Donnerstag, 31. März 2016

New Order: Komplettverlängerung

Wer eins und eins zusammenzählen konnte, für den ist das nicht sonderlich überraschend: Nach einer ganzen Reihe von Remixen zum aktuellen Album "Music Complete" bieten New Order jetzt ab dem 13. Mai via Mute Records eine komplette Extendet Version der Platte zum Kauf. Das Ganze wird dann - Achtung: "Complete Music" heißen und elf Maxis enthalten, mit dabei auch die schon bekannte von "Singularity" - hier wiederum gibt es noch als weitere Kostprobe die Verlängerung von "The Game".

Dienstag, 29. März 2016

Familienalbum # 17: Holy Fuck

Zum Thema Typografie und Coverart gibt es nun wirklich schon zahlreiche Einträge und Abhandlungen und trotzdem wollen wir uns diese hier nicht sparen. Denn selbst wenn man die legendären Blue-Notes-Plattenhüllen mal außen vor läßt, bleibt immer noch eine erstaunliche Vielzahl wunderbarer Schriftkunstwerke und auch die neueren Datums sind beispielhaft und selbst schon wieder Legende. Anlass ist natürlich das bald erscheinende Album "Congrats" der Kanadier Holy Fuck, passenderweise kam am heutigen Tag nach "Tom Tom" die neue Single "Xed Eyes" in Umlauf. Die Abbildungen wie immer von links nach rechts und oben nach unten.

Holy Fuck "Congrats", Holy Fuck "Latin", Interpol "Our Love To Admire", Deafheaven "Sunbather", "Total - From Joy Division To New Order", Rage Against The Machine "Renegades", Portishead "Three", Arctic Monkeys "Brainstorm", No Age "Nouns", No Doubt "Rock Steady", Paramore "Riot", Drake "If You Reading This It's Too Late", Franz Ferdinand "Franz Ferdinand", The Raveonettes "Lust", The White Stripes "Icky Thump", Hard-Fi "Once Upon A Time In The West", Underworld "Born Slippy", Tiger Lou "A Partial Print", New Order "Waiting For The Siren's Call", The Rifles "No Love Lost", Duran Duran "Big Thing", Daft Punk "Homework", "Daft Punk "Discovery", Underworld "Boy Boy Boy", Kasabian "48:13"

Caro: Geschmackssicher

Neuer Sound aus Leeds: Die Musik von Caro, einer dreiköpfigen Band aus der Mitte Britanniens bewegt sich im Spannungsfeld von Radiohead, Alt-J und dem Bombay Bicycle Club (sagt und schwelgt zumindest die Netzkritik) - über die Coverkunst der Herren darf man sicher streiten, über den ersten Song gibt es keine zwei Meinungen, "Admin/Resist" ist erstklassiger Indiepop.

So Below: Dunkle Anmut

Wieder mal an der Zeit für etwas dunkle Elektronik: Diese kommt heute von einem Projekt namens So Below - hinter diesem versteckt sich die Neuseeländerin Madeline North. Der anmutige Gothpop der jungen Dame war bislang auf den drei Singles "Drift", "Luna" und "Sleep" zu hören, hier kommt nun mit "Far" der neueste und letzte Track dieser selbstbetitelten EP.

Montag, 28. März 2016

Bob Mould: Etappensieger

Bob Mould
„Patch The Sky“

(Merge Records)

Das Außergewöhnliche ist ja nicht unbedingt die Biografie. Viele andere Menschen haben wie Bob Mould Freunde und engste Familienangehörige verloren, hadern mit ihren Beziehungen, selbst den schmerzhaften, aber gleichwohl befreienden Schritt zu sexueller Selbstbestimmung, Bekenntnis und Outing sind vor ihm schon viele gegangen. Schwierig wird es immer dann, wenn all das in der Öffentlichkeit geschieht. Nun schöpft der Künstler seine Kreativität, seine Inspiration nicht selten aus der persönlichen und sehr privaten Lebens- und auch Leidensgeschichte und gibt diese mit seinem Werk zur Teilhabe, zur Anteilnahme frei. Das macht ihn transparent, angreifbar, verletzlich. Und bringt nicht selten Enttäuschungen auf beiden Seiten mit sich, wenn denn das Idol sich so gar nicht mit dem Bild in Gleichklang bringen läßt, was man sich im Laufe der Jahre zusammengezimmert hat. Oft endet das dann in Unverständnis, Liebesentzug, Abwendung.

Bob Mould hat das alles in sehr komprimierter Form erfahren, insofern ist seine Biografie dann doch weit außerhalb des Gewöhnlichen. Er war (und ist für viele) mit Hüsker Dü die Ikone des alternativen Punkrock, konnte auch nach Auflösung der Band solistisch und unter den Monikern Sugar, Blowoff oder LoudBomb bemerkenswerte Erfolge feiern. Schon Anfang der 90er Jahre entschloß sich Mould, mit seiner Homosexualität an die Öffentlichkeit zu gehen, dem folgten zahlreiche Benefiz-Aktivitäten und auch manche musikalische Neuorientierung. Das wirklich Erstaunliche ist, mit welcher Geradlinigkeit der Mann seine Pläne verfolgt und verteidigt, sein Lebensweg folgt einer Straightness, die so häufig nicht vorkommt und einigen Respekt abnötigt. Er kann sich mit seinem ehemaligen Freund und Bandkollegen Grant Hart aussöhnen und trotzdem alle Hoffnungen auf eine Hüsker-Dü-Reunion lächelnd ein für alle Mal vom Tisch wischen.

Wieso sollte er auch? Seine aktuelle Band mit Jason Narducy und Jon Wurster spielt auch heute noch mit beeindruckender Energie und Klarheit und läßt so erst gar keine heimlichen Sehnsüchte aufkommen. „Patch The Sky“ steht ja an dritter Stelle der letzten Soloetappe, die mit „Silver Age“ begann und vor zwei Jahren in „Beauty And Ruin“ seine Fortsetzung fand. Wo der Vorgänger noch den Tod des Vaters thematisierte, war für die neue Platte der kurz darauf folgende Abschied von der Mutter prägend – Mould bezeichnet „Patch The Sky“ denn auch als seine dunkelste Arbeit mit dem größten Tiefgang. Songs über das Altern und die Endlichkeit finden sich hier reichlich, der elegante Graubart klagt über die Stimmen im Kopf, die ihn mehr und mehr umtreiben und auch die Geschichte hinter dem Titel kommt mit einer besinnlichen Parabel über den Verlust und die Beharrlichenkeit auf Erden daher:

„When people leave earth, they tear through the sky, and sometimes they rip a hole in it“ schilderte er kürzlich einem Netzportal seine Idee, „People get left to try to fix that – you’re gonna have to try to approach that hole, you can’t do it from the ground. Better to fix the hole and stay on this side than to travel through.” Und auch wenn einem auf dem Album nicht wenige Stücke mit der Geschwindigkeit und Rohheit der früheren Tage entgegenbrettern, den nachdrücklichsten Eindruck hinterlassen am Ende eher die bedächtig-kraftvollen. „Hold On“, „Black Confetti“ und „Monument“ sind von einer Wucht und Intensität, die selbst auf den beiden Vorgängern nur selten zu finden waren, Mould hat also nichts von seiner Entschlossenheit verloren. Und ist mit seinen nunmehr 56 Jahren noch immer die treibende Kraft einer Generation, die, zumindest was seine Person betrifft, noch lange nicht auf’s Altenteil gehört. http://bobmould.com/

Sonntag, 27. März 2016

Car Seat Headrest: Negation

Sind Feiertage nicht perfekt dafür gemacht, für ein wenig neuen Input zu sorgen? Nach irischen Gorilla-Fans und britischen Cavejüngern nun also zu amerikanischen Kopfstützenfetischisten. Car Seat Headrest aus dem Staate Virginia, gestartet als Projekt von Will Toledo, sind seit 2010 im Geschäft, von ihnen stammen so wunderbare Songs wie "Cesar The Somnambulist", "David Lynch vs. The Moon", "Kimochi Warui (When? When? When? When? When? When? When?)" und nicht zu vergessen "This One Time I Went To A Coffee House Because Some Guy I Knew Was Playing And I Just Sat There For An Hour And Didn't Talk To Anyone And Then I Came Home And Wrote This Song". Diese und viele mehr verteilen sich auf eine stattliche Anzahl von Platten, für Mai haben die nunmehr vier Herren nach "Teens Of Style" den Nachfolger mit dem Namen "Teens Of Denial" angekündigt und die Single "Drunk Drivers/Killer Whales" kommt hier als Lyric-Clip. Sehr feine Sache, das.

14.06.  Berlin, Privatclub
15.06.  Hamburg, Molotow

Samstag, 26. März 2016

Abattoir Blues: Parallel Lines

Klar, der erste Gedanke geht natürlich an Nick Cave und sein großartiges Album - der zweite könnte demnächst öfter nach Brighton gehen, interessanterweise sowohl Cave's Wohnort und auch der einer fünfköpfigen Band mit Namen Abattoir Blues. Harry Waugh (Gesang), George Boorman (Gitarre), Ed Ward (Bass), Sam Pitman (Gitarre) und Scott Kennedy (Drums) haben schon im vergangenen Jahr von sich hören lassen (s.u.), nun schicken sie sich an, mit dem Post-Punk ihrer neuen Single "Tell Me" einen größeren Hörerkreis zu erschließen. Könnte klappen.

Freitag, 25. März 2016

Silverbacks: Affenliebe und FKK

Iren können gut Musik machen. Wussten wir. Iren lieben malziges Bier. Sehen wir. Dass Iren einen besonderen Bezug zu Silberrücken-Gorillas haben, was bislang ein gut gehütetes Geheimnis. Dennoch: Die Silverbacks stammen aus Dublin und haben seit ihrer Gründung im Jahre 2011 schon zwei Alben veröffentlicht. Nun wollen Daniel, Kilian, Emma und Luke bald ihre neue EP "No Duds Club" verkaufen und schicken deshalb schon mal als Appetizer die erste Single "Techno Dogs" voraus. Als Laie übersetzt man den Plattentitel zwar umgangssprachlich als "Keine-Klamotten-Klub", also eine Art Freikörperkulturdingens, die Hauptsache ist allerdings, dass die Scheibe schon mal Klasse klingt. Darauf dann ein Guinness, Prost!

Peter Bjorn And John: Die Frage aller Fragen [Update]

Und jedes Mal wieder die Frage: Wird's ein neuer Ohrwurm? Peter Bjorn and John haben schließlich "Young Folks", ein quasi unkaputtbares Stück Singlegeschichte geschrieben und natürlich werden sie an diesem ein jedes Mal wieder gemessen. Das letzte Album der drei Schweden liegt mit "Gimme Some" nun auch schon wieder fünf Jahre zurück, nun  endlich haben sie ein neues angekündigt - "Breakin' Point" soll am 10. Juni erscheinen und mit Paul Epworth, Greg Kurstin und Emile Haynie haben gleich drei Schwergewichte produziert. Den ersten Vorgeschmack liefert "What Are You Talking About?" hier im Stream.

Update: Und weiter geht's - hier kommt der Titelsong des Albums...



Jennylee: Stecker raus vs. Beats per minute

Aus nicht ganz so alt mach neu: Jennifer Lindberg aka. Jennylee, im vergangenen Jahr mit ihrem Album "Right On!" auf Solopfaden unterwegs (und sonst bei Warpaint am Bass), hat die Veröffentlichung einer Akustik-EP angekündigt. "Vibe As Chill" soll mit "Boom Boom", "White Devil" und "Never" drei Stücke ihres Debüts in abgespeckter Form enthalten. Vom ersten der drei Titel gibt es aktuell auch noch eine neue Version zu hören - Anders Trentemøller hat ihm ein paar weitere Beats verpasst.

Donnerstag, 24. März 2016

Palace Winter: Weichmacher

Die beiden Herren sind ja hier so etwas wie Stammgäste: Palace Winter aus Dänemark hatten kürzlich für Anfang Juni ihr Langspieldebüt "Waiting For The World To Turn" via Tambourhinoceros angekündigt und die erste Single "Positron" der Nachricht mitgegeben, nun folgt mit "Soft Machine" die zweite Auskopplung, ein entspannter Ohrenschmeichler, der seinem Namen alle Ehre macht.

A Dead Forest Index: Gemeinsam abwärts

Der Name bürgt ja schon für ausgelassene Heiterkeit, die Musik steht dem in nichts nach: A Dead Forest Index kommen aus dem neuseeländischen Auckland und sind im Juli 2012 mit der EP "Antique" an den Start gegangen (eine weitere war hier schon mal Thema). Nun soll im April das Debütalbum "In All That Drifts From Summit Down" folgen, für die erste Single "Myth Retraced" haben sich die Brüder Adam und Sam Sherry die unterkühlte Gitarristin Gemma Thompson von den Savages eingeladen - feiner Song, in der Tat.

Mittwoch, 23. März 2016

Travis: Quietschvergnügt

Nun, die Haare werden lichter und grauer, die Knochen morscher: Travis mussten sich letztens für ihr Video zu "Everything At Once" schon in einer Spielshow plagen, darauf folgte mit "3 Miles High" ein behindertengerechter Stadtrundgang und nun hüpfen sie wieder gutgelaunt durch bunte Pappmaché-Kulissen und singen sich mit "Magnificent Time" für ihr neues Album ein. Das soll am 29. April mit zehn neuen Stücken erscheinen und wenn nicht alles täuscht, dann wird das eine ziemlich vergnügte Angelegenheit.

Twin Haus: Unsonnig

Eine der interessantesten Neuerscheinungen der letzten Wochen dürfte aus dem australischen Brisbane kommen: Bislang waren ja die Go-Betweens eine der wenigen bekannten Bands aus der sonnigen Küstenstadt, ihre Musik klang entsprechend leichtfüßig und von milde gestimmter Melancholie. Das Quartett Twin Haus um Sänger Daniel Grima wiederum veröffentlichte 2013 erste Stücke, ein Jahr später folgte mit "Waxen Myriad" die erste EP. Nun kommt die zweite in den Handel - "Nothing Lavish" enthält vier Stücke (das längste dauert gute elf Minuten), ihren Stil beschreiben die vier als Mischung aus Ambient-, Psych- und Alternative-Rock. Auf jeden Fall klingen die epischen Songs sehr spannend und facettenreich, ältere Sachen kann wer will gern bei Bandcamp nachhören.

Cool Sounds: Kühler Wohlklang [Update]

Auch wer denkt, er habe schon alle Genre-Bezeichnungen durch, muss durchaus noch mit Überraschungen rechnen: Diese hier ist sogar überaus positiv und nennt sich Jazz-Gaze (!) - Puristen würden das der Einfachheit halber vielleicht feingeschliffenen Pop nennen, aber was soll's. Die wunderbar geschmeidigen Klänge stammen jedenfalls von einem australischen Kollektiv mit Namen Cool Sounds - deren letzte Single "Control" machte vor ca. neun Monaten die Runde, nun also folgt "In Blue Skies" und wem das gefällt, den wird die Nachricht freuen, dass für dieses Jahr ein komplettes Debütalbum unter dem Titel "Dance Moves" in Planung ist. Ist doch was!

Update: Schnelle Nachlieferung - zur aktuellen Single "In Blue Skies" gibt es jetzt auch ein Video.


Dienstag, 22. März 2016

Glitterbust: No Repetition

Glitterbust
„Glitterbust“

(Burger Records)

Vielleicht sollte man das an dieser Stelle noch einmal erwähnen: Wo der Popmusiker um Anerkennung und Breitenwirkung bemüht ist, zählt für den Künstler zunächst einmal die Verwirklichung der eigenen Idee, die mit Macht nach außen dringt und deren Befreiung dem Schöpfer ein dringendes, nicht selten sogar körperliches Bedürfnis ist. Was jetzt so schwülstig klingt, hilft für das Verständnis so manchen Werkes und erspart die eine oder andere Enttäuschung. Denn dass Kunst auch gefällt ist mitnichten eine Selbstverständlichkeit, oft will sie gerade das überhaupt nicht, meist ist sie mit viel Arbeit, Mühe, Anstrengung und Geduld verbunden. Nun wissen wir, dass Kim Gordon heute nicht einfach nur mehr das „Girl In A Band“ wie zu Zeiten von Sonic Youth ist, vielmehr teilt sich die Musikerin in ihr den Platz mit der Autorin, der Feministin, der Modemacherin, der Schauspielerin und der zeitgenössischen Künstlerin. Es war also nicht damit zu rechnen, dass ihr neuestes Projekt Glitterbust als leicht bekömmlicher Starbucks-Jingle oder Retrorock-Aufkoche daherkommt. Und in dieser Hinsicht teilt sich die etwaige Enttäuschung gerecht auf beide Lager auf, denn auch die Fans von Partner Alex Knost sollten besser keinen Tomorrows-Tulips-Aufguss erwarten.

In der Kunst sind Wiederholungen, sieht man mal von Andy Warhol und einigen wenigen Gegenbeispielen ab, ja eher unerwünscht, entsprechend unhandlich und sperrig klingt das vorliegende Album und geht so jedem Verdacht auf Repetition aus dem Weg. Der Sound von Glitterbust läßt sich maximal mit Gordons zweitem Teilzeitjob Body/Head (zusammen mit Bill Nace) vergleichen – ähnlich wie auf deren Debüt „Coming Apart“ wird Musik hier eher als Teil eines medialen Gesamtkonzepts begriffen. Bilder und Töne sind dazu angehalten, den Film im Kopf des Zuhörers anzustoßen, zu illustrieren und als Inspirationsquelle für weitere, zuvor vielleicht gänzlich unerwartete Assoziationen zu dienen. Das Handwerkszeug dazu ist gleichwohl das bekannte, gewaltige Feedback-Wände werden von Gordon und Knost in den fünf Stücken aufgezogen, die Gitarren wabern, rauschen, kreischen und rumoren (fast ausnahmslos ohne Schlagzeug) und die wenigen Vocalparts erschöpfen sich in eingespielten Rezitativen oder Gordons weitgehend unverständlichen, taumelnden Gesangsflicken.

Wer Angst hat, er oder sie müsse nun komplett auf jegliche Melodie verzichten, darf beruhigt sein - es reihen sich in den teils überlangen Soundcollagen eine Vielzahl erstaunlich eingängiger Klänge aneinander und entwickeln reichlich Spannungsmomente, nur verbleiben diese eben als skizzenhafte Andeutungen und Teil eines chamäleonhaften Ganzen. Nicht vergessen werden soll natürlich auch der visuelle Part – für „The Highline“ gibt es schon eine erste Videoarbeit, verantwortet von Thomas Campbell, in welcher der Regisseur unscharfe, nächtliche Stadtansichten mit Aufnahmen des musizierenden Duos verschneidet, Ungefähres und Metaphorisches also auch hier. Eine einfache Platte ist das also weiß Gott nicht geworden, wer sie aber nicht böswillig als Umbaupausen-Mitschnitt oder Pedal-Fetisch beiseite legt, sondern ihr dagegen bei entsprechender Lautstärke die nötige Zeit gönnt, wird überrascht sein, welche Wirkung strukturierter, fantasievoller Lärm wie dieser zu entfachen in der Lage ist.

Hundred Waters: Remix 2.0

Vor über einem Jahr war hier schon von Hundred Waters und ihrem Remixalbum zu "The Moon Rang Like A Bell" die Rede, im Februar 2014 ist es erschienen und enthielt Neubearbeitungen u.a. von Nicole Miglis, Dirty Beaches und Shigeto. Nicht darauf enthalten war ein Rework zu "Show Me Love" zusammen mit Skrillex, Chance The Rapper, Moses Sumney und Robin Hannibal - der Titel erscheint dieser Tage mitsamt Videoclip und ist hier zu sehen.

Illegale Farben: Apocalypse Now

Illegale Farben
„Illegale Farben“

(Rookie Records)

Alles andere wäre tatsächlich eine Überraschung gewesen: So düster gestimmt, so schwarz gemalt, so zerrissen wie das Land selbst – Illegale Farben, fünf Herren aus Köln, präsentieren sich auf ihrem Debütalbum mit nachdrücklich schlechter Laune. Woher soll die gute auch kommen, wenn das, was sie um sich herum in ihrem Songs und Videos skizzieren, einer verrotteten und verstaubten Endzeit-Kulisse gleicht, einer entmenschlichten Maschinenwelt, deren Bewohner mit den „neonblauen“ Augen des Dune-Volkes durch die Gegend irren und zwischen nicht viel mehr als dem Straßenkampf oder trostloser Vereinsamung zu wählen haben. Und auch wenn diese gruselige Fiction bewusst überzeichnet und comichaft daherkommt – für aufgeweckten Frohsinn haben die fünf nicht viel übrig.



Entstanden als Patchwork aus wie Bands Genepool, Bazooka Zirkus und anderen, widmen sich IF einer energiegeladenen Mischung aus Indierock, Deutsch- und Post-Punk, die Schlagzahl wird meistenteils recht hoch gehalten und Gitarren und Bass sind rau und laut ausgesteuert. Manchmal meint man eine geheime Vorliebe für die versteckten Ohrwurm-Hooks von Interpol herauszuhören (deren Hitsingle „NYC“ dann auch beim Schlußstück „Wellenland“ offenkundig beliehen wird), doch mit allzuviel Feinarbeit hält man sich sonst nicht auf. Wo die Textbezüge eher im Ungefähren und Bildhaften bleiben, ist der Sound scharfkantig und hart. Ein wenig mehr Abwechslung hätte den zwölf Stücken der Platte vielleicht ganz gut getan, bei „Endlich wieder etwas los“, dem herrlich zackigen NDW/Franz-Ferdinand-MashUp zur Atomkrise, hört man, wie es klappen könnte. Dennoch: Hier und jetzt gut und richtig.

01.04.  Köln, Stereo Wonderland
02.04.  Köln, Gebäude 9
16.04.  Köln, Underdog Recordstore
06.05.  Hamburg, Molotow
07.05.  Ochtrup, Café Freiraum
14.05.  Oberhausen, Druckluft
20.05.  Nürnberg, Club Stereo
21.05.  München, Strom
17.06.  Wiesbaden, Schlachthof

Astronauts: Klangzauberei

Neues Material gibt es von Dan Carney aka. Astronauts: Von dem Londoner Klangzauberer war hier vor kurzem die Single "Civil Engineer" zu hören, nun folgt mit "You Can Turn It Off" die nächste Miniatur. Zu dieser gibt es in den nächsten Tag auch noch einen weiteren Remix zu hören - wird bei Verfügen natürlich noch nachgereicht, das Album "End Codes" kommt dann am 6. Mai.

Montag, 21. März 2016

Vita Bergen: Energiegeladen

Erst kürzlich durften wir ihr Album "Disconnection" hier loben, nun kommt etwas Augenfutter hinterher: Vita Bergen aus Schweden haben zur Single "Replace" einen Clip online gestellt - die Energie, die in den Songs der Platte steckt, läßt sich anhand dieses Filmes ganz gut erfassen, Sänger William Hellström hat augenscheinlich beträchtliche Schwierigkeiten, die Zuckungen seines Körpers dem Rhythmus anzupassen. Fixt an, definitiv.

Adiam: Handout auf Wiedervorlage [Update]

Die Bilder waren in diesem Falle den Tönen etwas voraus: Adiam (Dymott), Sängerin aus dem schwedischen Uppsala mit eritreanischen Wurzeln, hatte sich nach ihrem Debütalbum (2009) im vergangenen Jahr mit der EP "Dark Lake" zurückgemeldet und mit dem dazugehörigen Cover den Anstoß zu einem neuerlichen Familienalbum gegeben - der Optik treu geblieben, erscheint nun Ende März ein weiteres Kurzformat mit dem Titel "Quiet Desparation", von welchem sie gerade den Song "Runaway" ausgekoppelt hat. Dass der Sound von keinem Geringeren als Dave Sitek (TV On The Radio) abgemischt worden ist, läßt sich wohl heraushören, der Rest sollte wohl von ähnlicher Klasse sein.

Update: Gut beraten, wer seine Stücke leichten Herzens auch mal anderen anvertrauen kann - Adiam läßt ihren aktuellen Track "Runaway" vom Rap-Duo Blu and Exile remixen und fährt, wie man hört, gar nicht schlecht damit (s.u.).



Freitag, 18. März 2016

Nada Surf: Mutmacher

Nada Surf
„You Know Who You Are“

(City Slang)

Schlechte Tage braucht kein Mensch. Geben wird es sie trotzdem immer wieder. Und manchmal können sie tatsächlich recht nützlich sein. Wenn man nämlich mal so ein verdammt schlechtes Exemplar erwischt hat, dann wird man erst mal merken, wie wichtig Platten wie diese, wie wichtig die Musik Matthew Caws, Daniel Lorca und Ira Elliot ist. Ein knappes Vierteljahrhundert immerhin gibt es Nada Surf nun und ganz zu Beginn waren sie auch mal so richtig hart und kantig, also fast Punk. Das hat sich im Laufe der Jahre, Album für Album, so langsam gegeben und wenn sie heute rocken, dann klingen sie nicht rotzig und verwegen, sondern eher vorsichtig, so als könnten sie sonst all die verschrecken, die sie doch gerade mit ihrer Musik unentwegt umarmen wollen. Und das ist vollkommen in Ordnung, denn Nada-Surf-Songs gehören zu jedem ordentlich gepflegten Soundtrack, den man dann hervorholt, wenn man Trost, Zuwendung und Zerstreuung braucht, Nada Surf sind die Mutmacher ihrer Branche.

Da wo R.E.M. immer etwas zu weinerlich und zu kompliziert waren, bestachen und bestechen sie mit verblüffender Beiläufigkeit, mit einem erstaunlichen Gespür für einfache Melodien und Worte. Natürlich liegt in dieser Beiläufigkeit auch die Gefahr, dass ein/e jede/e schon genug solcher Stimmungsaufheller von ihnen abgespeichert hat, die Notwendigkeit, immer und immer mehr davon zu bekommen, entsteht nicht wirklich, so lange die alten Sachen ihren Dienst tun. Dennoch wird man auch auf dem neuen Album wieder ein paar Stücke finden, die aufzuheben sich lohnt. „Out Of The Dark“ zum Beispiel mit seinen gutgelaunten Bläsern ist so eines, das wirkt im Handumdrehen und steht exemplarisch für das Rezept der New Yorker: Eingängige Instrumentierung, Caws weiche, wohlmeinende Stimme und ganz, ganz viel Empathie: „No one knows how the story goes, everybody looks ahead. Fate doesn't mean there's nothing you can do, there's a reason to get out of bed”, und weiter “You don't have to run around a park, you don't have to be some kind of hero, but it'd be good to get out of the dark and get yourself around some other people.”



Viel komplexer muss man es also gar nicht machen, um bei Zuhörer ein Glücksgefühl zu erzeugen. Man muss das deshalb nicht gleich Erbauungsrock nennen, auch wenn sie es wie ganz am Schluß auch mal etwas übertreiben („Victory’s Yours“). Wessen Himmel sich durch solche Songs schon mal entscheidend aufgehellt hat oder jetzt mit „Friend Hospital“ oder „Gold Sounds“ diese Erfahrung machen darf, der wird nichts Abfälliges über das Trio sagen wollen. Und vielleicht läßt sich ja manche Beziehung auch mit einem Lied wie „Believe You’re Mine“ noch mal kitten, ein Versuch wäre es wenigstens wert. Dass die Gitarren nicht ganz und gar ausgestöpselt worden sind, ist im Übrigen auch eine der guten Nachrichten – ein bisschen Elektrizität hat schließlich noch keiner Komposition geschadet und bei „New Bird“ hört man, wie gut das gelingen kann. Und solange das so bleibt, dürfen sie gern wiederkommen. http://www.nadasurf.com/

02.04.  Hamburg, Michelle (Akustik)
03.04.  Hamburg, Mojo Club
04.04.  Köln, Live Music Hall
05.04.  Dortmund, FZW
17.04.  Stúttgart, LKA
18.04.  Berlin, Huxley's
19.04.  Nürnberg, Hirsch
20.04.  Wien, WUK
21.04.  München, Muffathalle
22.04.  Zürich, Dynamo

Tubbe: Fenster auf!

Irgendwie hatte man ja schon darauf gewartet, dass noch ein ordentlicher Knaller, Clubtune, whatever um die Ecke linst, damit das Wochenende zu einem standesgemäßen werden kann, und da - BAM! - ist man erhört worden: Tubbe aus Münchenberlin hatten ja vor genau einem Jahr ihr famoses Album "Keine Arbeit Lieber Tanzen" bei Audiolith veröffentlicht, nun schieben sie eine Remixversion desselben hinterher. Darauf finden sich Neubearbeitungen von Ulliversal, Das Britzel, Monophol und Tim Yellow - und eben auch der großartige Asymbiose-Remix von "Yes We Can't". Also dann, Stühle zur Seite, Fenster auf, Volume hoch - läuft.



We Are Scientists: Kindergeburtstag

Einer geht noch: Die New Yorker Indie-Kapelle We Are Scientists hat ihr fünftes Studioalbum mit dem hübschen Titel "Helter Seltzer" angekündigt, eine Art Kopfschmerz-Version der Beatles also. Die Platte mit zehn neuen Stücken soll am 22. April via 100% Records erscheinen und wer sich den Clip zur ersten Single "Buckle" anschaut, der weiß, dass die Herren jede Menge Spaß hatten - irgendwie erinnert das Ganze an einen ausgelassenen Kindergeburtstag für große Jungs.

PJ Harvey: Bilderreise

Der nächste Clip für's Wochenende: PJ Harvey wird bekanntlich am 15. April ihr langerwartetes neues Album "The Hope Six Demolition Project" veröffentlichen, nach der ersten Single "The Wheel" gibt es nun für die zweite, den Song "The Community Of Hope", ein Video, gedreht von ihrem Freund und Reisebegleiter Seamus Murphy.

Massive Attack: Schon wieder super

Letzte Woche ANOHNI, jetzt also Massive Attack: Die Top Models der vergangenen Jahre, die diesen Namen noch verdienten, erscheinen gerade in kurzer Abfolge auf dem Bildschirm - nachdem Naomi Campbell für "Drone Bomb Me" vor der Kamera stand (oder eher saß), haben sich die Herren aus Bristol für das Video ihres aktuellen Songs "Ritual Spirit" die wunderbare Kate Moss ins Filmstudio geholt und Erinnerungen an die alten Großtaten der White Stripes werden wieder wach. Der Song findet sich auf der kürzlich erschienenen, gleichnamigen EP.



Donnerstag, 17. März 2016

Dexys: To do, not to become

Das sagenhafte "One Day I'm Going To Soar" ist nun auch schon wieder knappe vier Jahre alt, auf die Reunion ließen die Dexys den Meilenstein aus Pop und Soul der leisen Töne nach weit über einem Vierteljahrhundert Studioabstinenz folgen und die Resonanz war euphorisch. Nun haben Kevin Rowland und Jim Paterson eine neue Platte mit dem Titel "Let The Record Show Dexys Do Irish and Country Soul" angekündigt, die Band hat dafür zwölf traditionsreiche irische Songs aufgenommen, am 3. Juni soll das Werk zu haben sein. Einen ersten Eindruck bietet ein zweiminütiger Trailer mit einem Ausschnitt aus dem Eröffnungsstück "Women Of Ireland".

Ein Statement zur Entstehungsgeschichte gibt es seit kurzer Zeit auch im Netz zu lesen, Rowland sagt hier: "The album is called ‘Dexys DO Irish and Country Soul’: DO it, not BECOME it. We’re not trying to be Irish, and we haven’t used too many Celtic instruments on there. It’s our sound. We’re bringing our style to these songs. I’m just a guy who follows my intuition, my inspiration. This really felt like the right thing to do. We have put probably more care and attention into these songs than we might have done with our own songs, because the odds were high. It was important to get them right, and make sure every one of them felt relevant to us.”

Glitterbust: Never enough [Update]

Nein, nach aufgeben oder nachlassen klang sie auch in ihrem letztens erschienenen Buch nicht, hier ist der Beweis: Kim Gordon, vormals Bassistin von Sonic Youth, hat neben der Malerei und ihrem Projekt Body/Head zusammen mit Bill Nace ein weiteres Betätigungsfald gefunden - unter dem Namen Glitterbust wird sie gemeinsam mit Alex Knost von Tomorrows Tulips ein selbstbetiteltes Debüt-Doppel-Album (!) herausbringen. Erscheinen wird das Ganze am 4. März via Burger Records, die erste Auskopplung "The Highline" gibt' shier schon mal im Stream, und zwar mit satten neun Minuten Feedback.

Update: Zur ersten Single "The Highline" gibt es nun auch ein Video, gedreht hat Thomas Campbell in Orange County - Alex Knost und Kim Gordon geben den lebedigen Kontrast zur Stadtlandschaft.



Shura: Unverwechselbar

Irgendwie hat man den Eindruck, die Optik diene der Weiblichkeit als willkommene Blaupause: Aurora, Låpsley, Little Boots, Sia, alles hoffnungsvoll aufstrebende Synthpop-Künstlerinnen, die gerade von sich Reden machen und beim Styling überraschende Ähnlichkeiten aufweisen. Und nun auch noch Shura, in London beheimatete - tja: Synthpopkünstlerin, die gerade ihr Debütalbum "Nothing's Real" für den 8. Juli angekündigt hat. Die erste Single "Touch", die ja schon zwei Jahre im Umlauf ist, gibt es jetzt übrigens in einer neuen Bearbeitung von Four Tet. Und wenn die junge Dame das fortsetzt, was sie mit ihrer Musik begonnen hat, dann ist zumindest in dieser Hinsicht Unverwechselbarkeit zu erwarten.

Lust For Youth: Kostenlose Rückfahrt

Lust For Youth
„Compassion“

(Sacred Bones)

Ende vergangenen Jahres sind ja Marty McFly und Doc Brown bei Jimmy Kimmel mitten in die Show geplatzt, es gab viele begeistere Menschen und zwei wirklich herrlich bedröppelte Gesichter zu sehen. Die einzige Frage, die danach für lange Zeit offen war: Wo zu Teufel ist nur nach der Show der DMC-12, also die verrückte Zeitmaschine, abgeblieben? Nun, wir dürfen Folgendes vermuten: Unter den Zuschauern muß sich Hannes Norrvide, Gründer der dänischen Band Lust For Youth, befunden haben, der das Gefährt für eine kostenlose Passage zurück in die 80er gekapert und sich nun, einige Wochen später, mit einem neuen Album zurückgemeldet hat – das Anhören von “Compassion” läßt – dickes Sorry an die Requisite – leider keinen anderen Schluß als diesen zu. Wie schon auf dem vorangegangenen “International” perfektioniert Norrice zusammen mit seinen Kollegen Loke Rahbek und Malthe Fischer einen wunderbar stimmigen, geschmeidigen Wavepop, wie man ihn vor gut dreißig Jahren von den Thompson Twins, Yazoo oder auch Depeche Mode zu hören bekam. Die Unbekümmertheit, mit der die One-Hit-Lieferanten von damals zu Werke gingen, haben Lust For Youth quasi reinkarniert, sie vermischen gefällige elektronische Sounds mit soften Beats und man kann sich den Stücken, ob nun dem dunkel schimmernden “Stardom” oder einem pumpenden “Better Looking Brother” in Überlänge, kaum entziehen. Und auch wenn sich der geheimnisvolle Nebel aus den Anfangstagen verzogen zu haben scheint – in Sachen Songwriting macht ihnen so schnell niemand etwas vor. Nur das Auto sollte Norrvide eben schnellstmöglich zurückgeben …

Mittwoch, 16. März 2016

Crows: Haupt- und Nebensachen

Zugegeben, für Logo und Namen wird es wohl keinen Originalitätspreis zu gewinnen geben, wer sich aber die Mühe macht, bei den Londoner Crows mal vorbeizuschauen, wird eine große Portion hochmotivierten Krachs hören, der viel zu schön ist, um ihn einfach unbeachtet zu lassen. Die Jungs haben für die nächste Woche ihre neue EP "Unwelcome Light" angekündigt und neben dem Track "Whisper" gibt es nun den Titelsong davon zu hören.

Iggy Pop: Nur keinen Nachlaß, bitte!

Iggy Pop
„Post Pop Depression“

(Universal)

Schön ist das nicht, aber immer wenn sich eine/r von den Alten ab und an zurückmeldet, beginnt im Kopf unweigerlich die Durchzählerei – Lemmy Kilmister, Lou Reed, David Bowie, alle fort für immer und es gibt weiß Gott nicht mehr viele, die eine vergleichbare Biographie vorweisen können. Patti Smith, Marianne Faithfull und Debbie Harry hier, dort vielleicht David Byrne, John Cale und Elvis Costello, in jedem Falle aber Iggy Pop. Selbiges hat sich natürlich auch Josh Homme gedacht, als der Punk-Mucker mit der Idee eines gemeinsamen Albums auf ihn zukam. Er würde so viele Chancen nicht mehr bekommen, auch weil Pop selbst auffällig häufig in letzter Zeit davon redete, mit der Platte gleichsam eine Ära beenden zu wollen. Es bereitet Homme also keinerlei Schwierigkeiten, sich gemeinsam mit Dean Fertita und Matt Helders als Fanboys zu outen und „Post Pop Depression“ im Nachhinein zu einhundert Prozent als Iggy-Pop-Schöpfung einzuordnen. Was sich bei genauem Hinhören ja auch prompt bestätigt.

Die neun Songs mischen beides – den vitalen, schartigen Rocksound der frühen Solotage und die düster besinnlichen Moritaten der späten. Gleich zu Beginn beweisen die vier ein gutes Gespür für das Zusammengehen von Melodie und Rhythmus, „Break Into Your Heart“ scheppert wie in alten Zeiten und des Meisters dunkles Raunen verleiht der Drohung den nötigen Nachdruck. Das folgende „Gardenia“ hätte auch David Bowie gut gestanden mit seinen vergleichsweise sanften Tönen, überhaupt kommt es einem so vor, als wären einige der Songs wie gemacht dafür, dass sie Pop’s alter Freund ein paar Etagen weiter oben genüsslich mitträllern kann. Es geht, nicht wirklich verwunderlich, natürlich um die bittere Pille Tod, die Vergänglichkeit und auch um das ‚danach‘ – die Frage, ob es denn ein amerikanisches Valhalla gäbe, treibt Pop ebenso um wie ein paar bittere Grußadressen an die Zurückbleibenden, wenn er sich dereinst entnervt aus dem Staub macht („Paraguay“). Der kleine, bewundernswerte Mann, der nur noch Haut und Knochen ist, hat uns ein paar ebenso knochige Songs überlassen, die sich als Vermächtnis gut machen würden. Aber das soll jetzt – bitteschön – um Himmels Willen keine falsch verstandene Aufforderung sein! http://iggypop.com/

Dienstag, 15. März 2016

LANY: Gutartige Täuschung

Das sind doch ... nein, sind sie nicht. Was hier so lässig aus den Boxen perlt, stammt nicht von den französischen Indiepoppern Phoenix - diese drei Herren stammen aus Los Angeles, hören auf den Namen LANY und haben gerade nach einer Reihe von EP einen neuen Song mit dem Titel "Where The Hell Are My Friends" ins Netz gestellt. Zur Zeit begleiten Paul Klein, Jake Goss und Leslie Priest das britische Supersternchen Ellie Goulding auf ihrer Tour über die Insel, könnte gut sein, dass sie in einiger Zeit selbst den Headliner stellen.

Montag, 14. März 2016

Underworld: Späte Zukunft

Underworld
„Barbara Barbara, We Face A Shining Future“

(Universal)

Passt das nicht alles wunderbar zusammen? Da feiert gerade die grandiose Verfilmung des Irvine-Welsh-Romans „Trainspotting“ von Danny Boyle sein Zwanzigjähriges, ein Streifen also, der nicht nur für Ewan McGregor, sondern auch für Karl Hyde und Rick Smith einen enormen Popularitätsschub bedeutete. Drei Alben hatte ihre Band Underworld bis zum Erscheinen des Soundtracks abgeliefert, so richtig gezündet hatten sie bis dahin alle nicht. Doch mit der Wiederveröffentlichung ihrer Hitsingle “Born Slippy” in der NUXX-Version sollte sich das schlagartig ändern, von da an ging es steil bergauf mit den beiden und schon “Second Toughest In The Infants” verkaufte sich zwar nicht wie geschnitten Brot, aber doch deutlich besser als die Vorgänger. Nun also Platte Nummer neun. Gemessen an den früheren Maßstäben – Underworld zählten in den Anfangstagen ja eher zur Fraktion der Apokalyptiker unter den Maschinenmusikern – Mitte der Neunziger also hätte man einer Barbara oder welchem Schätzchen auch immer dringend angeraten, auf die Zwischentöne zu hören, denn wenn bei Hyde und Smith vom Licht am Horizont die Rede war, dann hätte es sich durchaus auch um die gleissende Detonation einer Neutronenbombe handeln können.

Diese Barbara hier aber ist die Ehefrau von Ricks mittlerweile verstorbenem Vater, der ihr die Titelzeile des Albums kurz vor seinem Tod zugeflüstert haben soll. Underworld sind demnach gesetzter (zu Zeiten der Olympischen Spiele in London sogar staatstragend) geworden, die jugendliche Bissigkeit ist dem Sarkasmus der späten Tage gewichen, der Sound allerdings kann sich noch immer hören lassen: Die beiden ersten Stücke des Albums „I Exhale“ und „If Rah“ wummern in gewohnter Überlänge noch satt über dem nölend lässigen Gesang („Blablabla…“), zur Mitte der Platte hin werden die Beats dann mehr und mehr in die flächigen, tranceartigen Dubklänge verpackt, für die Underworld (wie auch The Orb) Zeit ihres Bestehens ebenso standen wie für technoides Stakkato und Progressive House. Am Ende haben sich die Herren sogar richtig gute Laune draufgeschafft, „Nylon Strung“ klingt so verträumt und entspannt wie selten – es muss wohl doch am Alter liegen. Und am Gefühl, vieles richtig gemacht zu haben. Hyde sagte kürzlich in einem Interview mit der SPIN, er wisse sehr wohl, dass dem Eigenlob von Künstlern kaum zu trauen sei: „But, all I know is that it’s the most honest piece of work that we have ever done, and it’s a genuine reflection of the energy between the two of us now.” Hört sich nach einer goldenen Zukunft an … http://www.underworldlive.com/

17.03.  Berlin, Columbiahalle
18.03.  Mannheim, Maimarktclub

Placebo: Sicher nicht allein

Auch wenn so manchen die Angst geplagt hat, dass Brian Molko zum Zwanzigjährigen des Debütalbums ganz allein auf der Bühne stehen wird - wenigstens Stefan Olsdal wird den kleinen Mann mit der großen Stimme auf die kommende Jubiläumstour von Placebo begleiten.

31.10.  Hamburg, Barclaycard Arena
02.11.  Köln, Lanxess Arena
04.11.  München, Olympiahalle
05.11.  Leipzig, Arena
13.11.  Wien, Stadthalle
16.11.  Zürich, Hallenstadion
23.11.  Frankfurt, Festhalle
24.11.  Stuttgart, Schleyerhalle

Samstag, 12. März 2016

Savages: Wahlsieger

Savages
Support: Bo Ningen
Strom, München, 11. März 2016

Über ein kulturelles Überangebot in Sachen Populärmusik kann man sich ja in München eher nicht beschweren, selbst für Schmalspuransprüche gestaltet sich der Veranstaltungskalender in der Regel eher übersichtlich. Es gibt allerdings Tage, die aus dem Rahmen fallen – dieser Freitag war so einer, Berliner Verhältnisse, Super-Friday sozusagen, da hieß es, das richtige Kreuz zu setzen. Zur Auswahl standen immerhin Ben Frost, australischer Experimental-Elektroniker, das German Wunderkind Konstantin Gropper alias Get Well Soon, die englischen Style-Ikonen Tindersticks und der Post-Punk der Savages. Es empfahl sich, mit der Entscheidung nicht allzu lange zu warten, denn zumindest die beiden letzten Termine waren restlos ausverkauft – der Veranstalter hatte für die Londoner Frauenkapelle erfreulicherweise eine erstaunlich kleinen Club gewählt, wer da war, dem kam das sicher zu passe.

Nun hat es sich die Kritik ja zur leidigen Angewohnheit gemacht, über Vorbands wenige bis keine Worte zu verlieren, bei Bo Ningen verbietet sich das aus zweierlei Gründen: Zum einen gehört die japanische Progrockband seit Jahren zu den engeren Vertrauten der Savages, gemeinsam haben sie vor zwei Jahren immerhin das Album „Words To The Blind“ aufgenommen und Sängerin Jehnny Beth hält, das betonte sie auch an diesem Abend, große Stücke auf die vier Herren, die ursprünglich aus Tokio stammen, mittlerweile aber ihre Wahlheimat in der englischen  Hauptstadt gefunden haben. Darüberhinaus macht das Quartett, das sein Publikum bekanntlich gern mit femininer Kleiderwahl irritiert, einen Höllenlärm, der zwischen Blues, Metal und kreischenden Hardrockanleihen gekonnt umherspringt – allein der letzte Song dauerte eine gefühlte halbe Stunde und endete in einer Art spaßig-gruseligem Gitarren-Harakiri.



In punkto Wucht und Leidenschaft standen ihnen die Savages in nichts nach, die Bühne in kaltes und grelles Licht getaucht, legte das Quartett eine Art Blitzstart hin. Wer die Damen vor drei Jahren während ihrer Tour zum hochgelobten Debüt „Silence Yourself“ gesehen hatte, konnte unschwer ein deutliches Plus an Energie und Selbstsicherheit erkennen. Wirkten sie damals noch leicht unterkühlt und distanziert, hatten sie jetzt die Crowd im Handumdrehen hinter sich und eine deutlich aufgeräumtere Jehnny Beth konnte die Moshpit nach Belieben von der Bühne aus dirigieren. Die Rollen waren ohnehin klar verteilt, Gemma Thompson übernahm an der Gitarre die Rolle der Stoischen und Unnahbaren, Fay Milton hinter den Drums drosch munter drauf los und die wunderbare Bassistin Ayse Hassan wiegte sich unentwegt sanft im Takt der Stücke und lächelte sonst zumeist selbstvergessen in sich hinein.

Den Job der Einheitzerin hatte Beth sich ganz klar selbst zugeteilt – ohne Pause gestikulierte und sprang sie am Bühnenrand umher, einer Furie gleich spuckte und schrie sie die Worte zu Songs wie „Shut Up“, „Husbands“, „Evil“, „Hit Me“  und „The Answer“ in Richtung Zuhörer und wenn sie ihnen nicht ab und an ein gewinnendes Lächeln hinterhergeschickt hätte – man wäre vor Angst schier erstarrt. So aber wogte der aufgeputschte Saal nach ihrem Geheiß wild durcheinander, der Sound war kantig und aggressiv (und manches Mal fehlte es einem fast an einer tröstenden Melodie) – dass sie sich gegen Ende selbst von dieser tosenden Menge tragen ließ, zeugt, läßt man das übliche Rockstarkalkül mal beiseite, auch von verwegenem Mut, der einem gehörigen Respekt abnötigte. Mit dem anrührenden Statement „Adore“ und einem furionsen „Fuckers“ beschlossen die Savages den berauschenden Abend und wer vor Ort war wußte nun, dass er/sie nicht die schlechteste Wahl getroffen hatte.

PS: Zu klären wäre, ob sich Beth nach der Show noch mit einem Expresstaxi in die Kammerspiele fahren ließ, um dort an der Seite von Stuart Staples das herrliche Duett „We Are Dreamers“ aufzuführen – wenn man denn schon mal zur gleichen Zeit in der selben  Stadt gastiert? Wer’s weiß, gibt bitte Laut …

Donnerstag, 10. März 2016

Bat For Lashes: Honeymoon mit Hindernissen

Wir werden noch lange warten müssen, aber dem ersten Eindruck nach sollte es sich lohnen: Natasha Khan aka. Bat For Lashes hat ihr neues Werk "The Bride" für den 1. Juli angekündigt. Nach dem Song "I Do", der vor kurzem die Runde machte, kommt nun mit "In God's House" ein zweiter hinterher und er trägt diesen Titel nicht ohne Grund. Denn Khan wird zu Beginn ihrer Tour einige Auftritte in Kirchen absolvieren. Die Story zum Nachfloger von "The Haunted Man" wiederum liest sich wie die eines Konzeptalbums - Braut, deren Verlobter auf dem Weg zur Zeremonie bei einem Autounfall ums Leben kommt, entschließt sich, allein auf Hochzeitsreise zu gehen und das endet in einer dunklen ... naja, alles wollen wir ja nicht verraten. Klingen tut das Ganze jedenfalls jetzt schom himmlisch.

Neonschwarz: Hinterm Horizont

Na das geht ja Schlag auf Schlag - gestern noch "kotzend überm Lattenzaun", heute schon allerbeste Laune: Kunststück, Neonschwarz sind nicht nur mit einem Song, sondern endlich auch wieder mit einem kompletten Album zurück. Vor einigen Tagen hatten wir ja schon "Dies Das Ananas" im Programm, da kommt zur frohen Botschaft gleich noch ein - tja, wie soll man es sagen - veritabler HIT. "Atmen" geht sofort in Herz plus Beine und räumt in unvergleichlicherer Manier den Horizont frei. Man darf also gespannt sein, was "Metropolis" (Audiolith), die neue Platte, sonst noch so zu bieten hat - am 6. Mai sind wir schlauer.

Interpol: Sammlerglück

Sammlerfutter, Fanstuff: Interpol haben im Rahmen des diesjährigen Record Store Day die Veröffentlichung einer Remix-Version ihres letzten Albums "El Pintor" angekündigt. Die Platte mit dem Titel "El Pintor Remixes" (naja, wie sonst auch) enthält Neubearbeitungen von Künstlern wie The Field, Factory Floor, Panda Bear und Tim Hecker - vieles schon bekannt, aber hier erstmals kompakt versammelt.

ANOHNI: Nicht nur schön

An den Sprachgebrauch muss man sich erst noch gewöhnen, an den zauberhaften Sound nicht, denn den kennt man schon: Antony Hegarty hat ja unter ihrem neuen Namen ANOHNI für den 6. Mai das Album "Hopelessness" angekündigt - elf Songs, entstanden in Zusammenarbeit mit Hudson Mohawke und Oneohtrix Point Never(von denen einer übrigens "Obama" heißen wird). Die erste Single "4 Degrees" war hier schon zu hören, nun gibt mit "Drone Bomb Me" eine zweite und dazu einen Videoclip, den Nabil unter Mitwirkung von Model Naomi Campbell gedreht hat.

Bob Mould: Fragen über Fragen

Einen weiteren Track gibt es von Bob Mould und seinem neuen Album "Patch The Sky": Auch wenn es so scheint, als sei der Mann derzeit mehr geplagt mit Absagen an eine etwaige Hüsker-Dü-Reunion, so wird er in gleichem Atemzug nicht müde zu betonen, wie gut seine derzeitige Band sei und eben das läßt sich nun nach "Voices In My Head" auch anhand des neuen Songs "The End Of Things" überprüfen.

Mittwoch, 9. März 2016

BOY: Von wegen Konserve

Die letzte Messe ist noch nicht gelesen und es gibt noch genügend Gelegenheit, die Band in diesem Frühjahr noch einmal live zu erleben: BOY machen darauf mit ihrem aktuellen Video zu "Hit My Heart" auch richtig Appetit und räumen dabei gleich mal mit dem Vorurteil auf, ihre Musik käme größtenteils aus der Konserve. Von vier Herren werden Valeska Steiner und Sonja Glass auf der Bühne unterstützt und gleich zwei davon sitzen am Schlagzeug. Wer dann doch vor ausverkauftem Haus steht, kann immer noch das feine Album "We Were Here" daheim auflegen.

10.03.  Bielefeld, Ringlokschuppen
12.03.  Krefeld, Kulturfabrik
13.03.  Wiesbaden, Schlachthof
14.03.  Kaiserslautern, Kammgarn
15.03.  Karlsruhe, Tollhaus
21.03.  Zürich, Volkshaus
22.03.  Salzburg, Rockhouse
24.03.  Erfurt, Stadtgarten
26.03.  Dresden, Alter Schlachthof
27.03.  Cottbus, Gladhouse
28.03.  Potsdam, Waschhaus
29.03.  Magdeburg, Altes Theater
... weitere Termine unter http://www.listentoboy.com/

Violent Femmes: Unbelehrbar unerwachsen [Update]

Violent Femmes
„We Can Do Anything“

(Pias Recordings)

Wer kürzlich bei Stephen Colbert die Kugelgrill-Performance der Violent Femmes ihres Alltime-Klassikers „Blister In The Sun“ gesehen hat, der kann ermessen, wie wichtig die Musik von Gordon Gano und Brian Ritchie, jetzt unterstützt von Drummer John Sparrow, noch  immer ist. Der verzückte Talkmaster, ein textsicherer, leidenschaftlicher Publikumschor und natürlich standing ovations – für viele gehört der Song aus dem Jahr 1983 zum Soundtrack des Lebens, gilt der rotzig-bissige Folkpunk aus Milwaukee als Vorlage zum damaligen Lebensgefühl, dem man heute (wie allem, was in der Entfernung eine unbestimmt Sehnsucht nährt) gern etwas nachtrauern darf. Andersherum geht es den Violent Femmes wohl ähnlich, auch sie werden mit mildem Blick auf längst vergangene Tage schauen – hört man sich ihr erstes Album nach fünfzehn Jahren Pause an, scheinen sie kein Jahr älter geworden zu sein, wirken sie noch immer so unbelehrbar unerwachsen wie in ihren Gründertagen.

Dabei tun die Horns Of Dilemma, langjährige Backingband der Kapelle, ein Übriges zur ausgelassenen Stimmung. Deren Mitglied Jeff Hamilton ist es als Produzent wahrscheinlich auch zu verdanken, dass sich die Violent Femmes auf der aktuellen Platte streckenweise wie die Nordstaaten-Variante der Monty Pythons anhören. Stücke wie „I Could Be Anything“, „Issues“ oder „Travelling Solves Everything“ wirken so operettenhaft und amüsant, wie es ein paar Monate zuvor auf der anderen Seite des Planeten auch den Sparks zusammen mit Franz Ferdinand als FFS gelungen ist. Wo diese allerdings in Richtung Pop unterwegs sind, toben sich die Femmes auf gewohnte und liebgewonnene Weise bei Country, Western und zackigem Bluesrock aus. Und scheuen auch den tiefen Blick in die Augen der Angebeteten nicht, wenn sie für „What You Really Mean“ ganz selbstvergessen von Herzschmerz schmachten.

Mit dem Kindermotto, dass jeder alles kann und alles darf, wenn er oder sie nur eigensinnig genug darauf pochen, haben sie ja schon ihr Album betitelt – dass sie auch weiterhin wenig Lust verspüren, sich an die sittsamen Gepflogenheiten ihrer Altersstufe zu halten, wird schnell klar: Endlose Konfliktgespräche sind ihnen ein Gräuel („Issues“), der Heilige Geist spielt (s)eine erwartet unrühmliche Rolle und die Einladung an die Geliebte, das geräumige Auto doch endlich auch mal ordentlich zweckzuentfremden, zeugt zwar von wenige Anstand, aber mächtig viel Spaß bei der Arbeit („Big Car“). Beendet wird der Reigen mit der handfesten Drohung, dass für die drei beschwingten Herren noch lange nicht alles vorbei ist („I’m Not Done“), sie also noch genügend Körner für ähnlich unterhaltsame Platten haben – seien wir ehrlich, viel Besseres hätte uns doch gar nicht passieren können. http://www.vfemmes.com/

Update: Jetzt mit Video von "Memory" zum aktuellen Record Store Day.

Modesta: Schwer zu fassen

Spannend wird's ja immer erst, wenn's nicht ganz so klingt wie der Rest - das Attribut jedenfalls können Modesta, eine dreiköpfige Band aus Boston, für sich beanspruchen. Arjun Viswanathan (Gesang), Dan Vitale (Drums) und Kostas Papadopoulos (Gitarre) haben gerade ihre neue EP "Three" mit vier Stücken veröffentlicht und sind stilmäßig nicht so leicht zu fassen - soulig in erster Linie, haben sie aber auch das dunkle Schillern der späten, also aktuellen Foals oder Maccabees. Das Kurzformat bietet bemerkenswert viele Spannungsmomente und ohrenscheinlich genügend Potential für weitere Großtaten.

Eagulls: Weiter geht's

Aller guten Dinge ... - die dritte Kostprobe vom neuen Album der Eagulls ist online gegangen, nach "Lemontrees" und "My Life In Rewind" hat das Label Partisan Records nun noch "Skipping" hinterher geschoben - das Album "Ullages" erscheint weiterhin am 13. Mai.

Bleached: Wurmfortsatz

Zugegeben, die Überschrift ist ein bisschen eklig, aber eben auch ein bisschen lustig. Bleached haben ja vor einiger Zeit ihr neues Album "Welcome The Worms", Erscheinungstermin 1. April via Dead Oceans, angekündigt und das Video zur ersten Single "Keep On Keepin' On" vernetzt, nun geht ein weiterer Song der Platte ins Rennen - voila, "Sour Candy" on the way...

Dienstag, 8. März 2016

Balloon Pilot: Verbeulte Menschen

Balloon Pilot
„Eleven Crooked Themes“

(Millaphon)

Abschließen wollen wir den innerdeutschen Thementag nach Hardcore Nord und Noisewave West mit ein großen Portion Wohlklang aus dem Süden. Die Münchner Band Balloon Pilot brachte vor vier Jahren mit dem gleichnamigen Debüt eine Platte heraus, die sofort zu Herzen ging – die anschmiegsamen, zarten Folksongs, die Sänger Matze Brustmann mit seinen Bandkollegen damals vorlegte, waren vom Start weg von erlesener Qualität und selbst wenn das Quintett den behutsamen Neofolk vom Pop zum Rock führte, gelang ihnen dies überzeugend und angenehm unaufdringlich. Nun ist das viele Lob über Gefälligkeit und Harmonie den Herren, interpretiert man Titel und Texte des neuen Werkes richtig, nicht immer nur die reine Freude, Balloon Pilot wollen beileibe kein einschläferndes Eiapoeia für kontaktarme Couchpotatoes liefern – Unterschiedlichkeit, Ecken und Kanten, Unberechenbarkeit, auch das soll eine Rolle spielen in ihrer Musik. „Crooked Things“ eben. Und wenn Brustmann gleich nach dem so sanftmütigen wie wunderbaren Opener „42 Seems Right“ im ersten Rocksong „When The Planets Collide“ davon singt, dass er nicht immer nur artig lächeln werde, wenn ihm der Sinn danach nicht steht, dass Menschen eben verbeult, hintergründig und sprunghaft sind und sein müssen, dann ist das für seine Verhältnisse eine recht deutliche Absage an gern gepflegte Konventionen und Erwartungshaltungen.

Der Sound der Band wird deshalb kein ungestümer werden, es mischen sich nur ein paar neue, gern – wie beim feinen „Golden Leaves“ – auch mal schiefe Töne ins herbstfarbene Pastell. Kleine Spannungsverhältnisse einzubauen, darum geht es den fünfen, sie müssen also nicht unbedingt poltern, um Unbehagen oder Enttäuschung zu vermitteln. Die Handreichung, eine oft schwierige, manchmal zwiespältige Geste an den Gegenüber, in „Handshakes“ wird sie in aller Ruhe beschrieben und trotzdem schwingen hier zu einer hübschen elektrischen Gitarrenspur noch Unsicherheit und Ironie mit. Auch bei „Nothing But Air“ geht es um Unmut, um Wut vielleicht, die man dem anderen ins Gesicht schreien möchte – es bleibt dennoch verhalten und ruhig, man fährt mit angezogener Handbremse und erzeugt deshalb nicht weniger Reibung. Neben den klassischen Piano- und Streicherparts haben Balloon Pilot für einige Stücke jetzt auch Bläserblech ins Repertoire genommen, Mathias Götz muss man hier in einem ohnehin hochklassigen Klangkollektiv als belebendes Element und Multiinstrumentalisten (Trombone/Piano/Percussion) herausstellen, ebenso wie den schönen Cellopart von Fanny Kammerlander im Eröffnungsstück. Am Ende ist das Album noch einmal ein deutlicher Schritt nach vorn, ausgewogener und zugleich facettenreicher als der Vorgänger – wenn es nicht so abgedroschen klänge, man sollte es ein kleines Kunstwerk nennen (dürfen). http://www.balloon-pilot.de/

09.03.  Amberg, Luftmuseum
11.03.  Schongau, Brauhaus
16.03.  Passau, Café Museum

Fluffy Floor: Nicht auszurechnen

Thementag Nachhaltige Produktionen aus eigenem (meint: landesinnerem) Anbau - Teil 2: Diesmal Saarbrücken, von dort stammt das Trio Fluffy Floor. Im letzten Jahr machten sie mit der EP "Dreampop" von sich Reden, nun gibt es mit "Tongue" einen ersten neuen Track zu hören. Wer auf seiner Facebook-Page einen Song von Interpol zitiert, liegt natürlich auch klanglich nicht weit weg von der New Yorker Wavekapelle - damit es nicht allzu berechenbar wird, legen die Jungs gleich noch einen Remix zur Single bei, verbastelt von ihrem eigenen Gitarristen Geis†. Kann gern mehr von kommen ...