Donnerstag, 30. September 2021
Divide And Dissolve x Moor Mother: Meinungsverstärkerinnen
Mittwoch, 29. September 2021
Bedouine: Heilsame Wirkung
Dienstag, 28. September 2021
Gone To Color: Populäre Bastelarbeiten
Elektronische Frickeleien werden solche Sachen ja gern etwas abschätzig genannt, aber gerade hier in Deutschland weiß man, dass kluge Bastelarbeiten aus dem Homeoffice durchaus zu Weltruhm führen können - schauen wir nur auf die Weilheimer Werkstatt The Notwist und deren anhaltenden Erfolg. Wenn man noch dazu seine ambitionierten Spielchen mit den passenden Stimmen garniert, ist auf einmal Schluss mit Nische und das Ganze wird zu etwas Größerem. So jedenfalls könnte es bald den Herren Tyler Bradley Walker und Matt Heim aus Atlanta und Washington D.C. ergehen, die gerade mit ihrem Projekt Gone To Color für einiges Aufsehen sorgen. Seit dem Frühjahr haben die beiden in losen Abständen eine Reihe von feinen Singles mit honorigen Features veröffentlicht, wir hätten da zum Beispiel Martina Topley-Bird, Pat Sansone (Wilco), Angus Andrew (Liars), Ade Blackburn (Clinic). Carson Cox (Merchandise) und Jessie Stein als Teil der kanadischen Band The Luyas. Nun gesellte sich auch noch der Welt sympathischster Parkettverleger Kurt Wagner von Lambchop für den Song "Just Smile" hinzu, betreut hat alle Einspielungen im Übrigen Tortoise' John McEntire (quasi Superfrickler). Das komplette Album erscheint am 15. Oktober, wir listen hier schon mal vorab alles verfügbare Material auf.
DIVES: Is ned Wuascht
Montag, 27. September 2021
The Lathums: Those were the days
„How Beautiful Life Can Be“
(Island/Universal)
Natürlich kann man das versuchen, aber leicht wird es sicher nicht: Die einzige Möglichkeit, dem Charme des Debütalbums von Alex Moore und seiner Band The Lathums zu entgehen, ist, es komplett zu ignorieren. Gelingt dies nicht, läuft man Gefahr, der Musik des Quartetts aus dem Städtchen Wigan rückhaltlos zu verfallen. Was nicht schlimm und obendrein ziemlich fair wäre, denn außer einem trutzigen Kirchbau, einem maßvoll erfolgreichen Fußballklub (der in der dritten englischen Liga kickt) und der Erwähnung als Geburtsort von Vokuhila-Star Limahl hat die ehemalige Bergarbeitersiedlung nicht viel zu bieten. Und so groß sollte der Schatten, über den man zuvor springen muss, nun auch wieder nicht sein, schließlich werden sich die Älteren unter uns vielleicht daran erinnern, dass auch Coldplay, Keane oder Travis in ihren Anfangsjahren reichlich Sympathiepunkte ernten konnten für Musik, die sich von dieser hier nicht maßgeblich unterscheidet.
Stichwort Sympathiepunkte: Das Schöne ist ja, dass man gar nicht anders kann, als Sänger Alex Moore, gesegnet mit einer verteufelt geschmeidigen Stimme, all das abzukaufen, wovon er in seinen Songs erzählt. Dass er noch immer mit großen Augen auf der Bühne steht und ungläubig auf die Masse starrt, die sich jetzt davor versammelt hat. Wo er doch noch die Zeiten kennt, da man sich für ein paar Pints und den vollen Tank durch die Pubs mucken musste. Dass er diese Erinnerungen nicht missen möchte (schön in „I’ll Never Forget The Time I Spent With You“) ehrt ihn, zurückbleiben im ewig gleichen Trott möchte Moore aber dann auch nicht („I Know That Much“). Keine Frage, das Songwriting dieser Platte ist exzellent – das, was die Briten gern als happy-go-lucky bezeichnen wechselt mit Melancholie und Sentiment, die Gitarren janglen ordentlich und ein ordentliches Solo ist auch mal drin.
Mal sind’s Police, mal The Smiths, dann wieder die deutlich kaputteren Babyshambles, die Gefahr bei alle den famosen Stücken ist eigentlich nur, dass man sie zu schnell zu oft hört und dann überbekommt. Ein wenig Kitsch sollte man zudem vertragen, Album-Motto und Titelsong beispielsweise entstanden bei einem Gespräch zwischen Moore und seiner Mutter auf der heimatlichen Couch, wir hören von Engelsgesang, Love Bombs und dass John Lennon eigentlich nicht hätte sterben dürfen. Wenn Moore zum Kampf aufruft wie in „Fight On“, dann klingt das schon recht vorsichtig, ein Großmaul ist er wohl auch in der Schule nicht gewesen. Eher einer, der sich im Hintergrund hält und beobachtet, der lieber davon erzählt, wie wichtig ihm Blicke und Sprache des Gegenübers sind, wo doch alle nur an ihren „Artificial Screens“ hängen. Rührend das alles, vielleicht etwas simpel – aber hey, wo steht geschrieben, dass alles immer so wahnsinnig kompliziert sein muss?
Freitag, 24. September 2021
Moor Mother: Die Wahl der Waffen
"Black Encyclopedia Of The Air"
(Anti- Records)
Aus künstlerischer Sicht ist diese Frage natürlich völlig nebensächlich, aber beschäftigt man sich näher/länger mit dem Werk von Camae Ayewa alias Moor Mother, dann taucht sie unweigerlich auf: Tut sich nun leichter mit der Aneignung, wer nur diese neue Platte kennt oder doch diejenigen, denen auch die ersten Veröffentlichungen geläufig sind? Denn unterschiedlich sind sie allemal. Zunächst die elektronischen, experimentellen Skizzen noch auf Tape als Moor Mother Goddess 2015, danach die allmähliche Hinwendung zu düsterem Noise und Hip Hop auf "Fetish Bones" und "Analog Fluids Of Sonic Black Holes" (mit dem tollen "Black Flight" und Saul Williams) – Stimme und Sound fast immer am Anschlag. Mehr Jazz später, weniger harsch, Freiräume, Schwingungen, das wunderbar vielschichtige „Brass“ zusammen mit Billy Woods aus dem vergangenen Jahr. Und nun also dieses Album mit seiner riesigen Gästeliste aus einer so spannenden wie relativ unbekannten Underground-Szene, geschuldet der Pandemie und der Quarantäne. Loops, Samples, Zitate, Geräusche wechselten die Seiten, entwickelten und verdichteten sich zu dem flirrenden, raschelnden, wispernden Klangkosmos, unglaublich beweglich, flüchtig fast.
Die Poesie tritt, so Ayewa, wieder deutlich mehr in den Vordergrund, Worte, die nicht immer drastisch, aber wohl überlegt und kraftvoll sind. „I like to punch people in the heart and then kiss the heart“ hat sie dem Online-Magazin Pitchfork erzählt, das schon. Aber eben auch, dass Härte nicht alles ist und sich rude speech ziemlich schnell verbraucht oder hohl bleibt, wenn nichts folgt. In ihren Worten: "People are making good music, but it’s political? No. Not that I’ve seen. It’s pretty safe. What are they saying beyond 'fuck you' or 'I’ll kill this guy' or 'fuck Donald Trump'? What does that really mean? What does that do? Maybe 'fuck' is not radical enough. It’s too common. Little kids say 'fuck.'" Hier also die dringlichen Themen wie weibliches Empowerment, Umweltzerstörung, systemischer Rassismus, aber eben mit anderem textlichen Schwerpunkt. Und musikalisch ist Moor Mother ohnehin meilenweit entfernt von jeglicher Berechenbarkeit und Langeweile, Free Jazz, Gospel, Rap, "Tarot" klingt wie eine kultische Beschwörung, "Zami" wütet, "Clock Fight" klappert und rasselt, ein wunderbares Spektakel das alles. Es ist am Ende wie immer: Wer sich darauf einlässt, wird gut unterhalten – ohne den Ernst der Sache zu vergessen.
DAF: Als wär's das letzte Mal
Tocotronic: Let there be Frieden
Isolation Berlin: Wenn Männer spielen [Update]
Okay, sehen wir mal von dem Fingerzeig mit dem grob geschnitzten Zaunspfahl ab (Start heute Fußball-EM), ist die neuerliche Rückmeldung von Isolation Berlin sehr, sehr erfreulich. Zumal sie mit dem Hinweis verbunden ist, dass am 8. Oktober bei Staatsakt das dritte reguläre Studioalbum der Band erscheinen wird. Und so eine Nachricht macht nicht mal der mögliche und ziemlich hypothetische Gewinn der europäischen Kickmeisterschaft wett. "Geheimnis" wird die Platte heißen und elf mutmaßlich überaus gelungene Songs aus der Feder von Tobias Bamborschke enthalten. Einen haben wir ja mit "(Ich will so sein wie) Nina Hagen" schon vorhören dürfen und nun eben "Ich hasse Fußballspielen" über falsch verstandene Männlichkeit. Anders als der andere Newcomer des Tages zum Thema Diversität (Drangsal mit "Mädchen sind die schönsten Jungs") kommt Bamborschke ohne alle Plattheiten aus und braucht für seine Reime auch keinen Holzhammer. Jetzt wollen wir noch hoffen, dass bald auch ein paar Livetermine folgen und dann kann der Sommer endlich kommen!
Update: Wer hat sie nicht - "Private Probleme"? Du, ich und Tobias Bamborschke auch. Und wie wir alle scheut er sich, darüber zu reden. Also singt er besser mal, die neue Single kommt mit einem knackigen Basslauf und - ganz wichtig - mit den Tourdaten für 2022! Und hinterher gleich noch "Enfant Terrible".
01.03.2022 Augsburg, Kantine
02.03.2022 Freiburg, Jazzhaus
03.03.2022 Wien, Flex
04.03.2022 München, Technikum
05.03.2022 Zürich, Bogen F
06.03.2022 Stuttgart, Im Wizemann
08.03.2022 Frankfurt am Main, ZOOM
09.03.2022 Düsseldorf, Zakk
10.03.2022 Bochum, Rotunde
11.03.2022 Münster, Gleis 22
12.03.2022 Köln, Gebäude 9
14.03.2022 Hannover, Béi Chéz Heinz
16.03.2022 Leipzig, Conne Island
17.03.2022 Kiel, Die Pumpe
18.03.2022 Hamburg, Mojo Club
19.03.2022 Rostock, Peter Weiss Haus
24.03.2022 Dresden, Beatpol
25.03.2022 Berlin, Festsaal Kreuzberg
Levin Goes Lightly: Konsequent wandelbar [Update]
Montag, 20. September 2021
Shady Nasty: Aus dem Rahmen
Christin Nichols: Eine Sehnsucht namens Malibu
Freitag, 17. September 2021
Figure Of Speech: Herz und Faust
Pa Salieu: Rebel for a cause
Donnerstag, 16. September 2021
Courtney Barnett: Das Große im Kleinen [Update]
Update: Ganz frisch und ebenso erfrischend ist das Video zur neuen Single "Before You Gotta Go", unter Regie der Australierin Claudia Sangiorgi Dalimore versucht sich Barnett am Field-Recording.
Mittwoch, 15. September 2021
A Place To Bury Strangers: Sonderangebot
10.03. Dresden, Beatpol
29.03. Zürich, Bogen F
20.03. München, Backstage
05.04. Münster, Gleis 22
12.04. Berlin, Hole 44
13.04. Köln, MTC
Talk Show: Auf der Suche nach dem Momentum
Dienstag, 14. September 2021
Makthaverskan: Auf ewig
Body/Dilloway/Head: Kalkulierter Kontrollverlust
Montag, 13. September 2021
Familienalbum # 37: Mac McCaughan
Mac McCaughan "The Sound Of Yourself", The Charlatans "Between 10th and 11th", The Dead Milkmen "Smoking Banana Peels", The Dandy Warhols "The Monkey House", Chris Rea "Gods Great Banana Skin", Ween "Bananas And Blow", No Frills "Haulin' State Of Mind", Niki And Gabi "Hair Tie", Chk Chk Chk (!!!) "As If", Deep Purple "Bananas", The Velvet Underground "The Velvet Underground And Nico", Full Of Fancy "The Acid Creeps", Conkarah "Banana Feat. Shaggy", Pisse "Kohlrübenwinter", The Dickies "Bananasplits", Kraan "Dancing In The Shade"
Sonntag, 12. September 2021
Low: Gegen die Macht der Gewohnheit
"HEY WHAT“
(Sub Pop)
Es muss also nicht immer so sein. Dass man mit zunehmendem Alter bequemer, ängstlicher wird, dass man auf Sicherheit bedacht ist und lieber der Gewohnheit folgt, als mit ihr zu brechen und Neues auch auf die Gefahr hin zu probieren, daran zu scheitern. Viele Musikerinnen und Musiker, kommen sie in die Jahre, folgen dem immergleichen Schema, auch mit dem Hinweis, für den Ausbruch und die Innovation wären sie nicht mehr zuständig, dafür gäbe es schließlich die Jungen, Verwegenen. Doch wo steht geschrieben, dass nicht beides geht – das Vorrecht der nachwachsenden Generation auf den Umsturz anzuerkennen und zugleich sich selbst ständig herauszufordern? Alan Sparhawk kann, auf das Thema angesprochen, recht treffend dazu einsteigen: „That’s what young people should be doing—they should be smashing it and building their own vocabulary.“ Kein Neid, keine Wehmut klingt da bei dem mittlerweile Fünfzigjährigen durch, sondern Offenheit und auch Neugier. Und selbst? Mit Ehefrau und künstlerischer Partnerin Mimi Parker hat er das gemeinsame Projekt Low zu einem ziemlich einzigartigen Hort ständiger Veränderung und Kreativität gemacht. Kaum eine andere Band der letzten Jahrzehnte hat derart konsequent neue Technologien und Produktionsmöglichkeiten ausprobiert und auch genutzt, kaum jemand hat den Sound ähnlich mutig vorangetrieben und erneuert wie Low.
Erste Ansätze, der Elektronik mit all ihren Facetten deutlich mehr Platz einzuräumen, gab es auf dem Album „Ones And Sixes“ aus dem Jahr 2015 zu hören, so richtig experimentell und nahezu dekonstruktiv wurde das Duo dann auf der folgenden Platte „Double Negative“. Wir erinnern uns an Stücke wie „Tempest“ und „Disarray“, wo die digitale Verfremdung hörbar vorangetrieben und im Kontrast mit dem zarten, zweistimmigen Gesang zu neuen Höhen geführt wurde. Schon da war das Knirschen, Wummern und Dröhnen, was man eher vom Industrial kennt und dem wir jetzt auf „HEY WHAT“ in jedem Song begegnen, vorweggenommen. Sparhawk dazu: „The more we try to fragment and abstract it out - even to see how far we can go until it’s not music anymore - that’s where it becomes interesting to us.“ Und weiter: „I want to hear it get kicked off its algorithm and scramble to try to find it again. Maybe it’s revenge - I want to see technology break as much as it has broken me (Pitchfork)". Der Ansatz, die Technik an ihre Grenzen zu führen, bis man selbst an die eigenen stößt, ist mutig, aus Sicht eines Künstlers aber wohl alternativlos und schlüssig. Und er macht dieses neue Album damit zu einem neuerlich eindrucksvollen Werk.
Schon wenn eingangs die „White Horses“ zu abgehackten Störgeräuschen und Dronegitarren, (welche Sunn o))) nicht besser hätten spielen können) heranfliegen, ist man so dermaßen bei der Sache und unbedingt begierig zu erfahren, wie weit Low diesmal zu gehen bereit sind. Sehr weit, wie wir im Laufe der fünfundvierzig Minuten erfahren. Ob die allnächtlich wiederkehrenden Dämonen besungen werden („All Night“), die Angst um die Zerbrechlichkeit der Welt („I Can Wait“), die Liebe („Don’t Walk Away“) oder Wut über die ungerechte Verteilung der Lasten („More“), immer wird die Harmonie der beiden Stimmen von wuchtigen, teils psychedelischen Soundscapes begleitet. Manchmal, wie bei „Disapprearing“, bringen die Bässe alles dermaßen zum Vibrieren, dass man fast Angst um die Hardware bekommt – an ein Leiserdrehen ist allerdings nicht zu denken. Und selbst „Days Like These“, das als vermeintlich konventioneller Song beginnt, entfaltet sich mit zunehmender Spieldauer zu einem raumgreifenden Opus, nur um am Ende ins Sphärische und Jazzige hinüberzugleiten. Einfach ist hier nichts, fesselnd dagegen alles. Low schaffen auf „HEY WHAT“ eine Spannung und Klangtiefe, wie sie Pink Floyd einst in ihren Frühwerken zuwege brachten. Beeindruckend, ohne Abstriche.
09.05. Hamburg, Uebel und Gefährlich
10.05. Berlin, Festsaal Kreuzberg
Freitag, 10. September 2021
Amyl And The Sniffers: Wucht und Wahrheit
„Comfort To Me“
(Rough Trade)
Schon als Amy Taylor 2016 gemeinsam mit ihren Schnüfflern und der ersten EP „Giddy“ auf der Bildfläche erschien, war die Reaktion absehbar: Das ist die, die immer Ärger sucht und macht, der man auf dem Schulhof besser aus dem Weg gegangen ist, die aufmuckt und anrennt, auch wenn sie sich dabei mal eine blutige Nase holt. Eine wie Amy Taylor hat man im Geheimen immer beneidet um ihre Furchtlosigkeit, ihr großes Maul und die Lässigkeit, mit der sie durch die Straßen streunte und jeden Gegenüber schon mit Blicken zugrunde richten konnte. Trotzdem blieb man lieber auf Abstand, weil man der Urgewalt, die sie ausstrahlt, ohnehin nicht gewachsen war. Und ist. Denn an das fabelhafte Debüt von 2019 schließt nun eine Platte an, die noch schneller, noch kompromissloser ist. Die Songs allesamt mächtige Schläge in die Magengrube – „Guided By Angels“, „Freaks To The Front“, „Choices“, „Security“ und wie sie alle heißen, kurzatmige Bretter zwischen Punk und Garagerock, verfeinert mit jeder Menge herrlicher Gitarrensoli, die man so heute kaum noch zu hören bekommt.
Natürlich ist „Comfort To Me“ ein Lockdwon-Album, Taylor hat es selbst gesagt. Ein Song wie „Hertz“, geschrieben mit der Wut der Eingesperrten, die raus will in die Natur, ungezähmt, frei („I’m literally dying. I just want to get to the country and fucking not be in the city!“, Apple Music) – das Video dazu von einer Intensität, einer fieberhaften Umtriebigkeit, die nicht weiß wohin mit sich. Manchmal wird es dagegen richtiggehend komisch – etwa beim Song „Maggot“, erklärtermaßen ein Liebeslied. Taylor vergleicht den Moment, wo sich die Maden über einen Tierkadaver hermachen, mit der absoluten Hingabe, ein Bild, das einem nicht so schnell aus dem Kopf geht. Auf die Frage des Guardian, dem sie ein kürzlich ein Interview gab, wer dann sie wohl sei, Made oder Kadaver, gab sie übrigens zur Antwort: „I don’t know. Both! That’s love.“ Taylor als streitbar zu bezeichnen, wäre eine schamlose Untertreibung, mit ihr möchte man sich nicht anlegen. Ihre Abrechnung mit der australischen Politik während der katastrophalen Buschfeuer oder im Umgang mit den Ureinwohnern des Kontinents haut sie jedem, der/die es hören will, bei „Capital“ um die Ohren, Menschen, die sie in der Freiheit ihrer Entscheidungen, auch was die Karriere ihrer Band angeht, beschneiden wollen, bellt Taylor ein zorniges „Don’t Fence Me In“ entgegen.
Und doch weiß sie, dass ihre Außenwirkung ein sehr einseitiges Bild zeichnet. Gesungen klingt das so tough wie bei „Security“, wo sie dem Bouncer vorm Pub erklärt: „I distracted you with all of my bullshit, I covered myself in distractions, colours and patterns. You couldn't see the real me, I wanna deceive you, you're stupid I'm fast“, um ihm dann zu versichern: „I’m not looking for trouble, I’m looking for love.“ Es ist eine Gratwanderung für sie, nicht zur Ruhe zu kommen, stets unter Strom zu stehen – in besagtem Interview denkt sie laut darüber nach: „It hits you like a waterfall: How do I retrain my brain to not be intense and think differently and feel OK about feeling sad? I wanna punch stuff and do cartwheels and fucking yell, but that’s not good all the time.“ Diesen reflektierten Teil von ihr bei all der wilden Unberechenbarkeit, die sie auf Konzerten, in ihren Songs ausstrahlt, nicht aus dem Blick zu verlieren, ist zugegeben nicht ganz so einfach. Ihre Warnung dazu: „„Don’t box me into your simple idea of me. It’s not as simple as it looks.“ An der Wucht dieser Platte ändert das aber überhaupt nichts.
Glass Animals: Shut up and dance!
Die Ärzte: Nur zur Erinnerung
Donnerstag, 9. September 2021
Nation Of Language: Die richtige Mischung [Update]
Als ihr Debtalbum "Introduction, Presence" im vergangenen Jahr erschien, da konnte man als Kind der 80er endlich mal stolz aufblicken und denen, die immer noch behaupten, in dieser Zeit wäre nichts Wegweisendes erschienen, frech ins Gesicht lachen - seht ihr, so klingt es, wenn man die richtigen Vorbilder wählt. Um so schöner, wenn damit noch nicht Schluss ist. Denn den beiden Standalone-Tracks der vergangenen Monate folgt nun der Hinweis auf ein neues Album von Nation Of Language. "A Way Forward" soll am 5. November kommen und "Across That Fine Line" ist seine erste offizielle Single. wie man liest, haben Ian Devaney (Gesang, Gitarre, Perkussion), Aidan Noell (Gesang, Synths) und Michael Sue-Poi (Bass) viel deutschen Krautrock und frühe Elektronik á la Kraftwerk und Neu! gehört, man darf also einmal mehr gespannt sein.
Update: Ein DIY-Video im doppelten Sinne - "Wounds Of Love" ist die nächste Single vom kommenden Album und beschäftigt sich mit dem Verlorensein nach dem Ende einer langen Beziehung und dem Kampf mit sich selbst ... gefolgt von den Singles Nummer drei und vier "This Fractured Mind" und "A Word And A Wave".
10.01. Köln, YUCA
14.01. Hamburg, Turmzimmer
19.01. Berlin, Kantine Berghain
20.01. Zürich, Kater
Clinic: Kaum zu fassen [Update]
Ist da vielleicht jemand, der einen Groll gegen diese Band hegt. Und zufällig gerade auch deren Wikipedia-Seite pflegt? Anders ist es nicht zu verstehen, dass dort bei der Liverpooler Band Clinic, immerhin schon seit über zwanzig Jahren wacker und ununterbrochen im Geschäft, unter Stil der Passus "Post-Punk-Revival" vermerkt ist. Revival?! Schon klar, dass es selbiges gibt und sich auf den Trittbrettern allerlei Sound-a-Likes tummeln, die gern etwas vom Erfolg der Altvorderen und Originale abhaben würden. Aber Clinic?! Gut, sie waren und sind schwer einzuordnen, wo früher beim Debüt "Internal Wrangler" viele Gitarren waren, stehen heute die Keyboards (die sie noch immer mit Vorliebe auf den Flohmärkten dieser Welt erstehen) - wenn man aber kein passendes Etikett findet, ein falsches, hier sogar ehrabschneidendes, aufzukleben, ist dann schon etwas frech. Sei's drum, Adrian Blackburn und Kollegen haben bei Domino Recordings für den 22. Oktober ein weiteres Album angekündigt, "Fantasy Island" soll es heißen und nach "Fine Dining" kommt gerade der Titelsong mit Video um die Ecke. Und wir freuen uns und hoffen inständig, dass sie bald auch wieder mal höchstselbst auf den Brettern stehen.
Update: Man konnte und kann über die Musik von Tina Turner sehr wohl geteilter Meinung sein, aber ihre Version von Ann Peebles Hit "I Can't Stand The Rain" (Private Dancer, 1984) gehört sicherlich mit zu ihren besten Songs. Ob gleiches für The Clinic gilt, muss jede/r selbst entscheiden, hier jedenfalls ihre Version.
Mittwoch, 8. September 2021
Gustaf: Jede Menge Spass [Update]
16.11. Berlin, Cassiopeia
17.11. Haldern, Haldern Pop Bar
Update: Aller guten Dinge sind vier. Haha, nicht wirklich lustig. Wirklich lustig ist aber das Video zur neuen Single "The Motions" unter Regie von Araque Blanco.