Swervedriver
„Future Ruins“
(Rock Action Records)
Einer der übelsten Ausrutscher, der einem früher in Diskussionen über britische Musik passieren konnte, war die Verwechslung einer bestimmten Vorsilbe. Wollte man sich nämlich in den Neunzigern als Kenner und Fan der dortigen Shoegazing-Szene ausweisen, rutschte dem einen oder anderen schon mal versehentlich ein „Skrew“ statt einem „Swerve“ über die Lippen und weil im gleichen Moment die Gesichtszüge des Gegenübers einfroren, wusste man, dass einem gerade etwas ziemlich Dummes passiert war. Die mit der Schraube nämlich zählten seit Beginn der 80er zu den einflussreichsten Vertretern der rechtsgerichteten Oi- und RAC-Szene, was verständlicherweise kein sehr gutes Licht auf sie warf – Swervedriver hingegen hatten mit solchen Verirrungen nichts am Hut, sie spielten seit ihrer Gründung durch Adam Franklin und Jimmy Hartridge eine sehr spannende Mischung aus Grunge-, Psychedelic- und Surf-Rock und kombinierten dies mit dem bekannten Sound der „Schuhstarrer“.
Zum Glück hat es nur die angenehmere der beiden Bands in die Jetztzeit geschafft. Von einem Comeback braucht man hier dennoch nicht sprechen, denn das hatten die Herren aus Oxford schon vor knapp fünf Jahren mit ihrem Album „I Wasn’t Born To Lose You“. Schon auf diesem unterstrichen sie ihr Credo, nachdem Shoegazing nicht zwingend brav, introvertiert und verträumt klingen muss. Sänger und Bandgründer Adam Franklin erwähnt ja in Interviews gern mal seine Vorliebe für Songs von Nirvana, Hüsker Dü oder Motörhead und so spielen Swervedriver seit jeher die härtere, schiefere Variante als ihre Mitstreiter, sind die Ausflüge in Richtung Dreampop eher Ausnahme denn Regel. Es überwiegen also wieder die harschen Gitarrentöne und die dicken Drums, gleich „Mary Winter“ poltert mächtig los, Ähnliches gilt für „Spiked Flower“ und „Good Times Are So Hard To Follow“.
Allen gemeinsam ist aber auch die unbedingte Vorliebe für die großen, mal zarten, mal hymnischen Melodien – hinter der Wall Of Sound versteckt sich also immer auch die Freude an der Harmonie, am Wohlklang. Eine politische, eine proklamatorische Band (s.o.) sind Swervedriver zwar nie gewesen, aber auf „Future Ruins“ kommen auch sie um ein paar bildhafte Andeutungen nicht herum: Der Titelsong zum Beispiel beklagt den Zustand unserer Gesellschaft („We are ruled by fools, these are future ruins, that the king is insane, is now old news“), bei „Mary Winter“ ist es der Blick des Astronauten auf einen dem Niedergang geweihten Planeten („Planet Earth long gone and my feet won’t touch the ground”), im Song darauf dann gar der Abgesang („We’ve stumbled into the end of days, where the future comes home to cry…”) – erwartungsgemäß alles keine erfreulichen Dinge. Trotzdem ist es eine hörenswerte Platte geworden, ein bisschen sentimental, ein bisschen fatalistisch, aber ganz sicher niemals peinlich.
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