Freitag, 3. Juli 2020

Haiyti: Der Zweifel fährt mit

Haiyti
„Sui Sui“
(Warner)

Neues Album oder nächstes Mixtape? Ist doch egal. Viel wichtiger dagegen: Sie bleibt gut. Was nicht selbstverständlich ist bei dem Tempo, was sie vorlegt. Aus dem Schatten ging‘s für Haiyti spätestens vor zwei Jahren mit „Montenegro Zero“ – Reime zwischen Glasbruch und Lammfell, mal aggressiv, mal supersmooth, Schnellfeuer-Rap und Schwermut-Trap. Die Stimme klirrt und stolpert, Egotrip, Drogenrausch, keine andere Wahl: Hassen oder lieben – wir tun letzteres. Das geht weiter mit „Perroquet“ kurze Zeit später, sie läßt nicht locker, bleibt unter Strom und ungeschlagen. Und jetzt? Etwas anders, trotzdem top. „Sui Sui“ ist mehr Pop, weniger Uzi, probiert mal aus und daran muss man sich eben erst gewöhnen. „Paname“ schnappt sich ein paar hübsche Percussions und tänzelt dazu am glitzernden Sandstrand, noch eingängiger, geschmeidiger gestrickt dann „La La Land“, maximal entspannt, „california dream“ mit Zotteltier und Bläserchören.





Beliebig und langweilig wird es dennoch nicht, denn die Dunkelheit, die Einsamkeit, der Schein, die Leere, sie blitzen mal mehr, mal weniger deutlich aus jedem Track des Albums. Und sind Grund genug für die Annahme, nach welcher der Titel wohl doch als ironisierte Kurzform von Suicide gedeutet werden kann. Die große Wut ist auf dieser Platte nämlich nicht mehr zu hören – kein Berghain, kein Mafioso, kein Droptop. Dafür mehr melancholischer Roadmovie, mehr Romance aus den Berliner Straßenschluchten, liebevoll das „Barrio“ genannt und mal mit dem Ferrari, mal mit dem „Bentley“ abgefahren. Düstere Gedanken dazu, die Stimme bricht, fast nur noch ein Schluchzen und Hauchen, der „Drogenfilm“ spult als Kopfkino vor dem inneren Auge sein gnadenloses Programm ab und am Ende kommt mit den Zweifeln noch „Audrey“ als Schwester von Trettmanns „Billy Holiday“ und hat auch keinen Ausweg parat. Eine große Traurigkeit all das, etwas zu Fallenlassen und Verlieren, schön anzuhören. Trotzdem hofft man, dass sie da möglichst bald wieder herausfindet.



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