Donnerstag, 24. Oktober 2019

The Düsseldorf Düsterboys: Poesie im Bierdunst

The Düsseldorf Düsterboys
„Nenn mich Musik“

(Staatsakt)

Das ist die Geschichte von Peter und Pedro, zwei begabten jungen Burschen, die ihre Jugend da verbrachten, wo einst Fördertürme knarzten, Grauschleier hingen und der Keuchhusten zum guten Ton gehörte – Essen, Ruhrpott also. Der Hinweis, relotiusmäßig verbreitet von unserem Lieblingsdealer Hanseplatte, nach dem die beiden ihre dort ins Leben gerufene Kapelle International Music (Album „Die besten Jahre“) aus Frust darüber, dass man sie bei Google nur schwerstens orten konnte, alsbald in The Düsseldorf Düsterboys umbenannten, ist wahrscheinlich ebenso abwegig wie des Labels Mär von der nächtlichen Erscheinung. Aufwändige Recherchen nämlich verbürgen, dass Peter Rubel und Pedro Goncalves Crescenti als Duo schon länger durch Bars und Kaschemmen zogen, nur der große Rum eben blieb ihnen versagt. Damals, 2016, entstand der Song „Teneriffa“, der sich heute mit fünfzehn weiteren auf dem vorliegenden Album versammelt. Ein Album, das laut landläufiger Meinung bestens in die neue Zeit passt, werden doch gerade Softness und Romantic, vorzugsweise (weil so atypisch) von Männern gemacht, gehypt wie irre – KUMMER will den Hip-Hop wieder „weich und traurig“ machen, Die Kerzen lassen mit „True Love“ die Herzen höher schlagen, da kommen einem die zwei gerade recht.

Genaugenommen sind sie ja zu viert, denn Fabian Neubauer und Edis Ludwig machen die Düsterboys auf Platte und Bühne zum Quartett. Produziert hat der sagenumwobene Olaf O.P.A.L., eine Art Allzweckwaffe an den Reglern. Zu hören gibt es sorgsam eingebremsten, meistenteils getragenen Drone-Folk, textlich irgendwo zwischen Remmlers „Turaluraluralu“ und einer großen Portion „Marmelade und Himbeereis“ vom Grauzonendebüt. Wichtig dabei: Es bleibt dunkel. Alles klingt etwas staubig, gedämpft und verschwommen, als Kulisse schiebt sich der berüchtigte Gelsenkirchener Barock mit schwerer Eichentäfelung vor’s innere Auge, Rauchschwaden, Bierdunst. Die passende „Kneipe“ fand sich auch auf dem Erstling von International Music, jetzt wie auch beim „Kaffee aus der Küche“ unterstützt von der Münchner Formation DC Schneider. Die gleiche Kerbe ins speckige Tresenholz schlagen die wunderbar torkelnden „Alkoholgedanken“, herrlich angeranzte Säuferpoesie.



Überhaupt: Poesie. Früher gab es ganze Alben mit dem Zeug, die auf dem Schulhof kreisten. Hatteste eins bekommen, schlotterten dir die Knie ob der Herausforderung – Herz ausschütten oder besser den unbedenklichen 0815-Spruch. Gab’s keins, warste draußen aus dem Kreisel, unabänderlich, gnadenlos, Hinrichtung. Mit den Zeilen der Düsterboys wäre man natürlich schnell als Sonderling und Eckensteher in Verruf geraten, dennoch funktionieren sie nach dem selben, simplen Prinzip. Ob nervige Mama, zweifelhafte Parties, die große Liebe oder die größere Einsamkeit, schwankende Körper mit schwankenden Stimmungen, alles das läßt sich auf ein paar einfache Worte herunterbrechen, all das braucht keine Doppeldeutigkeiten. Und abgesehen vom schwofigen „Messwein“-Boogie auch keine großartige, körperliche Anstrengung. Lieber leben lassen, gehen lassen, sanft sein. Dass „Wie ein Henker“ zur Hälfte ins Französische kippt, verwundert da kaum, denn das passt prächtig. Nun ist es nicht so, dass man sich die Düsternis ins eigene Leben wünscht – wenn sie aber schon mal da ist, dann bitte sollte sie genauso klingen.

12.11.  Berlin, Privatclub
13.11.  Hamburg, Aalhaus
17.11.  Leipzig, Transcentruy Update
19.11.  Mainz, Schon Schön
20.11.  Oberhausen, Druckluft
21.11.  Köln, Bumann & Sohn
22.11.  Dortmund, Rekorder
23.11.  Wuppertal, Die Börse
26.11.  Krefeld, AStA Keller
27.11.  Wetzlar, Franzis
28.11.  Wiesbaden, Schlachthof (w/ Voodoo Jürgens)
14.01.  Freiburg, The Great Räng Teng Teng
15.01.  St. Gallen, Folk Cafe
17.01.  München, Heppel & Ettlich
18.01.  Karlsruhe, Kohi
22.01.  Düdingen, Bad Bonn
23.01.  Augsburg, Lamm
24.01.  Ingolstadt, Neue Welt
25.01.  Bayreuth, Glashaus
26.01.  Jena, Cafe Wagner
29.01.  Dresden, Ostpol
30.01.  Rostock, Helgas Stadtpalast
31.01.  Magdeburg, Moritzhof
01.02.  Bremen, Lagerhaus (Etage 3)

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