Donnerstag, 30. Juni 2016

The Avett Brothers: Mit Guru, Gott und Teufel

The Avett Brothers
„True Sadness“

(Republic/Universal)

Von Gewohntem zu lassen ist nicht einfach, auch die Gebrüder Avett kommen da nicht aus. Rick Rubin, ihr Haus- und Hofproduzent, ist nun schon das vierte Mal mit im Boot, doch wer gedacht hat, jetzt würde es mal langsam Zeit für gepflegte Langeweile (die man ja eigentlich schon für den Vorgänger “Magpie And The Dandelion“ erwartet und nicht gefunden hatte), den muss man wohl enttäuschen. Denn der Band aus North Carolina gelingt auf „True Sadness“ das Kunststück, das meiste beim Alten (und Guten) zu belassen und gemeinsam mit dem Zottelbart doch auch Neues zu wagen. Traditionalisten müssen sich also von dem spacigen Cover keineswegs abschrecken lassen – im Kerngeschäft, dem gefühlvollen und natürlich auch gepflegt melancholischen Countryrock, bringen es die Herren mittlerweile zu bewunderswerter Perfektion. „No Hard Feelings“ beispielsweise ist hoffnungslos gefühlig und sentimental („Under the curving sky I'm finally learning why, it matters for me and you to say it and mean it too. For life and its lovely nest and all of its ugliness, good as it's been to me I have no enemies…”), genauso geht es dem wunderbaren Titelsong, dem noch eine Portion fromme Erbauung beigemischt ist: “I cannot go on with this evil inside me, I step out my front door and I feel it surround me, just know the kingdom of God is within you, even though the battle is bound to continue…”

Neben den gewohnt getragenen Stücken gibt es wieder einige, wo kräftig in die Saiten gegriffen und Tasten gehauen wird, “Ain’t No Man” ist so eines, das teuflisch wummernde “Satan Pulls The Strings” sowieso und – ganz besonders schön – der sarkastische Scheidungsschunkler “Divorse Separation Blues” (“Well, I’m gonna wash the dishes, pay the bills and watch the news … I got the tough education, no celebration, divorce separation blues”), selbst ein Jodeln können sich die Avetts nicht verkneifen. Überraschend wird’s, wenn sie auf analoge Drums verzichten und Beats programmieren, “Are You Mine” wechselt Tempo und Klangfarbe gleich mehrmals und fühlt sich so erst einmal etwas eigenartig an. Auch der Abgang in Hollywood-Manier mit maximalem Streichorchester und dem ganz großen Kino ist neu, aber nicht ohne Reiz. Den Lieblingslied-Status werden diese Mutproben aber wohl nicht erreichen, der bleibt Stücken wie “I Wish I Was” vorbehalten. Hier sinnieren die Brüder über Wunschträume, Trugbilder und die Frage, wieviel Nähe die Liebe eigentlich gefahrlos zuläßt, was dann so einfach wie rührend klingt: “I'm not a song, I'm not a sweater, I'm not a fire, I'm something better, I'm a man in love writing you a letter. Will you take it? Will you keep it? Will you read it? Believe it - I love you, I'm sorry.” Hach, was soll einem mit solchen Zeilen schon groß passieren … ? http://www.theavettbrothers.com/

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