Fleet Foxes
„Crack-Up“
(Nonesuch Records)
Gerade noch mal gespickt – den Vorgänger „Helplessness Blues“, vor sechs Jahren erschienen, hatten wir doch tatsächlich dem Erbe von Crosby Stills Nash And Young und Simon And Garfunkel zugeschlagen, was damals sicher kein allzu verwegenes Urteil war. Flauschige und verwunschene Songs fanden sich auf dem zweiten Album der Fleet Foxes, ganz dem Folk-Klischee entsprechend gab es Fidel-Melodien, zarte Chöre und allerhand mehr solcher herzerwärmenden Zutaten – und man war’s zufrieden. Klar stand dann in der Folge irgendwann die Frage im Raum, ob Robin Pecknold die Mumfordisierung seiner Band vorantreiben sollte oder im übertragenen Sinne die Alt-J-Taste drückt. Nun, er hat sich für letzteres entschieden und zwar mit einer Konsequenz, die einen staunen läßt. Denn von Beschaulichkeit, einschmeichelnder Süße oder gar zunehmender Simplifizierung ist auf der neuer Platte kaum noch etwas zu hören, statt dessen erwartet uns ein Werk, das zumindest in diesem Genre in Sachen Komplexität und Vielschichtigkeit seinesgleichen sucht.
Das ist nicht immer ganz einfach, man sollte sich für „Crack-Up“ schon ein paar Minuten mehr nehmen. Denn schon allein die Fülle der instrumentalen Arrangements ist so atemberaubend wie herausfordernd – neben den gewohnten Arbeitsmitteln einer handelsüblichen Rockband finden sich hier noch Celli und Cembalo, Posaunen und Trompeten, japanische Lauten und Zittern, Marimba, Kastagnetten sowie ein ganzes Arsenal verschiedenster Keyboards und elektronischer Klangwandler in den Liner-Notes. Und so vielfältig die Auswahl der Werkzeuge, so weit geschnitten auch die der textlichen Bezüge. Man muss schon ein ausgewieseser Fachmann in Sachen Historie und Sagen sein, um hier den Anschluß zu behalten, den Bezug zum römischen Verschwörer Cassius ("Cassius,-"), zur griechischen Mythologie ("-Naiads, Cassadies") und zum mittelalterlichen Heldenepos Beowulf ("Mearcstapa") sollte man ebenso rekapitulieren können wie Grundkenntnis fernöstlicher Geografie und des malerischen Werkes Francisco de Goyas ("Third Of May").
Allen, die es jetzt mit der Angst zu tun bekommen sei gesagt, daß „Crack-Up“ auch ganz gut ohne Unistudium und Leihbücherei zu bewältigen ist – Zeit und auch Raum braucht es allerdings dennoch. Denn die kunstvoll verschachtelten Melodien, die vertrackten Strukturen und Stilmixturen, welche die Fleet Foxes zuweilen so klingen lassen wie Arcade Fire in ihren seligen Gründertagen, müssen sich entfalten, ausbreiten können. Es läßt sich natürlich ausgiebig darüber diskutieren, ob das, was Pecknold und seine Mitstreiter da anbieten, noch unter der Überschrift „Folk“ firmieren kann. Letztlich ist das aber zweitrangig, denn wie bei gutem oder weniger gutem Wein ist wichtig, ob es schmeckt oder eben gefällt, ob man sich darauf einlassen will und Gefallen an dieser Art des Musizierens findet. Zum Trost bleiben einem dann immer noch die Momente, in denen Pecknolds Stimme, ob solistisch oder gedoppelt, zart oder gewaltig, über all den komplizierten Dingen schwebt. Und die bleiben, so oder so, unverändert schön. http://fleetfoxes.co/crack-up
12.11. Hamburg, Docks
13.11. Berlin, Columbiahalle
01.12. Köln, Live Music Hall
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