Wilco „The Whole Love“ (Anti)
Die gute und die schlechte Nachricht zum neuen Wilco-Album, zusammengefaßt in einem Satz gleich zu Beginn: „The Whole Love“ ist genauso wenig „Art Of Almost“ wie die vorangegangene Platte „Bull Black Nova“ war – und trotzdem ist der Band in der Summe ein wunderschönes Stück Musik gelungen, wieder einmal. Warum Jeff Tweedy, der es ja trotz des verknitterten Blickes mittlerweile zum Coverboy des deutschen Rolling Stone geschafft hat, das für die Band untypischste Stück diesmal nicht in der Mitte, sondern gleich am Anfang platziert hat, darüber kann man nur spekulieren. Recht schnell ist aber klar, dass die gut siebeneinhalb psychedelisch knirschenden Minuten hier die Ausnahme und nicht die Regel bleiben – schon mit „I Might“, das anrollt wie der Teufel, ist man wieder ganz daheim in der Wilco-Welt.
Zusammen mit dem dritten Song „Sunloathe“, also dem etwas irritierenden, naja, „La Boum“-Element des Albums, hat man dann auch schon die Spannbreite von „The Whole Love“ ausgemessen, und die ist, wie eigentlich stets bei Wilco, erfreulich breit. Der Facettenreichtum der Songs ist ja nicht ohne Grund ihr größtes Pfund, das galt für die frühen Meisterwerke wie „Summerteeth“ bis hin zu den letzten Veröffentlichungen. Halbspaßig darf einer wie Tweedy denn auch unwidersprochen bemerken, Leute wie Jon Bon Jovi hätten die Musik ruiniert, denn während dieser Zeit seines Lebens ein und denselben Schmachtfetzen zu Tode reitet, gelingt es dem Sextett aus Chicago Jahr um Jahr, eine ziemlich große Klammer um ihr Repertoire zu setzen.
Vom klassischen, aber keinesfalls breitbeinigen Rock („Dawned On Me“, „Born Alone“ und „Standing O“) über alternativen Country („Open Mind“) bis hin zu locker beschwingten Stücken wie „Capitol City“ und „Whole Love“ ist wieder alles an Bord. Für die bestechendsten Momente allerdings kramt Tweedy noch immer tief in seiner schwarzen Seele – ein kurzer Blick in den Abgrund etwa beim berückenden „Black Moon“: „I was always right about the morning, I'm an old soul danced above the blades. Never stopped crawling, hold up black days, I'm waiting for you, waiting forever …”.
Auch “Rising Red Lung” und das überlange, aber nicht minder bezaubernde “One Sunday Morning” sind solche Herz- und Seelenwärmer. Tweedy behauptet ja selbst, er halte nicht viel vom Mythos des “gequälten”, also zwangsläufig überzeugenden Musikers, er habe mit seinen dunklen Seiten, zeitweise auch depressiven Momenten, zu leben gelernt und werde seitdem immer besser. Diese Selbsterkenntnis will der Hörer gern bestätigen, Wilco-Alben gehören ohne Zweifel zu den im besten Wortsinn zeitlosen Dingen, zu denen man Jahre später noch greifen kann, ohne nur einen Moment der früheren Begeisterung zu vermissen. Und wenn dann noch, wie beim Anfangsstück, der experimentelle Sound ein wenig mehr Platz bekommt, dann wird auch das mit Dank angenommen.
http://wilcoworld.net/
Die gute und die schlechte Nachricht zum neuen Wilco-Album, zusammengefaßt in einem Satz gleich zu Beginn: „The Whole Love“ ist genauso wenig „Art Of Almost“ wie die vorangegangene Platte „Bull Black Nova“ war – und trotzdem ist der Band in der Summe ein wunderschönes Stück Musik gelungen, wieder einmal. Warum Jeff Tweedy, der es ja trotz des verknitterten Blickes mittlerweile zum Coverboy des deutschen Rolling Stone geschafft hat, das für die Band untypischste Stück diesmal nicht in der Mitte, sondern gleich am Anfang platziert hat, darüber kann man nur spekulieren. Recht schnell ist aber klar, dass die gut siebeneinhalb psychedelisch knirschenden Minuten hier die Ausnahme und nicht die Regel bleiben – schon mit „I Might“, das anrollt wie der Teufel, ist man wieder ganz daheim in der Wilco-Welt.
Zusammen mit dem dritten Song „Sunloathe“, also dem etwas irritierenden, naja, „La Boum“-Element des Albums, hat man dann auch schon die Spannbreite von „The Whole Love“ ausgemessen, und die ist, wie eigentlich stets bei Wilco, erfreulich breit. Der Facettenreichtum der Songs ist ja nicht ohne Grund ihr größtes Pfund, das galt für die frühen Meisterwerke wie „Summerteeth“ bis hin zu den letzten Veröffentlichungen. Halbspaßig darf einer wie Tweedy denn auch unwidersprochen bemerken, Leute wie Jon Bon Jovi hätten die Musik ruiniert, denn während dieser Zeit seines Lebens ein und denselben Schmachtfetzen zu Tode reitet, gelingt es dem Sextett aus Chicago Jahr um Jahr, eine ziemlich große Klammer um ihr Repertoire zu setzen.
Vom klassischen, aber keinesfalls breitbeinigen Rock („Dawned On Me“, „Born Alone“ und „Standing O“) über alternativen Country („Open Mind“) bis hin zu locker beschwingten Stücken wie „Capitol City“ und „Whole Love“ ist wieder alles an Bord. Für die bestechendsten Momente allerdings kramt Tweedy noch immer tief in seiner schwarzen Seele – ein kurzer Blick in den Abgrund etwa beim berückenden „Black Moon“: „I was always right about the morning, I'm an old soul danced above the blades. Never stopped crawling, hold up black days, I'm waiting for you, waiting forever …”.
Auch “Rising Red Lung” und das überlange, aber nicht minder bezaubernde “One Sunday Morning” sind solche Herz- und Seelenwärmer. Tweedy behauptet ja selbst, er halte nicht viel vom Mythos des “gequälten”, also zwangsläufig überzeugenden Musikers, er habe mit seinen dunklen Seiten, zeitweise auch depressiven Momenten, zu leben gelernt und werde seitdem immer besser. Diese Selbsterkenntnis will der Hörer gern bestätigen, Wilco-Alben gehören ohne Zweifel zu den im besten Wortsinn zeitlosen Dingen, zu denen man Jahre später noch greifen kann, ohne nur einen Moment der früheren Begeisterung zu vermissen. Und wenn dann noch, wie beim Anfangsstück, der experimentelle Sound ein wenig mehr Platz bekommt, dann wird auch das mit Dank angenommen.
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