation“, Pixies „Doolittle“, Dinosaur jr. „Bug“, etc.) seit einiger Zeit mit „Unknown Pleasures“, aus bekannten Gründen aber ohne Ian Curtis, ungestraft durch’s englische Königreich ziehen darf, ist eine Sache.

Dass aber Hook nun zusammen mit seinem neuen Projekt The Light neben den bekannten Stücken „New Dawn Fades“ und „Insight“ auf der EP 1102/2011 auch einen bisher unbekannten und unveröffentlichten Joy-Division-Track mit Namen „Pictures In My Mind“, gesanglich offenkundig talentfrei, durch die Gegend grölen darf, kann man schon als eine Art anmaßender Leichenschändung betrachten. Nicht genug damit, für Stück Nummer vier wird dann die heimliche Hymne „Atmosphere“ mit weiblichen Vocals (Rowetta/Happy Mondays) auf soulig-wohliges Kuschelformat gestutzt, dem Mann scheint offenbar nichts heilig.

In der Reihe durchaus gelungener Coverversionen – Ausriss: Hot Chip „Transmission“, LCD Soundsystem „No Love Lost“, Swans „Love Will Tear Us Apart“, fast alle: hier – nehmen sich diese Songs wie plumpe Fremdkörper aus und irgendwie beginnt man zu verstehen, warum Bernard Sumner selbst eine New-Order-Reunion für nahezu unmöglich hält.

Montag, 2. Mai 2011

Liebe Spex ...



... in der aktuellen Juni-Ausgabe schreibst Du im Editorial: „Und wenn sich dieses Heft trotz dieser schwer gewichtigen Themen leicht und frisch blättert, könnte das am Layout liegen: Unser neuer, bereits im letzten Heft vorgestellter Art-Director Andreas Wesle hat für einen umfassenden visuellen Relaunch gesorgt, mit mehr Luft, mehr Spiel, mehr Perspektiven. Wir sind hingerissen und gespannt auf das Echo unserer Leserschaft.“

Kannst Du haben: Ich habe ja eine ganze Zeit gebraucht, um mich an Deinen neuen Erscheinungsrhythmus, Folge des Redaktionsumzugs nach Berlin, zu gewöhnen und gebe gern zu, dass ich vorschnell den Daumen gesenkt hatte – im Gegensatz zur mittlerweile schwer erträglichen deutschen Ausgabe des Rolling Stone ist Deine liebenswürdig verkopfte Schreibe noch immer gut und gern zu lesen und auch die Auswahl der Themen – mehr noch als früher sammelst Du sie mit erfrischender Vorliebe jenseits der breitgetretenen Medienpfade – möchte man gerne loben.

Allein das neue Layout, von dem Du – welch rätselhafte Verblendung – so „hingerissen“ scheinst, ist eine Zumutung für das Auge des Betrachters. Kurz – auf jeder Seite eine vogelwilde Anhäufung verschiedenster Schriftarten, -schnitte und -größen, mit dem Gestaltungselement „Linie“ steht der Mann, der sich bei Dir Art Director nennt, auf Kriegsfuß und straft sie mit genereller Nichtachtung und –verwendung. Nichts hält zusammen und alles fällt auseinander, das Heft ein optischer Hühnerhaufen. Nun war die alte Spex nicht gerade als das Flaggschiff des deutschen Magazindesigns bekannt, als komplette Verweigerung in Sachen Lesbarkeit allerdings auch noch nicht. Das könnte sich nun ändern.

Zum Inhalt – Protestsongs und Bob Dylan, huihuihui – mag ich noch nichts sagen, wenn aber form der function followed, dann schwant mir nichts Gutes.