Doves
„The Universal Want“
(Heavenly Recordings)
Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass der alternative Gitarrenrock mit seinen großen Gefühlen und Melodien etwas ins Hintertreffen geraten ist. Sei es aus Angst vor dem Coldplay-Effekt, mit dessen Hilfe man bekanntlich ganz schnell ins Hintertreffen und also in den Schmalztopf geraten kann und nurmehr als rührige Untermalung für tränenreiches Serienmaterial aus den Notaufnahmen dieser Welt gebucht wird. Kann aber auch sein, dass es nur die falschen versucht haben. Denn dass es einigermaßen unpeinlich funktionieren kann, beweisen ja seit Jahren die Mannen um Guy Garvey von der britischen Band Elbow. Die kommen aus Manchester und dort gibt es – Achtung: Kreis geschlossen – durchaus eine beachtliche Tradition in dieser Hinsicht. Vor ziemlich genau elf Jahren nämlich lieferten Jez Williams, Jimi Goodwin und Andy Williams als Doves mit „Kingdom Of Rust“ ihr letztes Meisterwerk ab, danach war, wenn schon nicht Schluß, so doch leider Sendepause. Und die Hoffnung auf eine Wiederkehr des Trios sank mit jedem weiteren Jahr.
Bis – ja bis im Frühjahr die EP „Remnants I/II“ auftauchten und sofort die Gerüchte ins Kraut schossen. Heute wissen wir, dass die Doves sehr wohl vorhatten, neues Material aufzunehmen, sich nur eben entsprechend Zeit lassen wollten. Und weil halbgare Informationen zwar modern, aber nicht ihre Sache sind, haben sie wohl lieber mit der frohen Botschaft gewartet, bis diese belastbar war. Gelohnt hat sich das Warten in jedem Fall, denn „The Universal Want“ ist genau das geworden, was man erwarten durfte: Vollgepackt mit schmeichlerischen Melodien und dem (nein, man kommt nicht drum herum) hymnischen Gesang. Schon der schwelgerische Opener „Carousels“ packt sofort zu und hebt einen gleichsam in luftige Höhen. Von hier aus betrachtet man hernach mit den dreien aus ganzheitlicher Vogelperspektive die Welt, und zwar sowohl die vergangene mit ihren schönen Erinnerungen, aber auch die neue, oftmals so befremdliche mit all den Ängsten und Nöten. Und wir Menschen mitten drin – unvollkommen, mal beschränkt, mal bemüht, oft hilflos.
Aber auch nicht ohne Hoffnung. In Stücken wie „For Tomorrow“ oder „Prisoners“ folgen sie zwar düsternen Gedanken, Selbstzweifeln und der Furcht vor der Zukunft, lenken den Blick aber auch mit Zuversicht auf Kommendes, vertrauen der schöpferischen Kraft eines jeden einzelnen. Mental health ist das Stichwort, Jimi Goodwin hat dem NME kürzlich gesagt, dass viele Texte bei den Doves wie Selbstgespräche klingen, darauf angelegt, mit sich ins Reine zu kommen, sich anzunehmen und das Leben so leichter und erträglicher zu machen. Ihnen jedenfalls scheint das gut gelungen, die Songs klingen frisch und kraftvoll, wunderbare, manchmal fast psychedelische Gitarrenklänge schweben über pluckernden Beats und wenn man diese Dreiviertelstunde mit Hingebung erlebt hat, dann wird auch die Landung eine sanfte werden. Gut, dass man sich solch eine Platte immer wieder hervorholen kann, gut, dass die Doves wieder zurück im Spiel sind.
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