Dienstag, 17. Juli 2018

Bodega: Moderne Fünferkette

Bodega
„Endless Scroll“

(What’s Your Rupture?)

Wie nach jedem großen Fußballturnier (hatten wir ja gerade erst) die neuesten Trends im Ballsport zusammengetragen werden, läßt sich auch ein Musikjahr bewerten, lassen sich Entwicklungen erkennen und benennen. Und selbst der leidenschaftliche Laie (in der Rollen sehen wir uns jetzt mal) darf nach einer Halbsaison eine erste Bilanz ziehen: 1. Auch dieses Jahr wird weiblich 2. Der Hip Hop tritt auf der Stelle (auch weil er sich von seinem frauenverachtenden Image, siehe 1, nicht zu lösen vermag) 3. Der Jazz ist endgültig zurück 4. Der Post-Punk erlebt eine weitere Blüte. Natürlich folgt noch eine Reihe weiterer wichtiger Punkte, wir bleiben aber mal bei 4 stehen und behaupten, daß diese These mit dem Hinweis auf die Formation Bodega aus Brooklyn bestens untermauert werden kann. Ben Hozie, Nikki Belfiglio, Montana Simone, Heather Elle und Madison Velding-VanDam – fünf junge Leute aus New York, die ohne Berührungsängste die Grenzen eines Genres austesten, das ohnehin von der Vielfalt verschiedenster Stile lebt. Und zwar humorvoll, politisch, selbstironisch und – nicht ganz so selbstverständlich – auch selbstkritisch.



"Das Mantra von Bodega lautet: Die beste Kritik ist Selbstkritik!“, so Hozie in einem Interview mit dem Netzportal DIY, „Wenn ich also das Internet kritisiere, geht es nicht so sehr um dieses große, abstrakte, böse Ding, es geht vor allem darum, wie wir persönlich damit umgehen. Was machen wir falsch?“ Fragen, die sich keiner so gern stellt, weil dann der Zeigefinger schnell wieder wieder eingepackt werden, man sich selbst hinterfragen muß. Stücke wie „How Did This Happen“ oder „Name Escape“ setzen hier an und versuchen, den Blickwinkel des Zuhörers zu verändern, wachzurütteln aus der eigenen Selbstzufriedenheit. Der Sound dazu ist knackig, schnoddrige Stimme meets dicken Bass meets schroffe Gitarren, Songs, die kaum die Dreineinhalb-Minuten-Marke reißen und anständig frisch klingen. Da gibt es Hörenswertes über pseudointellektuelle Überspanntheit („I’m Not Cinephile“), die Freude am Spiel mit sich selbst („Gyrate“), das hektische Leben in der Trendblase („Can’t Knock The Hustle“) und die wunderbar bissige Liebeserklärung an (Männer wie) „Jack In Titanic“. Alles sehr liebevoll, authentisch und mit viel Spielwitz. Quasi eine moderne Fünferkette.



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