Donnerstag, 29. Juli 2021

Darkside: Auf den zweiten Blick

Darkside
„Spiral“

(Matador)

Manchmal lohnt es sich schon, genauer hinzuschauen. Wenn man das Cover des neuen, zweiten Albums von Nicolás Jaar und Dave Harrington nämlich nur flüchtig betrachtet, scheint es, als hätten sie die Glaskugel von „Psychic“, ihrem ersten gemeinsamen Werk, etwas arg vernachlässigt, so dass diese zwangsweise Moos ansetzen musste und mit der Zeit zuwucherte. Zum Glück taugt das allerdings weder als Analogie noch als Pointe, denn mit geschärftem Blick ist zu erkennen, dass das Wasser noch immer klar, das Grün frisch ist und es sich hier eben nicht um ein verwildertes Biotop, sondern um eine seitenverkehrte Spiegelung kraftvoller Natürlichkeit handelt. Wer daraus jetzt trotzdem ein Sinnbild ableite möchte – nun denn: Ein bloßer Aufguss der vorangegangenen Platte ist die neue also nicht geworden, wenngleich die Grundform erhalten geblieben ist. Jaar und Harrington haben dem Ganzen eine andere Färbung gegeben, und ja, es lohnt sich, nicht nur genau hinzuschauen, sondern auch hinzuhören. Denn was „Spiral“ bietet, ist Jamming als High-End-Performance.



Es bereitet also, auch wenn die aktuellen Tracks bis auf die Ausnahme „Liberty Bell“ nicht mehr ganz so catchy rüberkommen, ein großes Vergnügen, den Soundspielereien der beiden Herren zu lauschen. Harringtons psychedelische Soloeinlagen an der Gitarre gemahnen noch immer an die besseren Tage von David Gilmour bei Pink Floyd, sie sind störrischer, kantiger geworden, das tut dem Album gut. Das Disco-Flair, so es eines gab, ist fast gänzlich verschwunden, es dominieren ruhigere Töne, dunkler Space-Folk, Soundtrack-Kulissen, Prog-Rock-Anklänge. Garniert ist das alles mit einer Vielzahl von Geräuschen – meditative Klangschalen, verfremdete Bandansagen, knisterndes Voodoogeklapper, langweilig wird es in keiner Minute. Inhaltlich befassen sich die Songs vorzugsweise mit Tod, Vergänglichkeit, unserem oft doch recht nutzlosen Dasein auf dem Planeten, mancher Text wirkt fast alttestamentarisch dramatisch, da weiß man dann nicht ganz so genau, wie das nun gemeint sein soll. Geschenkt, eine runde Sache – Kugel hin, Kugel her – ist die Platte allemal.



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