Sonntag, 30. April 2017

The Technicolors: Phoenix für Spätstarter

Das ist vielleicht jetzt etwas arg böse, aber als kürzlich dieser neue Track dieses noch etwas unbekannten Trios aus Phoenix um die Ecke kam, da dachte man über zwei Ecken auch gleich daran, dass doch gerade auch die französischen Phoenix ihre langerwartete Rückkehr mit einem neuen Stück angekündigt hatten ("J-Boy") und dass einen dieser Song so recht nicht zu überzeugen wußte. Nun haben The Technicolors noch lange nicht so viele Jahre auf dem Buckel und so viele wunderbare Songs und Alben im Portfolio wie die Herren aus Versailles, aber der Anfang ist mit "Little Charmer", ihrer Debütsingle, schon mal respektabel gelungen - Frontmann Brennan Smiley singt darin eine Ode an alle Spätstarter und die Band verpackt seine Worte in locker lässige Hooks. Vor zwei Jahren ist ihre letze EP "Ultraviolet Disguise" erschienen, gut möglich, dass es mit den nächsten Neuigkeiten diesmal nicht so lange dauert - für den 7. Juli jedenfalls ist schon mal das Album "Metaphysical" terminiert.

Samstag, 29. April 2017

Algiers: Auf den Grund der Seele

Das hier müssen wir unbedingt noch unterbringen in der Wochenend-Berichterstattung: Algiers, zum Quartett gewachsene Band aus Atlanta, hat einen Nachfolger für sein gleichnamiges Debüt aus dem Jahr 2015 angekündigt und wenn nicht alles täuscht, dann wird es recht soulig ausfallen. Der Titelsong "The Underside Of Power" jedenfalls kommt mit gehörig Energie daher, Franklin James Fisher schreit sich für den Klagegesang über die vorherrschenden politischen Verhältnisse die Seele aus dem Leib und der Rest der Kapelle musiziert mit einer Leidenschaft, die nur Gutes für die Platte ahnen läßt - am 23. Juni soll sie bei Matador erscheinen.

Freitag, 28. April 2017

Faber: Stündlich wachsend

Genau in diesem Moment spielt der junge Schweizer, der schon so viel älter klingt, in Augsburg, morgen in München und wenn man sich die Ticketverkäufe der letzten Tage und Wochen anschaut, wächst die Fangemeinde von Faber in Potenz. Heute ging ebenfalls eine neue Single ins Rennen, dem Titelsong seines für den 7. Juli angekündigten Albums "Sei ein Faber im Wind" folgt "Bratislava", hier mit Lyric-Video.

Black Fly: Sprichwörtlich [Update]

Es ist wie so oft - viel wissen wir nicht. Den Song deswegen einfach zu ignonieren verbietet sich trotzdem, denn dafür ist er zu schön: Black Fly ist ein Musikprojekt aus Vermont, der Waschzettel vermerkt "gothic synth" und mit David Tolomei keinen ganz so unbekannten Produzenten, der immerhin schon für Beach House, die Future Islands und auch die Dirty Projectors die Regler bediente. Dieses Stück jedenfalls heißt "I Don't Know" und trifft den Nagel unfreiwillig auf den Kopf, erschienen ist es via Samedi Records, weitere Hinweise nehmen wir gern entgegen.

Update: Der Junge ist immer noch genauso sparsam mit indentitätsstiftenden Daten - deshalb hier einfach mit "Sign 2" ein weiterer Track des nahezu Unbekannten.



Levin Goes Lightly: Nachhall

Levin Goes Lightly
„GA PS“

(Staatsakt)

Man möchte es kaum glauben, aber es gibt selbst dunkle Erinnerungen, die einem angenehm erscheinen. Im Grunde reden wir hier von zweien, einer ziemlich frischen und einer, die nicht mehr ganz so aktuell ist, die aber von Musikern wie eben jenem Levin Goes Lightly dankenswerterweise am Leben gehalten wird. Der Reihe nach: Den Tod von David Bowie vor mehr als einem Jahr haben wohl alle von uns noch schmerzhaft vor Augen, auch wenn der Abgang an Kunstfertigkeit kaum etwas zu wünschen übrig ließ, ist die Lücke, die der Thin White Duke gerissen hat, auf lange Sicht eigentlich kaum zu schließen. Gerade weil sich der Mann auf der Höhe seines kreativen Schaffens verabschiedet hat, was man sich bei ihm nicht wie einen Gipfel, sondern wie eine dauerhafte Kammwanderung in luftiger Höhe vorstellen muß. Vor fünfzehn Jahren wiederum erlag Frank Tovey aka. Fad Gadget in London einem Herzversagen und auch diese Leerstelle konnte trotz vieler Bewerber nicht mehr nachhaltig gefüllt werden. Gaps also – Löcher, Lücken, nur in anderem Zusammenhang, als Levin Stadler, schillerndes Chamäleon hinter dem besagten Projekt, sie vielleicht mit der Benennung seines neuen Albums beabsichtigt hatte.



Wer aber das Andenken an die beiden genannten Künstler bei sich daheim in einem sorgsam gepflegten Schrein bewahrt, der wird Levin Goes Lightly mögen, wird ihm dankbar sein für den Nachhall, welchen er mit seiner Mischung aus funkelnder Grandezza und düsterer Maschinenmusik heraufbeschwört. Stücke wie „Bluescreen“ und „Cotton“ sind trotz ihrer komplett synthetischen Textur so nahe bei Bowie wie nur wenige Neuerscheinungen in diesem Jahr, „O’Neill“ und „Ground“ wiederum stampfen so weltverachtend und kalt als dunkle, schwarze Masse, als „supermassive black hole“ ins Bild, wie der Wave der frühen Achtziger es nicht besser hätte hinbringen können. Nach dem gleichfalls wunderbaren „Neo Romantic“ gelingt Levin Goes Lightly mit „GA PS“ also der zweite Coup, und das mit einem Sound, den er selbst als romantische Dystopie, als nostalgisch, modern und meditativ, aber eben ganz sicher nicht sonderlich gutgelaunt bezeichnet. „Sad, but beautiful“ – diesen Slogan möchte man gern unterschreiben, ein schwarzer Stern, der denen leuchtet, die ihn zu erkennen vermögen.

13.05.  Bremen, Lagerhaus (mit All Diese Gewalt)
14.05.  Hamburg, Westwerk (mit All Diese Gewalt)
15.05.  Berlin, Lido (mit All Diese Gewalt)
16.05.  Leipzig, Werk 2
17.05.  München, Unter Deck
18.05.  Karlsruhe, Kohi
19.05.  Köln, King Georg
20.05.  Essen, Hotel Shanghai

Donnerstag, 27. April 2017

Phoenix: Liebe Jungs

Nun ist sie also doch noch gekommen, die erste hochoffizielle Single: Die einstigen Lieblingsfranzosen von Phoenix haben ja nicht wenige ihrer Anhänger vor gut drei Jahren mit einem ziemlich müden Album "Bankrupt!" enttäuscht, das gute Stück entpuppte sich leider als eine Ladung Platzpatronen, wo man doch bei ihnen mit scharfer Munition gerechnet hatte. Entsprechend skeptisch nimmt man also die Nachricht von der Wiederaufnahme der Geschäfte für den 9. Juni zur Kenntnis - "Ti Amo" soll die neue Platte heißen, eine Tour gibt es natürlich und eben die erste Single "J-Boy". Hier und jetzt.

24.09.  München, Tonhalle
25.09.  Köln, Palladium
26.09.  Hamburg, Große Freiheit

Bonobo: Geschickte Täuschungen

Der Mann hat wirklich ein Händchen für Kurzfilmmomente: Simon Green aka. Bonobo hat bekanntlich vor einigen Wochen sein wunderbares Album "Migration" veröffentlicht und zu diesem bereits eine Reihe bemerkenswerter Videos. Der allerneueste kommt nun zum Song "Bambro Koyo Ganda", ein Ausflug in Sachen Afropop zusammen mit Innov Gnawa. Der Clip spielt mit vielen tricktechnischen Wiederholungen und Basteleien in verschiedenen Geschwindigkeiten - gewohnt beeindruckend. Und als zusätzliche Überraschung gibt es zwei Livetermine für den Herbst obendrauf.

08.11.  München, Tonhalle
09.11.  Köln, Palladium

Little Grim: Gar nicht niedlich

So so, der kleine Tod also. Klingt wie eine Verniedlichung des Bösen und sieht auch so aus, wenn man den Namen mal durchs weltweite Netz schickt. Natürlich verbirgt sich dahinter kein putziges Sensenmännchen, sondern eine vierköpfige Band aus London. Little Grim sind also Joe Murphy (Gesang, Gitarre), Jeremy Barclay (Gitarre), Chris Alger (Bass) und Roger Muntzer (Drums), wobei wir, gerade bei der Präsentation ihrer aktuellen Single "Hoodie" auf Joe Murphy zurückkommen müssen. Der nämlich nennt ein wirklich beeindruckendes Falsett sein eigen und genau diese Stimme macht den vorliegenden Schmachtfetzen zu einem echten Ohrwurm. Der Videoclip, gedreht von Brett Cox vor der Kulisse eines alten Klärwerks bei Tilbury, tut ein Übriges, so wie der Hauptdarsteller mit sich und den offenkundig sehr traurigen Umständen hadert, ahnt man, daß es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Trennungsschmerz handeln muß. Oder halt im übertragenen Sinne um ein altes Kapuzen-Hoodie, von der Freundin in aller Eile vergessen ...

Schlachthofbronx: Basslover zum Dritten

Na, da wäre sie uns doch fast noch ausgekommen, die dritte Runde der wunderbaren "Haul And Pull Up"-Serie von Schlachthofbronx. EP Nummer 3 (nach #1 und #2) kommt wieder mit vier ausgewählt feinen Tunes daher, als Gäste treten diesmal Doubla J und Otto Von Schirach in Erscheinung.

Mittwoch, 26. April 2017

Forest Swords: Schicht um Schicht [Update]

Die erste Single seit ein paar Tagen draußen, hier nun kommen die restlichen Informationen zu einer der spannendsten Neuerscheinungen dieses Sommers: Am wird bei Ninja Tune das zweite Album "Compassion" des Produzenten und Klangtüftlers Matthew Barnes aka. Forest Swords erscheinen. Wollte man die Stil-Elemente alle aufzählen, die der Künstler für diese Platte ankündigt, würde der Post wahrscheinlich um ein Vielfaches anwachsen - Barnes ist bekannt für seine experimentellen, vielschichtigen Sounds und schon die erste Single "The Highest Flood" lieferte einen eindrucksvollen Vorgeschmack. Nun geht mit "Arms Out" der zweite Track ins Rennen, das dazugehörige Video drehte Barnes zusammen mit Sam Wiehl (Vessel, Hookworms, Autobahn).

26.09.  Berlin, Berghain (Certain People)
27.09.  Leipzig, UT Connewitz
29.09.  Wien, Waves
10.10.  Bern, Dachstock
11.10.  Zürich, Rote Fabrik
12.10.  Hamburg, Uebel und Gefährlich

Update: Und da ist das nächste düstere Kunstwerk - wiederum ein Video von Sam Wiehl, diesmal zur Single "Panic".



Dienstag, 25. April 2017

Fazerdaze: Nur für den Moment

Fazerdaze
„Morningside“

(Groenland Records)

Es funktioniert tatsächlich. Wer also Lust auf ein kleines und harmloses Experiment in Sachen Autosuggestion hat, muß sich nur, sofern er oder sie solche Aufnahmen nicht vorm inneren Auge abrufen kann, durch ein paar Landschaftsaufnahmen aus Neuseeland googeln und hernach so oft wie möglich das aktuelle Album von Amelia Murray alias Fazerdaze hören. Die Tageszeit spielt dabei keine entscheidende Rolle – auch wenn der Titel des Albums Bezug zur aufgehenden Sonne nimmt, paßt die Platte ebenso gut zum Fade-Out am Ende des Tages. Die Kombination aus Klang und Kopfkino jedenfalls sollte alsbald zu einem Wohlgefühl und einer Leichtigkeit führen, wie man sie sonst nur nach einem mehrtätigem Wellnessurlaub zu spüren vermag. Oder eben bei einer Reise durch Neuseeland.

Wem Ähnliches schon mit der Musik der Sneaky Feelings, The Chills oder The Verlaines passiert ist, liegt nicht ganz falsch, gehören diese Bands doch, auch wenn ihre Glanzzeiten noch im vergangenen Jahrtausend verortet sind, unter den Sammelbegriff des Dunedin-Sounds, mithin also zu einem landestypischen Phänomen und Subgenre. Murray stammt zwar aus Auckland, hat aber Zeit ihres noch jungen Lebens die Liebe zum Dreampop und Shoegazing derart verinnerlicht, daß kein größerer Zeitsprung herauszuhören ist. Waren die Stücke ihrer selbstbetitelten Debüt-EP aus dem Jahr 2014 noch etwas weniger geschmeidig, unrund vielleicht, so kann man sich dem Charme und Zauber der neuen Stücke kaum entziehen – wie Murray im Video der ersten Single “Little Uneasy” auf einem Skateboard überaus lässig durch die Vorstadt rollt, später die Lust am Augenblick besingt, die jeden Gedanken, jeden Atemzug anhalten möchte – das hat schon eine bewundernswerte Qualität. Ab und an, wie bei “Friends” oder “Half Figured”, blitzt auch mal die Lust am ungezügelten Gitarrenkrach bei ihr durch, richtig nachgeben will sie dieser aber vorerst nicht.



Und weil Fazerdaze bald auch nach Deutschland kommen, schnell noch ein paar Fragen an Amelia Murray:

Backpacker-Träume, Herr der Ringe, Whalerider, Rugby, das sind so die Sachen, die Westeuropäer, auch wir Deutsche, von Deiner Heimat Neuseeland gemeinhin kennen und interessieren. Kannst Du uns denn etwas zur Musikszene sagen, in der Du Dich bewegst?

Ha, Du hast Lorde und Flight Of The Conchords vergessen! Ich bin in der Szene rund um Auckland aufgewachsen, die größtenteils aus vielen einzelnen Soloprojekten besteht. Gemeinsam teilen und mieten wir uns dort Proberäume, und auch wenn jede/r seine/n eigenen Stil, seine eigenen Ziele hat, findet ein großer Austausch statt, spielen die Leute gleichzeitig in verschiedenen Bands, tauschen Songs, etc. Ich für meinen Teil wäre ohne die Hilfe der Künstler um mich herum, speziell Merk, Gareth Thomas, Tom Lark und Madeira wirklich aufgeschmissen.

Wie bist Du eigentlich zum Shoegazing gekommen?

Eine bewusste Entscheidung war das nicht, ich denke, ich habe mir eher die Musik gesucht, die zu meiner Stimme am besten passt. Mein Gesang ist ja eher ein leiser und verträumter und ich liebe es, ihn über die anderen Soundspuren zu legen.

Gibt es für Deinen Stil besondere Vorbilder, die Dir einfallen?

Als ich ein Teenager war, hat mir mein Bruder Mazzy Star vorgespielt und ich kann mich noch genau daran erinnern, daß ich Hope Sandovals Stimme schon damals einfach umwerfend fand. Ich denke, das hat meine Musik sehr beeinflusst, ich wollte immer, daß sie genauso entspannt und schön klingt wie dort.



Man hört Stücke wie „Half Figured“ oder „Friends“ – kann es sein, daß dahinter ein Mädchen steckt, das einfach nur laute Gitarren liebt?

Haha, stimmt – ich liebe diesen Lärm! Seit ich denken kann, habe ich Noise gemocht, irgendwie haben den aber immer die Männer gespielt. Ich denke, ein Teil von mir möchte zeigen, dass auch Frauen Spaß an an diesem Krach haben, daß auch Frauen diese Instrumente so spielen können.

Gitarre, Skateboard – vielleicht nicht gerade die üblichen Hobbies für ein Mädchen Deines Alters. Hattest Du denn früher Schwierigkeiten, Deinen Kopf durchzusetzen?

Eigentlich habe ich schon immer das gemacht, was ich wollte und glücklicherweise gab es gerade in der Musikszene genügend Freunde, die das gut fanden und mich unterstützten. Ich denke, es gibt mehr und mehr Frauen, die ihre eigene Musik produzieren, die noch dazu großartig klingt. Beim Skateboard liegen die Dinge ein wenig anders, in dieser Welt bin ich nicht so richtig drin. Aber ich verfolge beispielsweise mit Interesse die New Yorker All-Girl-Gruppe The Skate Kitchen, was die machen ist einfach unglaublich und ich kann nur jedem empfehlen, sich das mal anzuschauen.

Magst Du es, persönliche Erfahrungen Deines Lebens wie bei den Songs „Jennifer“ oder „Lucky Girl“ in den Texten zu verarbeiten?

Natürlich, die meisten meiner Songs sind wirklich sehr persönlich, fast schon wie eine Art Tagebuch. „Jennifer“ beschreibt das Ende einer Freundschaft aus Teenager-Tagen, „Lucky Girl“ wiederum handelt davon, wie undankbar wir sein können, auch wenn uns etwas Schönes geschenkt wurde.

Gibt es denn auch andere Dinge, über die Du gern schreiben würdest?

Noch lerne ich viel dazu, aber möglicherweise kommt mit der Zeit auch die Übung und dann werde ich auch über andere Dinge singen als über meine eigenen Gefühle …

Welchen Bezug hast Du zu Europa und wann werden wir Dich dort sehen und hören?

Oh, ich habe gerade einen Plattenvertrag bei dem Berliner Label Groenland Records unterzeichnet und es wird nicht mehr lang dauern, dann gehe ich auf eine längere Tour durch Deutschland, England, Schottland, Frankreich, Belgien und die Niederlande. Und ich freue mich wirklich auf diese tolle Erfahrung!

19.05.  Hamburg, Molotow
20.05.  Köln, Gebäude 9
27.05.  Neustrelitz, Immergut Festival

HOAR: Sehr ernste Sache

Junge Männer, die sich vornehmlich schwarz kleiden und sehr ernst dreinschauen, die gibt es auch in Belgien: Diese vier heißen Jeroen, Álvaro, Jelle und Tim und gehören zur Brüssler Band HOAR. Von dieser wiederum ist gerade eine erste Single mit dem Titel "Venice Of The North" erschienen und die klingt eben so wie die Herren aussehen - dunkel, interessant, geheimnisvoll. Viel mehr gibt es ehrlicherweise noch nicht zu berichten - aber wie so oft bei solchen Neuvorstellungen, das könnte sich bald ändern.

Montag, 24. April 2017

Goldfrapp: Premiere

Das Album hallt ja noch kräftig nach, da kommt die Single gerade recht: Vor Wochen ist "Silver Eye" von Goldfrapp, flankiert von Lobeshymnen, erschienen, nun schicken die beiden ein Video zum Song "Systemagic" hinterher. Die Tanzchoreografie des Clips ist Alison Goldfrapps erste richtige Regiearbeit, nachdem sie ja schon am Artwork der Platte kräftig mitgeschraubt hatte: “I wanted the focus to be on the dancers, their bodies and their movement. It’s my first outing into directing. And wow, what an experience! I hope I’ll do more. Its a world I’d like to explore and learn much much more in!”

Sonntag, 23. April 2017

London Grammar: Nichts als die Wahrheit [Update]

Wir wußten daß, aber nicht was und wann: London Grammar haben jetzt ein paar Daten zu ihrem neuen Album folgen lassen. Nachdem die Singles "Rooting For You" und "Big Picture" quasi als Vorhut vorausgeschickt worden waren, gibt es nun den Titeltrack der neuen Platte "Truth Is A Beautiful Thing", die für den 9. Juni angekündigt ist.

Update: Und das wäre dann der vierte Song vom neuen Album, "Oh Woman Oh Man" im Stream.



Das Mörtal: Lieber kälter

Dass der Kanadier Cristobal Cortes eine Affinität zum elektronisch unterkühlten Sound der 80er und 90er hat, läßt sich kaum verleugnen, unter dem Namen Das Mörtal ist der Junge zudem bestens in der Berliner Techno-Szene vernetzt und hat schon einige verheißungsvolle Singles und EP veröffentlicht. Am 9. Juni nun soll via Lisbon Lux Records sein neues Album "Always Loved" erscheinen, das zehn weitere Synthwave-Tracks enthält. Einen davon gibt es mit "Midnight Rendez-Vous feat. French Fox" schon hier zu hören, als Zugabe kommt noch "Risking My Life feat. Ghost Twin" obendrauf.



Samstag, 22. April 2017

The War On Drugs: Das Wesentliche

Vielleicht ist es ganz gut, daß Adam Granduciel und The War On Drugs ein neues Album voranbringen, dann gerät endlich der etwas alberne Schlagabtausch mit Sun Kill Moon's Mark Kozelek in Vergessenheit. 2014 ist ihr letztes Werk "Lost In The Dream" erschienen, nun ist ein erster Song namens "Thinking Of A Place" mit der stolzen Länge von über elf Minuten (Lambchop lassen grüßen) draußen. Und der macht Lust auf mehr.

Freitag, 21. April 2017

Hendrik Otremba: Im Zwischenraum

Foto: Dirk Elsing
Hendrik Otremba
„Über uns der Schaum“

(Verbrecher Verlag)

Es ist wohl der größtmögliche Gegensatz, den er sich da – bewusst oder unbewusst – ausgesucht hat: Hendrik Otremba, Sänger der Münsteraner Post-Punk-Band Messer, hat ein Buch geschrieben, ein dunkler, atemloser, auch bedrohlicher Text. Und während der Plot dieses Detektiv-Romans meistenteils durch die kalten und unwirtlichen Gassen des Molochs Großstadt hetzt, zieht sich der Autor zum Atemholen vom Presserummel übers Osterwochenende in ein kleines Dörfchen an der Ostsee zurück. Kein Internet, gerade mal einen Telefonanschluß, ein paar Schafe, die Einwohnerzahl mehr als überschaubar. Ein Glück also, daß man ihn erreicht, wo doch der Terminplan zwischen Konzertreise und Leseabenden immer enger gestrickt wird. Doch bei Otremba wie gewohnt kein Anzeichen von Hast oder Unlust, bereitwillig und charmant gibt er Auskunft. Über die Verbindungspunkte zwischen Buch und Band, den Reiz der Charaktere, über den unbedingten Willen zu Abgrenzung und künstlerischem Anspruch.

Das ist ja nun kein schmales Novellenbändchen geworden, sondern ein ausgewachsener Roman mit fast dreihundert Seiten – hattest Du vorher Respekt vor so einem Unterfangen?

Nein, Respekt hatte ich da überhaupt keinen, weil ich ohnehin Schwierigkeiten damit habe, mich kurzzufassen. Obwohl natürlich lyrische Texte ganz anders funktionieren und ich da oft bewusst eine Verknappung vornehme. Wenn ich vorher an essayistischen oder journalistischen Sachen gearbeitet habe, dann waren die immer eher zu lang geraten, insofern gab es keine Sorge, nicht das zu schaffen, was ich mir vorgenommen hatte. Es gab auch keine so genaue Vorstellung, wie genau ich vorwärtskommen würde, außer einem Anfangssetting und einem Schlußbild existierte kaum Konkretes und so glich das Schreiben mehr einem Versuch, sich dieser Welt, die man aufgemacht hat, auszusetzen. Ab dem Punkt, da sich das Buch mit Leben füllte,  war es sogar so, daß sich der Text manchmal fast wie von selbst geschrieben hat, daß ich also nur noch beobachten und beschreiben musste, was geschieht – das waren mit die schönsten Momente bei dieser Arbeit.

Hattest Du vorher schon Ähnliches versucht oder war dieser Roman der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser?

Ich habe vorher eine Reihe von Kurzgeschichten geschrieben, das waren aber eher unambitionierte Sachen, später gab es noch einige fragmentarische Texte unter dem Titel „Im toten Haus“, die dann ein Stück weit im Eingangskapitel von „Über uns der Schaum“ wiederkehren. Schon längere Zeit habe ich die Angewohnheit, mir vor dem Einschlafen vorzustellen, was ich wohl schreiben könnte, damit waren also die Ästhetik und auch der Erzählwille im Grunde schon vorhanden. Zudem hat mich das Thema Detektive schon lange interessiert, weshalb ja dann das aktuelle Messer-Album „Jalousie“ so wurde wie es ist. Ich habe übrigens als kleiner Junge, kaum daß ich das Schreiben lernte, immer einen Roman schreiben wollen und das war auch ein Detektivroman – der ging dann  aber über das Vorzimmer des Detektivs leider nicht hinaus ...

… also ist das ja fast ein Kindheitstraum?

Ja, ein bisschen schon. Ich war mir eigentlich immer ziemlich sicher, daß ich irgendwann mal ein Buch schreiben würde.

Ist es denn möglich, ein solches Buch, einen Krimi, ohne vorherige Planung, also ohne die genaue Vorstellung von Spannungsbogen und Dramaturgie, anzugehen?

Ich habe bei dem Buch überhaupt nicht das Gefühl, daß das ein Krimi sei, es gibt ja keinen Fall, kein Rätsel. Vielleicht verhält sich der Roman zu so etwas wie Kriminalliteratur, weil es die Kunstfigur des Detektivs gibt. Ich hatte aber schon eher ein literarischen Anspruch, eine eigene Welt zu erschaffen, die nicht auf ein bestimmtes Genre begrenzt ist.



Aber eine gewisse Spannung, die sich für den Leser langsam aufbaut, läßt sich beim Lesen nun nicht leugnen?

Ja, genau das war dann die Arbeit. Ich habe in Kauf genommen, daß bestimmte Szenen nicht den Gesetzen der Logik standhalten würden – das war mir ehrlich gesagt auch ziemlich egal. Das Verhältnis von Vergangenheit, Beobachtung, Gegenwart, Wahn, Traum, Rausch, das ist etwas, was mich schon immer interessiert und bei dem ich das Gefühl hatte, mich dort relativ selbstsicher bewegen zu können. Diese Zeitsprünge bestimmen eigentlich alles, was ich bisher geschrieben, woran ich künstlerisch gearbeitet habe – das Verhältnis von Beobachtungen, Träumen, Tatsachen, Erinnerungen, ich bewegen mich seit jeher gern dort, wo diese Grenzen verwischen. Das ist eben das, was ich für diesen Roman wollte, eine Welt zu erschaffen, die man einerseits erkennen, wo man sich dann aber doch nicht so sicher sein kann, wo genau man sich gerade befindet. Eine Irritation also, die zum einen kunstvoll ist, die aber doch dazu herausfordert, sich zu orientieren. In dieser Herausforderung steckt für mich generell der Sinn von Literatur, eben nicht in der Unterhaltung oder der Befriedigung von Erwartungen.

Es gibt ja eine offensichtliche Gleichzeitigkeit von Platte und Buch, wie kann man sich das in der Arbeit vorstellen, wie kam das zustande?

Wir waren im Auftrag des Goethe-Instituts vor einiger Zeit in China unterwegs und dort habe ich zusammen mit unserem Bassisten Pogo McCartney begonnen, mich für das Thema Detektive zu interessieren, schon dort haben wir uns überlegt, daß es doch interessant wäre, sich solch eine Detektivgeschichte einfallen zu lassen. Dabei ging es aber eher um dem Reiz der Detektivfigur an sich, die in der Regel zwar für das Gute steht, aber immer auch ein wenig halbseiden ist, ein Grenzgänger also. Es ergab sich dann, daß diese Gedanken auch für Messer interessant wurden – wir hatten spaßeshalber sogar kurz überlegt, uns in „Detektive“ umzubenennen. Ich habe also zugleich an das Album und an das Buch gedacht und auch begonnen, an beidem zu arbeiten. Und wenn ich das Gefühl hatte, daß bestimmte lyrische Sachen für mich noch nicht auserzählt waren, dann habe ich es halt für den Roman weitergesponnen, und manchmal hat das auch umgekehrt funktioniert. Letztlich sind davon aber nur noch wenige, sporadische Momente erkennbar geblieben – es geht da eher um die Grundstimmung, die beide Werke begleitet. Buch und Platte sind aber, das ist uns ganz wichtig, unbedingt getrennt zu sehen und bedingen einander nicht. „Jalousie“ ist das Ergebnis der Arbeit einer Band von fünf Leuten, das Buch habe ich allein geschrieben.



Über biographische Parallelen müssen wir ja sicher nicht sprechen, aber kann man sagen, daß Dir die Figur des Detektivs Joseph Weinberg vom Wesen her sehr sympathisch ist und Dir in gewisser Weise doch nahesteht?

Ja, aber eben weniger als Detektiv, sondern eher als Mensch. Es ist so, daß mir persönlich lyrische Texte schon immer sehr geholfen haben und ich mir gedacht habe, jetzt, da ich Weinberg derart beanspruche und malträtiere, möchte ich ihm mit den kleinen Gedichten, die im Roman erscheinen, gern auch etwas Tröstliches mitgeben, etwas, das mich auch immer begleitet hat. Grundsätzlich finde ich solche Menschen wie ihn immer spannend, die mit Widersprüchen leben, die sich ab und zu auch selbst im Weg stehen, die wie er auf der einen Seite tugendhaft und souverän sind, aber dann doch wieder alles kaputt machen und andere Menschen mit den Schlamassel hineinziehen.

Du wechselst, auch bei der Person des Detektivs, ab und zu die Erzählperspektive, kommst also vom Ich-Erzähler auch mal in die dritte Person – was wolltest Du damit bezwecken?

Ich wollte mich in diesen Momenten weiter wegbewegen vom Geschehen, bin da eher in der Beobachterposition und habe vielleicht auch Freude an bestimmten Bildern, die die Figur selbst gar nicht sehen würde, aus der ich sonst spreche. Also ein ganz bewusster Griff, vielleicht auch, um ein anderes Erzähltempo zu wählen. Ich habe auch viele Szenen eher wie durch eine filmische Kamera beobachtet, dafür war diese Perspektive einfach besser geeignet.

Du findest in dem Buch, ähnlich wie bei Messer schon, eine Vielzahl faszinierender, oftmals sehr düsterer Sprachbilder, die Bezüge zum Film Noir oder auch zur Gattung der Graphic Novells liegen nahe, gibt es da für Dich direkte Bezüge?

Mit Graphic Novells habe ich keine persönlichen Erfahrungen, der Gedanke, sich den Roman dahingehend vorzustellen, ist aber trotzdem sehr reizvoll. Zur Ästhetik des Film Noir fühle ich mich auf jeden Fall hingezogen. Ich mag solche Sachen, die so etwas wie eine Detektivgeschichte erzählen, ohne daß es unbedingt einen Detektiv geben muß, die Filmgeschichte liefert dazu ja tolle Beispiele – „Bladerunner“ von Ridley Scott oder David Lynchs „Blue Velvet“ beispielsweise. Ich finde übrigens, daß es auch in der Musik viele Dinge gibt, die ihrer Klarheit wegen über Jahre hinweg inspirierend sein können, ob das nun Krautrock ist oder die ganz frühen Elektronik-Sachen, die so viel innovative Strahlkraft haben, daß sie mehrere Generationen von Künstlern beeinflussen und überdauern. Und auch wenn mich die Hard-Boiled-Sachen wie Chandlers Marlowe u.a. natürlich schon irgendwie beeinflusst haben, waren es doch eher die Umwege, auf denen sie zu mir gelangt sind.



Ein Großteil der Handlung spielt ja in Megacities und ich unterstelle mal, Du hast solche Städte schon selbst erlebt. Faszinieren sie Dich eher oder schrecken sie einen mehr ab?

Ja, es gibt da in China diese Stadt Qingdao, wo wir auch mit Messer schon waren und die ich damals als wahnsinnig anziehend empfand. Ich habe dort viele Eindrücke, Bilder gesammelt, die auch später für die Ästhetik des Romans eine große Rolle spielten. Gleichzeitig haben solche Städte natürlich auch etwas sehr Verstörendes und Erschreckendes, weil man sieht, wie zwischen den titanischen Betonbauten verarmte Menschen im Elend dahinvegetieren. Das ist ja das Ambivalente daran, daß sie einerseits einen wahnsinnigen Sog entwickeln, aber auf der anderen Seite auch Orte sind, in denen ebensoviel Leid zu entdecken ist. Und trotzdem habe ich manchmal das Gefühl, daß Großstädte das Dämonische und Schlechte eher nach Außen kehren, auf dem Dorf oder in der Kleinstadt hingegen die schlimmen Tragödien viel eher hinter zugezogenen Gardinen verborgen bleiben. So gesehen macht mir das Dorf mehr Angst als die große Stadt.

Zum Schluss dann doch noch eine Frage an den Musiker: Müßtest Du ein Tape für das Fluchtauto von Maude und Weinberg aufnehmen, welche Musik dürfte darauf nicht fehlen?

Das ist interessant, denn während des Schreibens habe ich sehr viel elektronische Musik gehört, Industrial, Noise, sehr sphärische, strukturlose Sachen. Mir fällt aber ein, daß ich gerade eine Platte für mich entdeckt habe, die wahnsinnig gut als Score zum Roman passen würde: Sie stammt von der Kanadierin Buffy Saint-Marie, einer Künstlerin, deren Gesamtwerk eher in Richtung Country geht und eigentlich nicht ganz so meins ist. Sie hat aber 1969 ein Album namens „Illuminations“ veröffentlicht, das voller geisterhaften Synthesizer-Melodien ist und zum Zeitpunkt des Erscheinens ein kommerzieller Flop war – angeblich verleugnet sie es heute sogar. Ich habe diese Musik zwar erst nach Fertigstellung des Romans entdeckt, aber sie hat mich richtig gepackt und ich habe mir sofort gedacht, daß sie perfekt zu Weynberg und Maude passen würde.

High Sunn: Hoffnungslos

Die Goldgräberarbeit des englisch-schwedischen Joint Ventures Punk Slime, kurz PNK SLM, haben wir ja erst kürzlich aus Anlass der Veröffentlichung des neuen Hater-Albums "You Tried" würdigen dürfen, nun kommen die Damen und Herren mit dem nächsten Treffer um die Ecke: Die Rede ist von dem gerade mal 17jährigen Justin Cheromiah, der unter dem Namen High Sunn eine Reihe vielversprechenden Songs veröffentlicht hat - neben dem brandaktuellen "Joy Of Romance" gibt es hier auch noch die Stücke "Tears" und "Polaroids" zu hören, allesamt von der EP "Hopeless Romantic", die am 19. Mai erscheinen wird.

Ha The Unclear: Vorgeschmack

Und noch einmal etwas abgefahrenen, lässigen Gitarrenpop, diesmal zu älteren Bekannten aus dem weiter entfernten Neuseeland: Von dort nämlich, genauer aus Dunedin, stammt das Quartett Ha The Unclear, 2014 haben die vier Jungs "Bacterium, Look At Your Motor Go", ihr Debütalbum, abgeliefert und heute nun gibt es mit "Big City" einen ersten neuen Song zu hören - und der klingt richtig klasse.

Birdsworth: Komische Vögel

Erster Eindruck: Oh mein Gott - Colabodenbrille, Kostümierungen, must be a Hulpen-Party! Beim Reinhören entpuppt sich aber "Treat You Good" schon mal als ziemlich lässig funkendes Stück Feinkostpop, und zwar trotz der albernen Verkleidung. Birdsworth, das sind Jack Coffey, Joe Gislingham und Luke 'Tupasa' Yexley, kommen natürlich, wenn auch über Umwege von der Insel, sind derzeit in Woking stationiert und benennen ihre Einflüsse mit Fela Kuti, The Style Council, den Bee Gees und Punjabi MC - alles klar. Neben der aktuellen Single gibt's hier noch die ebenso feinen Stücke "Muthafucka", "Oblivious" und "Casual Love" zu hören. Bleiben wir dran, ganz sicher.



Donnerstag, 20. April 2017

All We Are: Vorsichtiger Wandel [Update]

Neues Material erwartet uns aus der Stadt am Mersey-River: Die Liverpooler Band All We Are ist ja vor fast genau zwei Jahren mit einem verheißungsvollen Debüt gestartet und schon damals war man geneigt zu sagen, Guro Gikling, Rich O'Flynn und Luís Santos machen ihrer Heimatstadt und deren Musikhistorie mit diesen feinen Popmelodien alle Ehre. Wie man hört, soll das neue Album, das bald ebenso auf Domino Records erscheinen soll, einen leichten Stilwandel in Richtung Krautrock und Post-Punk vollziehen, die erste Single mit dem Titel "Burn It All Out" gibt schon mal einen passenden Vorgeschmack.

Update: Eigentlich sollten wir das Wort "vorsichtig" aus der Überschrift streichen, denn auch die nächste Single "Human" poltert überraschend los - die neuen All We Are dürften also mit den alten nicht mehr so viel gemeinsam haben. Das künftige Album wird übrigens "Sunny Hills" heißen und am 9. Juni erscheinen.



Poliça vs. Spank Rock: Aus der Versenkung [Update]

Um das Thema abzurunden: Von Naeem Juwan aka. Spank Rock hat man nun wirklich sehr lange Zeit nichts mehr gehört, denkt man an das fabelhafte Album "Everything Is Boring And Everyone Is A Fucking Liar" aus dem Jahr 2011, könnte man deshalb fast von Wehmut gepackt werden. Nun ist aus Anlaß des Record Store Day zumindest ein Lebenszeichen in Sicht - da nämlich erscheint mit "Still Counts" eine Single von Poliça diese featured eben den Mann aus Baltimore. Klingt fett, haut rein, hätte man gern mehr von vertragen.

Update: Und hier ist dann das Video zur eigentlichen A-Seite "Lipstick Stains", wiederum entstanden zusammen mit Boys Noize.



Mark Lanegan: Einmal blutig, bitte

Es sind nicht die Screaming Trees, aber es geht in die Richtung: Mark Lanegan wird in der nächsten Woche zusammen mit seiner Band das nächste Album veröffentlichen - "Gargoyle" kommt via Heavenly Recordings und geht es nach der aktuellen Single "Beehive", dann könnte das nach einiger Zeit mal wieder ein ziemlich rockiges Vergnügen werden. Das Video von Zhang + Knight jedenfalls ist schon mal recht spooky und blutig geraten.

Neonschwarz: Perfekter Tag

Das darf man natürlich ruhigen Gewissens niemandem empfehlen. Aber hinter vorgehaltener Hand und mit leiser, konspirativer Stimme folgenden Rat: Probiert es mal aus - an einem warmen Sommertag die Kopfhörer auf, die Fluppe in den Mund und rauf auf's Fahrrad. Und was läuft? Natürlich der "Jogginghosentag" von Neonschwarz. Dieser fabelhafte Hangoverhit stammt vom ebenso fabelhaften Album "Metropolis" des Hamburger Dreieinhalbgestirns und insgeheim hatte man ja gehofft, sie würden den Track noch mal irgendwann auskoppeln. Nun, irgendwann ist heute, hier kommt er also und mit ihm ein kleines Filmchen von Ole Hellwig. Perfect day.

Starling: Schlechte Stimmung

Nebel, Krähen, Stacheldraht - sieht nicht nach allerbester Stimmung aus: Der Song "In The Dark" zum neuen Video der Londonerin Starling stammt von ihrer aktuellen EP "The Body" und folgt den bislang bekannten Stücken "No Rest For The Wicked" und "Large It", die EP ist Ende März bei Distiller Records erschienen.



Mittwoch, 19. April 2017

Dion Lunadon: Hart bleiben

Es mal allein zu versuchen, übt offenbar irgendwann auf jeden Musiker einen großen Reiz aus. Die einen geben ihm nach, andere lassen es besser bleiben. Dion Lunadon, Frontmann der Noisekapelle A Place To Bury Strangers, macht das, was auch John Sterry von der Gang Of Four gerade unter dem Moniker Billionaire gerade ausprobiert hat - er allerdings bleibt beim harten Fach und wird am 9. Juni sein selbstbetiteltes Solodebüt via Agitated Records veröffentlichen. Darauf finden sich elf Songs, von denen bislang drei bekannt sind: Für "Fire" gibt es sogar ein einigermaßen verstörendes Video, dazu kommen "Com/Broke" und ganz aktuell die Single "Howl". Nun, dann lassen wir's also mal scheppern...


Dienstag, 18. April 2017

Kendrick Lamar: Unter Strom

Man nennt das wohl hyperaktiv: Gerade erst hat Kendrick Lamar seinen beiden kürzlich veröffentlichten Singles "The Heart Part 4" und "Humble" ein brandneues Album namens "DAMN." folgen lassen, da steht zum Track "DNA." auch schon das nächste Video bereit - und hier gibt kein Geringerer als Schauspieler Don Cheadle Lamas Widerpart, Regie führte Großmeister Nabil. Anschauen!

Vilde: Neu erfunden

Was genau man sich unter der Rubrik Study Dance vorzustellen hat, ließ sich auf die Schnelle nicht herausfinden, Tatsache ist, daß Thomas Savage, Ex-Frontmann der Kins, mit seinem neuen Projekt Vilde seinen Stil entsprechend umschreibt. Herausgekommen ist nach unserem laienhaftem Verständnis wunderbarer LoFi-Synthpop, der sich noch dazu verteufelt tanzbar gibt. Zur aktuellen Single "Maintain" gab es in den Wochen zuvor schon einige ähnlich bestechende zu hören - der monatliche Output soll sich (hier vor Ort auch die neueren Hörproben "High Horse", "Life Sized" und "Dreamboat") bald auf einem Debüt-Album versammeln. Gute Idee, das.

21.07.  Berlin, Berghain Kantine

Sonntag, 16. April 2017

Autisti: Ausrufezeichen

Autisti
„L'Altro Mondo“

(Crazysane Records)

Einen langen Atem und ausreichend Selbstbehauptungswillen – zwei Dinge, die man als Independent-Musiker in der Schweiz sicher gut gebrauchen kann. Es sind, schaut man sich bei Rock und Pop abseits der formatierten Wege ein wenig um, nicht viele Namen, die sich nachhaltig aufdrängen und über Kantonsgrenzen hinaus von sich reden machen: Früher mit The Young Gods, Grauzone und den Aeronauten ein paar wenige Ausnahmen mit Kultcharakter, heute neben Sophie Hunger und den erst kürzlich verblichenen Saalschutz vielleicht noch Dagobert und Faber als mögliche Hoffnungsträger. Unbedingt begrüßenswert deshalb, daß Louis Jucker und Emilie Zoé als erfahrene Künstler den Neuanfang wagen und zusammen mit dem Drummer Steven Doutaz unter dem Namen Autisti der Noisegitarre zu anhaltender Blüte verhelfen. Jucker hatte zuvor mit den Formationen The Ocean Collective, Coilguns, Red Kunz (allesamt eher der härteten Gangart verpflichtet) und auch solistisch gearbeitet, Zoé wiederum meldete mit ihrer Platte “Dead End Tape” ernsthafte Folk-Abitionen an – das aktuelle Projekt vereint nun beide Stilrichtungen auf durchaus reizvolle Weise. ‘Es geht auch ohne Bass!’ lautet wohl eine Maxime der drei und so knirschen und scheppern hier allein die Elektrischen ganz wundervoll zu dumpfem Geböller – dreiunddreißig laute Minuten in der Tradition von Dinosaur jr., den Pixies und natürlich Robert Pollards unermüdlicher LoFi-Kapelle Guided By Voices; die acht Stücke taumeln zwischen wilden Psychrockattacken, dichtem, zackigem Geschrammel und ruhigeren, ätherischen Phasen, die Stimmen von Jucker und Zoé mal verfremdet, eigentümlich verhangen oder auch mal als wüstes Gebrüll. Anspieltipps in jedem Falle der Opener “The Dower”, “Peaches For Planes” und das wunderbare “L’Altro Mondo” – ein Album wie ein Ausrufezeichen.

16.05.  Karlsruhe, P8
17.05.  Chemnitz, AC17
04.06.  Düdingen, Bad Bonn Kilbi

Samstag, 15. April 2017

Plaza: Trotz alledem [Update]

Irgendwo zwischen den Maccabees und den Foals, nur etwas lauter. So jedenfalls klingen PLAZA, Indiekapelle aus Hartlepool, auf ihrer aktuellen Single "Deep In My Head". Das Quartett um Sänger Brad Lennard hat gerade via Wall Records seine selbstbetitelte Debüt-EP angekündigt und wenn der Rest auch so gut klingt, sollten die weißen Tennissocken den Erfolg kaum schmälern können.

Update: Und hier sind dann alle vier Stücke der EP versammelt - jetzt auch noch "Origami", "Vancouver" und dem Remix von "Totem".

Mittwoch, 12. April 2017

Four Tet vs. The XX: Herzensangelegenheit

Daß Kieran Hebden alias Four Tet ein Faible für die Musik von The XX hat, weiß man, wenn man sich die Liste der Remixe anschaut, die im Laufe der Zeit von Stücken der Band zusammengekommen ist - sein Name dürfte dort recht häufig auftauchen. Eine Frage der Zeit also, wann sich der Londoner Musiker, Produzent und DJ auch das neue Album "I See You" vornimmt und natürlich hat er sich geschmackssicher gleich den besten Track zur Neuberabeitung gegriffen - hier also ein Rework von "A Violent Noise". Mit Wasserkocher, versteht sich...

Feist: Freudensprung [Update]

Auf diese Nachricht haben wir lange warten müssen: Am 28. April soll es nun also erscheinen, das neue Album von Feist. Ihr letztes Werk "Metals" datiert immerhin schon auf den Oktober 2011, es ist also viel Zeit ins Land gegangen, welche die Kanadierin für einige Kollaborationen mit Peaches, Mastodon (s.u.), Wilco oder den Muppets genutzt hat, nun aber steht wieder das Solo im Vordergrund. "Pleasure", so der Titel, wird bei Universal erscheinen und elf neue Stücke enthalten, produziert haben Mocky ("Metals") und Renaud Letang ("The Reminder", "Let It Die"), anbei der Titelsong im Stream.

Update: Ein weiterer Song vom neuen Album geht in die Runde - hier kommt "Century", eingesungen zusammen mit Jarvis Cocker. Und dazu gilt es noch, den einzigen bislang bekannten Livetermin für Deutschland in diesem Sommer zu vermelden. Und zum Titelstück können wir nun auch die passenden Bilder liefern.

02. - 05.08.  Luhmühlen, A Summer's Tale Festival
19.08.  Wintherthur, Musikfestwochen



Dienstag, 11. April 2017

Saint Etienne: Nichts verlernt [Update]

Humor und Eleganz, wo geht das besser zusammen als in der britischen Hauptstadt: Das Trio Saint Etienne verbindet diese beiden Eigenschaften seit über einem Vierteljahrhundert auf das vorzüglichste, gepaart natürlich mit maximaler Tanzbarkeit. Da das letzte Album "Words And Music By Saint Etienne" nun auch schon wieder fünf Jahre zurückliegt, dürfen wir uns um so ausgiebiger auf ein Lebenszeichen freuen - für den 2. Juni ist eine neue Platte mit dem Titel "Home Counties" via Heavenly Recordings angekündigt und Cover, Presseshots und erste Single "Heather" beweisen, daß keine ihrer lobenswerten Eigenschaften verloren gegangen ist. "Manufactured in East Germany", "Skilled musicians with over twenty five years experience", "Records are your best entertainment value", so lauten ein paar der stilisierten Aufkleber des Covers und schon dafür muß man sie lieben.

Update: Und auch Vorauskopplung Nummer zwei groovt schön - "Magpie Eyes".

Timber Timbre: Menetekel

Timber Timbre
„Sincerely, Future Pollution“

(City Slang)

Was für ein wunderbarer Satz! Da hatte sich Taylor Kirk für eine aktuelle Lagebesprechung mit dem Netzportal NPR zusammengesetzt und auf die Frage nach der Grundstimmung des neuen, mittlerweile sechsten Albums geantwortet: “I had the idea that we could do something that was fun. Which ... we can't.” Recht hat er. Schon auf den vorangegangenen Platten, deren letzte 2014 die formidable “Hot Dreams” war, präsentierten sich die Kanadier ausnahmslos als Meister der dunklen Töne und mögliche Alternative zu den Tindersticks, den Bad Seeds oder The National. Wobei die vier Männer aus Montreal selten elegisch, sondern gern energisch zu Werke gehen, der kernige Blues auf ihrer Prioritätenliste weiter oben zu finden ist. So auch hier: Nach sanftem Einstieg werden die Gitarren etwas härter angefaßt – “Grifting” mimt den kratzigen Electro-Boogie, im fabelhaften “Sewer Blues” treffen sich Vergänglichkeit, Vergeblichkeit und pure Lust zu schwer rollenden Akkorden und selbst das getragene Liebeslied “Moment” jault zur Hälfte herrlich schief.

Die Ratlosigkeit der Welt angesichts ungelöster globaler, sozialer Probleme ist das große Thema gleich zweier Stücke von Timber Timbre: “Western Questions” wirkt nicht nur mit seiner kruden LoFi-Instrumentierung verstörend und düster, der Song will auch das Chaos, die zunehmende Ohnmacht und den allgemeinen Sittenverfall angesichts so vieler ungelöster Probleme ansprechen. Auch der Titelsong, ähnlich bedrohlich arrangiert und mit dronigen Gitarren und scheppernden Drums ausgestattet, setzt das Menetekel fort, auch an Kirk ist also der Machtwechsel in den USA nicht spurlos vorübergegangen und manchmal, so sagte er kürzlich der INTRO, sei er schon froh, im Nachbarland zu wohnen. Timber Timbre bleiben auch mit diesem Album eine sehr eigenwillige Band. Ihre Musik mag etwas mehr Zeit erfordern, bevor sie ihre ganze Vielfalt preisgibt – die Mühe hat sich bis jetzt, das neueste Werk inbegriffen, allerdings ein jedes Mal gelohnt. http://www.timbertimbre.com/

11.04.  Berlin, Huxleys
15.04.  Hamburg, Uebel und Gefährlich
13.07.  Fribourg, Les Georges
23.08.  Bochum, Jahrhunderthalle

Kendrick Lamar: Nur nicht übertreiben [Update]

Das Wochenende steht vor der Tür und alle kommen sie wieder um die Ecke, um schnell noch ein paar Neuigkeiten loszuwerden. Die schönste von allen ist wohl die Nachricht, daß Kendrick Lamar eine neue Single mit dem Namen "Humble" am Start hat (Video in Zusammenarbeit mit Dave Meyers) - letztens gab es ja schon den Track "IV" zu hören, die Ankündigung eines neuen Albums, Nachfolger für das grandiose "To Pimp A Butterfly", wäre dann aber wohl zu viel des Guten gewesen.

Update: Jetzt mit Artwork und Tracklist - das neue Album von Kendrick Lamar, das diese Woche noch erscheinen soll, wird also "DAMN." heißen und hat jetzt auch ein Cover. Vierzehn neue Stücke inklusive "Humble" finden sich darauf, für den Song "XXX" ist wie schon vor Tagen kolportiert ein Featuring von U2 vermerkt.





Girlpool: Doch zu dritt [Update]

Da hatte man sie so gelobt für die Idee, als Zwei-Mädchen-Band ganz ohne Schlagzeug Punk zu spielen - und nun das: Girlpool, also Cleo Tucker und Harmony Tividad aus Philadelphia, haben sich dann doch entschlossen, es mal mit einem Drummer (Miles Wintner) zu versuchen. Nach dem Debüt "Before The World Was Big" ist nun für den 12. Mai bei ANTI- die neue Platte "Powerplant" angekündigt und gleich im ersten Video zur Single "123" (Regie: Nicholas Rattigan) geht es gruselig, traurig und tröstlich zugleich zu, da darf man sich auf den Rest schon mal vorfreuen.

Update: Eine weitere Single mit Video (und Schlagzeug) gilt es zu vermelden, hier kommt der Clip zu "It Get's More Blue".



Montag, 10. April 2017

Ceiling Demons: Kein Entkommen

Wir bleiben auf der Insel - aus Leeds nach Richmond: Von dort stammen die Ceiling Demons und wer hier aufmerksam mitliest wird wissen, dass Psy Ceiling, Dan und Beat Demon ziemlich genau vor einem Jahr ihre EP "Belly Of The Hopeless" veröffentlicht haben - ein schwarzer, schwerer und durchaus faszinierender Mix in der Tradition von Massive Attack und Tricky. Und nun schicken die drei dieser Tage einen Vorboten für das möglicherweise bald folgende Debütalbum ins Netz, "March Forward" beginnt mit einer Horn Section, die einen sofort in den Track hineinzieht und auch später ist kaum ein Entkommen. Dauert also hoffentlich nicht so lange mit dem Nachschub.

Diet Cig: Mehr Empathie! [Update]

Diet Cig
„Swear I’m Good At This“

(Frenchkiss Records)

Man konnte ja in den letzten Monaten leicht den Eindruck gewinnen, dem Indierock sei die Leichtigkeit abhanden gekommen. Alles müsse groß und bedeutsam gedacht werden, jetzt, da sich die Welt immer schneller dreht und Menschen ihren Fortgang maßgeblich verantworten, die mit einem einzigen Tweet oder Haßkommentar mehr Unheil anrichten als alle kalten Krieger des vergangenen Jahrtausends zusammen. Keine Zeit also mehr für den überschaubaren und dennoch so verwirrenden Gefühlsstrudel der eigenen Jugend? Gäbe es Alex Luciano und Noah Bowman aka. Diet Cig aus New York nicht, man müßte wohl verzweifeln. So aber darf man das Debüt des Duos hören, fühlt sich gegenwärtig und gleichzeitig auf wunderbare Weise zurückversetzt in die eigene, chaotische und dennoch unbeschwerte Welt schmerzhafter Erfahrungen, ungeschönter Gefühle und der ganz großen Liebe – kein Tinder, kein Snapchat, kein Instagram, alles ganz real. Zumindest ein bisschen.

Wenn Luciano mit zarter, sympatisch verwackelter Stimme von ihren Alltagsnöten singt, dann klingt das weniger naiv als ehrlich, dann wird aus dem Klein-Klein plötzlich das lebenswichtige Große, ganz so wie man es von sich selbst kannte, damals, als die Welt noch an der Stadtgrenze endete und zwischen Himmel und Hölle auf Erden nur ein sehnsuchtsvoller Blick auf der letzten Party lag. Dazu poltern die Drums und scheppern die Gitarren, der Sound von Diet Cig kommt direkt aus der Hinterhofgarage. Dabei denken die beiden durchaus weiter – ihre Definition von Punk zum Beispiel, die sie kürzlich im Gespräch mit The Skinny erklärte, klingt jedenfalls ziemlich einleuchtend: „We like to think that it’s punk as hell to make sure everyone’s safe at a show, and it’s really punk to look out for your friends who are marginalised. I think caring about people and saying how you feel and being empathetic is way more punk than being aggressive.” Dieser Satz, diese Musik – man muß sie einfach gern haben. http://dietcig.com/

Update: Ja, und da sind sie dann, die Livetermine der Band für diesen Herbst.

02.10.  Wien, B72
04.10.  München, Orange House
05.10.  Berlin, Berghain
07.10.  Hamburg, Molotow
09.10.  Köln, Blue Shell
10.10.  Münster, Gleis 22

Sonntag, 9. April 2017

Familienalbum # 24: Wooing

Man möchte es ja kaum glauben, welche Hobbies der Blick ins weltweite Netz für einen bereithält. Von all den unappetitlichen oder kreuzblöden unterscheidet sich eines durch seine unbedingte Harmlosigkeit, seltsam ist es dennoch: Stickereien von Plattencovern. Nahezu jede berühmte Hülle wurde schon mit Nadel und Faden in einen runden Holzrahmen gezwungen, kein noch so berühmter Künstler ausgelassen. Da haben es die hier gezeigten Exemplare einfacher, denn sie sind schon als Handarbeiten angelegt und man stößt bei der Gelegenheit auf polnisches Kleinkunstgewerbe, skandinavische Teppichknüpferei und natürlich kommt man auch nicht an der erst kürzlich erschienen Platte von Diet Cig vorbei.

Aufhänger (oder sollten wir besser Aufnäher sagen?) aber ist die gerade von Rachel Trachtenburg und ihrem neuen Projekt Wooing veröffentlichte Single "In Colour", ein Stück Psychrock allererster Güte. Die junge Dame aus Seattle hat augenscheinlich ein Faible für das, was man bei ihr daheim embroidery nennt, schließlich wird auch die zum Song dazugehörige Platte "Daydream Time Machine", die demnächst erscheinen soll, ähnlich hübsch gestaltet sein. Hier nun also das nächste Familienalbum, wie immer von links nach rechts und oben nach unten:

Wooing "Daydream Time Machine", Diet Cig "Swear I'm Good At This", Those Dancing Days "Home Sweet Home", Miss Montreal "Christmas Hearts", Los Trabantos "Między Rabarbarem A Pomidorem", Okkervil River "The Stage Names", Okkervil River "The Stand Ins", The Silver Apples "The Garden", Jenny O. "Home", Bright Eyes "I'm Wide Awake, It's Morning", Fargo "O.S.T.", Joanna Newsom "The Milk-Eyed Mender", Moloko "Things To Make And Do".

Giant Rooks: Unausweichlich

Giant Rooks
Support: Albert af Ekenstam
Milla, München, 8. April 2017

Man möchte nun wirklich nicht ständig auf dem Alter der Jungs herumreiten und tut dies wahrscheinlich auch nur, weil man mutmaßlich als Einziger mit weit weit über dreißig im Publikum steht. Aber nach zwei Dritteln der ausverkauften Show schicken sich die Giant Rooks an, einen Song von Bob Dylan zu covern. Nicht Coldplays "Yellow" oder "I Will Wait" von Mumford und seinen Söhnen, sondern "I Shall Be Released" also, einen Song, den der frisch geehrte Nobelpreisträger schrieb, als noch nicht einmal der Rezensent auf der Welt war. Und zwar als durchaus mutige Mixtur aus Reggae und Bluesrock. Nicht das Naheliegende jedenfalls, sondern gern auch mal das Unerwartete. Ein großes Risiko gehen sie damit dennoch nicht, denn wie alle Stücke zuvor gelingt dem Quintett aus Hamm auch dieses mit einer Reife, die staunen macht. Wie Sänger Frederik Rabe seine Mitmusiker Finn Schwieters (Gitarre), Jonathan Wischniowski (Keyboard), Luca Göttner (Bass) und Finn Thomas (Drums) im Stile eines erfahrenen Bandleaders durch den Abend führt und selbst noch Gitarre und Percussions bewältigt, ohne die Konzentration vermissen zu lassen, wie er die großen Gesten nicht nur vorsichtig probt, sondern schon wie selbstverständlich ins Repertoire übernommen hat, das nötigt selbst dem abgebrühtesten Konzertjunkie einigen Respekt ab.



Noch vor einigen Monaten tourten die Jungs im Vorprogramm von The Temper Trap und Rabe verkaufte am Merchandising-Stand türkisfarbene Socken für Von Wegen Lisbeth - daß sie nun mit nur einer einzigen EP schon als Headliner auf Reise geschickt wurden, erstaunt trotzdem kaum. Sind doch die Songs von "New Estate" (Haldern Pop Recordings, 2017) allesamt hochfeine Indiepop-Perlen, die auch live schon sehr erwachsen und ausproduziert klingen. Den Rest füllt die Band mit älterem Material und ein, zwei Neuankömmlingen, die laut Selbstauskunft auf einem Kurzurlaub in Schweden entstanden sind. Ihre Affinität zu Skandinavien hatten sie ja schon mit einem ihrer ersten Tracks unterstrichen - auch das wunderbare "Småland" gehörte natürlich mit auf die Setlist dieses Abends. Und auch wenn dieser dann irgendwann mangels weiterer Lieder zu Ende gehen musste, kann man sich nur wiederholen: Sollten sich die fünf in der nächsten Zeit keine groben Schnitzer erlauben, dann ist eine Blitzkarriere eigentlich unausweichlich.

09.04.  Wien, B72
10.04.  Leipzig, Täubchenthal
11.04.  Bochum, Bahnhof Langendreer
12.04.  Köln, Gebäude 9

Freitag, 7. April 2017

Sleaford Mods: Von der Rolle

Das geht erst mal an Berlin (ist ja klar): Denn in der Hauptstadt, genauer auf dem Filmfestival "Achtung Berlin" wird im Rahmen des Wettbewerbs endlich auch die Deutschland-Premiere der lang erwarteten Sleaford-Mods-Doku "A Bunch Of Kunst" unter Regie von Christine Franz zu sehen sein. Drei Vorführungen sind geplant (s.u.), der Rest der Republik wird wohl noch eine Weile warten müssen. Aber ein paar Tage später gehen die beiden Herren mit dem aktuellen Album "English Tapas" ohnehin auf Tour.

23.04.  Berlin, Babylon 1, 21:45 Uhr
24.04.  Berlin, Lichtblick-Kino, 20:00 Uhr
26.04.  Berlin, Tilsiter Lichtspiele. 22:15 Uhr

Second Still: Nicht nur für Historiker

Second Still
„Second Still“

(Manic Depression Records)

Ja, und dann gibt es noch das Darkwave-Trio Second Still. Alex Hartman, Ryan Walker und Sängerin Suki San kommen aus Los Angeles und haben gerade zusammen mit Hillary Johnson ihr Debütalbum abgemischt. Um diese Nische ist es ja in letzter Zeit ziemlich ruhig geworden und würde Wesley Eisold aka. Cold Cave nicht gerade durch die Lande touren, man hätte sie fast aus dem Auge verloren. Was bei der vorliegenden Platte reichlich schade wäre, ist den dreien damit doch eine ganz feine Reminiszenz an die düsteren Töne der 80er gelungen – Siouxsie Sioux, Bauhaus, Cocteau Twins, die Erinnerungen sind sofort präsent und wer dazu noch über Fachwissen zum Sound des französischen Underground dieser Zeit verfügt, wird auch da reichlich Anknüpfungspunkte finden. Kühl klirrende Gitarren mischen sich mit dickem Bass und dumpfen Computerbeats, zwei der acht Songs fanden sich schon auf der EP “Early Forms”, die Second Still im vergangenen Jahr veröffentlichten – mit dabei das wundervolle “Jo”, in welchem Suki San ihre sonst recht gleichförmige Stimme in ungewohnte Höhen schickt und die Gitarren ordentlich schreddern. Mithin also ein Stück Zeitgeschichte, die hier wiederbelebt wird – es wird nicht nur die Historiker freuen. https://secondstill.bandcamp.com/



Billionaire: Rückzug

Nennen wir es mal antizyklisch: Kaum wird das Wetter draußen freundlicher, kümmern wir uns heute zum Wochenausklang mal um die dunkle Seite des Lebens. Und da kommt uns John Sterry, Sänger der aktuellen Besetzung der legendären Gang Of Four, gerade recht. Sterry nämlich hat unter dem Moniker Billionaire gerade seine EP "Cheap Credit!" bei Blue Mary Records veröffentlicht und darauf finden sich wunderbar dunkle LoFi-Kompositionen, die - je nach aktueller Verfassung - auch ein bisschen verinnerlicht, zurückgezogen daherkommen. Hier jedenfalls die Videoclips zu den Stücken "Reason To Be Fearful" und "World Loves A Trier", dazu noch die Tracks "Bridge To The Living" und "You Owe Me" im Stream.





Donnerstag, 6. April 2017

Future Islands: Eine Frage der Vervielfachung

Future Islands
„The Far Field“

(4AD)

Da müssen wir dann doch mal kurz in die Untiefen der Küchenpsychologie eintauchen. Dort nämlich ist der Kalenderspruch vermerkt, daß geteiltes Leid halbes Leid sei. Frage dazu: Wie ist das mit der Freude – wenn man die Ursache verdoppelt, ist dann die Freude auch doppelt so groß? Oder: Kann man Freude beliebig oft wiederholen? Hintergrund: Die Future Islands haben gerade ihr fünftes Album abgeliefert, ihre Zeitrechnung beginnt allerdings erst so richtig im Jahr 2014, noch genauer, am 3. März diesen Jahres. Da nämlich trat Samuel T. Herring gemeinsam mit seinen beiden Kollegen bei Mr. Latenight David Letterman auf und mit diesem Abend ging die Band, die zuvor ziemlich unbeobachtet vor sich hinmusizierte, und ihr Album „Singles“ mit lauten Getöse durch die Decke. Warum? Nun, es kamen viele Dinge zusammen. Die Platte war tatsächlich voll von überaus geschmeidigen, maximal poppigen Hitsingles, dazu offenbarte Herring einem begeisterten Primetime-Publikum seinen markanten, schmachtend-brüchigen Gesang und, noch besser, einen einzigartigen, tiefergelegten Hüftschwung. Interessante Randnotiz: Der Mann konnte, ganz und gar branchenfremd, seinen Stimmbändern dazu noch das gutturale Grunzen eines Schwermetallers entlocken – gewinnend, bezaubernd, überraschend, im Nu waren die Future Islands die neuen Darlings der Indiepopszene. Nur gerecht, hatten sie doch lang genug warten müssen auf diesen großen Auftritt.

Was aber tun mit einer Platte wie der aktuellen, die sich keinen Deut von der vorangegangenen unterscheidet, deren Songs selbst untereinander das Gefühl vermitteln, sie seien unter Zuhilfenahme kleinerer Änderungen per Copy and Paste einfach nur vervielfältigt worden? Nun, schön bleiben sie ja trotzdem. Und mit „Time On Her Side“, „Ran“ und „Day Glow Fire“ gibt es sogar ein paar ganz besonders gelungene Exemplare zu hören. Aber das Muster ist halt immer das gleiche: Einschmeichelnder Basslauf, feine Synthesizer-Hooks und Herring umgarnt unsere Ohren mit barmenden Versen – kein Ausbruch, kaum Kanten und wenn man weiß, daß der Mann sogar leidlich rappen kann, nicht das kleinste Wagnis. Gut, bei „Cave“ wird er kurz mal etwas energischer und, das wenigstens eine willkommene Abwechslung, für „Shadows“ tut er sich mit Debbie Harry zusammen, die ihm in Sachen Coolness noch um einige Jahre voraus ist. Enttäuschung sollte man das Ganze nicht nennen, dafür wäre es noch zu früh und so richtig daneben ist den dreien, das muß man zugeben, ja nichts gegangen. Ein wenig spannender, herausfordernder hätte es dann aber schon werden dürfen. Vielleicht wäre es von Vorteil gewesen, ein wenig von der streitbaren Meinung der Musiker zur Situation in ihrer Heimat, wie gerade in der INTRO geschehen, zu thematisieren. Wer jetzt entgegnet, das passe halt nicht zu ihrem Stil, dem kann man nur beipflichten. Und ergänzen: Vielleicht liegt ja genau da das Problem. Die beiden Fragen oben müssen wir dann aber leider verneinen. http://www.future-islands.com/

21.03.  Berlin, Columbiahalle
27.06.  Köln, Live Music Hall
06.11.  Hamburg, Docks
08.11.  München, Theaterfabrik