Hoffnungsvoller Nachwuchs aus der Kloppstadt - so muss man es natürlich nur den Deutschen ankündigen. Denn die Briten und besonders die Bewohner von Liverpool kennen ihren Louis Berry natürlich schon ganz gut, seit er als next big thing durch die einschlägigen Webportale und Zeitschriften gereicht wird. "Nicole" der Song und das Video, von dem wir hier reden, ist die erste Single von einem künftigen Debütalbum - der Musikstil aka. Rock von vorlautem Draufgänger plus markantes Äußeres zieht sicher nicht nur auf der Insel, sondern wird auch hierzulande schnell seine Anhänger finden.
Donnerstag, 30. Juni 2016
The Avett Brothers: Mit Guru, Gott und Teufel
The Avett Brothers
„True Sadness“
(Republic/Universal)
Von Gewohntem zu lassen ist nicht einfach, auch die Gebrüder Avett kommen da nicht aus. Rick Rubin, ihr Haus- und Hofproduzent, ist nun schon das vierte Mal mit im Boot, doch wer gedacht hat, jetzt würde es mal langsam Zeit für gepflegte Langeweile (die man ja eigentlich schon für den Vorgänger “Magpie And The Dandelion“ erwartet und nicht gefunden hatte), den muss man wohl enttäuschen. Denn der Band aus North Carolina gelingt auf „True Sadness“ das Kunststück, das meiste beim Alten (und Guten) zu belassen und gemeinsam mit dem Zottelbart doch auch Neues zu wagen. Traditionalisten müssen sich also von dem spacigen Cover keineswegs abschrecken lassen – im Kerngeschäft, dem gefühlvollen und natürlich auch gepflegt melancholischen Countryrock, bringen es die Herren mittlerweile zu bewunderswerter Perfektion. „No Hard Feelings“ beispielsweise ist hoffnungslos gefühlig und sentimental („Under the curving sky I'm finally learning why, it matters for me and you to say it and mean it too. For life and its lovely nest and all of its ugliness, good as it's been to me I have no enemies…”), genauso geht es dem wunderbaren Titelsong, dem noch eine Portion fromme Erbauung beigemischt ist: “I cannot go on with this evil inside me, I step out my front door and I feel it surround me, just know the kingdom of God is within you, even though the battle is bound to continue…”
Neben den gewohnt getragenen Stücken gibt es wieder einige, wo kräftig in die Saiten gegriffen und Tasten gehauen wird, “Ain’t No Man” ist so eines, das teuflisch wummernde “Satan Pulls The Strings” sowieso und – ganz besonders schön – der sarkastische Scheidungsschunkler “Divorse Separation Blues” (“Well, I’m gonna wash the dishes, pay the bills and watch the news … I got the tough education, no celebration, divorce separation blues”), selbst ein Jodeln können sich die Avetts nicht verkneifen. Überraschend wird’s, wenn sie auf analoge Drums verzichten und Beats programmieren, “Are You Mine” wechselt Tempo und Klangfarbe gleich mehrmals und fühlt sich so erst einmal etwas eigenartig an. Auch der Abgang in Hollywood-Manier mit maximalem Streichorchester und dem ganz großen Kino ist neu, aber nicht ohne Reiz. Den Lieblingslied-Status werden diese Mutproben aber wohl nicht erreichen, der bleibt Stücken wie “I Wish I Was” vorbehalten. Hier sinnieren die Brüder über Wunschträume, Trugbilder und die Frage, wieviel Nähe die Liebe eigentlich gefahrlos zuläßt, was dann so einfach wie rührend klingt: “I'm not a song, I'm not a sweater, I'm not a fire, I'm something better, I'm a man in love writing you a letter. Will you take it? Will you keep it? Will you read it? Believe it - I love you, I'm sorry.” Hach, was soll einem mit solchen Zeilen schon groß passieren … ? http://www.theavettbrothers.com/
„True Sadness“
(Republic/Universal)
Von Gewohntem zu lassen ist nicht einfach, auch die Gebrüder Avett kommen da nicht aus. Rick Rubin, ihr Haus- und Hofproduzent, ist nun schon das vierte Mal mit im Boot, doch wer gedacht hat, jetzt würde es mal langsam Zeit für gepflegte Langeweile (die man ja eigentlich schon für den Vorgänger “Magpie And The Dandelion“ erwartet und nicht gefunden hatte), den muss man wohl enttäuschen. Denn der Band aus North Carolina gelingt auf „True Sadness“ das Kunststück, das meiste beim Alten (und Guten) zu belassen und gemeinsam mit dem Zottelbart doch auch Neues zu wagen. Traditionalisten müssen sich also von dem spacigen Cover keineswegs abschrecken lassen – im Kerngeschäft, dem gefühlvollen und natürlich auch gepflegt melancholischen Countryrock, bringen es die Herren mittlerweile zu bewunderswerter Perfektion. „No Hard Feelings“ beispielsweise ist hoffnungslos gefühlig und sentimental („Under the curving sky I'm finally learning why, it matters for me and you to say it and mean it too. For life and its lovely nest and all of its ugliness, good as it's been to me I have no enemies…”), genauso geht es dem wunderbaren Titelsong, dem noch eine Portion fromme Erbauung beigemischt ist: “I cannot go on with this evil inside me, I step out my front door and I feel it surround me, just know the kingdom of God is within you, even though the battle is bound to continue…”
Neben den gewohnt getragenen Stücken gibt es wieder einige, wo kräftig in die Saiten gegriffen und Tasten gehauen wird, “Ain’t No Man” ist so eines, das teuflisch wummernde “Satan Pulls The Strings” sowieso und – ganz besonders schön – der sarkastische Scheidungsschunkler “Divorse Separation Blues” (“Well, I’m gonna wash the dishes, pay the bills and watch the news … I got the tough education, no celebration, divorce separation blues”), selbst ein Jodeln können sich die Avetts nicht verkneifen. Überraschend wird’s, wenn sie auf analoge Drums verzichten und Beats programmieren, “Are You Mine” wechselt Tempo und Klangfarbe gleich mehrmals und fühlt sich so erst einmal etwas eigenartig an. Auch der Abgang in Hollywood-Manier mit maximalem Streichorchester und dem ganz großen Kino ist neu, aber nicht ohne Reiz. Den Lieblingslied-Status werden diese Mutproben aber wohl nicht erreichen, der bleibt Stücken wie “I Wish I Was” vorbehalten. Hier sinnieren die Brüder über Wunschträume, Trugbilder und die Frage, wieviel Nähe die Liebe eigentlich gefahrlos zuläßt, was dann so einfach wie rührend klingt: “I'm not a song, I'm not a sweater, I'm not a fire, I'm something better, I'm a man in love writing you a letter. Will you take it? Will you keep it? Will you read it? Believe it - I love you, I'm sorry.” Hach, was soll einem mit solchen Zeilen schon groß passieren … ? http://www.theavettbrothers.com/
Mittwoch, 29. Juni 2016
Still Corners: Verläßlich
Neuigkeiten vermeldet das Londoner Synthpop-Duo Still Corners: Greg Hughes und Tessa Murray hatten ihre letzte Platte "Strange Pleasures" 2013 via Sub Pop veröffentlicht, Album Nummer drei soll nun vom eigenen Label Wrecking Light Records kommen und den Titel "Dead Blue" tragen. Eingängiges im besten Sinne ist zu erwarten, die erste Single "Lost Boys" läßt das schon ahnen - "Horses At Night", die letzte Meldung der beiden aus dem Winter des vergangenen Jahres, soll aber dem Vernehmen nach nicht auf der neuen Platte zu hören sein.
Dienstag, 28. Juni 2016
White Lies: Bewährung
So ist das mit der Hoffnung - wenn alles futsch ist, sie stirbt zuletzt. Die White Lies haben mal ganz groß angefangen, waren die Hoffnung des Waverock und zumindest mit den ersten Singles lies sich einiges anfangen. Dann aber, mit "Ritual", allerspätestens mit dem letzten Longplayer "Big TV" war das alles zunichte, machte sich bräsiger Allerweltsrock breit und die Enttäuschung war groß. Nun haben die drei Herren aus London ein neues Album fertig, "Friends" wird es heißen und am 7. Oktober via BMG erscheinen. Die erste Single nennt sich "Take It Out On Me" und wer genauer wissen möchte, wer da was aus wem herausholt, der kann schon mal ein paar Livetermine notieren.
21.10. Frankfurt, Gibson
22.10. Osnabrück, Rosenhof
23.10. Köln, Die Kantine
30.10. Hamburg, Uebel und Gefährlich
31.10. Berlin, Huxley's Neue Welt
05.11. Wien, Ottakringer Brauerei
09.11. München, Theaterfabrik
10.11. Zürich, Kaufleuten
21.10. Frankfurt, Gibson
22.10. Osnabrück, Rosenhof
23.10. Köln, Die Kantine
30.10. Hamburg, Uebel und Gefährlich
31.10. Berlin, Huxley's Neue Welt
05.11. Wien, Ottakringer Brauerei
09.11. München, Theaterfabrik
10.11. Zürich, Kaufleuten
Montag, 27. Juni 2016
Neonschwarz: Nur nicht beruhigen
Freitag, 24. Juni 2016
Die Höchste Eisenbahn: Auflegen, Drauflegen
Die Nachricht lag ja schon länger auf dem Tisch, aber nun, da etwas reichhaltiger angefüttert werden kann, soll sie auch unseren Lesern nicht vorenthalten werden: Die Höchste Eisenbahn, Berliner Popformation mit allerhöchstem Suchtpotenzial, hat für den 26. August ihr zweites Album "Wer bringt mich jetzt zu den anderen?" angekündigt. Der Nachfolger von "Schau in den Lauf, Hase" wird wieder bei Tapete Records erscheinen und das Label hat sich gleich mal den verehrten Bernd Begemann für ein erstes Statement gegriffen: "Die Höchste Eisenbahn steht für eine erwachsene Popmusik, die endlos verspielt ist. Ihre neue Sammlung von Songs (...) hat keine Füller, keine Ausfälle, keine Vor-Skip-Nummern. Das
Album ist aus einem Guss, man kann sich drauflegen und treiben lassen,
bis der Fluss ins Meer geht." Kann ja nichts mehr passieren - wer selbst ein paar offene Fragen hat, kann diese bei der anstehenden Tour auch vor Ort klären, den amüsanten Teaser legen wir hier gleich noch mit dazu.
29.10. Rostock, Peter Weiss Haus
30.10. Bremen, Tower
31.10. Münster, Gleis 22
01.11. Frankfurt, Zoom
02.11. Köln, CBE
04.11. Hannover, Musikzentrum
05.11. Dresden, Beatpol
06.11. Leipzig, Täubchenthal
08.11. Osnabrück, Kleine Freiheit
09.11. Essen, Zeche Carl
10.11. Würzburg, Cairo
11.11. Magdeburg, Moritzhof
13.11. Berlin, Astra
15.11. Erlangen, E-Werk
16.11. Freiburg, Schmitz Katze
17.11. Stuttgart, Wagenhallen
18.11. Schaffhausen,TapTab
19.11. Zürich, Bogen F
21.11. München, Strom
22.11. Wien, Chelsea
24.11. Heidelberg, halle02
25.11. Erfurt, Museumskeller
26.11. Hamburg, Uebel und Gefährlich
29.10. Rostock, Peter Weiss Haus
30.10. Bremen, Tower
31.10. Münster, Gleis 22
01.11. Frankfurt, Zoom
02.11. Köln, CBE
04.11. Hannover, Musikzentrum
05.11. Dresden, Beatpol
06.11. Leipzig, Täubchenthal
08.11. Osnabrück, Kleine Freiheit
09.11. Essen, Zeche Carl
10.11. Würzburg, Cairo
11.11. Magdeburg, Moritzhof
13.11. Berlin, Astra
15.11. Erlangen, E-Werk
16.11. Freiburg, Schmitz Katze
17.11. Stuttgart, Wagenhallen
18.11. Schaffhausen,TapTab
19.11. Zürich, Bogen F
21.11. München, Strom
22.11. Wien, Chelsea
24.11. Heidelberg, halle02
25.11. Erfurt, Museumskeller
26.11. Hamburg, Uebel und Gefährlich
Trentemøller: Revange
Und gleich noch ein Video hinterher: Anders Trentemøller, Musiker und Produzent aus Dänemark, schickt sich an, im September sein viertes Studioalbum mit dem Titel "Fixion" zu veröffentlichen - mit dabei u.a. Jehnny Beth von den Savages, deren Album "Adore Life" Trentemøller bekanntlich an den Reglern betreute. Ihre gemeinsamer Song heißt "River In Me" und kommt mit einem Clip von Åsa Riton und Andreas Emenius.
Messer: Vorankündigung [Update]
Endlich kommt mal wieder etwas (Achtung: platter Wortwitz) Schärfe in die Debatte: Messer aus Münster planen die Veröffentlichung ihres dritten Albums - nach "Im Schwindel" und "Die Unsichtbaren" kommt am 19. August "Jalousie" via Trocadero in den Handel. Und damit sich die Konzerttermine hier nicht ganz so einsam fühlen, soll schon am 24. Juni die EP "Kachelbad" folgen, drei neue Stücke sind drauf und dazu auch noch drei Remixe, u.a. von Factory Floor (!) und Thomas Moebius, im Anhang schon mal der Prolog als Teaser.
Update: Als ob dieser Tag schon nicht verstörend genug wäre, kommt hier das Video zu "Der Mann, der zweimal lebte", gedreht hat Manuel Gehrke, der aktuell auch die Clips für Die Heiterkeit verantwortet.
28.10. Essen, Zeche Carl
29.10. Bremen, Lagerhaus
30.10. Bielefeld, Forum
31.10. Kaiserslautern, Kammgarn
01.11. Wiesbaden, Schlachthof
02.11. Köln, Gebäude 9
03.11. Berlin, Frannz
04.11. Gießen, MuK
05.11. Stuttgart, Zwölfzehn
06.11. Wien, B72
07.11. München, Kranhalle
08.11. Dresden, Groovestation
09.11. Leipzig, Naumanns
10.11. Jena, Kassablanca
11.11. Hannover, Café Glocksee
03.12. Münster, Gleis 22
Update: Als ob dieser Tag schon nicht verstörend genug wäre, kommt hier das Video zu "Der Mann, der zweimal lebte", gedreht hat Manuel Gehrke, der aktuell auch die Clips für Die Heiterkeit verantwortet.
28.10. Essen, Zeche Carl
29.10. Bremen, Lagerhaus
30.10. Bielefeld, Forum
31.10. Kaiserslautern, Kammgarn
01.11. Wiesbaden, Schlachthof
02.11. Köln, Gebäude 9
03.11. Berlin, Frannz
04.11. Gießen, MuK
05.11. Stuttgart, Zwölfzehn
06.11. Wien, B72
07.11. München, Kranhalle
08.11. Dresden, Groovestation
09.11. Leipzig, Naumanns
10.11. Jena, Kassablanca
11.11. Hannover, Café Glocksee
03.12. Münster, Gleis 22
Donnerstag, 23. Juni 2016
Mule And Man: Das Klatschen einer Hand
Die Hobbypolitologen von Staatsakt machen heute mit der nicht unberechtigten Frage auf, wie es sich denn verhält, wenn zwei Diktatoren miteinander gemeinsame Sache machen - addiert sich dann deren drakonisches Machtgehabe, multipliziert es sich oder tritt es gar in Potenz zu Tage? Nun ist es ja nicht so, dass man mangels Studienmaterials in den letzten Jahren nicht hätte einiges zum Dienste der Menschheit erforschen können - man denke nur an die Kim-Sippe (also Il Sung, Jong Il und Jong Un), das fidele Brüderpärchen Castro oder auch das russische Bäumchen-Wechsel-Dich-Duo Putin und Medwedew. Aber nein, jetzt müssen dann Tobias Jundt (Banddiktator Bonaparte) und Jose Antonio Garcia Soler alias Kid Simius (DJ-Diktator Marsimoto/Marteria) für die Wissenschaft herhalten. Die beiden haben sich unter dem Namen Mule And Man verbündet und werden am 2. September ihre erste EP "One Hand Clap" (Achtung: Buddhistisches Koan!) veröffentlichen. Neben ein paar Tourdaten präsentieren wir hier schon mal die erste Single "10K Types Of Torture".
24.06. Chemnitz, Kosmonaut Festival
02.07. Lärz, Fusion Festival
29.07. Stuttgart, Stuttgart Festival
12.08. Zürich, Lethargy Festival
02.09. Berlin, SchwuZ
21.09. Hamburg, Reeperbahn Festival
15.10. Freiburg, Ahoi Festival
12.11. Leipzig, Audioinvasion
24.06. Chemnitz, Kosmonaut Festival
02.07. Lärz, Fusion Festival
29.07. Stuttgart, Stuttgart Festival
12.08. Zürich, Lethargy Festival
02.09. Berlin, SchwuZ
21.09. Hamburg, Reeperbahn Festival
15.10. Freiburg, Ahoi Festival
12.11. Leipzig, Audioinvasion
DJ Shadow: Heimspiel
DJ Shadow
„The Mountain Will Fall“
(Mass Appeal)
Wer sagt eigentlich, dass alles immer schlechter wird? Nehmen wir doch als Beispiel mal Joshua Paul Davis aka. DJ Shadow. Der Mann hatte das Problem, dass er gleich auf dem Gipfel seines Schaffens auf den Karrierezug aufgesprungen ist – sein Debüt “Endtroducing…” war (zulässige Vereinfachung) einfach der Hammer und setzte einen Standard, den er selbst im Folgenden, von anderen Kollegen ganz zu schweigen, nicht mehr erreichen konnte. Auch sein letztes Album “The Less You Know, The Better” war weit davon entfernt, ein Kritikerliebling und Verkaufsschlager zu werden und die Ausflüge in Sachen Mathmetal und Indiepop gerieten eher bemüht als gelungen. Doch der Mann ist offenbar noch nicht in einem Alter, wo der Starrsinn eine Einsicht unmöglich macht und so präsentiert er sich auf der neuen Platte bestens in Form und nutzt hierfür clevererweise seinen unbestrittenen Heimvorteil. Soll heißen, neben den erwartbar wild spotzenden Beats, Beeps und Loops ist Davis wieder konsequenter zum Kerngeschäft Hip Hop zurückgekehrt. El-P und Killer Mike assistieren famos für “Nobody Speak”, Ernie Fresh gibt sich bei “The Sideshow” angenehm oldschooly und G Jones feiert zusammen mit Bleep Bloop Trip Hop und Big Beat. Dazu noch die schroffen Böllertöne von Nils Frahm (“Bergschrund”), Hornissenschwärme und Wasserbomben, man merkt deutlich, dass Davis über den Spaß zum Spiel gekommen ist und hört ihm gespannt dabei zu. Einmal mehr, wenn auch wie bei “Ashes To Oceans” dem aktuellen Lieblingstrend Jazz gehuldigt wird – DJ-Kollege und Trompeter Matthew Halsall schiebt sich mit seinem Instrument für das letzte Drittel des Stückes ganz behutsam ins Bild und verpasst ihm dadurch eine sehr smoothe, coole Note. Das wie alles hier: Wunderbar.
„The Mountain Will Fall“
(Mass Appeal)
Wer sagt eigentlich, dass alles immer schlechter wird? Nehmen wir doch als Beispiel mal Joshua Paul Davis aka. DJ Shadow. Der Mann hatte das Problem, dass er gleich auf dem Gipfel seines Schaffens auf den Karrierezug aufgesprungen ist – sein Debüt “Endtroducing…” war (zulässige Vereinfachung) einfach der Hammer und setzte einen Standard, den er selbst im Folgenden, von anderen Kollegen ganz zu schweigen, nicht mehr erreichen konnte. Auch sein letztes Album “The Less You Know, The Better” war weit davon entfernt, ein Kritikerliebling und Verkaufsschlager zu werden und die Ausflüge in Sachen Mathmetal und Indiepop gerieten eher bemüht als gelungen. Doch der Mann ist offenbar noch nicht in einem Alter, wo der Starrsinn eine Einsicht unmöglich macht und so präsentiert er sich auf der neuen Platte bestens in Form und nutzt hierfür clevererweise seinen unbestrittenen Heimvorteil. Soll heißen, neben den erwartbar wild spotzenden Beats, Beeps und Loops ist Davis wieder konsequenter zum Kerngeschäft Hip Hop zurückgekehrt. El-P und Killer Mike assistieren famos für “Nobody Speak”, Ernie Fresh gibt sich bei “The Sideshow” angenehm oldschooly und G Jones feiert zusammen mit Bleep Bloop Trip Hop und Big Beat. Dazu noch die schroffen Böllertöne von Nils Frahm (“Bergschrund”), Hornissenschwärme und Wasserbomben, man merkt deutlich, dass Davis über den Spaß zum Spiel gekommen ist und hört ihm gespannt dabei zu. Einmal mehr, wenn auch wie bei “Ashes To Oceans” dem aktuellen Lieblingstrend Jazz gehuldigt wird – DJ-Kollege und Trompeter Matthew Halsall schiebt sich mit seinem Instrument für das letzte Drittel des Stückes ganz behutsam ins Bild und verpasst ihm dadurch eine sehr smoothe, coole Note. Das wie alles hier: Wunderbar.
Katy Goodman + Greta Morgan: Macht was draus!
Das lädt ja geradezu zum Vorurteil ein: Lass mal die Frauen an den Punk, dann wird da schon was Hübsches draus werden. Quatsch mit Soße, auch wenn's für die erste Hörprobe wohl stimmen mag. Katy Goodman (La Sera, Vivian Girls) hat sich wieder einmal mit Freundin Greta Morgan (Springtime Carnivore) zusammengetan und eine ganze Reihe von All-Time-Classics des Punkrock aufgenommen - Iggy Pop And The Stooges, Bad Brains, The Jam, Buzzcocks und weitere, das Album "Take It, It's Yours" wird am 26. August bei Polyvinyl erscheinen und "Bastards Of Young" von den Replacements wird hier schon mal vorgestreamt. Im Übrigen ist das nicht das erste Doppel, das die beiden spielen, 2013 haben Goodman und Morgan schon den Song "Space Time" unter dem Namen Books Of Love aufgenommen - Video unten.
Mittwoch, 22. Juni 2016
onDeadWaves: And - Action!
Wie schon gesagt - so gutgelaunt geht's selten zu auf dem bezaubernden Album von onDeadWaves. Insofern ist der Song "California" zwar nicht maßgeblich, aber dennoch ein sehr feiner, zumal das gerade erschienene Video dazu von der mexikanischen Produktionsfirma Groovy Chaos (!) einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert bringt - gedreht in einem Take, ist es in vielerlei Hinsicht ein absolut lässiger Hinkucker.
Portishead: Der gute Ton [Update]
Auf kaum einen Ton ist die musikinteressierte Öffentlichkeit so gespannt wie einen der britischen Band Portishead und zwar aus gutem Grund: Jedes ihrer bislang drei regulären Studioalben ist das, was die Branche gern als Ereignis feiert, jedes setzte bisher Maßstäbe. Nun, ein neues Exemplar ist zwar noch nicht in Sicht (rechnet man die Veröffentlichungszyklen hoch, dürfte es allerdings nicht mehr lange dauern) - dafür haben Beth Gibbons, Geoff Barrow und Adrian Utley für den Soundtrack von Ben Wheatley's Romanadaption "High-Rise" (JG Ballard) ein Cover des ABBA-Hits "SOS" beigesteuert (auf der Kaufversion soll das Stück leider nicht enthalten sein), das man sich entweder auf der polnischen Seite Ponapisach oder, solange es noch geht, via Soundcloud auch hier anhören kann.
Update: Das war ja irgendwie eine witzige Jagd, jeden Tag war der Song woanders zu finden und immer hieß es schneller sein als die Netzpolizisten. Nun kommt der gestreamte Song hochoffiziell vom YouTube-Account der Band selbst - diesmal mit unzweideutiger, politischer Botschaft.
Update: Das war ja irgendwie eine witzige Jagd, jeden Tag war der Song woanders zu finden und immer hieß es schneller sein als die Netzpolizisten. Nun kommt der gestreamte Song hochoffiziell vom YouTube-Account der Band selbst - diesmal mit unzweideutiger, politischer Botschaft.
Nimmo: In aller Freundschaft [Update]
Und weiter geht's am Single-Tag: Nimmo, das Londoner Electroquintett, ist eigentlich aus der weit über zehnjährigen Freundschaft von Sarah Nimmo und Reva Gauntlett entstanden, hört man sich den aktuellen Track "My Only Friend" an, ist da mit Sicherheit Spaß und Gefühl zu gleichen Teilen dabei. Wie man liest, ist der erste Longplayer bereits in Arbeit, bis dahin läßt sich die Zeit problemlos mit den folgenden Songs überbrücken.
Update: Ganz schön viel los in der Wohnung, wenn man sich alle echten und eingebildeten Freunde zum Stelldichein lädt - das Video zum aktuellen Song (NSFW).
Update: Ganz schön viel los in der Wohnung, wenn man sich alle echten und eingebildeten Freunde zum Stelldichein lädt - das Video zum aktuellen Song (NSFW).
Dienstag, 21. Juni 2016
New Order vs. Claptone: Housenummer
Na toll, gerade hatten wir mit viel Mühe fast sämtliche Cover der Remixe und Extended Versions zur aktuellen New Order "Music Complete" für's neue Familienalbum gesammelt, da kommt er daher: Claptone, Berliner DJ, Erkennungsmerkmal goldene Vogelmaske, hat sich "People On The Highline" vorgenommen und daraus eine hübsche Housenummer gestrickt - mit neuem Cover, versteht sich.
Car Seat Headrest: Strangeways here he comes
Car Seat Headrest
„Teens Of Denial“
(Matador)
Mann oh Mann, so eine Energie muß man erst mal haben: Will Toledo, der Junge also, der sich hinter dem Pseudonym Car Seat Headrest verbirgt, hat seit Bestehen seines Projektes, das anfangs sein alleiniges war, ganze zwölf Alben herausgebracht, die überwiegende Mehrheit davon via Bandcamp im Selbstverlag. In fünf Jahren! Der Produktivitätsjunkie aus dem Osten der USA darf also als der fleischgewordene Gegensatz zu (sagen wir mal) Portishead verstanden wissen, die es in fünfundzwanzig Jahren auf ganze drei Alben brachten. Nice to know, sagt aber nicht viel. Wichtiger ist, was drauf ist und da heißt die Nachricht: Es bleibt aufregend. Die mittlerweile zum Quartett angewachsene Band ist ja bekanntlich schon für die letzte Platte „Teens Of Style“ zum Indiemajor Matador gewechselt, von dort kommt nun auch das musikalische Manifest der „Verweigerung“ und Toledo ist mit seinen knapp fünfundzwanzig Jahren keineswegs zu alt, um daraus einen halbwegs persönlichen Tatsachenbericht mitsamt Drogenerfahrungen, Anklage an die provinzielle Spießbürgerlichkeit, die Überfürsorge der Eltern und allerlei kauziger Randgruppenpoesie zu machen.
Der Klang der Songs ist noch immer tief in der Grungezeit der 90er verwurzelt, man hört die Lemonheads, Nirvana, Dinosaur jr. und auch den frühen Beck heraus und freut sich über die äußerst unterhaltsame Verlängerung des Revivals (produziert hat im Übrigen ein gewisser Steve Fisk, ein Mann also, der schon für Mudhoney, Soundgarden und den Screaming Trees an den Reglern saß). Angereichert wird der Sound von jazzigen Trompeten, Piano- und Saxophonklängen, bewahrt hat sich Toledo glücklicherweise seine spleenigen Überschriften und Wortspielereien. So heißt der mit gut elf Minuten längste Titel „The Ballad Of The Costa Concordia“, ein anderer "(Joe Gets Kicked Out Of School For Using) Drugs With Friends (But Says This Isn't A Problem)" – hier textet er zunächst die Schleife “Drugs are better with friends are better with drugs are better…”, um dann später das Wörtchen ‘with’ durch ‘than’ zu ersetzen. Wenn ihn die Hippies, wie an anderer Stelle befürchtet, nicht schon früher beiseite räumen, dann dürften uns gottlob noch jede Menge solcher Alben bevorstehen. https://carseatheadrest.bandcamp.com/
„Teens Of Denial“
(Matador)
Mann oh Mann, so eine Energie muß man erst mal haben: Will Toledo, der Junge also, der sich hinter dem Pseudonym Car Seat Headrest verbirgt, hat seit Bestehen seines Projektes, das anfangs sein alleiniges war, ganze zwölf Alben herausgebracht, die überwiegende Mehrheit davon via Bandcamp im Selbstverlag. In fünf Jahren! Der Produktivitätsjunkie aus dem Osten der USA darf also als der fleischgewordene Gegensatz zu (sagen wir mal) Portishead verstanden wissen, die es in fünfundzwanzig Jahren auf ganze drei Alben brachten. Nice to know, sagt aber nicht viel. Wichtiger ist, was drauf ist und da heißt die Nachricht: Es bleibt aufregend. Die mittlerweile zum Quartett angewachsene Band ist ja bekanntlich schon für die letzte Platte „Teens Of Style“ zum Indiemajor Matador gewechselt, von dort kommt nun auch das musikalische Manifest der „Verweigerung“ und Toledo ist mit seinen knapp fünfundzwanzig Jahren keineswegs zu alt, um daraus einen halbwegs persönlichen Tatsachenbericht mitsamt Drogenerfahrungen, Anklage an die provinzielle Spießbürgerlichkeit, die Überfürsorge der Eltern und allerlei kauziger Randgruppenpoesie zu machen.
Der Klang der Songs ist noch immer tief in der Grungezeit der 90er verwurzelt, man hört die Lemonheads, Nirvana, Dinosaur jr. und auch den frühen Beck heraus und freut sich über die äußerst unterhaltsame Verlängerung des Revivals (produziert hat im Übrigen ein gewisser Steve Fisk, ein Mann also, der schon für Mudhoney, Soundgarden und den Screaming Trees an den Reglern saß). Angereichert wird der Sound von jazzigen Trompeten, Piano- und Saxophonklängen, bewahrt hat sich Toledo glücklicherweise seine spleenigen Überschriften und Wortspielereien. So heißt der mit gut elf Minuten längste Titel „The Ballad Of The Costa Concordia“, ein anderer "(Joe Gets Kicked Out Of School For Using) Drugs With Friends (But Says This Isn't A Problem)" – hier textet er zunächst die Schleife “Drugs are better with friends are better with drugs are better…”, um dann später das Wörtchen ‘with’ durch ‘than’ zu ersetzen. Wenn ihn die Hippies, wie an anderer Stelle befürchtet, nicht schon früher beiseite räumen, dann dürften uns gottlob noch jede Menge solcher Alben bevorstehen. https://carseatheadrest.bandcamp.com/
Montag, 20. Juni 2016
Einhorn: Lässige Alternative
So, das wäre dann die dritte Band aus dem Nachbarland, die uns zeigt, wie man lässig rocken kann und den Style nicht vergessen muss: Wanda, Bilderbuch und nun also Einhorn. Heimatstadt Wien, ursprünglich Burgenland, von ihrem Album "Galactica", das am 22. Juli erscheinen soll, kennen wir seit letztem Jahr schon viele schöne Lieder wie "Schöner als Berlin", "Thron" und "Spring auf" - am heitigen Tag kommt nun mit "Tuxedo Mask" ein weiterer, ausgesucht charmanter Titel hinzu.
Dinosaur jr: Cooler Heuler
Da bekommt die Bemerkung "Des is a Hund!" eine ganze neue Note: J Mascis hat seinen treuen Begleiter Beefy (!) zum Filmstar gemacht und ihm die Hauptrolle im Video von Dinosaur jr. zur neuen Single "Tiny" zugeschanzt - der Heuler ist also nicht nur Freund lauter Gitarrenklänge, sondern auch ziemlich lässig auf vier Rollen unterwegs. Das Album zum Hund "Give A Glimpse Of What Yer Not" erscheint dann weiterhin am 5. August.
Bantam Lyons: Schwermut Forest
Bantam Lyons
"Melatonin Spree"
(Kshantu)
Der Mangel an einheimischer Rockmusik wird als solcher in der Regel nur von außerhalb wahrgenommen, dennoch ist es augenfällig: Schweden, Kanada, Australien sind vorn mit dabei, England und die Amis sowieso. Und selbst die Dänen haben, was den oft schon totgesagten Indierock angeht, ein paar ernstzunehmende Kandidaten am Start. Merklich dünne wird es dann aber in Spanien, Italien und - Überraschung - auch beim Nachbarn Frankreich. Da tut es ganz gut, eine Band wie die Bantam Lyons aufzutun, obwohl diese, das muss man einschränkend vermerken, eher britischen und amerikanischen Vorbildern folgen. So waren eben nicht Baudelaire, Verlaine oder Rimbaud die Namensgeber des Quartetts, sondern der Ire James Joyce und eine Randfigur aus seinem Mammutwerk "Ulysses", zwar stammen die vier Jungs aus allen Regionen und Landesteilen, singen aber dennoch in Englisch. Heraus kommt dabei ein sehr kraftvoller, dunkler und leidenschaftlicher Sound im Stile der frühen Maximo Park oder mit dem dramatischen Gestus der New Yorker Interpol. Satte Drums, kombiniert mit äußerst eingängigen Gitarrenakkorden, nicht selten schwerblütig, oft angenehm laut - Bantam Lyons verstehen ihr Handwerk. Bei "Something Familiar" wummert es gradios aus allen Lagen, die acht Schlußminuten von "Leonard Print Wife-Beater" geben prächtigsten Noiserock ab. In Deutschland waren sie Anfang des Jahres samt erster EPs quasi noch als unbeschriebenes Blatt unterwegs - mit diesem Debüt im Gepäck sollte es bis zu nächsten Tour nicht mehr allzulang dauern. http://bantamlyons.com/
"Melatonin Spree"
(Kshantu)
Der Mangel an einheimischer Rockmusik wird als solcher in der Regel nur von außerhalb wahrgenommen, dennoch ist es augenfällig: Schweden, Kanada, Australien sind vorn mit dabei, England und die Amis sowieso. Und selbst die Dänen haben, was den oft schon totgesagten Indierock angeht, ein paar ernstzunehmende Kandidaten am Start. Merklich dünne wird es dann aber in Spanien, Italien und - Überraschung - auch beim Nachbarn Frankreich. Da tut es ganz gut, eine Band wie die Bantam Lyons aufzutun, obwohl diese, das muss man einschränkend vermerken, eher britischen und amerikanischen Vorbildern folgen. So waren eben nicht Baudelaire, Verlaine oder Rimbaud die Namensgeber des Quartetts, sondern der Ire James Joyce und eine Randfigur aus seinem Mammutwerk "Ulysses", zwar stammen die vier Jungs aus allen Regionen und Landesteilen, singen aber dennoch in Englisch. Heraus kommt dabei ein sehr kraftvoller, dunkler und leidenschaftlicher Sound im Stile der frühen Maximo Park oder mit dem dramatischen Gestus der New Yorker Interpol. Satte Drums, kombiniert mit äußerst eingängigen Gitarrenakkorden, nicht selten schwerblütig, oft angenehm laut - Bantam Lyons verstehen ihr Handwerk. Bei "Something Familiar" wummert es gradios aus allen Lagen, die acht Schlußminuten von "Leonard Print Wife-Beater" geben prächtigsten Noiserock ab. In Deutschland waren sie Anfang des Jahres samt erster EPs quasi noch als unbeschriebenes Blatt unterwegs - mit diesem Debüt im Gepäck sollte es bis zu nächsten Tour nicht mehr allzulang dauern. http://bantamlyons.com/
Samstag, 18. Juni 2016
Charlotte Cardin: France toujours
Wo doch ohnehin alle im Moment nach Frankreich schauen, hier mal ein Song in der Landessprache: Von Charlotte Cardin war hier ja schon zu lesen, die Songs "Big Boy" und "Like It Doesn't Hurt" lohnten die Aufmerksamkeit und gleiches gilt nun auch für das gefühlvolle "Faufile" (das wir gleich noch um das ältere Stück "Les Échardes"ergänzen) - die angekündigte EP sollte damit fast komplett sein.
Freitag, 17. Juni 2016
Minor Victories: Das große Versprechen
Minor Victories
"Minor Victories"
(Play It Again Sam)
Eine Band als größtmögliches Versprechen - nichts anderes ging einem durch den Kopf, als man das erste Mal von den Minor Victories Notiz nahm. Supergroups als Modeerscheinung zu bezeichnen greift natürlich deutlich zu kurz, es gab und gibt sie immer wieder und auch diese hier ist auf den ersten Blick nur eine von vielen. Aber: Slowdive, Mogwai, Editors, da sollte doch etwas mehr gehen als üblich. Also genauer Rachel Goswell für den Gesang, Stuart Braithwaite mit Justin Lockey an den Saiten und nicht zu vergessen dessen Bruder James für die kongeniale visuelle Umsetzung der Musik in beeindruckende Bilderwelten. Eigentlich war das Ganze, so liest man, nur als kurzes Zusammenspiel für eine 12" gedacht, nun ist es doch ein ausgewachsenes Album mit zehn Songs geworden. Und wie könnte es bei den benannten Einflüssen anders sein - der Sound oszilliert zwischen wuchtigem Postrock und hochmelodischem Dreampop, umrahmt von meterhoch geschichteten Noisewänden und verführerischen Gitarrenriffs. Goswells zarte Stimme setzt den passenden Kontrapunkt zu dichten, elektrifizierten Klangkaskaden, zweimal unterstützt von nicht minder bekannten Partnern wie Mark Kozelek (Sun Kil Moon/"For You Always") und James Graham (The Twilight Sad/"Scattered Ashes"). Zweifellos am gelungensten sind die verfilmten Songs der Platte - das zunächst zögerliche, behutsame "Folk Arp", das sich später doch in lautem Getöse auflöst, und natürlich "A Hundred Ropes" und "Breaking The Light", letzteres weckt nicht nur Erinnerungen an Slowdive, sondern auch an die sagenhaften Cocteau Twins und deren sprichwörtlich traumwandlerische Brillanz. Ein ums andere Mal mischen die Minor Victories verschiedenste Stile und Instrumente zum großen Drama und bleiben so am Ende keine Antwort schuldig. http://minor-victories.com/
"Minor Victories"
(Play It Again Sam)
Eine Band als größtmögliches Versprechen - nichts anderes ging einem durch den Kopf, als man das erste Mal von den Minor Victories Notiz nahm. Supergroups als Modeerscheinung zu bezeichnen greift natürlich deutlich zu kurz, es gab und gibt sie immer wieder und auch diese hier ist auf den ersten Blick nur eine von vielen. Aber: Slowdive, Mogwai, Editors, da sollte doch etwas mehr gehen als üblich. Also genauer Rachel Goswell für den Gesang, Stuart Braithwaite mit Justin Lockey an den Saiten und nicht zu vergessen dessen Bruder James für die kongeniale visuelle Umsetzung der Musik in beeindruckende Bilderwelten. Eigentlich war das Ganze, so liest man, nur als kurzes Zusammenspiel für eine 12" gedacht, nun ist es doch ein ausgewachsenes Album mit zehn Songs geworden. Und wie könnte es bei den benannten Einflüssen anders sein - der Sound oszilliert zwischen wuchtigem Postrock und hochmelodischem Dreampop, umrahmt von meterhoch geschichteten Noisewänden und verführerischen Gitarrenriffs. Goswells zarte Stimme setzt den passenden Kontrapunkt zu dichten, elektrifizierten Klangkaskaden, zweimal unterstützt von nicht minder bekannten Partnern wie Mark Kozelek (Sun Kil Moon/"For You Always") und James Graham (The Twilight Sad/"Scattered Ashes"). Zweifellos am gelungensten sind die verfilmten Songs der Platte - das zunächst zögerliche, behutsame "Folk Arp", das sich später doch in lautem Getöse auflöst, und natürlich "A Hundred Ropes" und "Breaking The Light", letzteres weckt nicht nur Erinnerungen an Slowdive, sondern auch an die sagenhaften Cocteau Twins und deren sprichwörtlich traumwandlerische Brillanz. Ein ums andere Mal mischen die Minor Victories verschiedenste Stile und Instrumente zum großen Drama und bleiben so am Ende keine Antwort schuldig. http://minor-victories.com/
Terry: Superunknown
Späte Siebziger, Psychpunk - sounds good? Aber sicher. Terry sind in Australien das, was man eine Supergroup nennt, der Begriff verbietet sich hierzulande, da man all die Bands, aus denen die Formation zusammengewürfelt ist, mangels Bekanntheit gar nicht auf dem Zettel haben kann. Oder hat irgendwer schon mal was von UV Race, Constant Mongrel oder Eastlink gehört? Al Montfort, Amy Hill, Xanthe Waite und Zephyr Pavey jedenfalls wollen bald ihr Debütalbum "Terry HQ" veröffentlichen, von dem man sich heute schon mal die drei Tracks "Don't Say Sorry", "Third War" und ganz aktuell "Chitter, Chatter" anhören kann.
Mother Tongue: Auferstehung
Das ist jetzt vielleicht nicht ganz fair, passt aber trotzdem ganz gut in den Kram: Gerade haben wir die Red Hot Chili Peppers ein wenig für ihre momentane Lauheit gedisst, da kommt die Nachricht herein, dass Mother Tongue, auch aus Kalifornien, eine Neuauflage ihrer beiden älteren Alben "Streetlight" und "Ghost Note" planen - und zwar mit einer Fan-Edition. Selbige gab es auch schon vor Jahren vom fulminanten und unerreichten Debüt "Mother Tongue", jetzt wird das Ganze von einer Tour begleitet, die sich jeder Rockfan, der auch den Funk nicht verachtet, ganz fett und rot im Kalender anstreichen sollte.
12.07. Hamburg, Knust
13.07. Köln, Undergound
14.07. Berlin, BiNuu
15.07. Marburg, KFZ
16.07. Erfurt, Stoned from the Underground Festival
17.07. München, Strom
19.07. Weinheim, Cafe Central
20.07. Dresden, Beatpol
21.07. Leipzig, Moritzbastei
22.07. Karlsruhe, Das Fest
23.07. Dornbirn, Conrad Sohm
24.07. Aflenz, Sublime
25.07. Wien, Flex
27.07. Erlangen, E-Werk
28.07. Dortmund, FZW
29.07. Frankfurt, Nachtleben
30.07. Trebur, Open Air
12.07. Hamburg, Knust
13.07. Köln, Undergound
14.07. Berlin, BiNuu
15.07. Marburg, KFZ
16.07. Erfurt, Stoned from the Underground Festival
17.07. München, Strom
19.07. Weinheim, Cafe Central
20.07. Dresden, Beatpol
21.07. Leipzig, Moritzbastei
22.07. Karlsruhe, Das Fest
23.07. Dornbirn, Conrad Sohm
24.07. Aflenz, Sublime
25.07. Wien, Flex
27.07. Erlangen, E-Werk
28.07. Dortmund, FZW
29.07. Frankfurt, Nachtleben
30.07. Trebur, Open Air
Red Hot Chili Peppers: Drohung statt Dröhnung
Red Hot Chili Peppers
„The Getaway“
(Warner Bros.)
An den ganzen Rummel drumherum hat man sich ja in den letzten Jahren schon gewöhnt, streicht man die Hälfte davon, reicht’s immer noch aus. Flea, der Bassist der Red Hot Chili Peppers, war kürzlich in einem Interview zwar klug genug, die beliebte Floskel vom ‚besten Album ever‘ zu vermeiden, wurde aber nicht müde zu betonen, welche neuen Möglichkeiten der Band mit dem Wechsel von Rick Rubin, dem altgedienten Produzenten, zu Brian Burton alias Danger Mouse offengestanden hätten. Vielschichtiger, abwechslungsreicher, elektronischer sei sie so geworden, die neue Platte – Attribute, die man problemlos unterschreiben kann. Allerdings vergaß der gute Mann zu erwähnen, dass Burton das Quartett auch zur Bravheit verführt hatte und ihnen mithin fast jede Bissigkeit austrieb.
Nun gibt es kaum etwas, das so lächerlich wirkt wie alte Männer, die sich in schlecht gespielter Berufsjugendlichkeit an der Coolheit und dem ehrlichen Zorn nachfolgender Generationen versuchen (insofern war man direkt froh, dass sich Fleas Verletzung auf dem Snowboard vor einigen Monaten nicht als Promofake erwies) – aber ein wenig mehr von der früheren Kantigkeit, vom wütenden Turbofunk hätte es dann schon sein dürfen. Die Peppers sind ja seit längerer Zeit dabei, ihr Repertoire gekonnt zwischen den hibbeligem, bassgeführten Hooks und den hübschen, gefühlvoll abgebremsten Balladen auszubalancieren, wie es scheint, haben sie es für die aktuelle Scheibe damit etwas übertrieben.
Denn neben den fraglos feinen Popmomenten des Titelsongs und der Vorabsingles „Dark Necessities“ und „We Turn Red“ gibt es doch recht viel Durchschnitt zu hören. Songs, die sich nicht entscheiden können, ob sie rocken oder rühren sollen, hier ein paar Handclaps, dort traurige Trompeten, dazu gefälliges Gitarrenspiel, das gut klingt, aber kaum packt. Platz auch für gefühlige Surfmetaphern („The Longest Wave“) oder romantische Maschinenliebe („Go Robot“), ganze zwei Stücke nur („Detroit“/“This Ticonderoga“) gehen ihren Part mal mit der gewünschten Härte an, die entfernt an frühere Großtaten zu Zeiten von „Mother‘s Milk“ oder „Blood Sugar Sex Magic“ erinnert.
Zu wenig für die einen, ausreichend für jene, die die quirligen Kalifornier eher für deren kommerziellen Chart-Topper „Under The Bridge“ verehren – der Song hängt ihrer Karriere im Guten wie im Schlechten wohl auf ewig nach, erwies er sich doch als Türöffner zu bislang unerreichten Käuferschichten. Dass Anthony Kiedis und Kollegen weit davon entfernt sind, zur Sparte Altherrenrock gerechnet zu werden, konnte man gerade bei ihrer Performance bei Rock am Ring erleben, als unfreiwillige Andeutung oder gar Drohung in dieser Richtung darf wer möchte die neue Platte aber schon verstehen. Schließlich wären sie nicht die ersten, die den richtigen Zeitpunkt für den Absprung verpassen und Jahre darauf noch mit dem immergleichen Hit-Medley hausieren gehen. Das, so wollen wir hoffen, werden sie uns und sich selbst ersparen. http://redhotchilipeppers.com/
„The Getaway“
(Warner Bros.)
An den ganzen Rummel drumherum hat man sich ja in den letzten Jahren schon gewöhnt, streicht man die Hälfte davon, reicht’s immer noch aus. Flea, der Bassist der Red Hot Chili Peppers, war kürzlich in einem Interview zwar klug genug, die beliebte Floskel vom ‚besten Album ever‘ zu vermeiden, wurde aber nicht müde zu betonen, welche neuen Möglichkeiten der Band mit dem Wechsel von Rick Rubin, dem altgedienten Produzenten, zu Brian Burton alias Danger Mouse offengestanden hätten. Vielschichtiger, abwechslungsreicher, elektronischer sei sie so geworden, die neue Platte – Attribute, die man problemlos unterschreiben kann. Allerdings vergaß der gute Mann zu erwähnen, dass Burton das Quartett auch zur Bravheit verführt hatte und ihnen mithin fast jede Bissigkeit austrieb.
Nun gibt es kaum etwas, das so lächerlich wirkt wie alte Männer, die sich in schlecht gespielter Berufsjugendlichkeit an der Coolheit und dem ehrlichen Zorn nachfolgender Generationen versuchen (insofern war man direkt froh, dass sich Fleas Verletzung auf dem Snowboard vor einigen Monaten nicht als Promofake erwies) – aber ein wenig mehr von der früheren Kantigkeit, vom wütenden Turbofunk hätte es dann schon sein dürfen. Die Peppers sind ja seit längerer Zeit dabei, ihr Repertoire gekonnt zwischen den hibbeligem, bassgeführten Hooks und den hübschen, gefühlvoll abgebremsten Balladen auszubalancieren, wie es scheint, haben sie es für die aktuelle Scheibe damit etwas übertrieben.
Denn neben den fraglos feinen Popmomenten des Titelsongs und der Vorabsingles „Dark Necessities“ und „We Turn Red“ gibt es doch recht viel Durchschnitt zu hören. Songs, die sich nicht entscheiden können, ob sie rocken oder rühren sollen, hier ein paar Handclaps, dort traurige Trompeten, dazu gefälliges Gitarrenspiel, das gut klingt, aber kaum packt. Platz auch für gefühlige Surfmetaphern („The Longest Wave“) oder romantische Maschinenliebe („Go Robot“), ganze zwei Stücke nur („Detroit“/“This Ticonderoga“) gehen ihren Part mal mit der gewünschten Härte an, die entfernt an frühere Großtaten zu Zeiten von „Mother‘s Milk“ oder „Blood Sugar Sex Magic“ erinnert.
Zu wenig für die einen, ausreichend für jene, die die quirligen Kalifornier eher für deren kommerziellen Chart-Topper „Under The Bridge“ verehren – der Song hängt ihrer Karriere im Guten wie im Schlechten wohl auf ewig nach, erwies er sich doch als Türöffner zu bislang unerreichten Käuferschichten. Dass Anthony Kiedis und Kollegen weit davon entfernt sind, zur Sparte Altherrenrock gerechnet zu werden, konnte man gerade bei ihrer Performance bei Rock am Ring erleben, als unfreiwillige Andeutung oder gar Drohung in dieser Richtung darf wer möchte die neue Platte aber schon verstehen. Schließlich wären sie nicht die ersten, die den richtigen Zeitpunkt für den Absprung verpassen und Jahre darauf noch mit dem immergleichen Hit-Medley hausieren gehen. Das, so wollen wir hoffen, werden sie uns und sich selbst ersparen. http://redhotchilipeppers.com/
Donnerstag, 16. Juni 2016
Swans: Kein Ende, nirgends
Swans
„The Glowing Man“
(Mute Records)
Braucht es da noch irgendeinen Superlativ? Seit sich die Swans unter dem Vorsitz ihres so genialen wie streitbar sturköpfigen Frontmannes Michael Gira im Jahr 2010 zur Reunion entschlossen, haben sie in regelmäßigem Abstand vier Alben von wahrhaft monumentalen Ausmassen veröffentlicht. Nimmt man die vorangegangenen Arbeiten seit der Gründerzeit hinzu, hat die Band mit Sicherheit einige der lautetsten, düstersten, längsten und eben auch der körperlich anstrengendsten Songs hervorgebracht, deren Erscheinen stets die immergleichen zwei Fragen nach sich zog: Wer spielt so etwas? Und: Wer hört sich das überhaupt an? Und zwar am Stück? Allein das aktuelle Werk misst in der Summe gute zwei Stunden Spielzeit und gleicht – da stapelt man sicher nicht zu hoch – einem musikalischen Fegefeuer, das Gira als Inkarnation der vier apokalyptischen Reiter in Personalunion mit Dreizack, Waage und Flammenschwert begleitet.
Und natürlich braucht es Geduld und Nehmerqualitäten, sich durch die acht Stücke dieser Platte zu kämpfen. Viel Zeit, sich auf das anstehende Inferno vorzubereiten, wird dem Zuhörer dabei nicht gelassen, schon zur Hälfte des Openers “Cloud Of Nothing” setzen die wuchtigen Drums und der bohrende Gitarrenlärm ein, begleitet von Giras gewohnt kehligem Hadern und Schreien – mit den Worten “I am blind” übergibt er an “Cloud Of Unknowing”, einem wahren Ungetüm aus größenwahnsinnigen Bläsern, sirenenartigen Begleitchören und allerlei brachialem Gehämmer. Ganze vier Mal variiert das Tempo, um ganz am Ende zu feingliedrigem, entspanntem Jazz überzuwechseln – ein Überraschung, die der Band mit Sicherheit diebische Freude bereitet hat, ein Fadeout mit einer Länge, aus der anderswo ein, zwei eigenständige Nummern gearbeitet werden.
“The World Looks Red” verweist dann auf einen alten Sonic-Youth-Song, den Gira zu Zeiten von “Confusion Is Sex” für Thurston Moore geschrieben hat, die Swans entwickeln hier einen Drive wie die Bad Seeds früheren Datums. “Frankie M.” wiederum war schon auf der letzten Konzertreise fester Bestandteil des Programms, nach chaotischem Beginn treffen sich hier hypnotischer Noise und wummernde Beats zum Dauergewitter. Anschließend: Auftritt Jennifer Gira, der Ehefrau des Chefs – “When Will I Return” kommt als traurig-bittere Abrechnung einer Vergewaltigung daher, dunkel, brutal, und trotzig: “I’m alive, I’m alive, I’m alive …” wird sie nicht müde zu singen. Auch das sicher, nach dem bedauernswerten Abgang von Jarboe, eine Bereicherung.
Der Titelsong als Finale. Eine knappe halbe Stunde als wilde, dampfende Jagd, der Prediger, sein Chor und das Orchester der Offenbarung. Kurze Pausen zum Atemholen, aber sonst immer weiter, Gira glüht nicht nur, er brennt lichterloh und treibt alle anderen vor sich her. Es ist, so hat er zuvor gesagt, die letzte Platte der Swans in bisheriger Besetzung, es bleiben also nur noch diese Stücke und ein paar Termine im Herbst, die alten, aber ruhelosen Helden noch einmal zu sehen. Ob er versöhnt, ob er zufrieden ist, wer weiß das schon – den Abschluss “Finally Peace” sollte man da, auch wenn er vergleichsweise ruhig daherkommt, nicht allzu wörtlich nehmen. Gira ist ein Ruheloser, er wird sich bald aufraffen und, ob solo oder mit neuer Band, Unmögliches versuchen. Und wir werden dabei sein. http://swans.pair.com/
17.10. Hamburg, Kampnagel
18.10. Berlin, Huxley's Neue Welt
22.10. Wien, Arena
23.10. Graz, Orpheum Extra
28.10. Basel, Kaserne
29.10. Vevey, Rocking Chair
30.10. Bern, Reitschule Dachstock
10.11. Köln, Gebäude 9
11.11. München, Feierwerk
12.11. Wiesbaden, Kulturzentrum Schlachthof
„The Glowing Man“
(Mute Records)
Braucht es da noch irgendeinen Superlativ? Seit sich die Swans unter dem Vorsitz ihres so genialen wie streitbar sturköpfigen Frontmannes Michael Gira im Jahr 2010 zur Reunion entschlossen, haben sie in regelmäßigem Abstand vier Alben von wahrhaft monumentalen Ausmassen veröffentlicht. Nimmt man die vorangegangenen Arbeiten seit der Gründerzeit hinzu, hat die Band mit Sicherheit einige der lautetsten, düstersten, längsten und eben auch der körperlich anstrengendsten Songs hervorgebracht, deren Erscheinen stets die immergleichen zwei Fragen nach sich zog: Wer spielt so etwas? Und: Wer hört sich das überhaupt an? Und zwar am Stück? Allein das aktuelle Werk misst in der Summe gute zwei Stunden Spielzeit und gleicht – da stapelt man sicher nicht zu hoch – einem musikalischen Fegefeuer, das Gira als Inkarnation der vier apokalyptischen Reiter in Personalunion mit Dreizack, Waage und Flammenschwert begleitet.
Und natürlich braucht es Geduld und Nehmerqualitäten, sich durch die acht Stücke dieser Platte zu kämpfen. Viel Zeit, sich auf das anstehende Inferno vorzubereiten, wird dem Zuhörer dabei nicht gelassen, schon zur Hälfte des Openers “Cloud Of Nothing” setzen die wuchtigen Drums und der bohrende Gitarrenlärm ein, begleitet von Giras gewohnt kehligem Hadern und Schreien – mit den Worten “I am blind” übergibt er an “Cloud Of Unknowing”, einem wahren Ungetüm aus größenwahnsinnigen Bläsern, sirenenartigen Begleitchören und allerlei brachialem Gehämmer. Ganze vier Mal variiert das Tempo, um ganz am Ende zu feingliedrigem, entspanntem Jazz überzuwechseln – ein Überraschung, die der Band mit Sicherheit diebische Freude bereitet hat, ein Fadeout mit einer Länge, aus der anderswo ein, zwei eigenständige Nummern gearbeitet werden.
“The World Looks Red” verweist dann auf einen alten Sonic-Youth-Song, den Gira zu Zeiten von “Confusion Is Sex” für Thurston Moore geschrieben hat, die Swans entwickeln hier einen Drive wie die Bad Seeds früheren Datums. “Frankie M.” wiederum war schon auf der letzten Konzertreise fester Bestandteil des Programms, nach chaotischem Beginn treffen sich hier hypnotischer Noise und wummernde Beats zum Dauergewitter. Anschließend: Auftritt Jennifer Gira, der Ehefrau des Chefs – “When Will I Return” kommt als traurig-bittere Abrechnung einer Vergewaltigung daher, dunkel, brutal, und trotzig: “I’m alive, I’m alive, I’m alive …” wird sie nicht müde zu singen. Auch das sicher, nach dem bedauernswerten Abgang von Jarboe, eine Bereicherung.
Der Titelsong als Finale. Eine knappe halbe Stunde als wilde, dampfende Jagd, der Prediger, sein Chor und das Orchester der Offenbarung. Kurze Pausen zum Atemholen, aber sonst immer weiter, Gira glüht nicht nur, er brennt lichterloh und treibt alle anderen vor sich her. Es ist, so hat er zuvor gesagt, die letzte Platte der Swans in bisheriger Besetzung, es bleiben also nur noch diese Stücke und ein paar Termine im Herbst, die alten, aber ruhelosen Helden noch einmal zu sehen. Ob er versöhnt, ob er zufrieden ist, wer weiß das schon – den Abschluss “Finally Peace” sollte man da, auch wenn er vergleichsweise ruhig daherkommt, nicht allzu wörtlich nehmen. Gira ist ein Ruheloser, er wird sich bald aufraffen und, ob solo oder mit neuer Band, Unmögliches versuchen. Und wir werden dabei sein. http://swans.pair.com/
17.10. Hamburg, Kampnagel
18.10. Berlin, Huxley's Neue Welt
22.10. Wien, Arena
23.10. Graz, Orpheum Extra
28.10. Basel, Kaserne
29.10. Vevey, Rocking Chair
30.10. Bern, Reitschule Dachstock
10.11. Köln, Gebäude 9
11.11. München, Feierwerk
12.11. Wiesbaden, Kulturzentrum Schlachthof
Chino vs. Eduardo: Kampf der Giganten
Okay, das geht auch optisch mehr und mehr zusammen, aber die größte Gemeinsamkeit spielt sich eher auf einer tektonischen Ebene ab: Chino Moreno, Sänger der Deftones, hat sich als besondere Attraktion für seinen Auftritt beim diesjährigen Secret Solstice Festival im isländischen Reykjavík einen sehr speziellen Ort für die Performance ausgesucht - für zwanzig ausgewählte Fans will der Frontmann im Inneren des Vulkans Thrihnuagigur singen. Und da kommt einem doch schnurstracks der Bösewicht Eduardo, genannt "El Macho", aus dem Animationsfilm "Despicable Me 2" in den Sinn. Der nämlich hat sich seinersteits auf einem Hai festketten lassen und ist mitsamt diesem in einen feuerspeienden - na: Vulkan geflogen. Hammerparallelen, Karamba!
Mittwoch, 15. Juni 2016
Pascal Pinon: Auf ihre Weise
Okay, mit dem unglaublich coolen Auftritt des isländischen Nationalkeepers Hannes Halldorsson gestern Abend in Saint-Etienne gegen die einigermaßen arroganten Portugiesen haben Pascal Pinon nicht allzu viel gemeinsam. Aber es passt dennoch ganz gut zur momentanen Sympathiewelle, die den wehrhaften Insulanern entgegengebracht wird, dass die Schwestern Ásthildur und Jófríõur Ákadóttir aus Reykjavík auf gänzlich andere Art die Herzen ihrer Zuhörer zu erobern wissen. "53" heißt der berückende Song, mit dem die beiden ihr neues, drittes Album "Sundur" (VÖ 26. August, Morr Music) ankündigen.
Mourn: Mitlachen
Mourn
"Ha, Ha, He."
(Captured Tracks)
Dann, wenn alles verzwirbelt, verästelt und verziert wird, tut es gut, zur Abwechslung ein wenig der Handarbeit zuzuhören. Das könnte zum Beispiel wieder die Stunde der katalanischen Band Mourn sein - naja, zumindest kommen Jazz Rodríguez Bueno (Gesang) und Carla Pérez Vas (Gitarre), Antonio Postius (Drums) und Leia Rodríguez (Bass) aus Barcelona und mit ihrem selbstbetitelten Debüt haben sie schon 2014 für berechtigte Aufmerksamkeit gesorgt. Nun also geht der Nachfolger in die Spur und es ist unschwer zu erkennen, dass die vier nichts von ihrer Kantigkeit verloren haben. Die zwölf kurzgehaltenen Stücke des Albums rocken ordentlich geradeaus, schon beim Intro "Flee" wird klar, dass sich das Quartett erneut der Maxime "maximale Wirkung mit einfachen Mitteln" treu geblieben ist, schon hier werden die harschen Gitarrenakkorde so stur auf Wiederholung gesetzt, daß man meint, das Ausgabegerät habe einen Schluckauf. Neben den schnellen Krach haben Mourn auch ein paar trägere Nummern wie "The Unexpected" und "Storyteller" gestellt, natürlich findet sich auch das im Vorfeld schon begutachtete "Gertrudis, Get Through This!" auf der Platte. An Humor fehlt es ihnen ohnehin nicht, denn schon der Albumtitel ist ja einem Gedicht aus William Blakes Sammlung "Songs Of Innocence And Experience" entlehnt - im "Laughing Song" heißt es dort vergnügt: "When the painted birds laugh in the shade, where our table with cherries and nuts is spread, come live, and be merry, and join with me, to sing the sweet chorus of 'Ha, ha, he!'" https://mournct.bandcamp.com/
"Ha, Ha, He."
(Captured Tracks)
Dann, wenn alles verzwirbelt, verästelt und verziert wird, tut es gut, zur Abwechslung ein wenig der Handarbeit zuzuhören. Das könnte zum Beispiel wieder die Stunde der katalanischen Band Mourn sein - naja, zumindest kommen Jazz Rodríguez Bueno (Gesang) und Carla Pérez Vas (Gitarre), Antonio Postius (Drums) und Leia Rodríguez (Bass) aus Barcelona und mit ihrem selbstbetitelten Debüt haben sie schon 2014 für berechtigte Aufmerksamkeit gesorgt. Nun also geht der Nachfolger in die Spur und es ist unschwer zu erkennen, dass die vier nichts von ihrer Kantigkeit verloren haben. Die zwölf kurzgehaltenen Stücke des Albums rocken ordentlich geradeaus, schon beim Intro "Flee" wird klar, dass sich das Quartett erneut der Maxime "maximale Wirkung mit einfachen Mitteln" treu geblieben ist, schon hier werden die harschen Gitarrenakkorde so stur auf Wiederholung gesetzt, daß man meint, das Ausgabegerät habe einen Schluckauf. Neben den schnellen Krach haben Mourn auch ein paar trägere Nummern wie "The Unexpected" und "Storyteller" gestellt, natürlich findet sich auch das im Vorfeld schon begutachtete "Gertrudis, Get Through This!" auf der Platte. An Humor fehlt es ihnen ohnehin nicht, denn schon der Albumtitel ist ja einem Gedicht aus William Blakes Sammlung "Songs Of Innocence And Experience" entlehnt - im "Laughing Song" heißt es dort vergnügt: "When the painted birds laugh in the shade, where our table with cherries and nuts is spread, come live, and be merry, and join with me, to sing the sweet chorus of 'Ha, ha, he!'" https://mournct.bandcamp.com/
Tiergarten: Seltsame Affinität
Von Oslo bis Bahnhof Zoo ist es nicht nur rein kilometertechnisch ein weiter Weg, allerdings scheint sich die Bedeutung des Ortes auf im hohen Norden herumgesprochen zu haben. Darf man jedenfalls vermuten, wenn sich eine Band Tiergarten nennt. Kann aber auch ganz was anderes zu bedeuten haben. Jedenfalls ist Mats Rybo als Songschreiber für die Kapelle Katzenjammer wohl selbst auf den Geschmack gekommen und hat so zusammen mit Anne Marit Bergheim, Odd Kristian Svedal, Stian Sveen und Trine Skullestad Holland selbige Formation ins Leben gerufen - die erste Single nennt sich auch noch (er hat es wohl mit der deutschen Sprache) "Der Zorn Gottes". Klingt dann aber gar nicht so böse ...
Peter Bjorn And John: Im Bällebad [Update]
Peter Bjorn And John
„Breakin‘ Point“
(Ingrid)
So sind sie die Schweden – überlassen nichts dem Zufall. Schon gar nicht in Sachen Pop, denn den nehmen sie da oben so ernst wie kaum etwas sonst. Peter Morén, Björn Yttling und John Eriksson hätten es auch machen können wie Will Freeman in Nick Hornby’s Roman “About A Boy” – der antriebslose Mittdreißiger ernährt sich von den Tantiemen eines Weihnachtshits seines Vaters, diesen müßte man also einfach durch “Young Folks”, den Alltime-Chart-Topper der drei ersetzen und fertig wäre die Pointe. So einfach geht das natürlich nicht, denn zum einen haben PBJ ja nicht nur eine Single, sondern mittlerweile sieben Alben abgeliefert und desweiteren haben sie auch gar keine Lust, sich auf den Lorbeeren früherer Tage auszuruhen. Ganz im Gegenteil: Für “Breakin’ Point” haben Morén, Yttling und Eriksson sich extra Räumlichkeiten unweit einer historischen Wirkungsstätte eingerichtet – dem Tonstudio von Abba im Stockholmer Stadtteil Djurgarden, just um dort ihrerseits das eigene Label Ingrid unterzubringen.
Auf diesem ist nun nach fünfjähriger Pause also der Nachfolger für „Gimme Some“ erschienen und es überrascht nicht, dass dieser ähnlich gut funktioniert wie der bzw. die Vorgänger. Textlich mögen die drei Herren vielleicht etwas nachdenklicher gestrickt sein, ihre Musik basiert auf dem Prinzip, mit dem auch Bällebäder ihre kleinegewachsene Kundschaft magisch anziehen: Buntes in großer Vielfalt, nirgendwo scharfe Kanten, an denen man sich wehtun könnte und die deshalb jede und jeden dazu einladen, gutgelaunt im Überfluss unterzutauchen. Die Plastikkugeln heißen hier „Dominos“, „Do-Si-Do“ oder „Nostalgic Intellect“ und klingen mit ihrer Mischung aus Electropop, Soulanklängen der 70er und Eurodance gewohnt ausgelassen und spaßbereit.
Für die Betreuung des vergnüglichen Treibens haben sich PBJ im Übrigen eine ganze Reihe illustrer ‚Erziehungsberechtigter‘ an die Seite geholt – so findet man in den Linernotes Namen wie Paul Epworth, Greg Kurstin, Patrick Berger und Emile Haynie, deren Portfolio wiederum Stars wie Adele, Robyn, Sia, Lana Del Rey, Florence And The Machine und weitere beherbergt. Verdorben haben die vielen Köche hier nichts, zusammen mit den farbenfrohen Comic-Illustrationen gerät man mit der Platte in eine Art länger anhaltenenden Partymodus, für den zweideutigen Hintersinn der Stücke ist man so allerdings nur bedingt aufnahmefähig. Wer es als Manko sehen will – im Wust der bunten Kugeln gehen Halt und Übersicht ein wenig verloren und am Ende hat man einfach neben einem leeren Kopf vor allem einen ordentlichen Muskelkater. https://www.peterbjornandjohn.com/
Update: Wieder mal zu tief ins Glas geschaut? Ein schlechtes Buch vorm Einschlafen? Peter Bjorn And John mit dem aktuellen Video zum Titelsong.
„Breakin‘ Point“
(Ingrid)
So sind sie die Schweden – überlassen nichts dem Zufall. Schon gar nicht in Sachen Pop, denn den nehmen sie da oben so ernst wie kaum etwas sonst. Peter Morén, Björn Yttling und John Eriksson hätten es auch machen können wie Will Freeman in Nick Hornby’s Roman “About A Boy” – der antriebslose Mittdreißiger ernährt sich von den Tantiemen eines Weihnachtshits seines Vaters, diesen müßte man also einfach durch “Young Folks”, den Alltime-Chart-Topper der drei ersetzen und fertig wäre die Pointe. So einfach geht das natürlich nicht, denn zum einen haben PBJ ja nicht nur eine Single, sondern mittlerweile sieben Alben abgeliefert und desweiteren haben sie auch gar keine Lust, sich auf den Lorbeeren früherer Tage auszuruhen. Ganz im Gegenteil: Für “Breakin’ Point” haben Morén, Yttling und Eriksson sich extra Räumlichkeiten unweit einer historischen Wirkungsstätte eingerichtet – dem Tonstudio von Abba im Stockholmer Stadtteil Djurgarden, just um dort ihrerseits das eigene Label Ingrid unterzubringen.
Auf diesem ist nun nach fünfjähriger Pause also der Nachfolger für „Gimme Some“ erschienen und es überrascht nicht, dass dieser ähnlich gut funktioniert wie der bzw. die Vorgänger. Textlich mögen die drei Herren vielleicht etwas nachdenklicher gestrickt sein, ihre Musik basiert auf dem Prinzip, mit dem auch Bällebäder ihre kleinegewachsene Kundschaft magisch anziehen: Buntes in großer Vielfalt, nirgendwo scharfe Kanten, an denen man sich wehtun könnte und die deshalb jede und jeden dazu einladen, gutgelaunt im Überfluss unterzutauchen. Die Plastikkugeln heißen hier „Dominos“, „Do-Si-Do“ oder „Nostalgic Intellect“ und klingen mit ihrer Mischung aus Electropop, Soulanklängen der 70er und Eurodance gewohnt ausgelassen und spaßbereit.
Für die Betreuung des vergnüglichen Treibens haben sich PBJ im Übrigen eine ganze Reihe illustrer ‚Erziehungsberechtigter‘ an die Seite geholt – so findet man in den Linernotes Namen wie Paul Epworth, Greg Kurstin, Patrick Berger und Emile Haynie, deren Portfolio wiederum Stars wie Adele, Robyn, Sia, Lana Del Rey, Florence And The Machine und weitere beherbergt. Verdorben haben die vielen Köche hier nichts, zusammen mit den farbenfrohen Comic-Illustrationen gerät man mit der Platte in eine Art länger anhaltenenden Partymodus, für den zweideutigen Hintersinn der Stücke ist man so allerdings nur bedingt aufnahmefähig. Wer es als Manko sehen will – im Wust der bunten Kugeln gehen Halt und Übersicht ein wenig verloren und am Ende hat man einfach neben einem leeren Kopf vor allem einen ordentlichen Muskelkater. https://www.peterbjornandjohn.com/
Update: Wieder mal zu tief ins Glas geschaut? Ein schlechtes Buch vorm Einschlafen? Peter Bjorn And John mit dem aktuellen Video zum Titelsong.
Dienstag, 14. Juni 2016
Preoccupations: Stolz und Vorurteil
Zumindest haben sie sich einen Schuss Sarkasmus gegönnt: Einem Großteil der aufmerksamen Musikhörer sind sie noch unter ihrem ersten Namen Viet Cong bekannt, nach einer Reihe von offiziellen Ausladungen und vielen Missverständnissen hatten sich Matt Flegel, Mike Wallace, Scott Munro und Daniel Christian dann im letzten Jahr zur Korrektur entschlossen - neu also: Preoccupations. Nachdem das Debüt schon ein beachtliches war, hat die Band aus dem kanadischen Calgary nun Album Nummer zwei angekündigt, am 16. September soll das selbstbetitelte Werk erscheinen und mit "Anxiety" gibt es hier das erste Video davon zu sehen.
Glass Gang: Karaoke
Ganz und gar kein Einzelstück: Die Glass Gang aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn war hier schon mal zu Gast, vor gut zwei Jahren haben wir ein paar Stücke des Trios vorgstellt. Nun gibt es zum neuesten Track des Electro-Trios "Outside Your Love" ein hübsches Schwarz-Weiß-Video von Taylor Antisdel - für den Herbst haben die Jungs eine komplette EP angekündigt.
The Temper Trap: Kissenschlacht
The Temper Trap
„Thick As Thieves“
(Pias Coop)
Abschiede tun immer weh, die frühen und überraschenden wohl am meisten. An die australischen The Temper Trap hatte man sich gerade erst so schön gewöhnt – ihr letztes Album aus dem Jahr 2012 fand noch eine ausgewogene Balance aus emotionalem Überschwang, großer Geste auf der einen und ausreichend kompositorischer Finesse auf der anderen Seite, es war eine Platte, die nahe am Grad zur überzuckerten Gefälligkeit wandelte und doch genügend Zwischentöne (wie beispielsweise beim einigermaßen zeitkritischen “London Calling”) bot, um interessant und abwechslungsreich zu bleiben. Davon ist nun auf dem neuen “Thick As Thieves” kaum mehr etwas zu hören – der Einstieg mit dem Titelsong gelingt dem Quintett noch am besten, danach allerdings geht es schnurstracks in Richtung stadiontauglicher Mitgrölnummern der platteren Sorte. Am wenig inspirierten Breitwand-Rockpop ändert leider auch Dougy Mandagis ursprünglich zarter Falsettgesang nichts, ähnlich wie bei den Editors, den Kings Of Leon oder den Killers gibt es in der Folge von allem zuviel – dick aufeinander geschichtete Gitarren, Schunkel-Refrains und einfach gestrickte Gefühligkeit, die bei „Riverina“ ihren traurigen, weil kitschigen Höhepunkt erreicht. Manchmal hat man das Gefühl, die Herren wollten sich ob der Stimmverwandtschaft ihres Sängers in Richtung Disco- und Bee-Gees-Revival orientieren, wie sie es (mit deutlich besseren Ansätzen) ja auch schon auf dem Vorgänger gewagt hatten – doch so recht will das hier nicht klappen und so endet selbst das finale „Closer“ trotz vielversprechendem Beginn am Ende im knietiefen Bombast. Das mag als Rahmenprogramm für’s familienfreundliche Spaßevent (da nimmt man die Andeutung des Covers gern auf) funktionieren, einen Podestplatz in Sachen anspruchsvollen und ambitionierten Indiepops, für den sie sich ja ursprünglich mal beworben hatten, werden sie so allerdings nicht erreichen. http://www.thetempertrap.com/
„Thick As Thieves“
(Pias Coop)
Abschiede tun immer weh, die frühen und überraschenden wohl am meisten. An die australischen The Temper Trap hatte man sich gerade erst so schön gewöhnt – ihr letztes Album aus dem Jahr 2012 fand noch eine ausgewogene Balance aus emotionalem Überschwang, großer Geste auf der einen und ausreichend kompositorischer Finesse auf der anderen Seite, es war eine Platte, die nahe am Grad zur überzuckerten Gefälligkeit wandelte und doch genügend Zwischentöne (wie beispielsweise beim einigermaßen zeitkritischen “London Calling”) bot, um interessant und abwechslungsreich zu bleiben. Davon ist nun auf dem neuen “Thick As Thieves” kaum mehr etwas zu hören – der Einstieg mit dem Titelsong gelingt dem Quintett noch am besten, danach allerdings geht es schnurstracks in Richtung stadiontauglicher Mitgrölnummern der platteren Sorte. Am wenig inspirierten Breitwand-Rockpop ändert leider auch Dougy Mandagis ursprünglich zarter Falsettgesang nichts, ähnlich wie bei den Editors, den Kings Of Leon oder den Killers gibt es in der Folge von allem zuviel – dick aufeinander geschichtete Gitarren, Schunkel-Refrains und einfach gestrickte Gefühligkeit, die bei „Riverina“ ihren traurigen, weil kitschigen Höhepunkt erreicht. Manchmal hat man das Gefühl, die Herren wollten sich ob der Stimmverwandtschaft ihres Sängers in Richtung Disco- und Bee-Gees-Revival orientieren, wie sie es (mit deutlich besseren Ansätzen) ja auch schon auf dem Vorgänger gewagt hatten – doch so recht will das hier nicht klappen und so endet selbst das finale „Closer“ trotz vielversprechendem Beginn am Ende im knietiefen Bombast. Das mag als Rahmenprogramm für’s familienfreundliche Spaßevent (da nimmt man die Andeutung des Covers gern auf) funktionieren, einen Podestplatz in Sachen anspruchsvollen und ambitionierten Indiepops, für den sie sich ja ursprünglich mal beworben hatten, werden sie so allerdings nicht erreichen. http://www.thetempertrap.com/
Warpaint: Vorschau
Es knistert ja schon länger im Netzwerkgestrüpp: Warpaint aus Los Angeles haben wohl die solistischen Ausflüge ihrer Mitglieder gut weggesteckt und konzentrieren sich nunmehr auf ihr neues Album. Nach ein paar verschwommenen Outtakes und Studiobildern gibt es nun zumindest handfeste Livetermine für den Herbst - zwei deutsche Städte dürfen sich demnach freuen:
30.10. Köln, Live Music Hall
01.11. Berlin, Kulturhaus Astra
30.10. Köln, Live Music Hall
01.11. Berlin, Kulturhaus Astra
Sonntag, 12. Juni 2016
Sunn O))): Götterdämmerung
Zu was ein kurzer Ausflug auf dem Rad alles gut sein kann: Ohne diesen und die plakatierten Wände hätte man wohl kaum erfahren, dass Sunn O))), Doom-Metal-Legenden um Stephen O'Malley und Greg Anderson, endlich wieder mal in ein paar Clubs des Landes gastieren. Anlass ist wohl noch immer ihr letztes Album "Kannon", bestehend aus ganzen drei Stücken - anhören kann man sich das Werk noch bei Bandcamp oder gleich hier vor Ort, hingehen muss, wer halbwegs Verstand hat, sowieso.
31.08. Leipzig, Conne Island
01.09. München, Hansa 39
02.09. Wiesbaden, Schlachthof
03.09. Bochum, Turbinenhalle
05.09. Wien, Arena
31.08. Leipzig, Conne Island
01.09. München, Hansa 39
02.09. Wiesbaden, Schlachthof
03.09. Bochum, Turbinenhalle
05.09. Wien, Arena
50 Foot Wave: Still riding
Das noch, unbedingt: 50 Foot Wave, die aktuelle Band der (heimlich geliebten und) wunderbaren Kristin Hersh, Mitbegründerin der Throwing Muses, haben Ende Mai eine neue EP mit dem Titel "Bath White" veröffentlicht. Sechs neue Stücke befinden sich auf dem Kurzalbum - wer mag, kann sich dieses zur Gänze bei Bandcamp anhören und natürlich auch bestellen, mit "God's Not A Dick" und "Bath White" gibt es hier zwei Songs davon im Stream.
Samstag, 11. Juni 2016
The Bay Rays: Sturm und Drang [Update]
Ein Hoch auf die Zeiten, da drei Akkorde für ein Hallelujah noch ausgereicht haben, um das Adrenalin auf ein Maximum zu pumpen. Ein Hoch also auf Harry Nicoll (Gesang/Gitarre), Maxwell Oakley (Drums) und Anthus Davis (Bass), The Bay Rays also, ein Punk-Trio aus dem englischen Städtchen Kent, die gerade mal zwei Singles am Laufen haben und trotzdem so klingen, als wollten sie erst Manhatten, dann Berlin und später die restliche Welt im Sturm erobern. Voilá - hier also "Four Walls" und ganz neu "New Home".
Update: Wer noch auf einen Clip gewartet hat - bitteschön, hier das Video zu "New Home".
Update: Wer noch auf einen Clip gewartet hat - bitteschön, hier das Video zu "New Home".
WALL: Plagegeister
04./05.11. Rolling Stone Weekender, Weissenhäuser Strand (ausverkauft)
Freitag, 10. Juni 2016
Die Heiterkeit: Kühler Trost
Die Heiterkeit
„Pop und Tod I+II“
(Buback)
Und das ist es wieder: „Pop ist tot, denn böse Menschen kaufen keine Lieder“. Vor einiger Zeit feierte ein überschaubarer Teil der Menschheit das zehnjährige Bestehen der Berliner Band Die Türen, unter den Gratulanten – Die Heiterkeit. Und die hatten sich für ihren Glückwunsch und Beitrag zum Coveralbum just den apokalyptischen Abgesang auf die gottverlassene Erdkugel ausgesucht. Damals also schon wie heute – der Song hätte genausogut auf ihr neues Werk gepasst. Nach allerlei Umbesetzungen mit Sängerin Stella Sommer als einziger Konstante ist die Hamburger Formation nun angetreten, mit einem opulenten Album Pop und Tod erneut miteinander zu versöhnen. Und wer da rein will, der muss mit Schaudern („ohoohoo…“) erst mal durch die Kälte: Dahin also, wo das Blut nicht mehr fließt, die Gesichter nicht hell, sondern fahl sind und alles zum Stillstand kommt, wo einzig trocken peitschende Schläge die Endzeit einläuten. Gar nicht so schön hier, schlimmer noch: Das Album ist ein Zumutung.
Gemessen an „Pop und Tod“ sind die beiden Vorgänger „Herz aus Gold“ und „Monterey“ beschwingte Liedersammlungen, ging’s da noch um Frühlingsjungen, Cary Grant, Dandys und Kalifornien, buchstabieren wir hier: Betrug, Nacht, das Vergessen, den Zwiespalt und das Ende. Natürlich ist das anstrengend und natürlich darf das als die größtmögliche Entfernung von allem verstanden wissen, was heiter ist. Aber es ist eben auch: erhaben, feierlich, von kühler Anmut. Wenn Sommer mit ihrer tiefen, sonoren Stimme Zeilen singt wie „Ich mag es nicht sagen, du mußt es mir glauben, aber Dunkelheit wird niemals zu Licht“, dann kann man das für platten, morbiden Kitsch halten. Oder man denkt an die große und traurige Christa Päffgen alias Nico und ihre großen und traurigen Songs und erkennt eine ähnliche Leidenschaft für diese Art schwarzer Poesie.
Vieles hier bleibt bewusst rätselhaft, unerklärlich, sprichwörtlich im Dunkeln – Assoziationstheater: Im Gegenüber liest man wie in einem guten Buch und doch sind viele der Seiten leer, die großen Namen mit ihren bröckelnden Fassaden, die einen doch so sehr faszinieren. Am besten dran ist wohl, wer nicht allzu verbissen in den Texten nach dem tieferen Sinn gräbt, sondern sich einlässt auf den trägen Klang der Worte, auf die Lakonie, den heiligen Ernst, das kalte Gefühl. Und so vielleicht doch, an unerwarteter Stelle, ein klein wenig Trost findet, ein neckisches Pfeifen hier, ein anrührender, heller Chorgesang dort. „Wenn es soweit ist, werden wir es wissen, es kommt immer anders, als gedacht“, diese Zeile trägt eben auch eine Ungewissheit, eine Ahnungslosigkeit in sich, die das Zeug hat, selbst die Furchtsamsten fröhlich zu stimmen: Das Ende kommt mit Sicherheit, aber wir haben keinen blassen Schimmer, wann und wie. http://dieheiterkeit.de/
09.09. Essen, Hotel Shanghai
10.09. Köln, Stereo Wonderland
12.09. Gießen, Muk
13.09. Karlsruhe, Kohi
14.09. München, Unter Deck
15.09. Wien, Rhiz
16.09. Dresden – Altes Wettbüro
17.09. Leipzig, Werk 2
22.09. Hamburg, Reeperbahnfestival
17.11. Düsseldorf, Stahlwerk
18.11. Stuttgart, Merlin
19.11. Palace, St.Gallen
21.11. Heidelberg, Karlstorbahnhof
22.11. Frankfurt, Zoom
23.11. Bremen, Lagerhaus
25.11. Berlin, //:about blank
„Pop und Tod I+II“
(Buback)
Und das ist es wieder: „Pop ist tot, denn böse Menschen kaufen keine Lieder“. Vor einiger Zeit feierte ein überschaubarer Teil der Menschheit das zehnjährige Bestehen der Berliner Band Die Türen, unter den Gratulanten – Die Heiterkeit. Und die hatten sich für ihren Glückwunsch und Beitrag zum Coveralbum just den apokalyptischen Abgesang auf die gottverlassene Erdkugel ausgesucht. Damals also schon wie heute – der Song hätte genausogut auf ihr neues Werk gepasst. Nach allerlei Umbesetzungen mit Sängerin Stella Sommer als einziger Konstante ist die Hamburger Formation nun angetreten, mit einem opulenten Album Pop und Tod erneut miteinander zu versöhnen. Und wer da rein will, der muss mit Schaudern („ohoohoo…“) erst mal durch die Kälte: Dahin also, wo das Blut nicht mehr fließt, die Gesichter nicht hell, sondern fahl sind und alles zum Stillstand kommt, wo einzig trocken peitschende Schläge die Endzeit einläuten. Gar nicht so schön hier, schlimmer noch: Das Album ist ein Zumutung.
Gemessen an „Pop und Tod“ sind die beiden Vorgänger „Herz aus Gold“ und „Monterey“ beschwingte Liedersammlungen, ging’s da noch um Frühlingsjungen, Cary Grant, Dandys und Kalifornien, buchstabieren wir hier: Betrug, Nacht, das Vergessen, den Zwiespalt und das Ende. Natürlich ist das anstrengend und natürlich darf das als die größtmögliche Entfernung von allem verstanden wissen, was heiter ist. Aber es ist eben auch: erhaben, feierlich, von kühler Anmut. Wenn Sommer mit ihrer tiefen, sonoren Stimme Zeilen singt wie „Ich mag es nicht sagen, du mußt es mir glauben, aber Dunkelheit wird niemals zu Licht“, dann kann man das für platten, morbiden Kitsch halten. Oder man denkt an die große und traurige Christa Päffgen alias Nico und ihre großen und traurigen Songs und erkennt eine ähnliche Leidenschaft für diese Art schwarzer Poesie.
Vieles hier bleibt bewusst rätselhaft, unerklärlich, sprichwörtlich im Dunkeln – Assoziationstheater: Im Gegenüber liest man wie in einem guten Buch und doch sind viele der Seiten leer, die großen Namen mit ihren bröckelnden Fassaden, die einen doch so sehr faszinieren. Am besten dran ist wohl, wer nicht allzu verbissen in den Texten nach dem tieferen Sinn gräbt, sondern sich einlässt auf den trägen Klang der Worte, auf die Lakonie, den heiligen Ernst, das kalte Gefühl. Und so vielleicht doch, an unerwarteter Stelle, ein klein wenig Trost findet, ein neckisches Pfeifen hier, ein anrührender, heller Chorgesang dort. „Wenn es soweit ist, werden wir es wissen, es kommt immer anders, als gedacht“, diese Zeile trägt eben auch eine Ungewissheit, eine Ahnungslosigkeit in sich, die das Zeug hat, selbst die Furchtsamsten fröhlich zu stimmen: Das Ende kommt mit Sicherheit, aber wir haben keinen blassen Schimmer, wann und wie. http://dieheiterkeit.de/
09.09. Essen, Hotel Shanghai
10.09. Köln, Stereo Wonderland
12.09. Gießen, Muk
13.09. Karlsruhe, Kohi
14.09. München, Unter Deck
15.09. Wien, Rhiz
16.09. Dresden – Altes Wettbüro
17.09. Leipzig, Werk 2
22.09. Hamburg, Reeperbahnfestival
17.11. Düsseldorf, Stahlwerk
18.11. Stuttgart, Merlin
19.11. Palace, St.Gallen
21.11. Heidelberg, Karlstorbahnhof
22.11. Frankfurt, Zoom
23.11. Bremen, Lagerhaus
25.11. Berlin, //:about blank
The Stone Roses: Aufreger [Update]
Für solche Zwecke waren früher Musikzeitschriften wie der NME das bestgeeignete Medium: The Stone Roses haben tatsächlich erstmals seit 1996 einen neuen Song veröffentlicht und vor Jahren hätte man sich seitenweise über den Sinn und Unsinn dieses Lebenszeichens von Ian Brown und Konsorten ausgelassen, dazu die passenden Rankings aller Alben (das wäre hier mit zwei Stück ziemlich übersichtlich) und reichlich Kommentare von Wegbegleitern, ehemaligen Kollegen und solchen, deren Vorbilder die Herren bis heute geblieben sind. Heute verliert sich das nach großem Hypegeschrei schnell im Datenwust des Netzes, viel Informationsgehalt haben die News ja auch nicht zu bieten - das Stück heißt "All For One", klingt wie früher, der Text ist sehr leicht zu merken, die obligatorische Zitronenscheibe ziert das Cover und ob ein Album nachkommen soll, weiß keiner so recht. So, das waren jetzt ziemlich viele Worte für ziemlich durchschnittliche Dreiachtunddreißig.
Update: Und kaum ist der erste Aufreger vorbei, kommt hier mit sieben Minuten Spieldauer der nächste Track daher - "Beautiful Thing", rave on oder so...
Update: Und kaum ist der erste Aufreger vorbei, kommt hier mit sieben Minuten Spieldauer der nächste Track daher - "Beautiful Thing", rave on oder so...
Red Hot Chili Peppers: Brennt's noch?
Donnerstag, 9. Juni 2016
Merchandise: Blümchensex
Das darf, wer Lust hat, gern mal googlen: Die Post-Punk-Kapelle Merchandise aus Tampa/Florida hat gerade den Nachfolger ihres letzten Albums "After The End" aus dem Jahr 2014 angekündigt - Name, Veröffentlichungsdatum bislang noch unbekannt. Aber eine erste Single gibt es schon, "Flower Of Sex" heißt die und weil das Video hierzulande dank der üblichen gesetzgeberischen Schranken schwer zu finden ist, muss man viel suchen. Und findet viel über Blümchensex, Bio Klasse 4 und so fort. Und natürlich irgendwann auch den Clip, bitteschön.
Band Of Horses: Begleiterscheinung
Band Of Horses
„Why Are you OK?“
(Caroline/Universal)
Sie kriegen einen dann doch immer wieder. Die Band um den holzfällerbärtigen Ben Bridwell macht nun schon seit einiger Zeit keine wirklich bahnbrechende Musik mehr, sie hat sich eingerichtet in ihrer gefühlig-melancholischen Mischung aus Americana, Folk- und Countryrock. Dort allerdings, das muss man anerkennen, sind die Herren Meister ihres Fachs, vor allem Dank Bridwells weicher Kopfstimme verpassen sie dem Zuhörer ein jedes Mal auf’s Neue eine derart entspannte Grundstimmung, so dass der Blick milde und das Urteil weniger hart ausfällt – es hätte ja noch schlimmer kommen können... Zumal für Album Nummer fünf mit dem noch bärtigeren Rick Rubin (Legende) und Jason Lytle (Ex-Grandaddy) zwei Produzenten am Werke waren, deren Künsten man ohnehin fast blind vertrauen darf.
Zwölf Stücke schreiben also die Arbeit von „Infinite Arms“ und „Mirage Rock“ (um die Grenze zum spannenderen Frühwerk zu ziehen) nahezu ansatzlos fort, verträumtes Midtempo („Hag“, „Lying Under Oak“, „Whatever, Wherever“) wechselt mit der klassischen Rockpartitur („Solemn Oath“, „Throw My Mess“), Bridwell sorgt auf vertraute Art für ein paar Gänsehautmomente und erzählt vom nicht immer ganz so erbaulichen Leben der amerikanischen Mittelschicht, von langweiligen Parties mit langweiligen Gästen und noch langweiligeren Gesprächen. Das kann dann so unfreiwillig komisch wirken wie die beiden Nacktbader auf dem Cover, die Bridwell bei einem Strandbesuch spontan mit seinem Mobiltelefon ablichtete. Die wirklich großen Momente allerdings sind selten.
Mit „In A Drawer“, einem versonnenen Erinnerungsstück, ist ihnen so einer geglückt, was ein wenig auch am Gastauftritt von J Mascis liegt. Man konnte kürzlich lesen, dass Bridwell und Drummer Creighton Barrett bei ihrer ersten Begegnung just über einen Dinosaur-jr-Song ins Gespräch gekommen sind, Mascis war also nichts weniger als eine Art Geburtshelfer der Band Of Horses. Ebenso gelungen später „Country Teen“, das über den speziellen Stereoeffekt einen besonderen Dreh bekommt, und das wunderbar zarte „Barrel House“, wie gemacht dafür, jede vorangegangene Schwäche sofort zu verzeihen. Überhaupt: Bridwell hat es vom Scheidungskind und Schulabbrecher mittlerweile zum Bandleader, Labelboss und Vater dreier Töchter gebracht, man ist also geneigt zu sagen, der Mann mache mit seinen Freunden genau die unaufgeregte Musik, die wir desöfteren brauchen. Es passt also, immer noch. http://www.bandofhorses.com
20.06. Köln, Gloria Theater
22.06. Berlin, Spandauer Zitadelle
„Why Are you OK?“
(Caroline/Universal)
Sie kriegen einen dann doch immer wieder. Die Band um den holzfällerbärtigen Ben Bridwell macht nun schon seit einiger Zeit keine wirklich bahnbrechende Musik mehr, sie hat sich eingerichtet in ihrer gefühlig-melancholischen Mischung aus Americana, Folk- und Countryrock. Dort allerdings, das muss man anerkennen, sind die Herren Meister ihres Fachs, vor allem Dank Bridwells weicher Kopfstimme verpassen sie dem Zuhörer ein jedes Mal auf’s Neue eine derart entspannte Grundstimmung, so dass der Blick milde und das Urteil weniger hart ausfällt – es hätte ja noch schlimmer kommen können... Zumal für Album Nummer fünf mit dem noch bärtigeren Rick Rubin (Legende) und Jason Lytle (Ex-Grandaddy) zwei Produzenten am Werke waren, deren Künsten man ohnehin fast blind vertrauen darf.
Zwölf Stücke schreiben also die Arbeit von „Infinite Arms“ und „Mirage Rock“ (um die Grenze zum spannenderen Frühwerk zu ziehen) nahezu ansatzlos fort, verträumtes Midtempo („Hag“, „Lying Under Oak“, „Whatever, Wherever“) wechselt mit der klassischen Rockpartitur („Solemn Oath“, „Throw My Mess“), Bridwell sorgt auf vertraute Art für ein paar Gänsehautmomente und erzählt vom nicht immer ganz so erbaulichen Leben der amerikanischen Mittelschicht, von langweiligen Parties mit langweiligen Gästen und noch langweiligeren Gesprächen. Das kann dann so unfreiwillig komisch wirken wie die beiden Nacktbader auf dem Cover, die Bridwell bei einem Strandbesuch spontan mit seinem Mobiltelefon ablichtete. Die wirklich großen Momente allerdings sind selten.
Mit „In A Drawer“, einem versonnenen Erinnerungsstück, ist ihnen so einer geglückt, was ein wenig auch am Gastauftritt von J Mascis liegt. Man konnte kürzlich lesen, dass Bridwell und Drummer Creighton Barrett bei ihrer ersten Begegnung just über einen Dinosaur-jr-Song ins Gespräch gekommen sind, Mascis war also nichts weniger als eine Art Geburtshelfer der Band Of Horses. Ebenso gelungen später „Country Teen“, das über den speziellen Stereoeffekt einen besonderen Dreh bekommt, und das wunderbar zarte „Barrel House“, wie gemacht dafür, jede vorangegangene Schwäche sofort zu verzeihen. Überhaupt: Bridwell hat es vom Scheidungskind und Schulabbrecher mittlerweile zum Bandleader, Labelboss und Vater dreier Töchter gebracht, man ist also geneigt zu sagen, der Mann mache mit seinen Freunden genau die unaufgeregte Musik, die wir desöfteren brauchen. Es passt also, immer noch. http://www.bandofhorses.com
20.06. Köln, Gloria Theater
22.06. Berlin, Spandauer Zitadelle
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