Mittwoch, 31. Juli 2019

Pom Pom Squad: Das Gegenteil von süß

Wer so vorlegt, dem muß um die Zukunft nicht bange sein: Die New Yorker Formation Pom Pom Squad hat vor zwei Jahren mit "Hate It Here" eine wunderbare Debüt-EP veröffentlicht und wir sind ehrlich genug um zuzugeben, dass vor allem Leadsängerin und Songschreiberin Mia Berrin einen großartigen Eindruck hinterlassen hat. Sie ist es natürlich auch, die die letzten Stücke dominiert hat - "Heavy Heavy" also vor ein paar Monaten und nun die aktuelle Single "Honeysuckle". Beide Tracks stammen von der kommenden EP "Ow", die für den 6. September terminiert wurde.





Sleater-Kinney: Kleiner Trost [Update]

Die Nachricht vom Ausstieg der Janet Weiss hat ja in den letzten Wochen für einigen Verdruß gesorgt. Gerade waren Sleater-Kinney mit der Meldung einer neuen Platte vorstellig geworden, die ersten Töne draußen, gemeinsame Auftritte in den Tonightshows der üblichen Verdächtigen und dann so etwas. Was auch immer die genauen Beweggründe für den Abschied waren, er hinterlässt eine schmerzhafte Lücke und trotz aller Mühe werden Sleater-Kinney (ähnlich wie die Pixies nach dem Abgang von Kim Deal) nicht mehr die selben sein (können). Tröstlich vielleicht, dass von der künftigen Platte "The Center Won't Hold" nun der Titelsong geteilt wurde.

Update: Und weiter geht es - hier kommt das Lyric-Video zur neuesten Auskopplung "Can I Go On".



Dienstag, 30. Juli 2019

Sleaford Mods: Kleine Bühne, große Wirkung

Ein sehr ungewöhnliches Konzert- bzw. Musikerlebnis gibt es derzeit wieder mal bei ARTE zu sehen. Seit ein paar Stunden endlich online abrufbar ist ein gut fünfundvierzigminütiger Film aus der Reihe "Release Party". Dahinter verbirgt sich die Idee, Künstler und ihr aktuelles Album in besonderem Rahmen zu präsentieren - hier die Sleaford Mods und deren fabelhafte Platte "Eton Alive". Kleine szenische Einspieler wechseln mit Livebildern vor ausgewähltem Publikum in einer alten Fabrikhalle, alle Schauspieler finden sich nach und nach unter den Zuschauern wieder. Jason Williamson und Andrew Fearn dagegen in den gewohnten Rollen - der eine mit breitem Grinsen und Bierflasche in Hüfthöhe, der andere als Tänzer und Animateur, kleine Flirts mit der Kamera, sparsame Gestik diesmal. Thematisch dreht sich das Storybook um Gewalt, Emotionen, Diskussionen, dass der Film nur in französisch zu haben ist, stört kaum, denn die Songs kommen ohnehin ungefiltert. Nicht das Übliche und deshalb unbedingt sehenswert - für Fans ohnehin ein Muss.

GHUM: Weit verzweigt

Ha, da haben wir gestern noch von der global agierenden Band Ora The Molecule und ihrem geschmeidigen LoFi-Pop geschwärmt, da kommt am Tag danach eine Band daher, die zwar musikalisch ein komplett anderes Feld beackert, dafür aber das Wort "global" gleich mal noch eine Dimension weiterdreht. Die Mitarbeiterinnen des Londoner All-Girl-Quartetts GHUM nämlich kennen gleich vier Kontinente bzw. Nationalitäten als da wären Europa (Spanien), Südamerika (Brasilien), Südostasien (Malaysia) und - naja, eben eine schwer definierbare Insel namens Großbritannien. Spaß beiseite - das gilt im Übrigen auch für die düsteren Post-Punk-Klänge der Formation, Ende Juni ist ihre zweite EP "The Coldest Fire" erschienen, von dieser stammt der Track "Saturn", der seit einem Tag auch ein Video hat.



Angel Olsen: Die dunkle Seite

Wenn eine Frau ein sicheres Gespür für große Popmomente hat, dann sie: Angel Olsen, amerikanische Songwriterin aus St. Louis, Missouri, hat gerade ihr drittes Album für das Label Jagjaguwar angekündigt - "All Mirrors" folgt "My Woman" aus dem Jahr 2016 und soll am 4. Oktober erscheinen. Wie sie selbst sagt, geht es darauf einmal mehr darum, die eigene, dunkle Seite zu erkennen und Veränderungen zu akzeptieren, auch wenn sie einem fremd erscheinen. Das Video zum Titelsong hat Olsen gemeinsam mit Ashley Connor gedreht, für die sie schon diverse Male in ihrer Karriere vor der Kamera stand, eine kurze Tour durch Deutschland ist erfreulicherweise für das kommende Jahr auch schon terminiert.

29.01.  München, Kammerspiele
30.01.  Berlin, Huxleys Neue Welt
05.02.  Hamburg, Gruenspan

Iggy Pop: Einer wie keiner [Update]

Wer sich in den letzten Tagen (man kam ja kaum daran vorbei) vermehrt mit dem eigenen Alterungsprozess, also genauer mit der FaceApp, beschäftigt hat, der wird, zumindest wenn er männlichen Geschlechts ist, festgestellt haben, dass diese Applikation durchaus auch Looking Like Iggy heißen könnte. Das soll jetzt gar nicht despektierlich sein, aber die Zeit und der Lebenswandel haben dem Urahn des Punk bekanntlich so viele markante Linien ins Gesicht geschrieben, dass dieses fast schon als Blaupause für alle gealterten Rockstars gelten darf. Dennoch muss man hier mit einiger Hochachtung bemerken, dass wohl kaum ein anderer seines Alters, mal abgesehen vom noch etwas reiferen Mick Jagger, eine derart bewundernswerte Konstitution und Energie vorweisen kann. Was die Nachricht von der neuerlichen Veröffentlichung eines Albums nur unterstreicht. Seine letzte Soloarbeit "Pop Post Depression" datiert ja auf das Jahr 2016, damals hatte er zusammen mit Josh Homme und den Herren Fertita und Helders mächtig Krawall gemacht - das angekündigte "Free" (VÖ 6. September) soll nun etwas anders werden. Er selbst sagt, es sprächen auf dieser Platte andere Künstler, er habe nur seine Stimme beigesteuert - hört man sich den kurzen Titeltrack an, dann stehen uns wohl einige Überraschungen bevor. Wohl dem, der das in solchem Alter noch von vorweisen kann.

Update: Heute kommt mit "James Bond" eine neue Kostprobe vom Album - irgendwie passend zum Boulevard-Thema der vergangenen Woche...



Montag, 29. Juli 2019

Ora The Molecule: Andere Zeiten

Das ist ja immer lustig, wenn man merkt, wie die Zeiten sich geändert haben: Wenn man früher Avantgarde-Pop angepriesen bekam, konnte man sich ziemlich sicher sein, dass das, was es zu hören gab, eher unhörbar war. Ehrensache halt. Heute sieht die Sache anders aus - Avantgarde darf jetzt gern auch mal extracreamy sein, verspielt, anschmiegsam, so in etwa. Was uns auf direktem Weg zu einem sehr interessanten Trio namens Ora The Molecule führt. Dieses besteht, maximal global, aus der norwegischen Sängerin Nora Schjederup, der slowakischen Drummerin Sju Smatanova und dem Deutschen Jan Blumentrath. Vor einem Monat haben die drei ihre EP "Sugar" veröffentlicht, darauf findet sich neben dem Titelssong noch drei weitere Tracks - heute nun kommt mit "Salé" quasi das programmatische Gegenstück, gewürzmäßig betrachtet. Mit der Musik sollte man schnell warm werden, schließlich ist der LoFi-Pop höchst eingängig, sind die Vocals weich und die synthetischen Melodien überaus verführerisch. Und wen(n) sie ein wenig an den Ethnosound von Deep Forest erinnern - who cares?







Samstag, 27. Juli 2019

Dicht und Ergreifend: Schick di, Oida!

Wie, noch kein Ticket?! Da bist du aber spät dran. Denn auch wenn's noch was hin ist zum großen Saisonfinale in der Olympiahalle - die Dinger gehen raus wie nix. Dicht und Ergreifend, die wohl unterhaltsamste Verbindung zwischen Niederbayern und Berlin, werden am 26. Oktober in München das Abschlußkonzert ihrer Tournee zum Album "Ghetto Mi Nix O" unter dem Titel "Das letzte Abendmahl" spielen. Und als Erinnerung haben George Urquell, Lef Dutti und Kollegen gerade den neuen Track "Wer schwankt hod mehr vom Weg" gepostet. Und damit gleich das Video der Woche, denn zum wiederholten Male gibt es zu satten Beats und remarkable Rhymes herrlich verrückte Bilder nebst Rabbi, Dragqueens, Kiffern und sonstigen fertigen meint lustigen Gestalten.

25.07.  Ludwigsburg, SCALA
26.07.  Rothenfels, Schere Stein Papier Festival
27.07.  Oberammergau, Heimatsoundfestival
02.08.  Eching, Brass Wiesn Festival 2019
10.08.  Aichach, Stereostrand Festival
17.08.  Obertraubling, Airport Open Air
22.08.  Jena, Kulturarena
23.08.  Lembach, Lembach Open Air
24.08.  Eggenfelden, Gern Geschehen Festival
25.08.  Appenzell, CLANX Festival 2019
14.09.  Pyras, Hopfenpflücker Festival
21.09.  Baden, Werkk
26.09.  Erlangen, E-Werk
27.09.  Schaffhausen, TapTab
28.09.  Solothurn, Kofmehl
02.10.  Berlin, LIDO
11.10.  Wien, FLEX
12.10.  Salzburg, Rockhouse
26.10.  München, Olympiahalle

Freitag, 26. Juli 2019

Dirk Darmstaedter: Zweimal alte Liebe

Ein Post in Vorbereitung und das Lied einer großen Liebe: Dirk Darmstaedter, Ex-Vorstandsmitglied der Jeremy Days und ausdauernder Solomusiker, hat eine neue Platte fertig. "Strange Companions", der Nachfolger zur letzten Veröffentlichung "Beautiful Criminals" aus dem Jahr 2016, soll mit zehn Stücken am 16. August bei Beg Steal And Borrow Records erscheinen, als erste Auskopplung präsentiert der gebürtige Hamburger einen auch visuell in Szene gesetzten Homecoming-Song "Wilhelmsburg", den Stadtteil, wo er heute noch immer lebt und an dem das Herz des leicht ergrauten Mittfünfzigers hängt. Was uns bei der Platte erwartet? Nun, Darmstaedter spricht im Vorfeld von seiner Lust am Experimentieren, Ausprobieren, von neuen Stilen, Instrumenten und davon, dass er sich nicht um den großen Kontext scheren musste. Bevor er seinen Anhängern im Frühjahr 2020 das Ergebnis auf Livetournee präsentiert, sind aber erst mal die alten Hits dran, denn schon Ende November wird er gemeinsam mit seinen früheren Kollegen unter der Überschrift "The Unlikely Return" ein Comeback der Jeremy Days feiern.

22.11.  München, Ampere
23.11.  Berlin, Lido
24.11.  Hamburg, Gruenspan
26.11.  Hannover, Musikzentrum
27.11.  Bochum, Zeche
29.11.  Köln, Stollwerck
30.11.  Frankfurt, Zoom
01.12.  Stuttgart, Wizemann




Faber: Bis an die Schmerzgrenze [Update]

Jeden Tag wird neu durchbuchstabiert und jeden Tag kommen neue Namen dazu: Höcke, Weidel, Strache, Köppel, Blocher, es wird nicht besser. Eher gruseliger. Einen eindringlicheren Soundtrack zur europäischen Sinnkrise und nationalen Deppendämmerung als der Schweizer Faber aka. Julian Pollina haben bislang nur wenige hinbekommen, sein Album "Sei ein Faber im Wind" sucht heute, zwei Jahre nach Erscheinen, noch seinesgleichen. Und findet es vielleicht schon in der nächsten Platte des Liedermachers. "I Fucking Love My Life" wird sie heißen und am 4. November erscheinen, die erste Single "Das Boot ist voll" nimmt einen altbekannten und -berüchtigten Slogan her und geht zitatemäßig an die Schmerzgrenze. Sechszehn neue Songs, Doppelalbum, wir werden also einiges zu hören bekommen. Nur her damit!

Update: Zum Ärger seines Managements hat Faber gerade noch mal was am Text der Single geändert - hier nun also mit Erklärung die neue Version.

"Meine Lieben, das ist eine promotechnische Katastrophe und mein MGMT hät mich fast gemordet dafür. Ich ersetze die erste Single „Das Boot ist voll“ mit einer neuen, stärkeren Version. Das Lied und das Thema liegen mir zu sehr am Herzen um es bei einer Version zu belassen mit der ich nicht absolut zufrieden bin. Vor allem will ich nicht, dass ihr nach so wichtigen Strophen nur noch den Schwanz-Refrain im Kopf habt. Von Herzen vielen Dank für die riesen Unterstützung all die Jahre schon, Fubu."

Gaddafi Gals: Linientreu

Wenn ein Musikprojekt (das klingt jetzt scheusslich) aus Berlin und Wien in Amerika als Trendsetter gefeiert wird, dann kann eigentlich nicht so viel falsch gelaufen sein. Namentlich passiert das gerade den Gaddafi Gals, hochgelobter Hype-Export, gegründet und bevölkert von walter p99 arke$tra, blaq tea (Ebow) und slimgirl fat. Im Jahr 2017 erschien ihre EP "The Death Of Papi", angetreten mit dem Ziel, "to kill Papi-Rap, Mami-RnB and a few other Papis and Mamis". Für ihr Debütalbum "Temple", das am 27. September ins Regal gelangt, gilt weiterhin ihr Anspruch "No labels, no deals, no borders, no nothing" und zwar mit einem Sound, der zugleich "ruff, rugged and raw" klingt. Man muß kein Amerikaner sein, um diese Mischung, die noch dazu mächtig dunkel und geheimnisvoll vibriert, sehr reizvoll zu finden, ihre heute erschienene Single "Hit On Me" mit einem Video von Dominik Backhaus tut ein Übriges dazu, gleiches gilt auch für den etwas früher geposteten Track "Skimask/Mitsubishi". Die Clubtour sollte also eine Pflichtveranstaltung werden.

01.08.  Bern, Ostfest
24.08.  Potsdam, Localize Festival
28.10.  Wien, Das Werk
02.11.  München, folks! Club
03.11.  Stuttgart, Schräglage
04.11.  Köln, Yuca
05.11.  Leipzig, ifz
07.11.  Hamburg, Turmzimmer
08.11.  Berlin, Badehaus




Black Marble: Eins zum anderen

Wenn Veränderung, dann richtig. Hat sich wahrscheinlich auch Chris Stewart gedacht. 2016 hat der Musiker noch gemeinsam mit Ty Kube unter dem Namen Black Marble das Album "It's Immaterial" aufgenommen, nun stemmt er unter gleichem Namen das Projekt allein - und ist auch noch von New York nach Los Angeles gezogen. Anderes Klima, anderer Sound - die erste Single aus der kalifornischen Metropole "One Eye Open" klingt denn auch deutlich luftiger und entspannter und man kommt nicht umhin zu vermuten, das habe mit dem Wohnortwechsel zu tun. Und weil das offenbar noch nicht ausreichte, hat Stewart auch noch bei einem anderen Label unterschrieben, denn die neue Platte "Bigger Than Life" erscheint nun am 25. Oktober via Sacred Bones.





Die Sauna: Drängende Fragen

Was sind denn die drängenden Fragen? Etwa: Trägt der da tatsächlich Schulterpolster unterm Sakko? Vielleicht: Gibt's solche Blumenhemden heute noch/wieder zu kaufen? Oder: Meint er das mit Kreuzerlkette wirklich ernst? Das Video, das uns die Münchner Band Die Sauna da gerade vorsetzt, ist so derbe 90er, dass es in den Augen schmerzt. Glücklicherweise geht einem das mit den Ohren nicht so, soll heißen, der Klang von "Das Ende" ist zwar opulent, aber spannend, vollgepackt mit feinen Melodien, eine Pop-Wall Of Sound zur Abschaffung der Unendlichkeit. Nachdem 2017 ihre Debüt EP "Elektra" erschienen ist und die sechs Herren mit Vorliebe als Tourbegleiter verschiedener Großverdiener gebucht waren, sind sie nun selber dran mit dem Headlinen. Die Langspielplatte wird "So schön wie jetzt war es noch nie" heißen (und enthält auch die letzten beiden bekannten Stücke "Das Geometrische System" und "Der Letzte"), am 30. August bei Buback Tonträger mit Unterstützung von Blickpunkt Pop erscheinen und die Clubtour dazu startet Anfang Oktober.

02.10. Regensburg, Alte Mälzerei 
03.10. Frankfurt, Ponyhof 
04.10. Hannover, LUX 
05.10. Hamburg, Uebel & Gefährlich 
06.10. Berlin, Kantine am Berghain 
11.10. Zürich, Werk 21 
12.10. Freiburg, Räng Teng Teng 
13.10. Stuttgart, clubCANN 
14.10. Düsseldorf, zakk 
15.10. Dresden, GrooveStation 
16.10. Leipzig, Naumanns 
17.10. Nürnberg, Club Stereo 
18.10. Wien, Chelsea 
19.10. München, Ampere 





Donnerstag, 25. Juli 2019

Marika Hackman: Deutungshoheit

Von Marika Hackman haben wir schon einiges gehört, manches geschrieben und wir erwarten uns schlicht Großartiges. Denn wenn eine Musikerin ihren Beruf so radikal interpretiert wie die Songwriterin aus Hampshire, dann nötigt das gewaltigen Respekt ab. Von "Any Human Friend", so der Titel ihrer dritten Platte, haben wir bislang die Stücke "I'm Not Where You Are" und "The One" gehört und gesehen, nun kommt mit "All Night" das dritte daher und in diesem geht es, wie Hackman erzählt, um Sex. Und zwar den zwischen Frauen. Denn, so gibt sie zu Protokoll: "Ich dachte, es wäre aufregend, ein wirklich offenes sexuelles Lied über eine Frau aus der Perspektive einer Frau zu schreiben. Du hörst nicht viel über Sex zwischen Frauen in der Musik, und wenn, dann nur aus einer fetischisierten männlichen Perspektive. Also dachte ich, ich könnte ein wenig davon zurückfordern ..."

B Boys: Hardcore Dadaism

B Boys
„Dudu“

(Captured Tracks)

Es ist nur dieser eine, winzige Bindestrich, aber zwischen diesem und seiner Abwesenheit liegen schlappe fünfunddreißig Jahre Kulturgeschichte. Denn einst (also in den fernen 80ern) gab es in der New Yorker Bronx eine Hip-Hop-Formation namens B-Boys und es ist anzunehmen, dass die Versalie bei ihnen standesgemäß auf den Bezug zum Breakdance hinweisen sollte. Dieser wiederum spielt bei Andrew Kerr, Brendon Avalos und Britton Walker aus dem benachbarten Stadtteil Brooklyn eine wohl eher untergeordnete Rolle, die drei Herren haben sich vielmehr dem schroffen Punkrock verschrieben und als weitergehende Vorbilder nicht Grandmaster Flash oder Afrika Bambaataa, sondern Wire, The Clash und die Talking Heads vermerkt. Auch gut also, aber nicht samesame. In eigenen Worten klingt die Erklärung im Übrigen wie folgt: „Geboren in verschiedenen Zeiten aus wechselnden Zuständen, versammeln sich diese B‘s auf der Astralebene und kanalisieren die individuelle Erfahrung und Weisheit ihrer jeweiligen Ursprungsorte in einer einzigartigen Einheit. Die Abstraktion nimmt die Form eines Dreiecks an: lebendige Gitarrenmelodien, wellenförmige Basslinien, tief wirbelnde Grooves, Klänge, die eine lineare Timeline überschreiten und über mehrere Spektren hinweg zersplittern, ineinandergreifende Vocals, die gekonnt nach oben schwingen und ihre Mantras erklingen lassen…“ Wem das jetzt etwas schwurbelig vorkommt, der darf getrost darauf vertrauen, dass sie mit ihrer Musik weit weniger kompliziert und vertrackt zu Werke gehen. Die Riffs auf dem Debüt „Dada“ und dem aktuellen Nachfolger „Dudu“ sind so geradlinig wie ihre Lyrics, die Gitarren schmirgeln ordentlich laut und die Jungs schreien ihre Sorgen, Nöte und die ganze aufgestaute Wut auf kürzestem Wege – anders kann man es kaum sagen – mitten in die Fresse rein. Viel Abwechslung ist da kaum zu erwarten, die fünfzehn Stücke des Albums beschränken sich fast alle auf das genretypische Sollmaß von zweieinhalb Minuten – Ausreißer das wunderbare „Instant Pace“ und das Doppel „Asleep/Awake“. Ansonsten: Gib ihm. Hardcore Dadaismus, die Welt kann so einfach sein.

08.11.  Neuchatel, Case a Choc
15.11.  Berlin, Schokoladen



Mittwoch, 24. Juli 2019

bülow: Neue Wege gehen

Klingt so deutsch, isses aber nicht mehr. Megan Bülow ist zwar tatsächlich in Deutschland geboren, hat aber rein wohntechnisch mit dem Land nicht mehr so viel am Hut. Denn aufgewachsen ist die mittlerweile knapp Zwanzigjährige in England, den USA, Kanada und den Niederlanden, wo sie sich auch heute noch am meisten aufhält. Den internationalen Durchbruch schaffte sie mit dem feinen Poptune "Not A Love Song", ihre aktuelle 7-Track-EP "Crystalline" (April 2019) bescherte ihr dann jede Menge Lob und große Tourneen. Von dieser stammen die aktuellen Songs "Sweet Little Lies", "Get Stüpid" und "FINE", das gerade ein hübsches Schwarz-Weiß-Video bekommen hat. Am Erscheinungs- und Klangbild hat das Mädchen einiges gedreht, alles wirkt jetzt eine Spur weniger glatt, gern ist mal etwas Nerdiges, Lässiges und oder auch Unangepasstes dabei. Bleibt also spannend, die Reise.





Nick Cave: Der einzige Weg

Es wird ja in der letzten Zeit sehr oft und wohl auch zu Recht darüber gestritten, ob und wie man mit Leuten redet, mit denen eigentlich nicht zu reden ist. Das geht, schaut man in den deutschen Osten und Westen, gern mal daneben, gelingt aber an anderer Stelle auch wieder mal. Ohnehin ist ernstgemeinte Kommunikation nicht per se schmerzfrei, denn dazu gehören Dinge wie Zuhören (eben auch wenn es weh tut), Aus- und Gegenhalten. Binsenweisheiten. Trotzdem - wer wissen möchte, wie man das klug und trotzdem geradlinig hinbekommt, der darf dieser Tage mal in den Red Hand Files von Nick Cave nachblättern (oder seine Conversation-Tour besuchen), einer Art fortgeschriebener Onlinekolumne, die sich aus Wortbeiträgen des Sängers und seiner Fans speist. Gerade hat sich dort ein Anhänger namens George in sehr abschätziger Form über Caves weibliche Konzertbesucher geäußert und wiewohl man Caves Meinung darüber zu kennen glaubt, äußert sich dieser lehrbuch- und vorbildhaft, und dennoch sehr klar. Hier ein Auszug, den Rest unbedingt selbst nachlesen.

“So, in the interests of free speech, George, I have given you a platform. However, and I am speculating here, I think that probably ninety-nine percent of the people who read your question will think that you are being, well, a bit of an asshole. I could be wrong. It could be more. Now, you may say “So what? No one knows who I am. How can this possibly hurt me?” You may say that. But you would be wrong. I do not believe that your anonymity protects you, any more than I believe the anonymity of the hate trolls on social media protects them. I feel that there are psychic pathways that exist between us all, and that the negativity we create eventually finds its way back to us. … There is always room to evolve, to become better at being human, and to advance the common cause of humanity and civility – this applies not just to you, George, but to me too and, indeed, to all of us. With love, Nick”. 

DJ Shadow vs. De La Soul: Traumhochzeit

Smells like Traumhochzeit again: Wenn sich zwei wirkliche Schwergewichte zusammentun, ist das zwar kein Garant für einen Erfolg, manchmal kommt aber auch etwas richtig Gutes dabei heraus. So geschehen beim aktuellen Joint Venture zwischen DJ Shadow und der Rap-Kolchose De La Soul. Nachdem der Plattendreher (unzulässige Untertreibung) vor drei Jahren mit seinem Album "The Mountain Will Fall" eine grandiose Rückkehr gefeiert hat, steht diese nun offensichtlich wieder an, "Rocket Fuel" läßt jedenfalls die größten Hoffnungen sprießen.

Metronomy: Lieblingskinder des Pop [Update]

Sie sprudeln und sprudeln vor Schaffensfreude, die Briten. Kein Tag ohne eine neue Meldung, dass dieser oder jene eine neue Platte ankündigt, man hat fast den Eindruck, die bedauernswerten Zustände im Land treiben die Kreativen zu neuen Höchstleistungen. So auch Metronomy, diese popverliebte, kluge Band um Sänger und Songschreiber Joseph Mount. Vor einigen Wochen ist ja schon das erste Lebenszeichen in Form der Single "Lately" erschienen, nun kommt die zweite "Salted Caramel Ice Cream" samt Video hinterher, flankiert von der Nachricht, dass den beiden letzten Alben "Love Letters" (2014) und "Summer 08" (2016) am 13. September "Metronomy Forever" folgen soll. Ach ja, wer das fühlen will, sollte die anstehenden Livetermine nicht verpassen, vielleicht steht ja auch ein Eiswagen vor Ort.

21.10.  München, Tonhalle
22.10.  Köln, Carlswerk
23.10.  Hamburg, Docks
24.10.  Berlin, Columbiahalle
26.10.  Offenbach, Capitol

Update: Wir erhöhen die Vorfreude um ein weiteres Stück - hier kommt "Walking In The Dark".







FEET: Einfach mal Spaß haben

Wer zu Tagesbeginn aber eher einen Wachmacher braucht, dem ist vielleicht mit dem Punk-Kollektiv FEET aus dem englischen Coventry geholfen. Für ihre beiden letzten Singles "Ad Blue" und "English Weather" haben die vier Jungs schon alles erdenkliche Lob von den bekannten Radiostationen und Webportalen des Landes bekommen, nun folgt mit "Outer Rim" der dritte Streich. Und der zeigt einmal mehr ein weiteres Plus der Truppe, nämlich die Lust an der witzigen Geschichte, gepaart mit Freude an der Verkleidung ohne Angst, sich auch mal lächerlich zu machen. Das Album der Burschen wird am 4. Oktober bei Clapped Records erscheinen und den wunderbaren Titel "What's Inside Is More Than Just Ham" tragen. Haben wir ja schon immer gewußt...





Dienstag, 23. Juli 2019

Ganser: To burn yourself clean

Der erste Eindruck bleibt einem für immer: Als Ganser vor drei Jahren (zumindest hier) auf dem Bildschirm erschienen, war es vor allem der Name, der einen faszinierte und sogleich zur Kurzrecherche animierte, vorwiegend männliches Krankheitsbild, Psyeudodebilität, hysterischer Dämmerzustand, was Wikipedia dazu ausspuckte, war so eigenartig wie der Sound der Band aus Chicago selbst. Und man war sofort dabei, der wunderbaren Single "Phyrrhic Victory" verfallen, kein Entkommen mehr. Das Debüt "Odd Talk" dann im vergangenen Jahr löste das Versprechen, das die vier mit ihren Songs gegeben hatten, mehr als ein - ein beeindruckendes, ja faszinierendes Dokument von Zerrissenheit, Selbstzweifel, Ruhelosigkeit, Leidenschaft. Und sie haben weiter gemacht. Erst der Nachtrag "Pastel" und nun, entstanden im Rahmen der Aufnahmesessions für ein weiteres Album, der neue Song "Bad Form".

Erster Eindruck: Vom Spannungsfeld aus roher, vibrierender Energie und tief verwurzelter, manchmal sprachloser Skepsis bis zur Selbstverleugnung ist nichts verloren gegangen. Der Text des Stückes spricht für sich, zeigt die große Sehnsucht nach Erkenntnis und Reinigung, der Blick in die gnadenlos brennende Sonne "to burn yourself clean", wie es in den Linernotes so treffend heißt. Bassistin Alicia Gaines (die während der letzten Monate auch noch das Rauchen aufgegeben hat und zugegebenermaßen der zweite Grund ist, der diese Band so unverwechselbar macht) hat für das Netzportal Talkhouse ein sehr lesenswertes Essay über das Stück und die Zusammenarbeit mit Regisseurin Kirsten Miccoli geschrieben, bald werden die vier auf dem Riot Fest in ihrer Heimatstadt spielen - hoffen wir mal, dass Ganser auch bald mal in Deutschland zu sehen sein werden.



Sonntag, 21. Juli 2019

Working Men's Club: Hoffnungsvoller Deal

Nicht ganz so überraschend startet unser wöchentlicher Sonntagsausflug auf der britischen Insel, und zwar bei einem noch sehr jungen Post-Punk-Quartett namens Working Men's Club. Dazu gehören Sänger und Gitarrist Sydney Minsky-Sargeant, Giulia Bonometti, Jake Bogacki und Liam Ogburn, allesamt aus dem nordenglischen West Yorkshire. Die Liste der Bands, für die der WMC in den letzten Monaten eröffnet hat, ist lang - The Brian Joneston Massacre finden sich dort ebenso wie die Fat White Famliy und bald steht die nächste Tour mit Bodega auf dem Programm. Vor der Veröffentlichung ihrer neuen Single "Teeth" haben sie einen Deal mit Heavenly Recordings unterschrieben und sind nun guter Dinge, dass ihre trockenen Beats bald das verdientermaßen größere Publikum finden. Ganz eurer Meinung!

Balagan: Verrückt in Berlin

Jetzt mal ein Abstecher nach Berlin: Auch wenn die Mitglieder von Balagan aus allen Teilen der Welt stammen, liegt ihre Wahlheimat dennoch an der Spree. Das Trio spielt eine sehr lautstarke und elektrisierende Mischung aus Psychedelic und Fuzzrock und liebt dazu die Irritation. Ihre letzte Single, die Anfang Mai erschienen ist, nannte sich "I Live With A Man", im Video stolpern reichlich abgedrehte Personen durch Tag und Nacht und haben dabei offenkundig mächtig viel Spaß. Jetzt kommt der zweite Streich hinterher und auch "Tree" wird von einem Kurzfilm begleitet, diesmal als leuchtend buntes Farbenspiel angelegt. Ihre EP "A Mess #2" ist Ende Juni bei Duchess Box Records erschienen.



Gauche: Aus der Tiefe des Raumes

Aus New York nach Washington. Dort waren vor einiger Zeit auch Bikini Kill, der Inbegriff des Riot-Grrrl-Punk, auf ihrer Reunion-Tour zu Gast, und von dort brachten sie auch einen ihrer Supports mit, die fünfköpfige Formation Gauche, die laut Selbstauskunft auf eine erstaunliche Vita zurückblicken können: "Gauche was forged in the fires of the mighty Pompeii millions of years ago, then fossilized until a northern wind carried Her to the sea where She was discovered by a young Boi in a small unnamed fishing village on the Mediterranean coast. Boi was killed instantaneously upon contact with Gauche and upon death became an animated vessel for the transfer of the Gauche seed. Undead Boi became Undead Womyn and gave birth to the six Soldiers that comprise the bands current lineup." Daniele, Mary, Laurie, Adrienne, Jason und Perry haben dann viel Musik aufgenommen, so auch ihr Album "A People's History Of Gauche". Von diesem stammt auch die Single "Dirty Jacket", zu der es jetzt ein hübsches Video gibt



Easy Life: Gar nicht so einfach

Zum Abschluss wieder zurück in England: Murray Matravers und seine Band Easy Life teilen eine Eigenschaft mit einer anderen Band, die hier schon im Rahmen der Sunday Spotlights zu hören war. Denn genau wie Squid haben sie einen Song namens "Houseplants" veröffentlicht. Doch während die einen aus London kommen, stammen Easy Life aus dem Fussballwunderort Leicester. Und sind eher dem Hip-Hop als dem Post-Punk verpflichtet. Ihre neue Single "Earth" hat noch dazu einen ziemlich aktuellen Hintergrund, denn die Jungs wissen, dass life zuweilen gar nicht so easy ist, vor allem, wenn man als Küsten- und/oder Meeresbewohner mit dem Plastikmüll unserer Zivilisation konfrontiert ist. Deshalb haben sie gemeinsam mit Regisseurin Sophie Muller (Coldplay, Beyoncé, London Grammar) in Marokko ein Video zum Thema gedreht.



Freitag, 19. Juli 2019

Brittany Howard: Die beste aller Antworten

Dieser Tage geht die Suche nach dem Sommerhit des Jahres in die nächste, vielleicht entscheidende Runde und wer Bestseller nicht verachtet und trotzdem Geschmack hat, für den ist an "Old Town Road" von Lil Nas X und Billy Ray Cyrus kaum ein Vorbeikommen. Einen Alternativvorschlag, gerade eingetroffen, haben wir dann aber doch noch: Denn so viel positive Vibes wie Brittany Howards "Stay High" hat ein Song dieser Tage noch selten gehabt (ihre nächste Single nach "History Repeats" aus dem künftigen Album "Jaime"). Alles swingt hier, alles federt im Takt und wer eine kluge und starke Antwort auf die Tiraden des wildgewordenen Rassisten sucht, der seit ein paar Jahren das höchste Amt im Staate USA nachdrücklich zugrunde richtet, der nehme am besten diesen Song. Die Hauptperson im Video von Kim Gehrig spielt übrigens via lip sync Schauspieler und Football-Star Terry Crews - zur best summer tune auch noch eine Bestbesetzung.

Charli XCX feat. CHRIS: Der Pop von heute

Gibt ja durchaus Menschen, die bei zu viel Pop lieber abwinken - alles gut und schön, nun reiche es dann aber auch. Klingt irgendwie nach vorgestern. Denn mit der Zeit haben sich mit den Ansprüchen auch die Inhalte verschoben, nicht überall da, wo gut gestylte Tanzmucke draufsteht, haben die Macher/innen auch zwangsweise das Hirn ausgeschaltet. Gerade in Sachen Queer und Gender ist so einiges in den Charts zu finden, was weder mittelmäßig noch beliebig und schon gar nicht meinungsfrei ist, hier sind im Gegenteil viel Qualität und Ambition unterwegs. Zum Beispiel Charli XCX. Die Britin treibt gerade die Promo für ihr drittes Album "Charli" voran, bislang erschienen feine Kollaborationen mit Troye Sivan ("1999") und Lizzo ("Blame It On Your Love"), nun kommt zu unser aller Freude die bislang nur live aufgeführte Single "Gone" zusammen mit Héloïse Adelaide Letissier aka. CHRIS von Christine And The Queens in Umlauf. Und zwar mit hübschem Bondage-Video (naja, so etwas Ähnliches jedenfalls), kann ruhig so weitergehen - die ganze Platte kommt am 13. September.





Miya Folick: Schwierige Suche [Update]

Noch mal ein kurzer Rückblick auf das vergangene Jahr, geprägt wie keines davor von herausragenden Platten vornehmlich weiblicher Künstlerinnen. Eine davon: Miya Folick. Ihr Album "Premonitions" lieferte beides - kraftvollen Dancepop und nachdenkliche Songs, im besten Falle gleich beides in einem. Heute nun teilt die Amerikanerin mit russisch/japanischen Wurzeln einen neuen, nicht auf dem Debüt befindlichen Song namens "Malibu Barbie". Der Song, so sagt sie ihrem Label, handelt von ihrer Suche nach der eigenen Weiblichkeit, nach dem Sinn von körperlicher Perfektion und der Erkenntnis, dass diese das innere Selbst nicht ändert. Die Suche nach Erfüllung
geht für sie weiter - und: "Who I am is not a place at which I can arrive."

Update: Und hier das Video zur Single - gedreht von Ariel Fisher.



Adam Green: Altmeister [Update]

Ups, ist da wer? Na den kennten wir doch, irgendwie, irgendwoher. Tatsache, der olle Adam Green! Hatte man aus dem Blick verloren, irgendwann. Es gab noch ein paar Alben nach denen, die in der WG hoch- und runtergelaufen sind vor zehn Jahren, aber so richtig interessiert hat's keinen mehr. Nichtsdestotrotz (Lieblingswort) hat der ehemals junge, jetzt etwas ältere Mann eine neue Platte aufgenommen, "Engine Of Paradise" heißt sie und soll sich stimmungsmäßig an seine Anti-Folk-Zeiten der beginnenden Zweitausender anlehnen. Florence Welch (ohne ihre Machine), James Richardson (MGMT) und Jonathan Rado (Foxygen) haben wohl mitgeholfen, die erste Single "Freeze My Love" klingt denn auch mal nicht so übel. Am 6. September, dem Tag der VÖ, soll im Übrigen auch noch ein Buch des Vorzeigeslackers erscheinen, eine Graphic Novel namens "War And Paradise". Werden wir weiter beobachten, vielleicht geht ja noch was.

28.10.  Hamburg, Stage Club
29.10.  Berlin, Bi Nuu

Update: Das komplette Gegenteil zum quietschbunten Video der ersten Single heute mit den Aufnahmen zu "Cheating On A Stranger" - mittelalterliche Kulisse, grobkörniges Schwarz/Weiß, alles sehr ernsthaft hier.





Ceremony: Anhaltend konsequent [Update]

Wenn man weiß, woher sie kamen, dann ist ihre Entwicklung noch immer erstaunlich: Gleich in der Kopfzeile des Eintrags der kalifornischen Formation Ceremony steht noch "punk band" vermerkt, diese Klassifizierung werden sie wohl mit ihrem neuen Album endgültig kündigen müssen. Schon für den Vorgänger "The L-Shaped Man" aus dem Jahr 2015 hätte ein Post- davor gemusst, waren plötzlich Wire, New Order und Gang Of Four die Soundpaten, wo früher infernalischer Krach den Ton bestimmte. Nun soll also am 23. August "In The Spirit World Now" erscheinen und der erste Ausblick "Turn Away The Bad Thing" darf schon mal als Warnung gelten.

Update: Die Irritationen halten an - auch mit dem Titelsong (und dazugehörigen Video von Muted Widows) bleiben Ceremony unkalkulierbar.





Dienstag, 16. Juli 2019

Automatic: Beste Voraussetzungen

Und noch eine Neuheitenmeldung für den heutigen Tag: Die drei Damen von Automatic hatten wir hier mit ihrem ziemlich skurrilen Werksvideo zur Single "Calling It" bereits vorgestellt, daß die Musik von Izzy Glaudini (Synths, Vocals), Lola Dompé (Drums, Vocals) und Halle Saxon (Bass, Vocals) kühl und reizvoll ist, wußten wir also schon. Nun dürfen wir für den 27. September via Stones Throw das Erscheinen ihres Debüts "Signal" verkünden, was die Band wiederum mit dem neuen Song "Too Much Money" feiert. Und ein Paar Konzerttermine gibt es heute auch noch. Zwei kleine Geschichten noch am Rande, die in der Vita des Trios zu finden waren - der Bandname geht auf einen Song der kalifornischen Go-Go's zurück (Belinda Carlisle, you know?), der einzigen All-Girl-Formation ever, die ein komplettes Album geschrieben und auf Platz 1 der amerikanischen Charts platziert hat. Und nicht nur dass Lola Dompé's Großmutter die Eigentümerin einer alten Alu-Bude (siehe oben) ist, ihr Vater Kevin Haskins war lange Zeit Schlagzeuger bei Bauhaus. Na, wenn das mal keine Vorschusslorbeeren sind.

27.10.  Hamburg, Goldener Salon
28.10.  Berlin, Urban Spree

Squid: Nachgelegt

Kürzlich hatten wir die britische Post-Punk-Band Squid noch mit dem österreichischen Kabarettisten Josef Hader in Verbindung gebracht, etwas abwegig, das geben wir gern zu, aber ihre Topfpflanzenhommage lud einfach dazu ein. Heute kündigen die fünf Herren aus London eine neue EP mit dem Titel "Town Centre" an, darauf werden sich neben der aktuellen Single "The Cleaner" (Spiellänge schlappe siebeneinhalb Minuten!) noch drei weitere Songs befinden, erscheinen soll sie am 6. September bei Speedy Wunderground.

Wilco: Nicht zu toppen

Die letzten Nachrichten? Waren nicht wenige: Jeff Tweedy mit einem Soloalbum, dazu ganz aktuell ein Tribute-Sampler zum All-Time-Liebling "Yankee Hotel Foxtrot", dessen Erlöse zugunsten der Aids Foundation Chicago gehen und worauf sich Bands wie Meat Wave, Adult Mom und Slow Mass finden. Nicht zu vergleichen allerdings mit der Ankündigung einer neuen Platte. Und die kommt nun also hier: Wilco werden am 4. Oktober als Nachfolger von "Schmilco" ihr nächstes Werk "Ode To Joy" veröffentlichen, begleitet von einer anständigen Tournee (mit drei Deutschlandterminen) und einer ersten Single namens "Love Is Everywhere (Beware)". Noch Fragen?

12.09.  Berlin, Tempodrom
13.09.  Köln, Carlswerk Victoria
14.09.  Hamburg, Elbphilharmonie
18.09.  Zürich, Volkshaus

Frankie Cosmos: Treuepunkte [Update]

Das wird die vielen freuen, die sich mit dem entspannten Gitarrenpop der Band über die Jahre vertraut gemacht haben und Gefallen daran fanden, mit welcher Leichtigkeit Greta Simone Kline solch feine Songs aus dem Ärmel zu schütteln scheint: Frankie Cosmos, von denen wir hier reden, haben sich nicht erst im vergangenen Jahr mit ihrem Album "Vessel" eine treue Anhängerschaft aufgebaut, es ist davon auszugehen, dass diese mit dem gerade angekündigten "Close It Quietly" nicht von der Fahne gehen wird. Am 6. September soll also ihre vierte Studioplatte bei Sub Pop Records erscheinen, begleitet wird sie von auserlesenen Liveterminen und der ersten Single "Windows" samt Videoclip.

08.10.  München, Heppel und Ettlich
09.10.  Wien, Chelsea
11.10.  Köln, MTC

Update: Und hier kommt dann mit "Rings (On A Tree)" eine zweite Single vom Album.





Montag, 15. Juli 2019

Idles: Einstecken und Austeilen

Das ist jetzt eine willkommene Gelegenheit, nochmals auf die unglaublichen Live-Quailitäten der Punktruppe Idles aus Bristol hinzuweisen, auch wenn vorerst keine deutschen Termine mehr ins Land stehen. Vor einigen Tagen ging ja das legendäre Glastonbury Festival von Bauer Michael Eavis über die Bühnen und natürlich gab es auch in diesem Jahr wieder einige atemberaubende Auftritte, die sogar einen sonst seelenlosen Videostream lohnen. Da wäre zum einen der Gig von Grime-Rapper Stormzy und eben vor allem das unglaublich intensive Konzert von Joe Talbot und Kollegen. Viel besser kann man einen Termin bei Tageslicht nicht hinbekommen, in Sachen Emotionalität läßt er sich ohnehin (wie gesagt, reinschauen!) kaum toppen. Und die Gelegenheit - btw. - die Idles haben heute ein Video zu ihrer Single "Never Fight A Man With A Perm" veröffentlicht, der Illustrator Russell Taysom hat den herrlichen Splatter-Fight Talbot vs. Barry Fiffa und Timmy Thyroid gemalt, der dann doch recht überraschend endet.

PS: Im Netz gibt es übrigens eine eigene Petition, um Michael Eavis zum Ritter schlagen zu lassen - aus Gründen.



Babeheaven: Unüberhörbar

Nein, wir werden nicht müde werden, die Musik der wunderbaren Band Babeheaven hier offensiv anzupreisen. Dafür ist die Stimme von Nancy Anderson einfach zu smooth und der Sound von Jamie Travis zu eingängig. Zu Beginn dieses Jahres gab es von den beiden ja schon die EP "Circles" zu hören, nun ist von einem Debütalbum noch in dieser Saison die Rede (siehe Clash Magazin), eingeleitet wird diese erfreuliche Nachricht mit der bezaubernden Single "Jalisco". Das Video stammt von Saorla Houston, die Maniküre lieferte Sylvie Macmillan.

Sonntag, 14. Juli 2019

FUR: The fabulous four

Bei dem britischen Quartett FUR ist es eher die sehr spezielle Frisur von Sänger Will Murray, die einem zuerst ins Auge fällt. Vermutungen, Murray habe eine große Affinität zur Musik der 60er und 70er, lassen sich mit solch einem außergewöhnlichen Schnitt wohl kaum von der Hand weisen. Und erhärten sich sofort, hört man sich ein paar Songs der Band an - hier jangled und swingt alles ganz wunderbar, so daß es schwer wird, sich dem Beat zu entziehen. Vor vier Jahren starteten FUR mit ein paar Singles (die man sich bei Soundcloud anhören kann), es folgten einige hübsche Videos und eine selbstbetitelte EP Anfang dieses Jahres. Und nun also mit "Nothing (Until Something Else Comes Along)" eine erste neue Single. Merke: Die Frisur sitzt weiterhin, der Sound stimmt, wir dürfen gespannt sein.





Lola Marsh: Echokammer

Nach Israel hat uns unsere Perlentaucherei noch selten geführt, doch diese beiden lohnen die lange Anreise: Das Duo Lola Marsh kommt aus Tel Aviv und besteht aus Sängerin Yael Shoshana Cohen und Multiinstrumentalist Gil Landau. Für das Video zu ihrer neuen Single "Echoes" haben sie mit Regisseur Indy Hait zusammengearbeitet und eine verblüffende Lookalike-Choreografie erarbeitet, die zeitversetzt, eben wie ein Echo, agiert. Live treten die beiden übrigens mit einer Gruppe erstklassiger Musiker auf, wer sie in diesem Sommer bzw. Herbst sehen möchte, sollte sich die folgenden Termine notieren.

22.08.  Hamburg, Sommer in Altona
23.08.  Pütnitz am See, About You Pangea
11.10.  Wien, Rote Bar
12.10.  Nürnberg, Nürnberg Pop
18.10.  Basel, Sommercasino

Samstag, 13. Juli 2019

IDER: Emotionaler Imperativ

IDER
„Emotional Education“
(Glassnote)

Okay, Björn und Benny stören bei der Geschichte jetzt etwas. Aber wenn man über Großbuchstaben (für Freunde des Latinums: Versalien) in Bandnamen reden möchte, dann darf man natürlich ABBA nicht unter den Tisch fallen lassen. Sei’s drum, in der neueren Geschichte sind die dicken Lettern jedenfalls wieder sehr in Mode gekommen und zwar auffällig oft bei Formationen, die nur aus Frauen bestehen. Die Geschwister HAIM haben damit angefangen, vor ein paar Jahren legte das kalifornische Queer-Pop-Trio MUNA mit seinem Debüt „About U“ die Messlatte auf eine neue und beachtliche Höhe. Nun kommen IDER aus London und wie bei den beiden anderen Beispielen darf man die Schreibweise gern als eine Art Imperativ, als Ausrufezeichen verstanden wissen. Als Ausdruck des Selbstverständnisses, mit dem sich weibliche Künstler mittlerweile im noch immer männlich dominierten Musikbusiness zu bewegen und zu behaupten wissen.



Eben weil sich die Sichtweise endlich entscheidend geändert hat, weil der überwiegende Anteil an innovativen Ideen, Trends und Strömungen female ist – eine Kette, die über die Glieder Holiday, Piaf, Fitzgerald, Callas, Simone, Franklin, Harry, Smith, Ciccone, Knowles bis ins Heute führt und deren Bedeutung und Einfluß mal um mal spürbarer wird, jetzt, da sich tagtäglich neue Namen einreihen. Eine Tradition, der sich sicherlich auch Megan Markwick und Lily Somerville gern anschließen. 2013 schon veröffentlichten IDER ihre ersten Songs, als kurze Zeit später ihre EP „Gut Me Like An Animal“ erschien, hatten sie sich den Status als Geheimtipp schon erarbeitet. Das jetzt erschienene Debütalbum, bestückt mit den Singles der letzten beiden Jahre, sollte ihnen mühelos den nächsten Schritt voranbringen. Denn der facettenreiche, opulente Synthpop, den sie mit ihrem betörenden Doppelgesang und sorgsam eingestreuten Gitarren- und Bläserarrangements veredeln, hat genügend Potential fürs heißhungrige, hitverwöhnte Radio, ohne sich dem Mainstream an den Hals zu werfen.



IDER kommen mit großen Gefühlen, mit Leidenschaft und gelegentlich auch mit zarter Intimität, die Harmonien von „Mirror“ sind ebenso ansteckend wie die großspurigen Bekenntnisse bei „Wu Baby“ packend. Anrührend wiederum, wie sie versuchen, den Ängsten und Befürchtungen entgegenzutreten, die ihrer Generation in die Lebensplanung geschrieben sind: „I'm in my 20s, so I'm panicking every way, I'm so scared of the future, I keep missing today“, heißt es etwa an einer Stelle und weiter: „They keep telling me ‚You've got your whole life ahead of you, baby, don't worry, don't stress, do your best‘ - What if that doesn't save me?“ Emotionaler Höhepunkt dann der Song „Saddest Generation“, dem auch der Albumtitel entlehnt ist – trauriger hat wohl lange niemand mehr darüber gesungen, wie hilflos wir oft in schmerzvoller Erinnerung verharren, wenn wir von anderen Menschen enttäuscht wurden. Wahrscheinlich kennen auch IDER kein Rezept gegen gelegentliches Gefühlschaos. Manchmal hilft es aber auch schon, Musik zu hören, die im gleichen Takt auf und nieder schwingt wie unser eigenes Herz. http://weareider.com/

31.10.  Berlin, Frannz Club
01.11.  Hamburg, Molotow
10.11.  München, Milla

Freitag, 12. Juli 2019

Xul Zolar: Getanztes Drama

Kurz vor dem Wochenende läßt die Domstadt mal wieder von sich hören - und zwar in Sachen Feinkost-Pop: Aus Köln stammt bekanntlich das Quartett Xul Zolar, das im vergangenen Jahr mit dem Debütalbum "Fear Talk" für überraschte Blicke und reichlich Gesprächstoff gesorgt hat. Nun haben die Herren via Asmara Records eine neue EP mit dem Titel "Nightfalls" angekündigt und mit "Perfume" auch gleich eine offizielle Single geteilt (zuvor gab es schon einen ersten Track namens "Even"). Das Video dazu, ein ziemlich dramatischer Tanz, stammt von Stee van Stark, die Solisten sind Marje Hirvonen und Kelvin Kilonzo.

25.09.  Köln, Bumann und Sohn
26.09.  Darmstadt, Schlosskeller
27.09.  Nürnberg, Club Stereo
28.09.  München, Heppel und Ettlich
29.09.  St. Gallen, Grabenhalle
02.10.  Berlin, Berghain Kantine
03.10.  Dresden, Groovestation
04.10.  Leipzig, Moritzbastei
05.10.  Hamburg, Nachtasyl
10.10.  Göttingen, Freihafen
11.10.  Frankfurt, Lotte Lindenberg



Just Friends And Lovers: Dreimal vier plus provokant

Es gilt an dieser Stelle etwas nachzuholen, das zu versäumen mehr als schade wäre: Das kleine Wiener Label Cut Surface hat Mitte Juni ein neues Album der Post-Punk-Kapelle Just Friends And Lovers veröffentlicht - drei mal vier Buchstaben (Vero, Lina und Lena) mit angenehm schiefen, gern auch mal lauten LoFi-Klängen. Seit 2011 machen die drei Damen aus Graz gemeinsame Sache, neben einer Reihe von Samplern, Singles und Kassetten erschien 2013 der Longplayer "What, Colour?", mit "Her Most Criminal Crimes" folgt nun also der zweite. Dass Angst keine Alternative und Provokation ihnen ein Anliegen ist, läßt sich unschwer an dem eigenwilligen Bandfoto oben erkennen, wem der Sound gefällt, der darf sich auch gleich noch ein paar Termine für den Herbst notieren.

28.09.  Darmstadt, tba
30.09.  Berlin, Schokoladen
02.10.  Prag, Kasárna Karlín
03.10.  Nürnberg, Flit Bar
04.10.  Wien, Venster 99





Marika Hackman: To Hell mit Problemzonen [Update]

Sie ist nicht als besonders ängstliche Frau bekannt, dennoch ist dieser Schritt ein beachtlicher: Marika Hackman, britische Songschreiberin, zeigt sich auf dem Cover ihres neuen Albums "Any Human Friend" in ungeschminkter Nacktheit, sie zwingt zum Hinschauen, zur Auseinandersetzung. In Zeiten, da selbst Kinofilme schon nachbearbeitet und -geschönt werden und das Frauenbild in der Musik- und Modebranche noch immer von durchgestylten, geglätteten Normkörpern dominiert wird, ist das ein Schritt, den man ihr nicht hoch genug anrechnen kann. Denn den Mut, sich auf diese Weise der Öffentlichkeit auszusetzen und einen Fick daruf zu geben, was wer als angebliche Problemzonen definiert, traut sich nicht eine jede (und ein jeder schon gleich dreimal nicht), Lena Dunham läßt grüßen. Der Nachfolger von "I'm Not Your Man" (2017) wird am 9. August bei Sup Pop erscheinen, die erste Single "I'm Not Where You Are" kommt schon heute samt Video von Will Hooper (Idles, Our Girl).

Wer sich für Marika Hackmans Erklärungen zur Cover Art ihrer Platte - das Foto stammt von Joost Vandebrug und ist auf Inspiration der Künstlerin Rineke Dijkstra entstanden - interessiert, kann gern ihre Auskünfte auf der Website des Labels nachlesen. Dort kann man im Übrigen auch das lachsfarbene Vinyl samt Unterbuchse und Schweinchensticker ordern.

Update: Mit "The One" kommt heute ein zweiter Song vom neuen Album dazu, über den sie selbst laut DIY sagt: "Probably the poppiest song I've ever written." Und visuell ein Hingucker: In dem Clip von Louis Bhose entwickelt sich Hackman vom schüchternen Kopiermädchen zum Discovamp.





Donnerstag, 11. Juli 2019

John Paul: Explorations in Pub

Schon geraume Zeit in Umlauf, hier aber sträflicherweise noch nicht erwähnt: John Paul, Musiker, Buddy und Kollaborateur der Sleaford Mods aus Bristol, wird am 7. September beim Duisburger Label In A Car Records eine neue 12" mit drei Tracks veröffentlichen. Zum ersten "Nuts" gibt es das nachfolgende Video, ergänzt wird mit dem Song "Subjects" und einer Dub-Version von "Chin In", eines Stücks vom Debütalbum "No Filter". Glaubt man dem Gezwitscher im Netz, ist ein zweiter Longplayer auch nicht mehr fern.