„Pure Heroine“
(Universal)
Bilderbuchkarriere, nächste Ausbaustufe? Will da noch wer den neuerlichen Untergang des Abendlandes herbeirufen? Weil sich Universal angeblich schon an die Neuseeländerin heranwanzte, als sie gerade mal zwölf war? Mit den Eltern einen Deal aushandelte und sie mehr als frühzeitig unter Vertrag nahm? Zu vermuten ist, dass Ella Yelich-O’Connor, so der Klarname, ihren Weg so oder so gemacht hätte – sie hat, das darf man wohl glauben, alle Songs auf dem vorliegenden Album selbst geschrieben und diese sind, auch die Behauptung ist nicht allzu verwegen, von einer Qualität, die in Anbetracht des Alters Staunen macht. Und irgendwie scheint dieser Weg dann doch der bessere zu sein, als das Mädchen durch die Mühlen des X-Factor-Idol-Casting-Schwachsinns zu drehen und am Ende ein desillusioniertes Teengirl mit einer Halbwertzeit von zwei lausigen Singles abzufeiern. Um das zu tun, was sie wollte, bekam sie mit Joel Little einen jungen und vergleichsweise unbekannten Produzenten an die Seite und das Ergebnis kann sich hören lassen.
Anschmiegsamer, trippiger Mainstreampop, keine Frage, die Ausschläge nach oben sind überschaubar, aber nach unten hört man halt auch keine – klug arrangiert, nicht platt, nicht billig, und mit ein paar Einfällen garniert, die den einen oder anderen Song vom Mittelmaß scheiden. Besonders die Singles – der Opener „Tennis Court“ mischt klackende Beats mit bratzigen Synthloops und Lordes dunkle, leicht belegte und frühreife Stimme tut ein Übriges, nicht anders das wunderbare „Royals“, smarter Abgesang auf das Lieblingsklischee von den verzogenen Wohlstandskids, dazu ein paar feine Gospelanleihen – viel perfekter kann man einen Ohrwurm wirklich kaum zusammenbasteln.
Überhaupt – diese Stimme. Vor wenigen Wochen war es ein ähnlich talentierter, nicht viel älterer Archy Marshall alias King Krule, dessen Vocals so viel mehr zum Klingen brachten, als er in seinem kurzen Leben erlebt haben konnte, auch Ella Yelich-O’Connor verdient sich diese Aufmerksamkeit mit einem Timbre, dass angenehm zwischen Karin Dreijer Andersson von The Knife, The XX’s Romy Madley Croft und natürlich Florence Welch changiert. Und auch wenn Stücke wie „Glory And Gore“ oder „400 Lux“, eben weil sie so verteufelt eingängig, wohltuend und soft pulsieren, den Hörer unweigerlich in eine willkommene Tiefenentspannung versetzen könnten – diese Stimme läßt einen wach dabeibleiben. Wer das nun alles aus den oben genannten Gründen für verfrühten Lobgesang oder übertriebenen Zinnober hält, für den gibt’s am Ende von „A World Alone“ noch eine denkbar kurze Grußadresse: „People are talking, let them talk“. Ist was dran. http://lorde.co.nz/
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