Mittwoch, 3. März 2021

Jane Weaver: Verpackungskünstlerin

Jane Weaver
„Flock“

(Fire Records)

Klingt einfach, ist aber harte Arbeit. Was soll sie auch machen? Jane Weaver hat im Laufe ihrer Karriere, ob solo oder mit Band, eine ganze Reihe fabelhafter Alben aufgenommen. Und wenn sie gut geworden sind (was bei ihr die Regel und nicht die Ausnahme ist), steht sie, wie andere Künstler*innen auch, vor dem Dilemma, dass die nächste Platte eben an der vorangegangenen gemessen wird. Nehmen wir eine ihrer letzten Veröffentlichungen „Modern Kosmology“. Erschienen 2017, fanden sich darauf neben einer Reihe gelungener Stücke auch solche, die hervorstachen, in besonderer Erinnerung blieben – backskip, mehrmals. Da war der kantige Technotrack „The Architect“, für ihre Verhältnisse von geradezu auftrumpfendem Charakter, und da waren so wunderbare Songs wie „Slow Motion“, „Did You See Butterflies?“ und „I Wish“ (eine Reihe davon hat sie übrigens zwei Jahre später noch einmal überarbeitet). Die Messlatte lag weit oben.

Und deshalb hat Weaver genau das Richtige getan. Sie hat ihre Kernkompetenz gefestigt, bewegt sich stilistisch also zur Hauptsache noch immer zwischen den Polen Kraut- und Post-Rock, alternativem Elektrofolk und psychedelischen Einschüben, auch „Flock“ klingt stellenweise wie die wohlbekannte Mischung aus Stereolab, Velvet Underground und den Cocteau Twins. Besitzstandswahrung also auf der einen, vorsichtige Neuerung auf der anderen Seite. Wo jetzt die harten Beats fehlen, wird Platz geschaffen für den frankophilen Pop der 60er oder überraschend funkige Gitarrenklänge. Letztere klingen gerade so, als hätte sich Prince – siehe „The Revolution Of Super Visions“ – kurz für ein paar Takte aus dem Jenseits dazugeschaltet, Ähnliches läßt sich auch in leicht abgebremster Form bei „Sunset Dreams“ heraushören.



Kluge, punktuelle Ergänzungen demnach, hier mal den Titelsong mit zarten Harfen- und Flötenklängen verziert, für den entspannten Schwung des wundervollen Openers „Heartlow“ scheint mit Serge Gainsbourg ein anderer Großer Pate gestanden zu haben. Der Schlußakkord „Solarised“ wiederum klingt so verführerisch und anmutig, dass man fast vergisst, dass Weaver auf „Flock“ den Texten eine Art Tarnkappe überzieht – haben sie sich erst einmal im Ohr verfangen, können sie im Ganzen wirken. So ist „Modern Reputation“ bei aller Eingängigkeit ein deutliches Plädoyer für den Kampf gegen toxische Männlichkeit und für die Gleichstellung der Geschlechter, eines allerdings, aus dem auch viel Enttäuschung und Frust herauszuhören ist. Und auch besagtes „The Revolution Of Super Visions“ beschäftigt sich mit unserem Umgang miteinander, zunehmender Oberflächlichkeit und der Penetration sozialer Medien in alle Bereiche unseres Lebens. Schwerer Stoff, verführerisch verpackt – macht große Kunst.

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