Empress Of
„Us“
(XL Recordings)
Madonna wird es sicher freuen. Zwar ist es nicht sonderlich originell, für jede hoffnungsvolle Musikerin ein jedes Mal Madame Ciccone als Übermutter aufzurufen. Fakt ist jedoch, dass viele Künstlerinnen heute gar nicht auf den umjubelten Siegertreppchen ständen, hätte damals nicht die Tochter eines italienischen Autoschraubers und einer Frankokanadierin solch einen Mut bewiesen, mit Hitsingles Wochentakt das Showbusiness durcheinandergewirbelt und gleichzeitig die Sache mit dem weiblichen Selbstverständnis auf ihre stolzen Schultern gehoben. Und auch wenn sie wiederum bei Frauen wie Aretha Franklin, Martha Graham oder Debbie Harry in die Schule gegangen ist, wirkt ihr Weg, ihr Beispiel zweifellos bis in heutige Generationen fort. Janelle Monae beruft sich wie viele mit Vorliebe auf die Kollegin und sicher haben auch die Mädels von MUNA vor ein paar Tagen mehr als einen Gedanken an die (Groß)Mutter des Pop verschwendet, als sie wie folgt twitterten: „Okay, like hear me out the world is burning and civilization is collapsing, but we habe Robyn, we have Maggie Rogers, we have Empress Of, we have Adrianne Lenker, we have Japanese House, we have Christine And The Queens, we have Miya Folick, we have woman giving us art!“
Man könnte die Reihe natürlich unendlich fortsetzen, besser widmen wir uns aber mal einer Dame in dieser Aufzählung, die dieser Tage mit ihrer neuen Platte von sich reden macht – Lorely Rodriguez alias Empress Of gibt tatsächlich in vielerlei Hinsicht (und mit freier Interpretation) ein erstklassiges Beispiel für die obige These ab. Schaut man sich das Cover ihres Debütalbums „Me“ aus dem Jahr 2015 an, dann sieht man dort ein zartes Mädchen mit zweifelndem Blick und unsicherer Gestik – ganz anders jetzt: Aus „mir“ wird „uns“, Vorsicht und Zurückhaltung sind von gestern, frau ist sich der gemeinschaftlichen Stärke bewußt und zeigt das auch gern. Was bei Männern verpönt (Stichwort: Manspreading), ist für Frauen jetzt Zeichen trotziger Selbstbehauptung, dazu der herausfordernde Blick, den man mit „Du kannst mich mal!“ kaum fehldeutet. Bezeichnenderweise spart sich Rodriguez für ihre zehn Dreiminüter fast durchgängig jedwedes politische Statement (auch da folgt sie dem Beispiel Madonnas aus deren Anfangstagen), das gewachsene Bewußtsein wird im Kontext aus Optik, Sound und Sprachmix so selbstverständlich wie ausreichend transportiert.
Heißt einmal mehr: LoFi-Pop für Feinschmecker! Schon erstaunlich, mit wie wenig Tönen und vermeintlich einfachen Mitteln Empress Of hier operiert und wie glatt die Sache aufgeht. Entspannte Rhythmik, verspielte Synthesizer, hingetupfte, hüpfende Melodien und ihre vielleicht nicht sonderlich große, aber angenehm weiche, einschmeichelnde Stimme ergeben eine perfekte Mischung, irgendwo bei Charli XCX, Lily Allen und „Jenny from the Block“. Auch wenn Leichtigkeit oft die meiste Mühe kostet, das hier klingt so locker dahinkomponiert, dass man an das Gute in dieser Welt wieder glauben mag. Dass sie dabei das Englische mit dem Spanischen, also die beiden Muttersprachen ihrer Vita, ansatzlos miteinander vermengt, macht die Sache noch ein Stück sympathischer. Rodriguez singt von der Liebe und hat genug für alle dabei: „Sometimes we fall and sometimes we fly, thats how life goes, chin up to the sky, let your brown eyes light up, they glow. Don't let you heart consume all the hate they love to feed, I've got something that you need, I've got something“ heißt es in „I’ve Got Love“ und wir wären reichlich beschränkt, würden wir uns nicht etwas davon nehmen. http://www.empressof.com/
20.03. Berlin, Kantine Berghain
22.03. Köln, Artheater
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