Pixies
Support: Blood Red Shoes
Tonhalle, München, 15. Oktober 2019
Das war schon vor dreißig Jahren so und ist auch heute noch frappierend: So klein der Mann, hier und da ein Jahresring mehr auf den Hüften, das Haar mittlerweile ein wenig grau und schütter. Man würde Charles Thompson aka. Frank Black, den hauptamtlichen Gruppenleiter der Pixies, eher am Infoschalter eines Baumarktes verorten (und auch da höchstwahrscheinlich übersehen) – Allerweltsgesicht, auf den ersten Blick keinen Marotten, Attitüden, der macht nichts von sich her. Und doch ist es eben dieser unscheinbare Typ, der den Kindern der Achtziger und allen Nachgeborenen ein beachtliches Arsenal an Sehnsuchtssongs in den Soundtrack des Lebens geschrieben hat, ihnen mit seinen spinnerten Geschichten, den dahingeschredderten Riffs und dem eigenwilligen Gesang, mal der wilde Schreihals, mal der geschmeidige Verführer, als Erlöser galt. Von „three chords and the truth“ war seine Band, waren seine Stücke weit entfernt, zu weird, zu dicht, krass, wandelbar. Auch er selbst taugte, so wissen wir nach Jahren, nicht zum Heiland, war/ist Zeit seines Schaffens als Diktator eine feste Größe. Ein Sturkopf. Ein Unverbesserlicher. Und doch: Ein Genie.
Dass viele Menschen ähnlich empfinden, konnte man in der vollgepackten Münchner Tonhalle an den beseelten Gesichtern und verzückten Bewegungen ablesen. Manch einer wußte gar nicht wohin mit sich – Ein Bier? Geht immer! Handyfilmchen: Unbedingt! Mitgetanzt: Aber klar doch! – selbst wer nur dastand, kam mächtig ins Schwitzen. Gelegenheit zur Erinnerung (und das ist ja beim Gastspiel der eigenen Ikonen eher der Pflichtteil) gab es ausreichend, satte zwei Stunden plus Expresszugabe, mehr als fünfunddreißig Songs aus drei Jahrzehnten. Selbst als vermeintlicher Auskenner ist man jedes Mal auf’s Neue überrascht, wie viel Material sich in dieser Zeit doch angesammelt hat. Knapp die Hälfte natürlich vom unschlagbaren Trio „Doolittle“, „Surfer Rosa“ und „Come On Pilgrim“ – davon wiederum die Klassiker „Monkey Gone To Heaven“, „Where Is My Mind“ und „Here Comes Your Man“ als Peak der Fieberkurve.
Natürlich gilt auch bei den Altstars die Regel: Ein Konzert ist so gut oder schlecht wie die aktuelle Platte. Und da müssen sich die widerborstigen Elfen nichts vorwerfen lassen, denn „Beneath The Eyrie“ hält vieles bereit, vom schiefen Riffrock, High-Noon-Country, Musical-Stuff und melancholischem Surferdrama ist alles dabei, Stücke, die sich gar nicht so schlecht machen zum Runterkommen, Durchschnaufen und ja: Hinhören. Die Bandbreite, welche die Pixies hier bespielen, ist nicht immer des eingeschworenen Anhangs Sache, zeigt aber, dass Black und seine Kapelle noch Mut und Lust zu gleichen Teilen haben. Überhaupt: Die Kapelle. Weniger im Vordergrund Drummer Lovering und Neubesetzung Lenchantin, aber was Joey Santiago an der Gitarre abliefert, ist mit dem Wort „einzigartig“ fast ungenügend umschrieben: Ohne die markanten, messerscharfen Akkorde dieses begnadeten Leadgitarristen wäre der Wiedererkennungseffekt des Bandkanons zweifellos dahin – entsprechend durfte er sich von der begeisterten Menge feiern lassen. Am Ende fehlte zu perfekten Set (wie erwartet) ein einziger Song – aber was soll’s, sie waren auch so gigantisch.
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