Lambchop
„Showtunes“
(Merge Records)
Vielleicht sollte man vorschnelle Käufer dieses Album zu etwas Bedächtigkeit mahnen. Nicht etwa, weil das mittlerweile fünfzehnte Album der Band aus Nashville misslungen wäre – ein schlechtes wird es in diesem Leben von Lambchop ganz sicher nicht mehr geben. Es könnte allerdings sein, dass manche/r etwas irritiert ist, wenn die neuen Stücke auf dem Plattenteller kreisen, denn anders als sonst hat sich Kurt Wagner, kongeniales Mastermind und einzig verbliebenes Gründungsmitglied der Formation, doch mit erstaunlicher Konsequenz vom Liedhaften früherer Werke verabschiedet – man dürfte sich schwertun, „Showtunes“ wie fast alle vorangegangenen Alben zur beschaulichen Untermalung geruhsamer Abendunterhaltung zu nutzen.
Wagner hat, so liest man, die acht Songs, die ursprünglich für die Live-Aufnahme eines Musikfestivals vorgesehen waren (das dann mit der Pandemie ins Wasser fiel), kurzerhand im heimischen Studio mit Hilfe einiger Gäste in Eigenregie komplettiert und eingespielt. Seine Hinwendung zur elektronischen Musik hatte sich im Laufe der letzten Jahre ja schon behutsam angedeutet, bereits „FLOTUS“ und „This (Is What I Wanted To Tell You)“ glänzten mit klug gesetzten Bits und Bleeps, der Vocoder wurde zum Lieblingsspielzeug des Mannes mit dem Basecap und experimentelle Elektroniktüftler wie der Kölner Produzent und Musiker Twit One durften live ihre Maschinen mit den Songs von Wagner füttern (eben dieser tat das bei „Fuku“ aktuell gleich vorab).
Eine eigenwillig zarte, fast improvisierte Aufführung ist die Neue also geworden, viel Freiraum, wenig feste Struktur, die Stücke mäandern zu Piano-, Streicher- und Hornklängen, dazu geloopte Geräusche und kaum mal ein Beat. Wagner wiederum murmelt und raunt gewohnt zurückhaltend mit tiefer (mal verfremdeter, mal unverstellter) Stimme seine Gedanken ins Mikrophon – Philosphisches bei „A Chef’s Kiss“ („Life will be the death of us all“), Rüherndes in besagtem „Fuku“ („If it's the last thing we do together, let's call it love“). Letzteres hatte ja bei Veröffentlichung noch ein Video dazubekommen, in welchem Wagner als grobkörniger Einspieler auf der Leinwand erscheint, während seltsames Laientheater und Stummfilmtableaus für Unterhaltung sorgen.
Wollte er überraschen, dann hat das mit „Showtunes“ prima geklappt. Wir hören eine Musik, welche die Sinnsuche des in die Jahre gekommenen Künstlers auf’s Beste zu spiegeln versteht. Die politischen Querverweise hat sich Wagner für dieses Mal geschenkt, ob aus Müdigkeit oder Altersmilde, sei dahingestellt. Er zeigt sich vielmehr unentschieden, mehrdeutig und sanft, aber durchaus weiterhin offen für beide Wege: Den traditionellen, aus dem er seit nunmehr fünfunddreißig Jahren eine Band wie Lambchop in all ihren unterschiedlichen Phasen geformt hat – und den experimentellen, für neue Klänge aufgeschlossenen, der Neugier und Gestaltungswillen zugleich herausfordert und befriedigt. Wir wollen ihm weiterhin nur zu gern dabei folgen.
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