Freitag, 1. Februar 2019

Le Butcherettes: Die ewige Kämpferin

Le Butcherettes
„bi/MENTAL“
(Rise Records)

Was wird nicht alles über die Mexikaner geschimpft in den letzten Monaten. Nicht genug damit, dass ein durchgeknallter Laiendarsteller im Kostüm des amerikanischen Präsidenten die Bewohner dieses Landes obsessiv für alles und jedes Schlechte auf dieser Welt verantwortlich macht und sie am liebsten komplett einzumauern gedenkt. Auch sonst steht es mit dem einst so stolzen Volk nicht zum Besten, weil der Kampf gegen Korruption und wirtschaftliche Misere sich allzu langwierig und schwierig gestaltet, und wer sich die letzten Narcos-Folgen ansieht, der möchte Land und Leute sofort in die Fürbitten aufnehmen, so hoffnungslos und unzertrennlich scheint die Verflechtung von Staat und Syndikaten auf dem ganzen Kontinent zu lasten. Schnell scheint vergessen, was für eine großartige Tradition dort beheimatet ist und wie übel den Bewohnern seit jeher mitgespielt wurde. Auch die zweitgrößte Stadt Guadalajara gibt mit ihrer Historie ein beispielhaftes Abbild unerschütterlichen Lebenswillens, zwei fürchterliche Erdbeben haben es nicht geschafft, diesen zu brechen – passend deshalb, dass die guten Nachrichten, nämlich eine neue Platte der Le Butcherettes, genau aus dieser Stadt kommen.



Die Band um Sängerin und Gitarristen Teri Gender Bender pflegt ja seit jeher eine dem Namen und der Herkunft entsprechende rabiate Attitüde, rot, genauer: blutrot ist die vorherrschende Farbe der Schlachtergang, der Sound wild und dreckig, der Ton direkt, es werden keine Gefangenen gemacht. Ihr letztes Album „A Raw Youth“ war ganz in diesem Stil und Sinne eine Offenbarung, so roh und ungezähmt, dass sich selbst Urvater Iggy Pop verneigen mußte – Produzent Omar Ródriguez-López hatte wahrlich ganze Arbeit geleistet. Für die neue Scheibe nun stand kein Geringerer als Ex-Talking-Head Jerry Harrison an den Reglern, der mit den Violent Femmes, No Doubt und Live auch schon einige Berühmtheiten in der Vita zu stehen hat. Und auch diesmal wurde bei der Gästeliste nicht gespart, Jello Biafra, einst gefürchteter Einpeitscher bei den Dead Kennedys, übernimmt gleich im ersten Song „spider/WAVES“ eine Sprechrolle und wettert gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit.



Die Platte ist in ihrer Gesamtheit die erwartet krude Mischung, sperrig-garstige Rockungetüme (hier besonders das Duett „mother/HOLDS“ mit Punk-Legende Alice Bag) wechseln mit eingängigen Passagen, in deren besten Momenten die vier wie eine neuzeitliche Version von Blondie klingen. Seltsamerweise ist Teresa Suárez Cosío, so Gender Benders Klarname, dann am zahmsten, wenn sie wie in „la/SANDIA“ (unterstützt von der chilenischen Künstlerin Mon Laferte) in ihrer Muttersprache singt. Ansonsten müht sie sich tapfer und lautstark im Kampf der Underdogs und somit zwangsläufig auch der Frauen für mehr Selbstachtung und -bestimmung, Stücke wie „give/UP“ und „strong/ENOUGH“. Und auch sonst „struggle, struggle to the end“. Fast poetisch klingen dagegen ihre Worte über den Ursprung des Albums: „Es ist etwas so Animalisches, Kraftvolles, einfach nur den sterbenden Leichnam der Trauer anzustarren, bevor er in sein Grab gelegt wird. Im Wesentlichen war diese Platte vom Tod einer Mutter inspiriert, aber nichts davon ist mehr von Bedeutung. Eine Trennung an sich ist so verheerend und verstörend, dass man sich unvollständig fühlt ... Gibt es Hoffnung? Gibt es Licht? Vielleicht ist es nicht so schwarz und weiß. Am Ende existiert eine Dualität in allem. Das Leben ist ein Kreislauf, der Mond, die Sonne und die Meereswellen, die im Sand verlaufen. Es wird in Ordnung sein.“ https://www.lebutcherettesofficial.com/



27.03.  Berlin, Frannz Club
28.03.  Hamburg, Hafenklang
05.04.  Köln, Artheater

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