Viagra Boys
„Street Worms“
(Kosmos Recordings)
Das ist schon verflixt: Die Freude darüber, dass es jemand mit der Political Correctness nicht ganz so genau nimmt, ist nun auch schon wieder ziemlich korrekt und man weiß gar nicht mehr, ob man mit dem Beharren auf künstlerischer Freiheit noch auf der richtigen Seite steht – und wo diese überhaupt ist? Je mehr Gedanken man sich darüber macht, so scheint es, desto schlimmer wirds. Wohltuend deshalb, wenn sich mal wer nach vorn wagt ohne groß zu überlegen. Die schwedischen Viagra Boys geben schon mit ihrem Namen Auskunft darüber, wie sie es mit hehren Begriffen wie sozialer Verantwortung und gesellschaftlichem Bildungsauftrag so halten. Genaugenommen sind das Dinge, über welche die fünf Kerle aus Stockholm eher selten nachdenken, sind sie doch der Meinung, ein jeder sollte den Anspruch zwischen ausgelassener Party und kritischer Hinterfragung mit sich selbst ausmachen – so jedenfalls haben sie es gerade dem OX-Magazin erzählt. Und so klingt auch ihr Debütalbum. Dort wird der Rock noch in fetten Lettern geschrieben, gibt es dreckige Gitarren, werden die Drums wie auf der Gallere gehauen und sind die Texte anständig rüde.
Allerdings steht in ihrer Stellenbeschreibung nicht ohne Grund ein „Post“ vor dem Punk, denn das überraschende Moment ist bei ihnen jederzeit zu haben: Irgendwo kreischt immer ein Saxophon, Sythesizer gehören zum Arbeitsgerät und auch die Texte sind nicht einfach nur böse, sondern auch lakonisch und voller Sarkasmus. Es geht um Psychopathen, Gruppendruck, Männlichkeit natürlich (oder das, was viele darunter verstehen wollen), um Hunde und Sport. Vor allem um Hunde und Sport. Erklären muss man das nicht, Sänger Sebastian Murphy sieht darin keinen großen Sinn: „Das Einzige, was ich über unsere Texte sagen kann, ist, dass wir eigentlich nicht die Absicht haben, mit dem Text zu unterhalten oder eine Botschaft zu vermitteln, aber hoffentlich tun sie beides.“ Besonders gut gelungen sind die Stücke „Sports“ und „Just Like You“, außerordentlich unterhaltsam die unfreiwillige Ludwig-Hirsch-Hommage „Worms“. Murphy spinnt hier das Bild von der fortschreitenden Verwesung weiter zu seinem Verständnis von Égalité: „The same worms that eat me will someday eat you too.“ Da darf dann auch mal laut gelacht werden – ausnahmsweise. https://www.vboysstockholm.com/
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