Frittenbude
„Rote Sonne“
(Audiolith)
Das glaubt ja nun wirklich keiner mehr, dass das Leben ein langer, ruhiger Fluss ist. Und auch wenn man seinen Harari gelesen hat und etwas auf Abstand geht – es ist eine verflixte Sache damit: Man wird ja tagtäglich mit Dutzenden von Sinnsprüchen bombardiert, die Chats sind voll davon und nicht wenige Mitmenschen machen es sich zur Aufgabe, diese auch noch auf T-Shirts durch die Gegend zu tragen. Nur, erträglicher oder verständlicher wird der Sinn des Ganzen dadurch auch nicht. Life’s what you make it – haha, good joke, das erzähl' mal einem Kind in Syrien, dem chinesischen Umweltaktivisten oder einem Indio, dem die Urwälder unter den Arsch weggerodet werden. In Westeuropa sieht das auf den ersten Blick natürlich etwas anders aus, aber bei näherer Betrachtung weiß auch hier niemand so recht wie weiter. Frittenbude aus Wahlberlin sind da nicht das einzige Beispiel, mit ihrer neuen Platte aber ein recht anschauliches. Diese nämlich dreht sich vornehmlich um „la vida loca“, die Generation friedensverwöhnter Kindeskinder ist ziemlich verunsichert: Wofür lohnt sich der Kampf oder gehört doch alles in die Tonne?
Seltsam unentschieden kommen sie daher, die neuen Lieder derjenigen, für die doch eigentlich immer alles besser läuft und denen sich am Horizont doch gefährlich viele Bedrohungen aufbauen – Nationalismus, Separatismus, Konsumwahn und Medienwahnsinn, wir drehen durch oder wenigstens im Kreis und die richtigen, die verlässlichen Antworten hat keiner parat. Und so beginnt es gleich mit einer trostlosen, endzeitlichen Szenerie, Helikopter und Mördergeschrei, es geht bergab und der Beat beschleunigt die Talfahrt („Kill Kill Kill“). Einigermaßen verzweifelt präsentiert sich das Trio, orientierungslos. Da wo sie sind, ist’s nicht mehr so prickelnd (die Spree schmeckt scheiße und der Terror der Mitte-Hipster nervt gewaltig), das Leben lebt sich selbst, egal ob wir was tun oder ob wir’s einfach lassen („Alles was wir nicht tun“). Wegrennen hilft nicht („Insel“) und wo Moop Mama den Molli werfen, versucht es die Frittenbude standesgemäß besser gleich mit dem ganzen „Kanister“.
Viel Wehmut ist da, Angst auch und Trotz. Etwas entschiedener werden die drei Freunde aus Bayern wenigstens, wenn es um den Gegner geht, daran läßt es sich aus- und aufrichten. Der Rundumschlag gegen alles und jeden (und eben nicht nur die ewigen Standard-Bösen) zusammen mit Love-A-Sänger Jörkk Mechenbier in „Die Dunkelheit darf niemals siegen“ mag zwar recht plakativ sein, der Zorn aber, der sich bewusst mit einbezieht, macht den Song zu einem der besten des Albums. St. Pauli, Charlotte Roche, Red Bull (die ja auch gern mal ein alternatives Spaßevent sponsern), Bioladen und Kunstversteher, immer eine drüber. Der Sound zur heraufdämmernden Katastrophe, zum Tanz auf dem Vulkan, ist der gewohnte – geschmeidige Loops, härtere Beats, es brodelt, hämmert und spotzt schön in der Fritteuse und auch wenn alles kaputt geht, plädiert das Album wenigstens für ein universell gültiges Motto: Ohne Musik, so sagte der Herr Nietzsche, wäre das Leben ein Irrtum. Und brächte erheblich weniger Spaß.
15.03. Hannover, Faust
16.03. Hamburg, Uebel und Gefährlich
21.03. Wien, Flex
22.03. Salzburg, Rockhouse
23.03. Graz, PPC
28.03. Dresden, Scheune
30.03. Berlin, Festsaal Kreuzberg
04.04. Jena, Kassablanca
05.04. Leipzig, Täubchenthal
06.04. Wiesbaden, Schlachthof
11.04. Münster, Gleis 22
12.04. Essen, Hotel Shanghai
13.04. Köln, Luxor
25.04. Nürnberg, Z-Bau
26.04. Stuttgart, Im Wizemann
27.04. München, Muffathalle
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