Funny van Dannen
Muffathalle, München, 12. März 2015
Verwundert ist nur, wer durch Zufall da hineingeraten ist. Verwundert darüber, dass Menschen gesetzten Alters mit beseelten Gesichtern ein Konzert verlassen, auf dem zuvor ein Mann zwei Stunden lang über folgende Dinge gesungen hat: Farbeimer, Fische (auch bärtige), Gartenschläuche, Kartoffelschalen, Regenwürmer, Korkenzieherlocken, Nebelmaschinen, Eurythmieschuhe, Plastikbälle, Tierposter und Bonobo-Affen. Da dieser Mann aber Funny van Dannen heißt, ist die Themenwahl alles andere als ungewöhnlich, schließlich zieht er schon seit zwanzig Jahren mit Gitarre durch die Lande und beglückt ein überaus treues Publikum mit seinen stets eigenwilligen, oft saukomischen Betrachtungen von scheinbar randständigen Alltäglichkeiten.
Doch weil die Größten (siehe Almodovar) diejenigen sind, denen es scheinbar mühelos gelingt, das Leichte und das Schwere in ihren Geschichten zu verbinden, die es schaffen, erdrückende Traurigkeit in schallendem Gelächter aufzulösen, das einem hernach gleich wieder im Halse stecken bleibt – deshalb ist van Dannen unter den Tragikomikern dieses Landes einer besten. Er beherrscht diesen Wechsel, den Rhythmus von Melancholie, Wut und Heiterkeit wie kaum ein anderer, seine Bühnenprogramme sind Lehrstücke für Achterbahnkonstukteure. Und deshalb gehören natürlich Stücke wie „Herzscheiße“, „Saharasand“, „Billige Räusche“ und „Vaterland“ zu einem solch gelungenen Abend – begleitet von einer Art Gefangenenchor, der ihm textsicher an den Lippen hängt, werden Arbeitsplätze vernichtet, Seelen geschwärzt, Randgruppen veralbert und zwischendrin gurgelt und kiekst es immer wieder – An- und Entspannung im Dreiminutentakt.
Selten, dass van Dannen mal ein Song anstimmt, den hier nicht jeder kennt – die Eröffnungsnummer über den Zusammenhang von Fußball und latenter Homosexualität („Fußball 2“), gerade mal ein paar Monate alt, hat wohl noch nicht die große Runde gemacht und wird dennoch frenetisch gefeiert. Der Vorrat scheint so endlos wie die Zettel, die van Dannen auf seinem Notenpult immer nach hinten wegsortiert und die auf rätselhafte Weise trotzdem nie ausgehen, Klassiker wie „Nana Mouskouri“, „Posex“ und „Gwendolyn Kucharsky“ dürfen nicht fehlen und während einen unten gerade die tragische Ballade von „Rod Weiler“ aus den Schuhen gehauen hat, kokettiert der Mann oben schon wieder mit Altersweitsicht und „Schilddrüsenunterfunktion“. Dann geht das Saallicht an und man erwischt sich selber mit einen Grinsen im Gesicht. Wie lange das wohl vorhalten wird?
1 Kommentar:
Aber Delfine sind gar keine Fische. Super Blog. Super Rezensionen.
Kommentar veröffentlichen