Freitag, 10. Juni 2016

Die Heiterkeit: Kühler Trost

Die Heiterkeit
„Pop und Tod I+II“
(Buback)

Und das ist es wieder: „Pop ist tot, denn böse Menschen kaufen keine Lieder“. Vor einiger Zeit feierte ein überschaubarer Teil der Menschheit das zehnjährige Bestehen der Berliner Band Die Türen, unter den Gratulanten – Die Heiterkeit. Und die hatten sich für ihren Glückwunsch und Beitrag zum Coveralbum just den apokalyptischen Abgesang auf die gottverlassene Erdkugel ausgesucht. Damals also schon wie heute – der Song hätte genausogut auf ihr neues Werk gepasst. Nach allerlei Umbesetzungen mit Sängerin Stella Sommer als einziger Konstante ist die Hamburger Formation nun angetreten, mit einem opulenten Album Pop und Tod erneut miteinander zu versöhnen. Und wer da rein will, der muss mit Schaudern („ohoohoo…“) erst mal durch die Kälte: Dahin also, wo das Blut nicht mehr fließt, die Gesichter nicht hell, sondern fahl sind und alles zum Stillstand kommt, wo einzig trocken peitschende Schläge die Endzeit einläuten. Gar nicht so schön hier, schlimmer noch: Das Album ist ein Zumutung.

Gemessen an „Pop und Tod“ sind die beiden Vorgänger „Herz aus Gold“ und „Monterey“ beschwingte Liedersammlungen, ging’s da noch um Frühlingsjungen, Cary Grant, Dandys und Kalifornien, buchstabieren wir hier: Betrug, Nacht, das Vergessen, den Zwiespalt und das Ende. Natürlich ist das anstrengend und natürlich darf das als die größtmögliche Entfernung von allem verstanden wissen, was heiter ist. Aber es ist eben auch: erhaben, feierlich, von kühler Anmut. Wenn Sommer mit ihrer tiefen, sonoren Stimme Zeilen singt wie „Ich mag es nicht sagen, du mußt es mir glauben, aber Dunkelheit wird niemals zu Licht“, dann kann man das für platten, morbiden Kitsch halten. Oder man denkt an die große und traurige Christa Päffgen alias Nico und ihre großen und traurigen Songs und erkennt eine ähnliche Leidenschaft für diese Art schwarzer Poesie.



Vieles hier bleibt bewusst rätselhaft, unerklärlich, sprichwörtlich im Dunkeln – Assoziationstheater: Im Gegenüber liest man wie in einem guten Buch und doch sind viele der Seiten leer, die großen Namen mit ihren bröckelnden Fassaden, die einen doch so sehr faszinieren. Am besten dran ist wohl, wer nicht allzu verbissen in den Texten nach dem tieferen Sinn gräbt, sondern sich einlässt auf den trägen Klang der Worte, auf die Lakonie, den heiligen Ernst, das kalte Gefühl. Und so vielleicht doch, an unerwarteter Stelle, ein klein wenig Trost findet, ein neckisches Pfeifen hier, ein anrührender, heller Chorgesang dort. „Wenn es soweit ist, werden wir es wissen, es kommt immer anders, als gedacht“, diese Zeile trägt eben auch eine Ungewissheit, eine Ahnungslosigkeit in sich, die das Zeug hat, selbst die Furchtsamsten fröhlich zu stimmen: Das Ende kommt mit Sicherheit, aber wir haben keinen blassen Schimmer, wann und wie. http://dieheiterkeit.de/

09.09.  Essen, Hotel Shanghai
10.09.  Köln, Stereo Wonderland
12.09.  Gießen, Muk
13.09.  Karlsruhe, Kohi
14.09.  München, Unter Deck
15.09.  Wien, Rhiz
16.09.  Dresden – Altes Wettbüro
17.09.  Leipzig, Werk 2
22.09.  Hamburg, Reeperbahnfestival
17.11.  Düsseldorf, Stahlwerk
18.11.  Stuttgart, Merlin
19.11.  Palace, St.Gallen
21.11.  Heidelberg, Karlstorbahnhof
22.11.  Frankfurt, Zoom
23.11.  Bremen, Lagerhaus
25.11.  Berlin, //:about blank

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