Red Hot Chili Peppers
„The Getaway“
(Warner Bros.)
An den ganzen Rummel drumherum hat man sich ja in den letzten Jahren schon gewöhnt, streicht man die Hälfte davon, reicht’s immer noch aus. Flea, der Bassist der Red Hot Chili Peppers, war kürzlich in einem Interview zwar klug genug, die beliebte Floskel vom ‚besten Album ever‘ zu vermeiden, wurde aber nicht müde zu betonen, welche neuen Möglichkeiten der Band mit dem Wechsel von Rick Rubin, dem altgedienten Produzenten, zu Brian Burton alias Danger Mouse offengestanden hätten. Vielschichtiger, abwechslungsreicher, elektronischer sei sie so geworden, die neue Platte – Attribute, die man problemlos unterschreiben kann. Allerdings vergaß der gute Mann zu erwähnen, dass Burton das Quartett auch zur Bravheit verführt hatte und ihnen mithin fast jede Bissigkeit austrieb.
Nun gibt es kaum etwas, das so lächerlich wirkt wie alte Männer, die sich in schlecht gespielter Berufsjugendlichkeit an der Coolheit und dem ehrlichen Zorn nachfolgender Generationen versuchen (insofern war man direkt froh, dass sich Fleas Verletzung auf dem Snowboard vor einigen Monaten nicht als Promofake erwies) – aber ein wenig mehr von der früheren Kantigkeit, vom wütenden Turbofunk hätte es dann schon sein dürfen. Die Peppers sind ja seit längerer Zeit dabei, ihr Repertoire gekonnt zwischen den hibbeligem, bassgeführten Hooks und den hübschen, gefühlvoll abgebremsten Balladen auszubalancieren, wie es scheint, haben sie es für die aktuelle Scheibe damit etwas übertrieben.
Denn neben den fraglos feinen Popmomenten des Titelsongs und der Vorabsingles „Dark Necessities“ und „We Turn Red“ gibt es doch recht viel Durchschnitt zu hören. Songs, die sich nicht entscheiden können, ob sie rocken oder rühren sollen, hier ein paar Handclaps, dort traurige Trompeten, dazu gefälliges Gitarrenspiel, das gut klingt, aber kaum packt. Platz auch für gefühlige Surfmetaphern („The Longest Wave“) oder romantische Maschinenliebe („Go Robot“), ganze zwei Stücke nur („Detroit“/“This Ticonderoga“) gehen ihren Part mal mit der gewünschten Härte an, die entfernt an frühere Großtaten zu Zeiten von „Mother‘s Milk“ oder „Blood Sugar Sex Magic“ erinnert.
Zu wenig für die einen, ausreichend für jene, die die quirligen Kalifornier eher für deren kommerziellen Chart-Topper „Under The Bridge“ verehren – der Song hängt ihrer Karriere im Guten wie im Schlechten wohl auf ewig nach, erwies er sich doch als Türöffner zu bislang unerreichten Käuferschichten. Dass Anthony Kiedis und Kollegen weit davon entfernt sind, zur Sparte Altherrenrock gerechnet zu werden, konnte man gerade bei ihrer Performance bei Rock am Ring erleben, als unfreiwillige Andeutung oder gar Drohung in dieser Richtung darf wer möchte die neue Platte aber schon verstehen. Schließlich wären sie nicht die ersten, die den richtigen Zeitpunkt für den Absprung verpassen und Jahre darauf noch mit dem immergleichen Hit-Medley hausieren gehen. Das, so wollen wir hoffen, werden sie uns und sich selbst ersparen. http://redhotchilipeppers.com/
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