RVG
"Feral"
(Fire Records)
Man muss kein großer Fachmann sein, um zu wissen, dass sich hier genau die Richtigen getroffen haben: RVG, die Romy Vager Group aus dem australischen Melbourne also, gerade dabei, ihr zweites Album "Feral" aufzunehmen, nachdem sie 2017 mit "A Quality Of Mercy" debütierten. Und Produzent Victor Van Vugt, der schon mit Nick Cave und PJ Harvey gearbeitet hatte und zu dessen heiligen Berufsmaximen es gehört, das Einfangen des Live-Erlebnisses über alles zu stellen. Passte perfekt. Wer nämlich die Band schon auf der Bühne erleben durfte, wird wissen, dass es dort mördermäßig scheppert, dampft, dass sich Bandleaderin und Sängerin Romy schier die Seele aus dem Leib schreit, während der Schweiß in Sturzbächen fließt. Musik ist körperliche Arbeit - besser als bei RVG läßt sich das kaum beobachten. Das Verrückte und Beeindruckende an diesem Trio ist der Umstand, daß RVG ihre Songs mit sehr großer Leidenschaft und Ernsthaftigkeit zur Aufführung bringen, dafür aber (neben all dem Krach) durchaus auch wunderbar leichte, hochmelodische Gitarrenakkorde nutzen. Wollte man zwei Referenzen bemühen, um einem Unkundigen den Zauber und die Wirkmächtigkeit der Musik von RVG näherzubringen, dann würde man vielleicht behaupten, hier würde Patti Smith von den Go-Betweens begleitet.
Es hat Songs auf diesem Album, da möchte einem das Herz zerspringen, so klassisch und einfach sind sie arrangiert, so klar und unironisch kommen einen die Textzeilen von Vager an: "Help Somebody" beispielsweise - keine Metapher, kein doppelter Boden, sondern einfach die Feststellung, diese Welt sei um so vieles schlechter und dunkler, als sie es sein müßte und deshalb wäre es jetzt an der Zeit, zu helfen und von jeder Gemeinheit ein für alle Mal zu lassen. Und weil sich gegen Ende bedrohlich dunkle Töne in den Hintergrund schieben, gibt es auch gar keinen Zweifel, wie dringlich dieses Anliegen gemeint ist. Oder "Used To Love You", noch so ein Song, der einen mit Wucht von den Beinen holt. Vager singt von der schmerzhaften Erfahrung der Erkenntnis, dass eine Liebe, mag sie noch so tief und wahrhaft gewesen sein, durchaus endlich sein kann. Und davon, wie weh es tut, das Leid der/des anderen zu sehen und doch zu wissen, dass der Beschluss unabänderlich ist. Im besten Sinne ein Tearjerker dann das Schlußstück "Photograph", so abgrundtief traurig, trostlos und schwarz und doch voller Sehnsucht nach Hilfe und Besserung. Es raubt einem fast den Atem, wenn man diese Bekenntnisse hört, so ganz ohne jeden Schnörkel. Mögen sie von fiktiven Charakteren handeln - wer solches singt, weiß viel vom Leben und von den Abgründen, die es für uns bereithält. Diese Platte ist in vielerlei Hinsicht überwältigend schön.
1 Kommentar:
bin auch begeistert. Erinnert mich an Bright Eyes. Vielen Dank für den sehr guten Tipp.
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