Mittwoch, 19. Juni 2019

Octavian: Hype mit Abstrichen

Octavian
„Endorphins“

(Black Butter Records)

Größenwahn hin oder her, den Namen hat er dann doch seinen Eltern zu verdanken. Und aus London stammt er, auch wenn es wunderbar zum aktuellen Hype passen würde, ebenfalls nicht. Geboren wurde Octavian Oliver Godji im französischen Lille, mit dem Tod seines Vaters hat er das Land (heute wissen wir: den Kontinent) gewechselt, seiner Blitzkarriere hat all das aber keinen Abbruch getan. Another Partner in Grime also, und doch ist so manches anders im Vergleich zu den bisherigen Apologeten des gefeierten Genres. Das meint nicht den Umstand, dass wir bei „Endorphins“ von einem Mixtape und nicht von einem Album im klassischen Sinne reden – diesen Begrifflichkeiten darf man getrost in der „alten Welt“ belassen, im Hip-Hop spielen sie schon lange keine große Rolle mehr, sind die Unterschiede fließend bis unbedeutend. Im Gegensatz zu Künstlern/innen wie Dave Santan, Skepta, Stormzy, Slowthai oder Little Simz ist Octavian wohl derjenige, der sich stilistisch am weitesten vom üblichen Soundmuster entfernt.



Der Start seiner zweiten Kompilation beginnt deep und soulig mit einer Art Gospelchor, später legt er seine markante Raspelstimme gern auch über House, Drill (die abgebremste Mischung aus Grime und Trap) und Dancehall, probiert sich für „No Weakness“ am Synthpop, bei „Feel It“ gar an astreinem 90er-Jahre-Dancefloor (naja, zumindest in Teilen). Das macht Spaß und sorgt für Abwechslung – Tracks wie „Bet“, „Take It Easy“, „My Head“ oder „Lit“ bedienen die eingeschworene Stammkundschaft ohnehin zur Genüge. Klare politische Bezüge, auch das eine Besonderheit, sucht man auf „Endorphins“ vergeblich, die Songs sind eher als handelsüblich derbe Variation des Boy-meets-Girl-Themas feat. Money plus Crime plus Drugs angelegt und kommen leider (auch visuell) nicht ohne sexistischen Kram aus. Erwähnen sollte man noch, dass der junge Mann eine erstaunlich prominent besetzte Gästeliste vorweisen kann, neben Skepta, ABRA, A$AP Ferg tummeln sich dort auch Theophilus London und Jessie Ware. Musikalisch in jedem Falle eine Bereicherung der aktuellen Szenerie, inhaltlich nicht unbedingt ein Schritt nach vorn.



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