Nicht mehr lang hin, dann erscheint es, das erste Album der Haerts aus New York City. Bislang hat das Quintett ja vor allem mit seiner EP "Hemiplegia" von sich Reden gemacht, nun folgt endlich am 27. Oktober ein Longplayer. Darauf enthalten auch die vier bislang bekannten Stücke "Call My Name", "Hemiplegia", "All The Days" und "Wings" - das Cover des selbstbetitelten Albums ziert im Übrigen Sängerin Nini Fabi.
Dienstag, 30. September 2014
Nick Cave: Ganz allein
Etwas unverhofft, aber trotzdem sehr gern genommen: Nick Cave hat für den Mai nächsten Jahres eine Solotour durch Europa angekündigt, zwei Termine führen ihn auch nach Deutschland:
06.05. Berlin, Friedrichstadtpalast
07.05. Stuttgart, Liederhalle
06.05. Berlin, Friedrichstadtpalast
07.05. Stuttgart, Liederhalle
Aretha Franklin: Respekt!
Schon klar, normalerweise läuft das andersherum. Da covern die jungen, ambitionierten Küken die Hits der Alten und hoffen, dass keiner mehr die Originale kennt und so vielleicht merkt, dass früher vielleicht doch nicht alles so schlimm, sondern manchmal sogar eine Idee besser war. Umgekehrt ist eher selten - Johnny Cash, Tony Bennett sind da eher die Ausnahme. Jetzt bringt Aretha Franklin ein Album mit dem Titel "Aretha Franklin Sings The Great Diva Classics" heraus und schnappt sich dabei neben Gloria Gaynor, Etta James und Gladys Knight auch die Songs deutlich jüngerer Kolleginnen - Sinead O'Connor, Alicia Keys und Adele müssen sich, ob sie wollen oder nicht, einem Vergleich unterziehen. In der Latenight-Show bei David Letterman gab die Queen Of Soul gerade "Rolling In The Deep" zum Besten, Respekt!
Montag, 29. September 2014
Erlend Øye: Come rain, come shine
Mit klaren Entscheidungen tut sich der Mann wohl etwas schwer: Okay, von seiner mehr als okayen Hipsterband The Whitest Boy Alive hatte er sich im Sommer getrennt, aber eigentlich sollte er im vergangenen Jahr dem italienischen Song "La Prima Estate" ein ganzes Album folgen lassen und auf seiner Wiki-Seite ist das auch verzeichnet - allein, es ist nie erschienen. Italienisch scheint auch nicht mehr ganz so angesagt zu sein, denn sein neuestes Stück nennt sich "Rainman" und ist, das darf man ruhig mal sagen, trotzdem vor allem eines: zauberhaft. "Loving you is like waiting for the rain to come" singt Erlend Øye darin und eine Reihe ganz wunderlicher Strichmännchen und -mädchen tummeln sich dazu. Auch hier soll's eine Platte geben, "Legao" heißt sie und ihr Erscheinen ist für diese Woche angekündigt - nun, man wird sehen...
Belle And Sebastian: In Frieden gelassen
Das Wort 'Frieden' bekommt beim Blick auf die jüngste Geschichte Schottlands einen besonderen Beigeschmack - es hätte vor ein paar Tagen nicht viel gefehlt und mit diesem Frieden wäre es für längere Zeit vorbeigewesen. Ob andererseits die knappe Entscheidung der streitbaren Inselbewohner gegen eine Abspaltung der Segen schlechthin war - nun, wir wissen es nicht. Schottlands liebenswerteste Band Belle And Sebastian jedenfalls sind - ein Blick auf den neuesten Presseshot reicht aus - auch noch sehr mit dem Referendum beschäftigt, nicht genug allerdings, um nicht gleich zu Beginn des kommenden Jahres ein neues Album herauszubringen, das auf den hübschen Rufnamen "Girls In Peacetime Want to Dance" hört. Produziert hat der Amerikaner Ben H. Allen, der sich auch schon mit Gnarls Barkley und Animal Collective mühte, ein erstes Ergebnis schwirrt zwar als Schnipsel schon durch's Netz, ist aber hierzulande dank GEMA noch nicht verfügbar.
G.Rag & Die Landlergschwister: Tanz den Biertourismus!
Über die Münchner Wiesn muss man in diesen Tagen wohl kein Wort verlieren - die einen können's nimmer hören und die anderen sind ohnehin jeden Tag blau. Gar nicht oft genug kann man dagegen von der Oiden Wiesn schwärmen (auch wenn sich das mittlerweile ein bisserl verbraucht hat: "...viel ursprünglicher, keine Deppen, mit Kindern eh viel besser, ..."), zumindest aber das Herzkasperlzelt gehört wieder einmal hoch gelobt für sein Programm. In den letzten Tagen waren dort unter anderem Coconami, Attwenger, Hasemanns Töchter, die Zwirbeldirn und gleich mehrmals G.Rag und Die Landlergschwister zu hören. Letztere haben in guter Tradition einen Soundstream ins Netz gestellt und zwar heuer ihre höchsteigene Version des NDW-Klassikers "Der Räber und der Prinz" von der Deutsch Amerikanischen Freundschaft, pfundig!
Sonntag, 28. September 2014
My Brightest Diamond: Die Alleskönnerin
My Brightest Diamond
„This Is My Hand“
(Asthmatic Kitty)
Gerade noch mal auf den Kalender geschaut – Herbstanfang, na klar. Zeit, dem Sonnenlicht lebewohl zu sagen, Zeit, sich mit der Dunkelheit am späten Morgen und am frühen Abend anzufreunden (die uns der Polarnacht ein kleines Stückchen näher bringt), Zeit für Kopfhörerplatten also. Shara Worden ist prädestiniert für Sachen, die von innen wärmen sollen, ihr letztes Album „All Things Will Unwind“ verband großartige Songs mit kunstvoller Kammermusik, Namen wie Antony Hegarty und Sufjan Stevens tauchten nicht zu Unrecht in ihrer Phalanx auf und viele hatten in My Brightest Diamond, so ihr schillerndes Pseudonym, schnell die ersehnte Wiedergängerin von Kate Bush erkennen wollen. Nun, Kate Bush spielt seit einiger Zeit selbst wieder Konzerte, es bedarf dieser Vergleiche also gar nicht, zumal Worden sich für die neue Platte eher den Sound ihrer beiden ersten Werke zum Vorbild genommen hat – mehr Elektronik, Beats, Loops, gebremster Funk, es wird wieder etwas lebendiger.
Schon das Eröffnungsstück „Pressure“ legt mit Trommelwirbel und Bläserblech einen erfrischend forschen Start hin, zu diesem und dem ähnlich angelegten „Before The Words“ fällt einem eher St. Vincent ein, die Wordens Vorliebe für Modern Brass teilt und diesen ebenso gern mit griffigen Gitarrenhooks akzentuiert. Doch ehe mit „Love Killer“ genau jene Mixtur zur Perfektion gelangt (und tatsächlich dem „Psycho Killer“ von David Byrne und seinen Talking Heads die urheberrechtliche Ehre erweist), läßt My Brightest Diamond für den Titelsong ihre zweite, ebenso großartige Begabung aufleuchten: Die zarte Schlichtheit, mit der Worden in „This Is My Hand“ dem Zuhörer ihr Selbst seziert, nimmt einen fast den Atem, sehr viele Stücke mit solcher Anmut und Intensität sind einem in den letzten Jahren nicht untergekommen. Vielleicht lassen sich ja die Parallelen eher bei Laurie Anderson suchen, die Lautmalerei, ausgefallene Instrumentierung und eine fast jenseitige Körperlosigkeit in manchen ihrer Songs zelebrierte.
In der Folge wechseln die Stile und Facetten munter durch, dem majästetisch getragenen „Looking At The Sun“ folgt das sorgsam hingetupfte „Shape“, an dessen Ende sich ein paar schön knarzende Riffs versammeln. Die zweite Hälfte des Albums präsentiert sich nicht mehr ganz so eingängig, bleibt aber in dem Spannungsfeld aus wandlungsfähiger Stimme und reichhaltig verzierten Arrangements stets reizvoll. Ganz sicher hat Wordens ausgeprägte Neugier die Vielschichtigkeit ihrer Arbeiten befördert – neben einer klassischen Gesangsausbildung beschäftigt sie sich auf der einen Seite mit musiktheoretischer Literatur, läßt sich aber auch von aktuellen Strömungen und Trends beeinflussen. Wer mag, kann also aus den gut vierzig Minuten sowohl Philip Glass, Skrillex und sogar Lady Gaga heraushören – von letzterer hat sie sich, so gibt sie selbst ungeniert zu, bei „Applause“ die Rhythmik für „Pressure“ geborgt. Eine Platte also, die vieles kann. Wenn anfangs vom Kopfhörer die Rede war, sollte man darauf achten, ein kabelloses Exemplar zu wählen, damit man beim Tanzen nicht ins Stolpern gerät… http://www.mybrightestdiamond.com/
21.10. Hamburg, Knust
22.10. Berlin, Postbahnhof
„This Is My Hand“
(Asthmatic Kitty)
Gerade noch mal auf den Kalender geschaut – Herbstanfang, na klar. Zeit, dem Sonnenlicht lebewohl zu sagen, Zeit, sich mit der Dunkelheit am späten Morgen und am frühen Abend anzufreunden (die uns der Polarnacht ein kleines Stückchen näher bringt), Zeit für Kopfhörerplatten also. Shara Worden ist prädestiniert für Sachen, die von innen wärmen sollen, ihr letztes Album „All Things Will Unwind“ verband großartige Songs mit kunstvoller Kammermusik, Namen wie Antony Hegarty und Sufjan Stevens tauchten nicht zu Unrecht in ihrer Phalanx auf und viele hatten in My Brightest Diamond, so ihr schillerndes Pseudonym, schnell die ersehnte Wiedergängerin von Kate Bush erkennen wollen. Nun, Kate Bush spielt seit einiger Zeit selbst wieder Konzerte, es bedarf dieser Vergleiche also gar nicht, zumal Worden sich für die neue Platte eher den Sound ihrer beiden ersten Werke zum Vorbild genommen hat – mehr Elektronik, Beats, Loops, gebremster Funk, es wird wieder etwas lebendiger.
Schon das Eröffnungsstück „Pressure“ legt mit Trommelwirbel und Bläserblech einen erfrischend forschen Start hin, zu diesem und dem ähnlich angelegten „Before The Words“ fällt einem eher St. Vincent ein, die Wordens Vorliebe für Modern Brass teilt und diesen ebenso gern mit griffigen Gitarrenhooks akzentuiert. Doch ehe mit „Love Killer“ genau jene Mixtur zur Perfektion gelangt (und tatsächlich dem „Psycho Killer“ von David Byrne und seinen Talking Heads die urheberrechtliche Ehre erweist), läßt My Brightest Diamond für den Titelsong ihre zweite, ebenso großartige Begabung aufleuchten: Die zarte Schlichtheit, mit der Worden in „This Is My Hand“ dem Zuhörer ihr Selbst seziert, nimmt einen fast den Atem, sehr viele Stücke mit solcher Anmut und Intensität sind einem in den letzten Jahren nicht untergekommen. Vielleicht lassen sich ja die Parallelen eher bei Laurie Anderson suchen, die Lautmalerei, ausgefallene Instrumentierung und eine fast jenseitige Körperlosigkeit in manchen ihrer Songs zelebrierte.
In der Folge wechseln die Stile und Facetten munter durch, dem majästetisch getragenen „Looking At The Sun“ folgt das sorgsam hingetupfte „Shape“, an dessen Ende sich ein paar schön knarzende Riffs versammeln. Die zweite Hälfte des Albums präsentiert sich nicht mehr ganz so eingängig, bleibt aber in dem Spannungsfeld aus wandlungsfähiger Stimme und reichhaltig verzierten Arrangements stets reizvoll. Ganz sicher hat Wordens ausgeprägte Neugier die Vielschichtigkeit ihrer Arbeiten befördert – neben einer klassischen Gesangsausbildung beschäftigt sie sich auf der einen Seite mit musiktheoretischer Literatur, läßt sich aber auch von aktuellen Strömungen und Trends beeinflussen. Wer mag, kann also aus den gut vierzig Minuten sowohl Philip Glass, Skrillex und sogar Lady Gaga heraushören – von letzterer hat sie sich, so gibt sie selbst ungeniert zu, bei „Applause“ die Rhythmik für „Pressure“ geborgt. Eine Platte also, die vieles kann. Wenn anfangs vom Kopfhörer die Rede war, sollte man darauf achten, ein kabelloses Exemplar zu wählen, damit man beim Tanzen nicht ins Stolpern gerät… http://www.mybrightestdiamond.com/
21.10. Hamburg, Knust
22.10. Berlin, Postbahnhof
Samstag, 27. September 2014
Element Of Crime: Wie es uns gefällt
Element Of Crime
„Lieblingsfarben und Tiere“
(Vertigo)
Am Ende bleibt natürlich wieder die Frage: Wie konnte man nur so lange ohne? Also ohne den lakonischen Knurrer und seine fabelhafte Rockkapelle. Obwohl, ganz so ohne war man ja nicht, daheim im Regal finden sie sich schließlich alle – die englischsprachigen Frühwerke und das, was das hiesige Feuilleton danach als neue deutsche Romantik festmachte, die grüngefärbten Gestalten an der Hausecke Mitte der Achtziger also, Schaukelpferd, Wohnwagen, Anzug, Pony, Eule, Haltestelle später – sie standen ja immer parat, wenn mal Not am Mann war und Bedarf bestand nach Sauflied, Seelentrost und einer Runde wohl dosierten Selbstmitleids. Aber es gab eben auch fünf Jahre Schöpfungspause, das etwas unrunde Coveralbum außen vor gelassen, kein Nachschub, wo doch ebenjene Not und ebenjener Bedarf nicht kleiner geworden waren.
Eine euphorische Begrüßung fällt trotzdem aus, es würde irgendwie nicht passen. Stattdessen: Aufatmen – es hat sich wenig bis nichts geändert und nicht selten kommt einem der Gedanke, dass die vier da auf dem Cover mit dieser Musik problemlos alt werden könnten und man selbst mit ihnen ebenso. Die vertrauten Melodien, Regeners schneidend-störrischer Gesang, die Worte und Sätze, die sich sofort deckungsgleich in die eigenen Lebensmuster zu fügen scheinen, all das ist wieder da und man wollte es auch nicht anders haben. Wird es dunkler? Vielleicht. Gibt es Hoffnung? Aber sicher. Der trotzige Gruß an die Herbstdepression mit dem passendem Fassbinder-Zitat („Liebe ist kälter als der Tod“), der paralysierte Blick auf „schwarze Taxis an den Ecken“ und die spärliche Freude am eigenen Überleben – Regener kennt mehr Trost als das.
Noch immer freut er sich an den kleinen und den profanen Dingen des Daseins, lacht Ängste weg, wenn sie sich im Alkohol nicht ertränken lassen. „Hauptsache Liebe, Hauptsache du…“ heißt es in „Rette mich (vor mir selbst“) und damit ist fast schon alles gesagt. Der winzig kleine Neid auf die Schlagfertigkeit des anderen ist kein böser, sondern ein milde schmunzelnder („Schad, dass ich das nicht war“), der Titelsong empfiehlt einmal mehr den bewussten Schritt zurück und einen herzlichen Abschiedsgruß an eine Welt, die rennt und einen nicht mitnehmen will – Verweigerung ist eben auch eine Alternative. Mancher Gedanke erinnert gar an die buddhistischen Rätsel, sogenannte Koans, deren Lösung dem Suchenden die endgültige Erleuchtung bringen soll. So das Bild vom Wasser, das den Felsblock umspült, Umwege gehen muss, sich beugt, sich krumm macht. Der Fels freut sich seiner Standhaftigkeit, seiner Unverrückbarkeit und merkt dabei gar nicht, dass der immerwährende Strom seine Substanz aushölt und ihn nach und nach zerstört.
Es finden sich auf dem Album eine Vielzahl solcher Denkanstöße, manche nimmt man nicht beim ersten Durchlauf wahr, sie erschließen sich erst nach und nach und bleiben dafür länger. Wie immer förderlich dabei der Sound der Band, bedächtig und sanft, wo der Text es braucht, fordernd und schwungvoll, wenn es gilt, einen rauszuhauen. Über die letzten Jahre und Besetzungen kaum verändert: Fridrichs Gitarrenspiel, dass sich bei „Schade dass…“ zu einer feinen J-Mascis-Reminiszenz hinreißen lässt und „Dunkle Wolken“ mit trockenem Blues antreibt, die Trompetenklänge, das Saxophon als seltener Gast, es schunkelt, schaukelt und taumelt wie ehedem und streichelt nebenher das Gemüt. Noch mehr schrullig-schöne Lieder für den Notfallfundus also, angesungen gegen eine Zeit, die einem keine Zeit mehr lässt. „Nichts ist auch so kalt wie der heiße Scheiß von gestern, doch Wiederholungen sind besser als du denkst…“ – schön, dass Element Of Crime genau darauf beharren. http://www.element-of-crime.de/
20.02. Erlangen, Heinrich-Lades-Halle
24.02. Stuttgart, Theaterhaus
25.02. Stuttgart, Theaterhaus
26.02. München, Zenith
27.02. Dresden, Alter Schlachthof
28.02. Leipzig, Haus Auensee
02.03. Frankfurt, Jahrhunderthalle
03.03. Köln, Palladium
04.03. Bochum, Jahrhunderthalle
05.03. Hannover, Swiss Life Hall
07.03. Bremen, Pier 2
08.03. Hamburg, Alsterdorfer Sporthalle
17.03. Berlin, Tempodrom
18.03. Berlin, Tempodrom
„Lieblingsfarben und Tiere“
(Vertigo)
Am Ende bleibt natürlich wieder die Frage: Wie konnte man nur so lange ohne? Also ohne den lakonischen Knurrer und seine fabelhafte Rockkapelle. Obwohl, ganz so ohne war man ja nicht, daheim im Regal finden sie sich schließlich alle – die englischsprachigen Frühwerke und das, was das hiesige Feuilleton danach als neue deutsche Romantik festmachte, die grüngefärbten Gestalten an der Hausecke Mitte der Achtziger also, Schaukelpferd, Wohnwagen, Anzug, Pony, Eule, Haltestelle später – sie standen ja immer parat, wenn mal Not am Mann war und Bedarf bestand nach Sauflied, Seelentrost und einer Runde wohl dosierten Selbstmitleids. Aber es gab eben auch fünf Jahre Schöpfungspause, das etwas unrunde Coveralbum außen vor gelassen, kein Nachschub, wo doch ebenjene Not und ebenjener Bedarf nicht kleiner geworden waren.
Eine euphorische Begrüßung fällt trotzdem aus, es würde irgendwie nicht passen. Stattdessen: Aufatmen – es hat sich wenig bis nichts geändert und nicht selten kommt einem der Gedanke, dass die vier da auf dem Cover mit dieser Musik problemlos alt werden könnten und man selbst mit ihnen ebenso. Die vertrauten Melodien, Regeners schneidend-störrischer Gesang, die Worte und Sätze, die sich sofort deckungsgleich in die eigenen Lebensmuster zu fügen scheinen, all das ist wieder da und man wollte es auch nicht anders haben. Wird es dunkler? Vielleicht. Gibt es Hoffnung? Aber sicher. Der trotzige Gruß an die Herbstdepression mit dem passendem Fassbinder-Zitat („Liebe ist kälter als der Tod“), der paralysierte Blick auf „schwarze Taxis an den Ecken“ und die spärliche Freude am eigenen Überleben – Regener kennt mehr Trost als das.
Noch immer freut er sich an den kleinen und den profanen Dingen des Daseins, lacht Ängste weg, wenn sie sich im Alkohol nicht ertränken lassen. „Hauptsache Liebe, Hauptsache du…“ heißt es in „Rette mich (vor mir selbst“) und damit ist fast schon alles gesagt. Der winzig kleine Neid auf die Schlagfertigkeit des anderen ist kein böser, sondern ein milde schmunzelnder („Schad, dass ich das nicht war“), der Titelsong empfiehlt einmal mehr den bewussten Schritt zurück und einen herzlichen Abschiedsgruß an eine Welt, die rennt und einen nicht mitnehmen will – Verweigerung ist eben auch eine Alternative. Mancher Gedanke erinnert gar an die buddhistischen Rätsel, sogenannte Koans, deren Lösung dem Suchenden die endgültige Erleuchtung bringen soll. So das Bild vom Wasser, das den Felsblock umspült, Umwege gehen muss, sich beugt, sich krumm macht. Der Fels freut sich seiner Standhaftigkeit, seiner Unverrückbarkeit und merkt dabei gar nicht, dass der immerwährende Strom seine Substanz aushölt und ihn nach und nach zerstört.
Es finden sich auf dem Album eine Vielzahl solcher Denkanstöße, manche nimmt man nicht beim ersten Durchlauf wahr, sie erschließen sich erst nach und nach und bleiben dafür länger. Wie immer förderlich dabei der Sound der Band, bedächtig und sanft, wo der Text es braucht, fordernd und schwungvoll, wenn es gilt, einen rauszuhauen. Über die letzten Jahre und Besetzungen kaum verändert: Fridrichs Gitarrenspiel, dass sich bei „Schade dass…“ zu einer feinen J-Mascis-Reminiszenz hinreißen lässt und „Dunkle Wolken“ mit trockenem Blues antreibt, die Trompetenklänge, das Saxophon als seltener Gast, es schunkelt, schaukelt und taumelt wie ehedem und streichelt nebenher das Gemüt. Noch mehr schrullig-schöne Lieder für den Notfallfundus also, angesungen gegen eine Zeit, die einem keine Zeit mehr lässt. „Nichts ist auch so kalt wie der heiße Scheiß von gestern, doch Wiederholungen sind besser als du denkst…“ – schön, dass Element Of Crime genau darauf beharren. http://www.element-of-crime.de/
20.02. Erlangen, Heinrich-Lades-Halle
24.02. Stuttgart, Theaterhaus
25.02. Stuttgart, Theaterhaus
26.02. München, Zenith
27.02. Dresden, Alter Schlachthof
28.02. Leipzig, Haus Auensee
02.03. Frankfurt, Jahrhunderthalle
03.03. Köln, Palladium
04.03. Bochum, Jahrhunderthalle
05.03. Hannover, Swiss Life Hall
07.03. Bremen, Pier 2
08.03. Hamburg, Alsterdorfer Sporthalle
17.03. Berlin, Tempodrom
18.03. Berlin, Tempodrom
Freitag, 26. September 2014
Jeff Tweedy: Klinken putzen
Was es wohl mit dem putzigen Primaten auf sich hat? Nee, nee, hier wird nicht gespoilert. Wer die Lösung wissen möchte, der muss sich schon das aktuelle Video "Low Key" von Jeff Tweedy und seinem Sohn Sam komplett anschauen. Die beiden versuchen, im buchstäblichen Sinne ihre neue Platte "Sukierae" an Mann und Frau zu bringen und sie stellen sich dabei, nun ja, nicht eben geschickt an. Mit dabei im Übrigen auch noch Conan O'Brien, Chance The Rapper, Mavis Staples und Produzent Steve Albini, gedreht hat Nick Offerman und irgendwie kommt einem dabei auch Bob Mould und sein Song "I Don't Know You Anymore" in den Sinn...
Thom Yorke: Rückfälliger Pionier
Wir erinnern uns: Im Jahr 2006 erfanden Thom Yorke und seine Band Radiohead mangels Labelvertrag kurzerhand den "Zahl soviel Du willst"-Download und boten ihr Album "In Rainbows" auf der bandeigenen Website zum Kauf. Eine Pioniertat, die viele Nachahmer fand, heute gehört dieses Modell schon fast zu den klassischen Vertriebskanälen und wird häufig mit einem Release aus heiterem Himmel garniert. Beyonce, U2, auch Megastars versuchen es und manche brauchen sich danach um Spott nicht zu sorgen. Yorke muss solche Miesmacher nicht fürchten, er hat eine vergleichsweise treue Gefolgschaft und meidet übertriebenen Hang zur Selbstinszenierung wie auch bereitstehende Fettnäpfchen. Heute nun hat er gemeinsam mit dem Kollegen Nigel Godrich seine zweite Soloplatte "Tomorrow's Modern Boxes" via Bit-Torrent-Plattform ins Netz gestellt, nachdem einige Tage schon kryptische Botschaften die Fangemeinde hyperventilieren ließen. "A Brain In A Bottle" ist einer von acht Tracks, den Download gibt es u.a. hier. Wie gut das Ding ist, werden wir wissen, wenn wir Zeit hatten, es zu hören.
Neil Young: Weil er es kann
Ist man jetzt schon zu abgestumpft oder einfach nur arrogant, wenn man den bunten Bildern von den Protesten aus Anlass des Umwelt-Gipfels in New York nicht wahnsinnig viel abgewinnen kann, weil ja ohnehin nur geredet und nichts getan wird und unsere amerikanischen Brüder plötzlich so tun, als haben sie das alleinige Abo auf lebensrettende Ideen und Maßnahmen? Mmh. Neil Young jedenfalls muss sich in dieser Beziehung nichts nachsagen lassen, der trommelte schon für Natur und Nachhaltigkeit, da hat Claudia Roth noch in einer Krumbacher KiTa "Bäumchen wechsel Dich!" gespielt. Deshalb macht auch die folgende Nachricht Sinn: Young wird Anfang November sein 35. Album veröffentlichen, "Storeytone" soll es heißen und der Stromgitarrengott hat es zusammen mit einem 92-köpfigen Orchester plus Chor eingespielt. Und wenn der erste Song, den er seinen Anhängern zugänglich macht - "Who's Gonna Stand Up?" - bei jedem anderen etwas ökoromantsich und kitschig rüberkommen würde, er schafft es ganz ohne Peinlichkeit.
Donnerstag, 25. September 2014
Cold Specks: Guter Start
Nur damit es nicht untergeht: Cold Specks, gerade mit ihrem aktuellen Album "Neuroplasticity" vom Hamburger Reeperbahn-Festival zurückgekehrt, hat für Anfang 2015 neue Termine angekündigt, die sich wie folgt lesen:
23.01. Berlin, Bi Nuu
24.01. Hamburg, Nochtspeicher
25.01. Köln Luxor
26.01. Mannheim, Feuerwache
28.01. München, Ampere
29.01. Erlangen, E-Werk
30.01. Wiesbaden, Schlachthof
02.02. Fribourg, Fri-Son
23.01. Berlin, Bi Nuu
24.01. Hamburg, Nochtspeicher
25.01. Köln Luxor
26.01. Mannheim, Feuerwache
28.01. München, Ampere
29.01. Erlangen, E-Werk
30.01. Wiesbaden, Schlachthof
02.02. Fribourg, Fri-Son
Neonschwarz: Das ist unser Haus
Schon auf dem gerade erschienenen Album "Fliegende Fische" war der Song mit dem Scherben-Zitat ganz dicke vorn dran, jetzt gibt es auch noch ein hübsches Filmchen dazu: Neonschwarz aus HaHaHamburg machen sich fein zur Wohnungsbegehung und nehmen uns als Zuschauer mit - ihr Beitrag zur Gentrifizierung kommt mit sattem Groove und knackigen Rhymes daher - bittesehr, "Unser Haus".
Alt-J: Begnadete Flickschuster
Alt-J
„This Is All Yours“
(Pias)
Man hätte schon gern gewusst, ob die Jungs von Alt-J während der Arbeiten an ihrer zweiten Platte das himmelhoch gelobte Debüt „An Awesome Wave“ nicht ab und zu leise zum Teufel gewünscht haben. Ausgezeichnet mit einem der renomiertesten Musikawards, dem Mercury-Prize, und zu Frühvollendeten geadelt, könnte es durchaus sein, dass die Band aus Leeds das überschwängliche Lob im Nachhinein eher als Fluch denn als Segen empfunden hat, die Hypothek, diesem Meilenstein etwas Gleichwertiges, ähnlich Geniales folgen zu lassen, erschien übermächtig. Nimmt man nun aber das Ergebnis zur Hand, dann haben Joe Newman, Thom Green und Gus Unger-Hamilton nach dem Abgang ihres Bassisten dem großen Erwartungsdruck bestens standhalten können – sie sind noch immer und auch mit diesem zweiten Album die begabtesten Flickschuster auf der Insel.
Einen genauen Stil aus diesem überbordenden Soundpatchwork zu benennen scheint schlicht unmöglich, Elektrofolk ist es, Soul hat es, rocken tut es und wer sich aufmerksam durch den kompletten Liederzyklus hört, wird dazu noch Blues, Brass und ein paar mittelalterliche Töne entdecken und zwar so, dass es nicht überfordert, sondern fasziniert. Was auf den ersten Blick wie eine märchenhafte Klammer für den Mittelteil anmutet (Nara – Narnia, mmh…?), entpuppt sich nach einiger Sucherei als eigenwilliges Sinnbild für Vollkommenheit und Urvertrauen – mit Nara ist offenbar ein Landstrich in Japan gemeint, auf welchem sich Unmengen von Hirschen in freier Wildbahn tummeln, die einen angstfreien und ungestörten Umgang mit den Einwohnern der Gegend pflegen.
Dazwischen großartige Songs: „Every Other Freckle“ mit Flötentönen, Kopfstimmenchorus und den markanten, trippigen Beats, „Left Hand Free“ danach als knochentrockender Psychrock-Stomp, komplett gegensätzlich, perfekt gelungen. Dem zarten „Choice Kingdom“ folgt die Vorauskopplung „Hunger Of The Pine“, ein grandioser, chamäleonhafter Stilmix, dem selbst ein gelooptes Sample von Miley Cyrus nichts anhaben kann. Am schönsten ist vielleicht „The Gospel Of John Hurt“ geraten, feinster „Tessellate“-Wiedergänger und mit einem Facettenreichtum versehen, der bei manchem Künstler für ein ganzes Album herhalten muss. Trotz allem Wohlgefallen machen Alt-J noch immer keine gefällige Musik für Jedermann, etwas Zeit und Mühe sind schon erforderlich, um sich in den mal funkelnden, mal grell leuchtenden Kosmos der drei hineinzuhören – ohne Zweifel ein lohnendes Unterfangen. http://www.altjband.com/
07.02. Offenbach, Stadthalle
08.02. Köln, Palladium
09.02. Hamburg, Docks
11.02. Berlin, Columbiahalle
13.02. Winterthur, Eishalle
16.02. Wien, Gasometer
17.02. München, Zenith
„This Is All Yours“
(Pias)
Man hätte schon gern gewusst, ob die Jungs von Alt-J während der Arbeiten an ihrer zweiten Platte das himmelhoch gelobte Debüt „An Awesome Wave“ nicht ab und zu leise zum Teufel gewünscht haben. Ausgezeichnet mit einem der renomiertesten Musikawards, dem Mercury-Prize, und zu Frühvollendeten geadelt, könnte es durchaus sein, dass die Band aus Leeds das überschwängliche Lob im Nachhinein eher als Fluch denn als Segen empfunden hat, die Hypothek, diesem Meilenstein etwas Gleichwertiges, ähnlich Geniales folgen zu lassen, erschien übermächtig. Nimmt man nun aber das Ergebnis zur Hand, dann haben Joe Newman, Thom Green und Gus Unger-Hamilton nach dem Abgang ihres Bassisten dem großen Erwartungsdruck bestens standhalten können – sie sind noch immer und auch mit diesem zweiten Album die begabtesten Flickschuster auf der Insel.
Einen genauen Stil aus diesem überbordenden Soundpatchwork zu benennen scheint schlicht unmöglich, Elektrofolk ist es, Soul hat es, rocken tut es und wer sich aufmerksam durch den kompletten Liederzyklus hört, wird dazu noch Blues, Brass und ein paar mittelalterliche Töne entdecken und zwar so, dass es nicht überfordert, sondern fasziniert. Was auf den ersten Blick wie eine märchenhafte Klammer für den Mittelteil anmutet (Nara – Narnia, mmh…?), entpuppt sich nach einiger Sucherei als eigenwilliges Sinnbild für Vollkommenheit und Urvertrauen – mit Nara ist offenbar ein Landstrich in Japan gemeint, auf welchem sich Unmengen von Hirschen in freier Wildbahn tummeln, die einen angstfreien und ungestörten Umgang mit den Einwohnern der Gegend pflegen.
Dazwischen großartige Songs: „Every Other Freckle“ mit Flötentönen, Kopfstimmenchorus und den markanten, trippigen Beats, „Left Hand Free“ danach als knochentrockender Psychrock-Stomp, komplett gegensätzlich, perfekt gelungen. Dem zarten „Choice Kingdom“ folgt die Vorauskopplung „Hunger Of The Pine“, ein grandioser, chamäleonhafter Stilmix, dem selbst ein gelooptes Sample von Miley Cyrus nichts anhaben kann. Am schönsten ist vielleicht „The Gospel Of John Hurt“ geraten, feinster „Tessellate“-Wiedergänger und mit einem Facettenreichtum versehen, der bei manchem Künstler für ein ganzes Album herhalten muss. Trotz allem Wohlgefallen machen Alt-J noch immer keine gefällige Musik für Jedermann, etwas Zeit und Mühe sind schon erforderlich, um sich in den mal funkelnden, mal grell leuchtenden Kosmos der drei hineinzuhören – ohne Zweifel ein lohnendes Unterfangen. http://www.altjband.com/
07.02. Offenbach, Stadthalle
08.02. Köln, Palladium
09.02. Hamburg, Docks
11.02. Berlin, Columbiahalle
13.02. Winterthur, Eishalle
16.02. Wien, Gasometer
17.02. München, Zenith
Dienstag, 23. September 2014
Karen O: It's all so quiet [Update]
Karen O
„Crush Songs“
(Cult Records)
Über die fachgerechte Verwendung des einen Fourletter-Wortes wird zwar nicht annähernd so viel debattiert wie über die Bedeutung des anderen, Karen O, schillernde Frontfrau der New Yorker Kapelle Yeah Yeah Yeahs schafft es trotzdem, beide in einen Satz mit Sinn zu packen. Dem Internetportal Quietus nämlich sagte sie gerade: „For me, what takes the most amount of courage is becoming vulnerable and bearing your soul, and not ever worrying about how the crowd is going to react to you playing soft sweet songs all of a sudden. It's PUNK rock to sing, write and perform LOVE songs.“ Dieser Definition gern folgend, ist Punk nicht zwingend laut, schnell und dreckig, sondern in erster Linie Herausforderung, Wagnis, Befremden und Selbstüberwindung. So gesehen ist also mehr davon bei Björk oder Bonnie Prince Billy zu hören als bei den ewiggleichen Brettbolzern von Rancid, Blink 182 oder Green Day.
Ein schöner Gedanke, den Frau Orzolek da vorbringt, zumal sie so die beste Überleitung zu ihrer ersten Soloplatte liefert. Vor einiger Zeit schon hatte sie zusammen mit Spike Jonze den Soundtrack zu „Where The Wild Things Are“ produziert, und auch der klang zarter und bedächtiger als ihre kracherten YYYs. „Crush Songs“, im Gegensatz zum unfreiwillig geleakten Tape „KO At Home“ eine hochoffizielle Nummer, ist nun noch um einiges reduzierter, wirkt regelrecht ausgewildert und läßt sich dennoch kaum als musikalisches Kaminfeuer verwenden. Dafür sind die vierzehn LoFi-Miniaturen nicht nur zu kurz, sondern auch von einer herausfordernden Intimität und Intensität, die wirkliche Entspannung nicht zulassen. Orzoleks Stimme klirrt gleich zu Beginn metallen zur akustischen Gitarre, später schieben sich unter diese kühle Verletzlichkeit ein paar vereinzelte Computerbeats.
Sie kommt einem mit diesen sparsam vertonten Gedankenausrissen manchmal näher als zu ertragen ist, bei „Day Go By“ fühlt man sich an die chloroformwattige Betäubtheit erinnert, die einen beim Anhören von Velvet Underground manchmal erwischte – Karen O ist nicht ohne Grund ein bekennender Fan des kürzlich verstorbenen Lou Reed. Einmal nur drängt Unterdrücktes lautstark nach außen, in „Body“ kreischt und pfeift es derart infernalisch, dass man keinen Unterschied zwischen Mensch und Maschine mehr erkennen kann. Und würde das Ganze nicht im dann doch wundervollen „Indian Summer“, in der „Sunset Sun“ und einem mehrstimmigen Singalong enden, man wäre wahrscheinlich der Verzweiflung anheim gefallen. Kaputte Liebeslieder, die weh tun – ihre Punkplatte, in der Tat. http://www.karenomusic.com/
07.10. Berlin, Heimathafen
Update: Bekanntlich hat Karen O ihr Solodebüt ja auf dem Label von Buddy Julian Casablancas veröffentlicht - im TimeOut-Magazin kann man seit heute ein Gespräch der beiden zu ihrer Zusammenarbeit lesen - hier.
„Crush Songs“
(Cult Records)
Über die fachgerechte Verwendung des einen Fourletter-Wortes wird zwar nicht annähernd so viel debattiert wie über die Bedeutung des anderen, Karen O, schillernde Frontfrau der New Yorker Kapelle Yeah Yeah Yeahs schafft es trotzdem, beide in einen Satz mit Sinn zu packen. Dem Internetportal Quietus nämlich sagte sie gerade: „For me, what takes the most amount of courage is becoming vulnerable and bearing your soul, and not ever worrying about how the crowd is going to react to you playing soft sweet songs all of a sudden. It's PUNK rock to sing, write and perform LOVE songs.“ Dieser Definition gern folgend, ist Punk nicht zwingend laut, schnell und dreckig, sondern in erster Linie Herausforderung, Wagnis, Befremden und Selbstüberwindung. So gesehen ist also mehr davon bei Björk oder Bonnie Prince Billy zu hören als bei den ewiggleichen Brettbolzern von Rancid, Blink 182 oder Green Day.
Ein schöner Gedanke, den Frau Orzolek da vorbringt, zumal sie so die beste Überleitung zu ihrer ersten Soloplatte liefert. Vor einiger Zeit schon hatte sie zusammen mit Spike Jonze den Soundtrack zu „Where The Wild Things Are“ produziert, und auch der klang zarter und bedächtiger als ihre kracherten YYYs. „Crush Songs“, im Gegensatz zum unfreiwillig geleakten Tape „KO At Home“ eine hochoffizielle Nummer, ist nun noch um einiges reduzierter, wirkt regelrecht ausgewildert und läßt sich dennoch kaum als musikalisches Kaminfeuer verwenden. Dafür sind die vierzehn LoFi-Miniaturen nicht nur zu kurz, sondern auch von einer herausfordernden Intimität und Intensität, die wirkliche Entspannung nicht zulassen. Orzoleks Stimme klirrt gleich zu Beginn metallen zur akustischen Gitarre, später schieben sich unter diese kühle Verletzlichkeit ein paar vereinzelte Computerbeats.
Sie kommt einem mit diesen sparsam vertonten Gedankenausrissen manchmal näher als zu ertragen ist, bei „Day Go By“ fühlt man sich an die chloroformwattige Betäubtheit erinnert, die einen beim Anhören von Velvet Underground manchmal erwischte – Karen O ist nicht ohne Grund ein bekennender Fan des kürzlich verstorbenen Lou Reed. Einmal nur drängt Unterdrücktes lautstark nach außen, in „Body“ kreischt und pfeift es derart infernalisch, dass man keinen Unterschied zwischen Mensch und Maschine mehr erkennen kann. Und würde das Ganze nicht im dann doch wundervollen „Indian Summer“, in der „Sunset Sun“ und einem mehrstimmigen Singalong enden, man wäre wahrscheinlich der Verzweiflung anheim gefallen. Kaputte Liebeslieder, die weh tun – ihre Punkplatte, in der Tat. http://www.karenomusic.com/
07.10. Berlin, Heimathafen
Update: Bekanntlich hat Karen O ihr Solodebüt ja auf dem Label von Buddy Julian Casablancas veröffentlicht - im TimeOut-Magazin kann man seit heute ein Gespräch der beiden zu ihrer Zusammenarbeit lesen - hier.
Azealia Banks: Kein Verlass
Das klingt nun wiederum gar nicht so bitchig und aggressiv wie der letzte Song, man kann sich, das ist gut, auf Azealia Banks in dieser Hinsicht also kaum verlassen: Nach "Heavy Metal And Refelctive" kommt mit "Chasing Time" ein weiterer Track vom lang erwarteten Album "Broke With Expensive Taste" der New Yorker Göre.
26.10. Berlin, Huxley's Neue Welt
27.10. Köln, Live Music Hall
06.10. Zürich, X-Tra
07.10. Lausanne, Les Docks
26.10. Berlin, Huxley's Neue Welt
27.10. Köln, Live Music Hall
06.10. Zürich, X-Tra
07.10. Lausanne, Les Docks
Montag, 22. September 2014
Marianne Faithfull: Seltsame Liebeserklärung
Es ist der Song mit dem eigenwilligsten Titel auf dem neuen Album von Marianne Faithfull "Give My Love To London", das Ende September endlich erscheinen soll. "Late Victorian Holocaust" wurde von Nick Cave getextet und arrangiert und unterscheidet sich so vom Rest der Stücke auf der Platte, die sämtlich aus der Feder von Faithfull selbst stammen sollen.
The Notwist: Immer weiter
Wie ist das, wenn man die Perfektion schon erreicht hat? Hört man dann auf? Nein - zumindest nicht The Notwist. Im Frühjahr haben die Musiker aus Weilheim im Zuge der Veröffentlichung ihres Albums "Close To The Glass" schon eine ganze Reihe von Konzerten auch hier in Deutschland absolviert und auch diese - altgediente Fans werden das bestätigen - folgten wiederum vormals perfekten Darbietungen älteren Datums. Es hält die Gebrüder Acher und Martin Gretschmann nicht davon ab, weiterzumachen und so kommen sie im Winter 2014/15 wieder vorbei.
01.11. Lausanne, Les Docks
02.11. Freiburg, Jazzhaus
05.12. Berlin, Tempodrom
21.03. Dresden, Reithalle
25.03. Graz, Generalmusikdirektion
26.03. München, Alte Kongresshalle
01.11. Lausanne, Les Docks
02.11. Freiburg, Jazzhaus
05.12. Berlin, Tempodrom
21.03. Dresden, Reithalle
25.03. Graz, Generalmusikdirektion
26.03. München, Alte Kongresshalle
Kele: Neuer Song und eine Frage
Samstag, 20. September 2014
Sleaford Mods: Fuckin' coming round again [Update]
Immer mal ein Sehnsuchtsblick auf die Website und nun endlich ein Lichtblick: Die Sleaford Mods kommen wieder mal nach Deutschland - wenn auch erst im Frühjahr 2015. Am 24. April spielt der fleischgewordene Albtraum des Musik-Establishments im Bahnhof Langendeer in Bochum. Und - hallo Bochumer - laßt Euch bloß nicht einfallen, diesen Termin zu verpassen. Das Ding muss ausverkauft!
Update: Wird doch noch eine richtig erwachsene Liste draus...
24.04. Bochum, Bahnhof Langendeer
25.04. Wiesbaden, Schlachthof
29.04. Salzburg, Rockhaus
Update: Wird doch noch eine richtig erwachsene Liste draus...
24.04. Bochum, Bahnhof Langendeer
25.04. Wiesbaden, Schlachthof
29.04. Salzburg, Rockhaus
Freitag, 19. September 2014
Fear Of Men vs. Ty Segall: Gegensätze
Wir hatten ja schon einige absonderliche Paarungen in letzter Zeit, diese hier ist auch nicht ohne: Die Dreampopper Fear Of Men aus Brighton haben sich für eine Neubearbeitung ein Stück von Ty Segall, dem God of Fuzz, vorgenommen - "Sleeper" stammt vom gleichnamigen Album aus dem vergangenen Jahr und wer mit dem Original vergleichen möchte, darf das hier tun. Im Übrigen kann man sich die Leisetreter auch noch live anschauen, die Termine wie folgt.
06.10. Heidelberg, Karlstorbahnhof
07.10. Hamburg, Astra Stube
08.10. Berlin, Schokoladen
10.10. Wien, Otakringer Brauerei
11.10. St. Pölten, Freiraum
17.10. Luzern, Gewerbehalle
18.10. Rorschach, Treppenhaus
06.10. Heidelberg, Karlstorbahnhof
07.10. Hamburg, Astra Stube
08.10. Berlin, Schokoladen
10.10. Wien, Otakringer Brauerei
11.10. St. Pölten, Freiraum
17.10. Luzern, Gewerbehalle
18.10. Rorschach, Treppenhaus
Clueso: Und so weiter
Clueso
„Stadtrandlichter“
(Text und Ton/Universal)
Nun also, zum sechsten Mal: Trostlieder, Trotzlieder, Liebeslieder, Lieder vom Verschwinden, Lieder von der Sehnsucht, Lieder vom Aufbruch, vom Heimkommen, von der Freiheit, vom Fallenlassen, kaum Wut, viel Sanftmut, auch Mutmacher. Clueso hat in den Jahren so viele Dinge gemacht, die hätten schiefgehen können – gingen sie aber nicht, die peinlich hätten enden können – taten sie aber nicht. Hat mit einem Orchester gespielt, mit Kerth und Niedecken, hat seinen Kopf für Raab hingehalten. Ist nichts passiert, hat er alles irgendwie hinbekommen und seinen Charme, seinen Stil, seinen eigenen Kopf dabei nie verloren. Man möchte meinen, so einer wird irgendwann langweilig und er ist es dennoch nicht geworden. So einer wird irgendwann auch mal eine schlechte Platte machen – sicher (und wer hätte kein Verständnis dafür), aber diese hier ist es ganz gewiss noch nicht.
Die hat er ganz allein produzieren und einspielen lassen, auf seinem eigenen Label und sie zeigt wieder einmal, was für eine Begabung der Junge hat, was für ein Gespür für den richtigen Ton und die passenden Worte. Clueso ist, sicher eines seiner (doch sehr offensichtlichen) Geheimnisse, ein ebenso guter Musiker wie Texter, seine Songs sind nicht entweder oder, sie sind immer beides: Sie sagen das Richtige auf schnörkellose, auf unprätentiöse Art und klingen dazu noch nach erstklassig arrangiertem Pop. „Freidrehen“, „Alles leuchtet“ – entspannt, mit etwas Jazz und Funk verzwirbelt, einfache Sätze, die jeder versteht und die doch nicht im billigen Dutzend zu bekommen sind. Noch besser: „Still“ und „Galerie“, beide nahe an der Perfektion, funkelnde Gitarrenakkorde, mit denen man anderswo die Stadien füllt. Wem das zu simpel und zu glatt ist, der kann mit Schönheit und Klarheit, wenn sie denn mal passen, nicht umgehen.
Schon richtig, die großen Statements sucht man vergebens, Gesellschaftskritik steht hier nicht mal zwischen den Zeilen und vieles erschöpft sich in molliger Melancholie, Befindlichkeit rules. Aber Clueso ist nun mal der Beobachter im Kleinen, er beschränkt sich auf das, was für ihn selbst erfahrbar, beschreibbar ist – man nennt das wohl Authentizität. Und letztlich Ehrlichkeit – er tut nicht so als ob, er ist nicht anders. Und zwar mit einer beneidenswerten Beiläufigkeit, für die manche/r sonst lange üben muss. Der Erfurter gehört ja neben Jan Delay zu den wenigen ernstzunehmenden Künstlern, deren Verehrung für Udo Lindenberg den eigenen Erfolgen, dem eigenen Ruf nichts anhaben kann und denen man solche Adressen nicht als bloße Anbiederei auslegen muss, eben weil sie diese Zuneigung selbst gegen die Erwartungen ihrer skeptischen Anhängerschaft verteidigen. „Cello“ vom MTV-Unplugged-Album war somit Glücksfall und seltener Lichtblick in einem, und auch „Sein Song“ klappt auf Anhieb mit den beiden. Hätte wieder schiefgehen können. Und … ? Eben. http://www.clueso.de/
24.11. Hof, Freiheitshalle
25.11. Frankfurt, Jahrhunderthalle
26.11. Oberhausen, König-Pilsener-Arena
28.11. Braunschweig, Volkswagen Halle
29.11. Köln, Lanxess Arena
01.12. München, Zenith
02.12. Stuttgart, Porsche Arena
05.12. Berlin, Max Schmeling Halle
07.12. Leipzig, Arena
08.12. Hamburg, O2 Arena
27.12. Erfurt, Messe
„Stadtrandlichter“
(Text und Ton/Universal)
Nun also, zum sechsten Mal: Trostlieder, Trotzlieder, Liebeslieder, Lieder vom Verschwinden, Lieder von der Sehnsucht, Lieder vom Aufbruch, vom Heimkommen, von der Freiheit, vom Fallenlassen, kaum Wut, viel Sanftmut, auch Mutmacher. Clueso hat in den Jahren so viele Dinge gemacht, die hätten schiefgehen können – gingen sie aber nicht, die peinlich hätten enden können – taten sie aber nicht. Hat mit einem Orchester gespielt, mit Kerth und Niedecken, hat seinen Kopf für Raab hingehalten. Ist nichts passiert, hat er alles irgendwie hinbekommen und seinen Charme, seinen Stil, seinen eigenen Kopf dabei nie verloren. Man möchte meinen, so einer wird irgendwann langweilig und er ist es dennoch nicht geworden. So einer wird irgendwann auch mal eine schlechte Platte machen – sicher (und wer hätte kein Verständnis dafür), aber diese hier ist es ganz gewiss noch nicht.
Die hat er ganz allein produzieren und einspielen lassen, auf seinem eigenen Label und sie zeigt wieder einmal, was für eine Begabung der Junge hat, was für ein Gespür für den richtigen Ton und die passenden Worte. Clueso ist, sicher eines seiner (doch sehr offensichtlichen) Geheimnisse, ein ebenso guter Musiker wie Texter, seine Songs sind nicht entweder oder, sie sind immer beides: Sie sagen das Richtige auf schnörkellose, auf unprätentiöse Art und klingen dazu noch nach erstklassig arrangiertem Pop. „Freidrehen“, „Alles leuchtet“ – entspannt, mit etwas Jazz und Funk verzwirbelt, einfache Sätze, die jeder versteht und die doch nicht im billigen Dutzend zu bekommen sind. Noch besser: „Still“ und „Galerie“, beide nahe an der Perfektion, funkelnde Gitarrenakkorde, mit denen man anderswo die Stadien füllt. Wem das zu simpel und zu glatt ist, der kann mit Schönheit und Klarheit, wenn sie denn mal passen, nicht umgehen.
Schon richtig, die großen Statements sucht man vergebens, Gesellschaftskritik steht hier nicht mal zwischen den Zeilen und vieles erschöpft sich in molliger Melancholie, Befindlichkeit rules. Aber Clueso ist nun mal der Beobachter im Kleinen, er beschränkt sich auf das, was für ihn selbst erfahrbar, beschreibbar ist – man nennt das wohl Authentizität. Und letztlich Ehrlichkeit – er tut nicht so als ob, er ist nicht anders. Und zwar mit einer beneidenswerten Beiläufigkeit, für die manche/r sonst lange üben muss. Der Erfurter gehört ja neben Jan Delay zu den wenigen ernstzunehmenden Künstlern, deren Verehrung für Udo Lindenberg den eigenen Erfolgen, dem eigenen Ruf nichts anhaben kann und denen man solche Adressen nicht als bloße Anbiederei auslegen muss, eben weil sie diese Zuneigung selbst gegen die Erwartungen ihrer skeptischen Anhängerschaft verteidigen. „Cello“ vom MTV-Unplugged-Album war somit Glücksfall und seltener Lichtblick in einem, und auch „Sein Song“ klappt auf Anhieb mit den beiden. Hätte wieder schiefgehen können. Und … ? Eben. http://www.clueso.de/
24.11. Hof, Freiheitshalle
25.11. Frankfurt, Jahrhunderthalle
26.11. Oberhausen, König-Pilsener-Arena
28.11. Braunschweig, Volkswagen Halle
29.11. Köln, Lanxess Arena
01.12. München, Zenith
02.12. Stuttgart, Porsche Arena
05.12. Berlin, Max Schmeling Halle
07.12. Leipzig, Arena
08.12. Hamburg, O2 Arena
27.12. Erfurt, Messe
Donnerstag, 18. September 2014
Esben And The Witch: Vergröberung
Esben And The Witch
„A New Nature“
(Nostromo)
Irgendwo musste der Haken ja sein, irgendwo der Grund, weshalb Rachel Davies mit ihrer Band nach dem eigentlich recht erfolgreichen „Wash The Sins…“ eine Crowdfundig-Plattform bemühte, um das Geld für die neue Platte in Eigenregie zusammen zu bekommen. Und er oder besser sie sind schnell gefunden, denn eigentlich gibt es gleich zwei Kriterien, die eine Ausnahme von der Regel notwendig machten: Esben And The Witch wollten für die neue Platte den großen Schnitt und das bedeutete eine komplette Abkehr vom Sound des Vorgängers – statt fortgesetzter Verfeinerung in Richtung Shoegazing, Dreampop und Referenzen wie den Cocteau Twins sollte nun die Kehrtwende in Richtung Noise und Post-Rock kommen, grob verzerrte Gitarrenwände die luftigen Klangteppiche ersetzen. Und da Mut auch bei Indielabels gute Argumente braucht und ebensoviel Zeit kostet, haben sich die drei aus Brighton kurzerhand zum Spendenaufruf entschlossen. Noch dazu sollte auch nicht irgendwer diesen Schritt begleiten – Steve Albini schien dem Trio der Geeignetste zu sein, Songs mit der Länge von einer knappen Viertelstunde zu bändigen und die Energien und Ideen in die richtigen Bahnen zu lenken. Und so ungewohnt das alles klingt – es hat eine Vitalität und Energie, die beeindruckt. Das Scheppern und Krachen der Gitarren, das Auf und Ab, die Breaks und Pausen, die oft nur zum Luftholen dienen, bis die nächste Welle geordneten Lärmens anrollt – zarten Verästelungen wie auf dem doch sehr wavelastigen Debüt „Violent Cries“ sucht man hier vergebens. Dagegen setzen sie Brachiales wie „Blood Teachings“, das gegen Ende mächtig Fahrt aufnimmt, das erwähnte, überlange „The Djungle“, das für die Dramatik auch Bläser bereithält, und vor allem „No Dog“, zu dem einem neben den Stooges auch noch der Bombast-Metal der Mellon-Collie-Pumpkins und natürlich PJ Harvey einfallen. Es ist nicht also unbedingt die leichte Verdaulichkeit, die den Reiz von „A New Nature“ ausmacht, sondern vielmehr die Wucht und die Unmittelbarkeit, mit der die Band ihre Vorstellungen in die Tat umsetzen. Respekt dafür. http://esbenandthewitch.co.uk/
19.10. Köln, Gebäude 9
20.10. Berlin, Bi Nuu
21.10. Dresden, Beatpol
22.10. München, Muffatcafé
23.10. Schorndorf, Manufaktur
„A New Nature“
(Nostromo)
Irgendwo musste der Haken ja sein, irgendwo der Grund, weshalb Rachel Davies mit ihrer Band nach dem eigentlich recht erfolgreichen „Wash The Sins…“ eine Crowdfundig-Plattform bemühte, um das Geld für die neue Platte in Eigenregie zusammen zu bekommen. Und er oder besser sie sind schnell gefunden, denn eigentlich gibt es gleich zwei Kriterien, die eine Ausnahme von der Regel notwendig machten: Esben And The Witch wollten für die neue Platte den großen Schnitt und das bedeutete eine komplette Abkehr vom Sound des Vorgängers – statt fortgesetzter Verfeinerung in Richtung Shoegazing, Dreampop und Referenzen wie den Cocteau Twins sollte nun die Kehrtwende in Richtung Noise und Post-Rock kommen, grob verzerrte Gitarrenwände die luftigen Klangteppiche ersetzen. Und da Mut auch bei Indielabels gute Argumente braucht und ebensoviel Zeit kostet, haben sich die drei aus Brighton kurzerhand zum Spendenaufruf entschlossen. Noch dazu sollte auch nicht irgendwer diesen Schritt begleiten – Steve Albini schien dem Trio der Geeignetste zu sein, Songs mit der Länge von einer knappen Viertelstunde zu bändigen und die Energien und Ideen in die richtigen Bahnen zu lenken. Und so ungewohnt das alles klingt – es hat eine Vitalität und Energie, die beeindruckt. Das Scheppern und Krachen der Gitarren, das Auf und Ab, die Breaks und Pausen, die oft nur zum Luftholen dienen, bis die nächste Welle geordneten Lärmens anrollt – zarten Verästelungen wie auf dem doch sehr wavelastigen Debüt „Violent Cries“ sucht man hier vergebens. Dagegen setzen sie Brachiales wie „Blood Teachings“, das gegen Ende mächtig Fahrt aufnimmt, das erwähnte, überlange „The Djungle“, das für die Dramatik auch Bläser bereithält, und vor allem „No Dog“, zu dem einem neben den Stooges auch noch der Bombast-Metal der Mellon-Collie-Pumpkins und natürlich PJ Harvey einfallen. Es ist nicht also unbedingt die leichte Verdaulichkeit, die den Reiz von „A New Nature“ ausmacht, sondern vielmehr die Wucht und die Unmittelbarkeit, mit der die Band ihre Vorstellungen in die Tat umsetzen. Respekt dafür. http://esbenandthewitch.co.uk/
19.10. Köln, Gebäude 9
20.10. Berlin, Bi Nuu
21.10. Dresden, Beatpol
22.10. München, Muffatcafé
23.10. Schorndorf, Manufaktur
Sharon Van Etten vs. The Juan MacLean: Kontrapunkt
Auch Sharon Van Etten hat Mut bewiesen und sich für die Neubearbeitung ihres Songs "Our Love" vom Album "Are We There" einen musikalischen Kontrapunkt ausgesucht: Juan MacLean, der sich ja eher mit feiner Elektronik als mit fragilem Folk beschäftigt und gerade seine Platte "In A Dream" veröffentlicht, hat aus dem Stück eine siebeneinhalbminütige Synthieschleife gebastelt - hörenswert.
Mittwoch, 17. September 2014
Wild Beasts: Versammlung der Edelhelfer
Da haben sich die Wild Beasts ein paar Edelhelfer gesucht: Für eine Deluxe-Ausgabe ihres letzten Albums "Present Tense" wurden ganze neun Remixversionen verschiedener Tracks gesammelt, stammen tun diese u.a. von SOHN, East India Youth, Djrum und den Foals, letztere erzeugen einen besonders prächtigen Sog.
Neonschwarz: Eigene Wege
Neonschwarz
„Fliegende Fische“
(Audiolith)
Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Zum Besseren hat sich in diesem Land nicht wirklich etwas verändert. In Hamburg werden Stadtviertel großräumig gesperrt und zu Kontrollbezirken erklärt, in München diktiert die gesunde Volksmeinung dem Stadtrat die Flüchtlingspolitik, in Kreuzberg brennt eine Moschee, in Wuppertal eine Synagoge, NPD raus, AFD rein, der Wolf ist noch immer da, nur der Schafspelz war in der Reinigung. Wenn dann das Gutmenschentum in Gestalt der Springerpresse zwecks Reichweitenoptimierung per Leuchtreklame zum kollektiven Friedensgebet ruft (jaja, so große Schafspelze sind auch im Handel erhältlich…), dann weiß man, dass an Platten wie dieser hier vom Hamburger Zeckenrapkollektiv Neonschwarz nichts falsch sein kann. Schon klar, die Themen sind die alten, die Probleme aber eben auch: Gentrifizierung, Neue Rechte, Gesellschaftsränder, Armutsschere, etc. So alt, dass man auch gern mal die Helden früherer Tage beleihen darf – „Unser Haus“ kommt mit feinem Scherben-Zitat zu frischen Beats. Überhaupt – soundtechnisch betrachtet bekommt die Platte der 3+1 (jetzt neu mit DJ Ypsilon) ein dickes Plus. Captain Gips, Johnny Mauser und Marie Curry geben jedem Track einen ordentlichen Groove mit auf den Weg, Skabläser, HipHop, Jazz-Anleihen, Afrofunk, sie ziehen das so gut durch, das keine Langeweile aufkommen kann. Und natürlich gibt’s zu fälligen Meinungsbildung („Die SPD wählt ihr bitte nicht mehr!“) auch eine anständige Partymucke („Outta Control“), einzig die wohl doppeldeutig gemeinten Floßfahrt-Skits sind ein bisschen nervig. Macht aber nix, dafür kommen „Verwandelt“ und auch der „Scheinriese“ besonders gut rüber. Korrekte Ansagen, die noch dazu Spaß bringen, was will man mehr. http://neonschwarz-music.com/
26.09. Hamburg, MS Stubnitz
31.10. Erlangen, E-Werk
01.11. Berlin, Lido
13.11. Jena, Kassablanka
14.11. Würzburg, Cairo
15.11. Wiesbaden, Schlachthof
27.11. Düsseldorf, FFT
28.11. Ravensburg, Studio 104
29.11. Osnabrück, Kleine Freiheit
04.12. Lüneburg, Salon Hansen
11.12. Oberhausen, Druckluft
12.12. Flensburg, Volksbad
13.12. Kiel, Alte Meierei
22.01. Wien, B72
23.01. Salzburg, Rockhouse
24.01. Innsbruck, Weekender
„Fliegende Fische“
(Audiolith)
Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Zum Besseren hat sich in diesem Land nicht wirklich etwas verändert. In Hamburg werden Stadtviertel großräumig gesperrt und zu Kontrollbezirken erklärt, in München diktiert die gesunde Volksmeinung dem Stadtrat die Flüchtlingspolitik, in Kreuzberg brennt eine Moschee, in Wuppertal eine Synagoge, NPD raus, AFD rein, der Wolf ist noch immer da, nur der Schafspelz war in der Reinigung. Wenn dann das Gutmenschentum in Gestalt der Springerpresse zwecks Reichweitenoptimierung per Leuchtreklame zum kollektiven Friedensgebet ruft (jaja, so große Schafspelze sind auch im Handel erhältlich…), dann weiß man, dass an Platten wie dieser hier vom Hamburger Zeckenrapkollektiv Neonschwarz nichts falsch sein kann. Schon klar, die Themen sind die alten, die Probleme aber eben auch: Gentrifizierung, Neue Rechte, Gesellschaftsränder, Armutsschere, etc. So alt, dass man auch gern mal die Helden früherer Tage beleihen darf – „Unser Haus“ kommt mit feinem Scherben-Zitat zu frischen Beats. Überhaupt – soundtechnisch betrachtet bekommt die Platte der 3+1 (jetzt neu mit DJ Ypsilon) ein dickes Plus. Captain Gips, Johnny Mauser und Marie Curry geben jedem Track einen ordentlichen Groove mit auf den Weg, Skabläser, HipHop, Jazz-Anleihen, Afrofunk, sie ziehen das so gut durch, das keine Langeweile aufkommen kann. Und natürlich gibt’s zu fälligen Meinungsbildung („Die SPD wählt ihr bitte nicht mehr!“) auch eine anständige Partymucke („Outta Control“), einzig die wohl doppeldeutig gemeinten Floßfahrt-Skits sind ein bisschen nervig. Macht aber nix, dafür kommen „Verwandelt“ und auch der „Scheinriese“ besonders gut rüber. Korrekte Ansagen, die noch dazu Spaß bringen, was will man mehr. http://neonschwarz-music.com/
26.09. Hamburg, MS Stubnitz
31.10. Erlangen, E-Werk
01.11. Berlin, Lido
13.11. Jena, Kassablanka
14.11. Würzburg, Cairo
15.11. Wiesbaden, Schlachthof
27.11. Düsseldorf, FFT
28.11. Ravensburg, Studio 104
29.11. Osnabrück, Kleine Freiheit
04.12. Lüneburg, Salon Hansen
11.12. Oberhausen, Druckluft
12.12. Flensburg, Volksbad
13.12. Kiel, Alte Meierei
22.01. Wien, B72
23.01. Salzburg, Rockhouse
24.01. Innsbruck, Weekender
The Drums: Über der Zeit
The Drums
„Encyclopedia“
(Minor Records)
Da sind sie also wieder, die milchgesichtigen Posterboys aus Brooklyn, die immer noch ein wenig so aussehen, als würden sie der Pubertät nie entwachsen. Obwohl, so viele sind es ja nicht mehr – nach „Portamento“, dem letzten Album der Band, schrumpfte diese, ursprünglich als Quartett gestartet, nochmals, übrig blieben nurmehr die beiden Gründungsmitglieder Jonathan Pierce und Jacob Graham. Dass sich mit den zwei Abgängen auch der Charakter ihrer Musik ändert, war abzusehen, schon der Vorgänger kam ja deutlich synthetischer daher als das Debüt und so ist es keine Überraschung, dass viele der zwölf Songs von „Encyclopedia“ mit allerlei elektronischen Verziehrungen aufwarten. Grundsätzlich verfahren ja The Drums nach dem bewährten Erfolgsprinzip, mit welchem auch die Strokes groß und erfolgreich geworden sind und welches da heißt: Sei sparsam und verwende nie mehr als ein eingängiges Motiv (oder auch Riff) pro Song, dieses muss dann allerdings gut genug sein, um in Erinnerung zu bleiben und das Stück zu prägen. Zwei der schönsten haben sie in „I Can Pretend“ und „I Hope Time Doesn’t Change Him“ verbaut, an anderer Stelle („Kiss Me Again“, „Face Of God“) lösen sie sich von den jetzt gängigen Wavemustern und kehren zu ihren Ursprüngen zurück – nervös vibrierende Beats, Pierce‘ immer etwas zu schrille Stimme eiert zwischen den Tönen einher, das muss man mögen. Ruhe gönnen sie sich eher selten, wenn doch, kann daraus wie beim Schlußakkord „Wild Geese“ auch mal etwas erstaunlich Anmutiges entstehen. Dazwischen eine Reihe eher mittelmäßiger Nummern – dennoch: Wer ehrlich ist, der gesteht sich ein, dass er die Band bei ihrer Taufe im Jahr 2008 mit einem eher kurzen Verfallsdatum ausgestattet hat – der Stil zu retro, der Gesang kaum mehrheitsfähig – so gesehen ist diese Platte dann schon wieder als Erfolg zu werten. http://thedrums.com/
13.11. Berlin, Fraanz Club
14.11. Hamburg, Molotow
„Encyclopedia“
(Minor Records)
Da sind sie also wieder, die milchgesichtigen Posterboys aus Brooklyn, die immer noch ein wenig so aussehen, als würden sie der Pubertät nie entwachsen. Obwohl, so viele sind es ja nicht mehr – nach „Portamento“, dem letzten Album der Band, schrumpfte diese, ursprünglich als Quartett gestartet, nochmals, übrig blieben nurmehr die beiden Gründungsmitglieder Jonathan Pierce und Jacob Graham. Dass sich mit den zwei Abgängen auch der Charakter ihrer Musik ändert, war abzusehen, schon der Vorgänger kam ja deutlich synthetischer daher als das Debüt und so ist es keine Überraschung, dass viele der zwölf Songs von „Encyclopedia“ mit allerlei elektronischen Verziehrungen aufwarten. Grundsätzlich verfahren ja The Drums nach dem bewährten Erfolgsprinzip, mit welchem auch die Strokes groß und erfolgreich geworden sind und welches da heißt: Sei sparsam und verwende nie mehr als ein eingängiges Motiv (oder auch Riff) pro Song, dieses muss dann allerdings gut genug sein, um in Erinnerung zu bleiben und das Stück zu prägen. Zwei der schönsten haben sie in „I Can Pretend“ und „I Hope Time Doesn’t Change Him“ verbaut, an anderer Stelle („Kiss Me Again“, „Face Of God“) lösen sie sich von den jetzt gängigen Wavemustern und kehren zu ihren Ursprüngen zurück – nervös vibrierende Beats, Pierce‘ immer etwas zu schrille Stimme eiert zwischen den Tönen einher, das muss man mögen. Ruhe gönnen sie sich eher selten, wenn doch, kann daraus wie beim Schlußakkord „Wild Geese“ auch mal etwas erstaunlich Anmutiges entstehen. Dazwischen eine Reihe eher mittelmäßiger Nummern – dennoch: Wer ehrlich ist, der gesteht sich ein, dass er die Band bei ihrer Taufe im Jahr 2008 mit einem eher kurzen Verfallsdatum ausgestattet hat – der Stil zu retro, der Gesang kaum mehrheitsfähig – so gesehen ist diese Platte dann schon wieder als Erfolg zu werten. http://thedrums.com/
13.11. Berlin, Fraanz Club
14.11. Hamburg, Molotow
Dienstag, 16. September 2014
Einstürzende Neubauten: Ergänzungen
Ein paar kleine Ergänzungen zum neuen Album "Lament" der Einstürzenden Neubauten wollen wir nicht vorenthalten: Das Artwork für's Cover steht mittlerweile fest - und auf der Liste der Konzerttermine ist ein neuer für Hannover hinzugekommen. Erwähnt werden sollte auch, dass neben all den üblichen Eigenwilligkeiten bei der Instrumentierung auch noch die Musik der sogenannten "Harlem Hell Fighters", der ersten afroamerikanischen Kampfttruppe des 1. Weltkrieges (um den es ja hauptsächlich geht) eine Wiederveröffentlichung erfahren wird. Erscheinungstermin der Platte ist im Übrigen der 7. November via Mute/BMG.
09.11. Aachen-Stolberg, Zinkhütter Hof,
10.11. Hannover, Capitol
11.11. Berlin, Tempodrom
13.11. Lausanne, Les Docks
16.11. München, Muffathalle
09.11. Aachen-Stolberg, Zinkhütter Hof,
10.11. Hannover, Capitol
11.11. Berlin, Tempodrom
13.11. Lausanne, Les Docks
16.11. München, Muffathalle
Fiva: Mehr als 1560 Worte
Fiva
Support: Average
Ampere, München, 15. September 2014
Gerade erst durfte man lesen, dass Eminem sich mit einem seiner Songs ins Guinness-Buch gerappt hat – 1560 Worte füllen den Track und natürlich hört sich das beeindruckend an. Nina Sonnenberg alias Fiva MC würde, spräche man sie darauf an, diese Meldung wahrscheinlich auf ihre eigene Art charmant weglächeln, sie weiß, dass Quantität und Geschwindigkeit nur mäßig Auskunft geben können über die Güte der Rhymes und dass der Inhalt – Binsenweisheit sowieso – den Sinn und somit die Qualität vorgeben. Von letzterer hat sie nicht zu knapp, im Juni ist ihr neues Album „Alles leuchtet“ erschienen und auch auf diesem zeigt die Münchnerin wieder ihr seltenes Talent, klare Ansagen zu sanftem Wordflow zu verbinden, laut zu sein, ohne sich in leeren Posen zu erschöpfen, Mädchen mit Herz und Kopf also, immer noch.
Sie hatte ihrer Band, so verriet sie, einen wunderbaren Abend angekündigt und es zeigte sich schnell, dass sie sich für dieses Versprechen nicht weit aus dem Fenster lehnen musste – Heimspiel nennt man das und auch wenn sie angeblich von allen Anwesenden den meisten Bammel vor dem Auftritt in der Geburtsstadt hatte – viel zu spüren war davon nicht. Wozu auch, mit einem perfekt harmonierenden DJ Radrum an den Turntables, den abgefunkten Jungs aus Wien im Rücken und einem Publikum, dass ihr für zwei Stunden förmlich an den Lippen hing, brauchte ihr nicht bange sein. Zumal sie ja auf der Setlist reichlich Material hat, um sich die Zeit mit ihren Lieblingsbeschäftigungen zu vertreiben: Singen, Klatschen, Tanzen, solche Sachen eben. „Zu alt um cool zu sein“, den Augenblick genießen, vielleicht auch einen Sommer (wie es in einem ihrer Stücke heißt) – das ging genau an diesem Abend und zwar von Start bis Ende.
„Goldfisch“, „Frühling“, „Kleinkunst“, „Leuchtturm“, viel Bewegung, da kann selbst der verirrte Anzugträger nicht anders, als verschämt die Arme zu schwenken. Nicht alles München-Lieder, aber schnell zu solchen gemacht – denn klar: „Die Stadt gehört wieder (einmal) mir!“ Bei so viel beschwingtem Frohsinn wird es natürlich schwierig, auch mal auf ernst herunterzukühlen, es gelingt ihr dennoch. „Du bist nicht mein Monster“ klingt live noch grimmiger als von der Konserve und bei „Phoenix“, dem wohl besten Song der aktuellen Platte, erwischt einen kurz ein kühles Schaudern, auch das gehört mit zum Programm. Man kann mit ihr, soviel ist klar, allerbestens ausflippen, bekommt das aber nicht umsonst, sondern darf sich dazu gern noch ein paar Gedanken mehr machen oder zur weiteren Verwendung mit auf den Heimweg nehmen.
Auch wenn Bernadette La Hengst und Peter Brugger nur vom Band grüßen - Komplimente gibt es reichlich und zwar von beiden Seiten. Szenenapplaus für ein Solo am Jazzpiano, lockeren Freestyle als Kaufstimulanz und jede Menge glückselige Momente auf und vor der Bühne. Kurz nur glaubt man zu bemerken, wie Fivas sonst so feste Stimme vor lauter Rührung wegzukippen droht, warum auch nicht, solche Abende daheim sind schließlich wie gemacht für’s Familienalbum und da darf man auch schon mal etwas sentimental werden. Der launige Hinweis des Bassisten, man solle doch endlich diese depperten Luftballons wegtun, wird mit breitem Grinsen quittiert – es bleibt also dabei: Nicht wieviel, sondern was man sagt, entscheidet. Und wer noch Trost braucht, summt draußen einfach weiter: „Das Beste ist noch nicht vorbei…“
Support: Average
Ampere, München, 15. September 2014
Gerade erst durfte man lesen, dass Eminem sich mit einem seiner Songs ins Guinness-Buch gerappt hat – 1560 Worte füllen den Track und natürlich hört sich das beeindruckend an. Nina Sonnenberg alias Fiva MC würde, spräche man sie darauf an, diese Meldung wahrscheinlich auf ihre eigene Art charmant weglächeln, sie weiß, dass Quantität und Geschwindigkeit nur mäßig Auskunft geben können über die Güte der Rhymes und dass der Inhalt – Binsenweisheit sowieso – den Sinn und somit die Qualität vorgeben. Von letzterer hat sie nicht zu knapp, im Juni ist ihr neues Album „Alles leuchtet“ erschienen und auch auf diesem zeigt die Münchnerin wieder ihr seltenes Talent, klare Ansagen zu sanftem Wordflow zu verbinden, laut zu sein, ohne sich in leeren Posen zu erschöpfen, Mädchen mit Herz und Kopf also, immer noch.
Sie hatte ihrer Band, so verriet sie, einen wunderbaren Abend angekündigt und es zeigte sich schnell, dass sie sich für dieses Versprechen nicht weit aus dem Fenster lehnen musste – Heimspiel nennt man das und auch wenn sie angeblich von allen Anwesenden den meisten Bammel vor dem Auftritt in der Geburtsstadt hatte – viel zu spüren war davon nicht. Wozu auch, mit einem perfekt harmonierenden DJ Radrum an den Turntables, den abgefunkten Jungs aus Wien im Rücken und einem Publikum, dass ihr für zwei Stunden förmlich an den Lippen hing, brauchte ihr nicht bange sein. Zumal sie ja auf der Setlist reichlich Material hat, um sich die Zeit mit ihren Lieblingsbeschäftigungen zu vertreiben: Singen, Klatschen, Tanzen, solche Sachen eben. „Zu alt um cool zu sein“, den Augenblick genießen, vielleicht auch einen Sommer (wie es in einem ihrer Stücke heißt) – das ging genau an diesem Abend und zwar von Start bis Ende.
„Goldfisch“, „Frühling“, „Kleinkunst“, „Leuchtturm“, viel Bewegung, da kann selbst der verirrte Anzugträger nicht anders, als verschämt die Arme zu schwenken. Nicht alles München-Lieder, aber schnell zu solchen gemacht – denn klar: „Die Stadt gehört wieder (einmal) mir!“ Bei so viel beschwingtem Frohsinn wird es natürlich schwierig, auch mal auf ernst herunterzukühlen, es gelingt ihr dennoch. „Du bist nicht mein Monster“ klingt live noch grimmiger als von der Konserve und bei „Phoenix“, dem wohl besten Song der aktuellen Platte, erwischt einen kurz ein kühles Schaudern, auch das gehört mit zum Programm. Man kann mit ihr, soviel ist klar, allerbestens ausflippen, bekommt das aber nicht umsonst, sondern darf sich dazu gern noch ein paar Gedanken mehr machen oder zur weiteren Verwendung mit auf den Heimweg nehmen.
Auch wenn Bernadette La Hengst und Peter Brugger nur vom Band grüßen - Komplimente gibt es reichlich und zwar von beiden Seiten. Szenenapplaus für ein Solo am Jazzpiano, lockeren Freestyle als Kaufstimulanz und jede Menge glückselige Momente auf und vor der Bühne. Kurz nur glaubt man zu bemerken, wie Fivas sonst so feste Stimme vor lauter Rührung wegzukippen droht, warum auch nicht, solche Abende daheim sind schließlich wie gemacht für’s Familienalbum und da darf man auch schon mal etwas sentimental werden. Der launige Hinweis des Bassisten, man solle doch endlich diese depperten Luftballons wegtun, wird mit breitem Grinsen quittiert – es bleibt also dabei: Nicht wieviel, sondern was man sagt, entscheidet. Und wer noch Trost braucht, summt draußen einfach weiter: „Das Beste ist noch nicht vorbei…“
Montag, 15. September 2014
Pixies: Trödelmarkt
Zwischendrin mal wieder ein Video der Pixies - "Ring The Bell" stammt vom immer noch aktuellen Album "Indie Cindy", wurde von Lital Mizel und Adi Frimmerma gedreht und kann exklusiv beim NME bestaunt werden.
Sonntag, 14. September 2014
Kraftklub: Immer noch anders
Kraftklub
„In Schwarz“
(Universal)
Alles halb so schlimm das Ganze. Aber der Gag war es wert. Nach dem vermummten Krawalleinstieg mit „Hand in Hand“ kamen Kraftklub mit „Unsere Fans“ gewohnt schnell auf den Punkt, und zwar auf einen wunden. Sie drehten den Spieß einfach um und machten ihren Fans den Vorwurf, mit dem sich sonst die andere Seite herumschlagen muss: Ideale verraten, käuflich geworden, harmlos, lahm und ohne Biss. Schon Zeit also, sich loszusagen? Schon eine Beziehungskrise? Kannste getrost vergessen. Kraftklub sind wahrscheinlich wie ihr Anhang einfach nur zwei Jahre älter und um ein paar Erfahrungen reicher, ansonsten hat sich weder etwas zum Besseren oder Schlechteren geändert. Der Sound bleibt einfach bis eintönig und hält sich noch immer nicht für so wahnsinnig wichtig – viel wichtiger sind vielmehr ihre Pointen und die setzen die Schnodderschnauzen aus Chemnitz, der „Stadt die immer schläft“, noch mit der gleichen grimmigen Ernsthaftigkeit wie schon auf dem Debüt.
Schimpfen, wüten und ein paar Dinge klarstellen – die selbsternannte Lieblingsband (der Liebslingsband) setzt auf Bewährtes, weil vieles noch nicht, wie man so gern sagt, zu Ende erzählt ist. Das meint nicht gerade den einen oder anderen kleinen Diss, hier in Richtung Frida Gold („Alles wegen dir“) oder Cro („Deine Gang“), sondern eher ein deutliches Statement (denn eine klare Haltung kann niemals schaden) in Sachen Neue Rechte und Duckmäusertum („Schüsse in die Luft“), Gentrifizierungsspießer („Meine Stadt ist lau“) und rosabebrillte Konsensprediger („Schöner Tag“). Felix Brummer hat es immer noch nicht so mit dem Singen und schreit seinen Unmut lieber laut hinaus und irgendwie muss da auch ihr Geheimnis liegen, dass sie nach Rammstein und Marteria zum dritten ernstzunehmenden Schwergewicht des jungen und angenehm unangepassten Ostens macht.
Die sperrige, rotzige Ehrlichkeit der fünf hat immerhin dafür gesorgt, dass der Anti-Berlin wieder eine Hymne hat, dass man mit der oft so missliebig beäugten Zone nicht nur ulkige Randfichten und unbelehrbare Hinterwäldler verbindet, sondern eben auch Coolness und – oh Wunder – eine eigene, vertretbare Meinung. Die Klubtour war in nullkommanix ausverkauft, Hype auf sächsisch also (wie so schön ungläubig im Proberaumskit zu hören), dem jungen Teil des Landes, so er nicht atemlos durch die Nacht rennt, kann das nur guttun, den alten wird es nicht weiter kratzen. Erwähnt sei noch, dass auch die Liebe (auch die enttäuschte) auf dem neuen Album nicht zu kurz kommt, auch wenn es zu einem neuerlichen Knaller wie “Kein Liebeslied“ diesmal nicht gereicht hat. Aber manchmal reicht, wie man hört, auch ein olles Fahrrad, um seinen Gefühlen Auslauf zu geben. Es bleibt dabei – sie sind nicht wie die anderen Jungs, besser ist das. www.kraftklub.to
„In Schwarz“
(Universal)
Alles halb so schlimm das Ganze. Aber der Gag war es wert. Nach dem vermummten Krawalleinstieg mit „Hand in Hand“ kamen Kraftklub mit „Unsere Fans“ gewohnt schnell auf den Punkt, und zwar auf einen wunden. Sie drehten den Spieß einfach um und machten ihren Fans den Vorwurf, mit dem sich sonst die andere Seite herumschlagen muss: Ideale verraten, käuflich geworden, harmlos, lahm und ohne Biss. Schon Zeit also, sich loszusagen? Schon eine Beziehungskrise? Kannste getrost vergessen. Kraftklub sind wahrscheinlich wie ihr Anhang einfach nur zwei Jahre älter und um ein paar Erfahrungen reicher, ansonsten hat sich weder etwas zum Besseren oder Schlechteren geändert. Der Sound bleibt einfach bis eintönig und hält sich noch immer nicht für so wahnsinnig wichtig – viel wichtiger sind vielmehr ihre Pointen und die setzen die Schnodderschnauzen aus Chemnitz, der „Stadt die immer schläft“, noch mit der gleichen grimmigen Ernsthaftigkeit wie schon auf dem Debüt.
Schimpfen, wüten und ein paar Dinge klarstellen – die selbsternannte Lieblingsband (der Liebslingsband) setzt auf Bewährtes, weil vieles noch nicht, wie man so gern sagt, zu Ende erzählt ist. Das meint nicht gerade den einen oder anderen kleinen Diss, hier in Richtung Frida Gold („Alles wegen dir“) oder Cro („Deine Gang“), sondern eher ein deutliches Statement (denn eine klare Haltung kann niemals schaden) in Sachen Neue Rechte und Duckmäusertum („Schüsse in die Luft“), Gentrifizierungsspießer („Meine Stadt ist lau“) und rosabebrillte Konsensprediger („Schöner Tag“). Felix Brummer hat es immer noch nicht so mit dem Singen und schreit seinen Unmut lieber laut hinaus und irgendwie muss da auch ihr Geheimnis liegen, dass sie nach Rammstein und Marteria zum dritten ernstzunehmenden Schwergewicht des jungen und angenehm unangepassten Ostens macht.
Die sperrige, rotzige Ehrlichkeit der fünf hat immerhin dafür gesorgt, dass der Anti-Berlin wieder eine Hymne hat, dass man mit der oft so missliebig beäugten Zone nicht nur ulkige Randfichten und unbelehrbare Hinterwäldler verbindet, sondern eben auch Coolness und – oh Wunder – eine eigene, vertretbare Meinung. Die Klubtour war in nullkommanix ausverkauft, Hype auf sächsisch also (wie so schön ungläubig im Proberaumskit zu hören), dem jungen Teil des Landes, so er nicht atemlos durch die Nacht rennt, kann das nur guttun, den alten wird es nicht weiter kratzen. Erwähnt sei noch, dass auch die Liebe (auch die enttäuschte) auf dem neuen Album nicht zu kurz kommt, auch wenn es zu einem neuerlichen Knaller wie “Kein Liebeslied“ diesmal nicht gereicht hat. Aber manchmal reicht, wie man hört, auch ein olles Fahrrad, um seinen Gefühlen Auslauf zu geben. Es bleibt dabei – sie sind nicht wie die anderen Jungs, besser ist das. www.kraftklub.to
Samstag, 13. September 2014
Deaths: Erster Auszug
Neuvorstellungen, nächster Teil: Wieder Electronics, diesmal von einem Projekt aus Berlin. Deaths, so der hoffnungsfrohe Name, wollen bis Ende des Jahres eine komplette Platte mit dem Titel "Chapter One: Blame me" fertigstellen - einen ersten Song davon geben sie hier gegen Angabe einer gültigen Mailadresse schon mal zum Download frei. Zum sehr soften Klang von "Lonewolves" werden Namen wie Active Child, Darkside, SOHN, Hurts oder Deptford Goth in die Runde geworfen - stimmen irgendwie alle, mal schauen, vielleicht wird ja am Ende auch was ganz Eigenes daraus...
Jack White: He's got the look
Hey - neuer Look? Jack White trägt im Video zu "Whould You Fight For My Love?" vom Album "Lazaretto" doch tatsächlich einen trendigen Kurzhaarschnitt mitsamt Koteletten, das hat er gut hinbekommen. Die Stimmung ist natürlich, dem Songthema entsprechend, trotzdem etwas miesepetrig, den Clip gibt es via Dailymotion bei Vevo.
Freitag, 12. September 2014
Pale. Frühes Comeback
Mit Neueinsteigern war's ja in den letzten Tagen nicht so dicke, das soll sich jetzt ändern: Den Anfang macht das Londoner Duo Pale. (mit Punkt), im vergangenen Jahr mit dem Stück (plus Video) "Fearing Faces" im Gespräch. Nun legen die beiden Jungs eine neue EP mit dem etwas irreführenden Namen "Comeback" vor, die man sich bei Soundcloud sogar kostenlos herunterladen kann - klingen tut das Ganze ordentlich entspannt und natürlich ganz nach dem derzeit angesagten RnB. Der Dank für die Quelle geht im Übrigen an Turntablekitchen.
BANKS: Raumaufteilung
BANKS
„Goddess“
(Capitol/Universal)
Ganz geheimnisvolle Sache: Von BANKS war lange Zeit nicht einmal der Vorname zu bekommen (Jillian, das wissen wir jetzt), vereinzelte Songs auf den bekannten Portalen und gezieltes Namedropping von den richtigen und schon etwas bekannteren Leuten haben gereicht, sie zum „next big thing“ eines Genres auszurufen, das wie kein anderes in den letzten Jahren einem endlos ergiebigen Talenteschuppen gleicht: R’n’B. Sie tourte mit Abel Tesfaye aka. The Weeknd und Christopher Taylor, Londoner Musiker und bekannter unter dem Pseudonym SOHN, gehört zu ihren größten Protegés – viel mehr an Startkapital braucht es nicht, um nun endlich den EP’s einen ersten eigenen Longplayer folgen zu lassen. Und „Goddess“ enttäuscht nicht. Für die knapp sechzig Minuten kreiert die feingliedrige Kalifornierin einen vielschichtigen, druckvollen Synthesizersound, der zwar selten tanzbar ist, aber mit Abwechslung nicht spart.
BANKS beginnt mit ihren Songs an dem Punkt, bis zu welchem sich eine Beyoncé Knowles im äußersten vorwagt, wenn sie sich mal zu Ungewohnterem entschlossen hat, es also dunkler, schwerer klingen soll – und sie spielt sie bis zu der Kante, über welche von der anderen Seite wiederum FKA Twigs gelegentlich lugt, wenn sie nicht so widerspenstig gestimmt ist. Satte Downtempobeats, der Gesang wechselt zwischen soulig („This Is What It Feels Like“), gefühlvoll („Waiting Game”) und kräftiger Dramatik (“You Should Know Where I’m Coming From”) und befremdet nur dann, wenn er – wie im letzten Stück „Under the Table“ – ins Rockröhrige zu kippen droht.
Dabei sind Komplexität und Düsternis für die Wirkung der Stücke nicht einmal so entscheidend – es gelingen ihr durchaus auch reduzierte, leichtere Momente. „Someone New“ beschränkt sich fast ausschließlich auf die akustische Gitarre, „Warm Water“ erscheint einem tatsächlich so anschmiegsam wie warmes Wasser und auch „Stick“ und „Brain“ lassen kurz innehalten zwischen all den gewaltig aufgetürmten Bit- und Bytegebirgen. Es ist trotzdem kein Wunder, dass BANKS gerade Lauryn Hill und Fiona Apple zu zwei ihrer größten Vorbilder ausruft, Künstlerinnen also, die nicht gerade mit übertriebenem Frohsinn auffällig geworden sind. Sie selbst verarbeitet heute noch, wie sie sagt, die Trennung der Eltern in ihren Stücken: “That age was the first time that I needed something so bad like that. It’s kind of like falling in love for the first time – being really, really dark for the first time.” Wie und warum auch immer – sie tut das auch heute noch so überzeugend, dass man ihr gern dabei zuhören möchte. www.hernameisbanks.com
„Goddess“
(Capitol/Universal)
Ganz geheimnisvolle Sache: Von BANKS war lange Zeit nicht einmal der Vorname zu bekommen (Jillian, das wissen wir jetzt), vereinzelte Songs auf den bekannten Portalen und gezieltes Namedropping von den richtigen und schon etwas bekannteren Leuten haben gereicht, sie zum „next big thing“ eines Genres auszurufen, das wie kein anderes in den letzten Jahren einem endlos ergiebigen Talenteschuppen gleicht: R’n’B. Sie tourte mit Abel Tesfaye aka. The Weeknd und Christopher Taylor, Londoner Musiker und bekannter unter dem Pseudonym SOHN, gehört zu ihren größten Protegés – viel mehr an Startkapital braucht es nicht, um nun endlich den EP’s einen ersten eigenen Longplayer folgen zu lassen. Und „Goddess“ enttäuscht nicht. Für die knapp sechzig Minuten kreiert die feingliedrige Kalifornierin einen vielschichtigen, druckvollen Synthesizersound, der zwar selten tanzbar ist, aber mit Abwechslung nicht spart.
BANKS beginnt mit ihren Songs an dem Punkt, bis zu welchem sich eine Beyoncé Knowles im äußersten vorwagt, wenn sie sich mal zu Ungewohnterem entschlossen hat, es also dunkler, schwerer klingen soll – und sie spielt sie bis zu der Kante, über welche von der anderen Seite wiederum FKA Twigs gelegentlich lugt, wenn sie nicht so widerspenstig gestimmt ist. Satte Downtempobeats, der Gesang wechselt zwischen soulig („This Is What It Feels Like“), gefühlvoll („Waiting Game”) und kräftiger Dramatik (“You Should Know Where I’m Coming From”) und befremdet nur dann, wenn er – wie im letzten Stück „Under the Table“ – ins Rockröhrige zu kippen droht.
Dabei sind Komplexität und Düsternis für die Wirkung der Stücke nicht einmal so entscheidend – es gelingen ihr durchaus auch reduzierte, leichtere Momente. „Someone New“ beschränkt sich fast ausschließlich auf die akustische Gitarre, „Warm Water“ erscheint einem tatsächlich so anschmiegsam wie warmes Wasser und auch „Stick“ und „Brain“ lassen kurz innehalten zwischen all den gewaltig aufgetürmten Bit- und Bytegebirgen. Es ist trotzdem kein Wunder, dass BANKS gerade Lauryn Hill und Fiona Apple zu zwei ihrer größten Vorbilder ausruft, Künstlerinnen also, die nicht gerade mit übertriebenem Frohsinn auffällig geworden sind. Sie selbst verarbeitet heute noch, wie sie sagt, die Trennung der Eltern in ihren Stücken: “That age was the first time that I needed something so bad like that. It’s kind of like falling in love for the first time – being really, really dark for the first time.” Wie und warum auch immer – sie tut das auch heute noch so überzeugend, dass man ihr gern dabei zuhören möchte. www.hernameisbanks.com
Donnerstag, 11. September 2014
Anna Calvi: Doppelt glücklich
Das ist entweder eine WinWin oder nur eine Win-Situation, abhängig davon, ob Morrissey seine Deutschlandkonzerte im Herbst tatsächlich spielen wird: Als Support ist nämlich für Berlin (23.11.) und Essen (24.11.) die wunderbare und gerade erst für den Mercury-Prize nominierte Anna Calvi vorgesehen. Verlieren kann man also gar nicht, im besten Falle gibt es Anlass zu doppelter Freude.
Arca: Heraus mit Talent [Update]
Was da so metallen und geheimnisvoll aus den Boxen wummert, stammt von dem jungen venezolanischen Künstler Alejamdro Ghersi, bekannter unter seinem Künstlernamen Arca. Nach einer Reihe von EPs hat der junge Mann sein beachtliches Talent sowohl für FKA Twigs' "EP1" und Kanye West' "Yeezus" beigesteuert - für sein erstes Album mit dem Titel "Xen" hat er nun bei Mute Records unterschrieben und wird dieses dort Ende September veröffentlichen - besagtes "Thievery" ist einer von fünfzehn Tracks davon.
Update: Tausche 'Official Audio' gegen 'Official Video'.
Update: Tausche 'Official Audio' gegen 'Official Video'.
SBTRKT: Nimm zwei
Über das neue Album von Elektroniker SBTRKT haben wir hier ja schon berichtet - Anfang Oktober soll "Wonder Where We Land" erscheinen. Auf der Gästeliste standen ja auch da schon Emily Kokal von Warpaint und ASAP Ferg, beide Tracks kann man sich nun vorab anhören.
Mittwoch, 10. September 2014
Cold Specks vs. Nick Cave: Zwangsläufig
Irgendwie hätte man auch selber drauf kommen können: Cold Specks und Nick Cave liegen sich musikalisch so nahe, dass ein Cover fast die logische Folge sein muss. So nimmt sich also die Kanadierin einen Song des Australiers - und zwar "We Know Who U R" vom wunderbaren Album "Push The Sky Away" und singt ihn selbst, anhören läßt sich das exklusiv bei Clash.
Bye bye, Clickwheel!
Die zweite schlechte Nachricht des gestrigen Tages kam im Übrigen auch aus Cupertino: Nach dem neuen Album von U2 sickerte recht schnell durch, dass Apple nicht daran denkt, seinen iPod Classic im Produkt-Portfolio zu behalten. Problemlose bespielbare Musikbox für überall und unterwegs adé, bye bye Clickwheel, ab jetzt soll alle Welt gefälligst an der Wolke hören. Ganz besonders dumme Idee - findet nicht nur Mapambulo...
Jens Friebe: Einladung in die Waschanlage
Wer schon mal vorhören durfte, der weiß, dass die neue Platte von Jens Friebe eine gute geworden ist. Zumindest den Titeltrack des Albums "Nackte Angst zieh dich an wir gehn aus", das am 19. September ins Regal kommt, darf man sich nun schon einmal anschauen - Achtung: Kategorie Romantisches Waschanlagenvideo.
Dienstag, 9. September 2014
U2: The World Won't Listen
Wo wir's gerade von bräsig hatten: War doch klar, dass U2 nicht weit sein konnten, wenn Apple eine bunte Armbanduhr und ein paar aufgeblasene iPhones in Cupertino präsentiert und alle Welt wie bekloppt vor den Tickern sitzt, um den ersten Schnitt abzubekommen. Gesungen haben sie dann auch noch (also Bono und Konsorten) und danach bekanntgegeben, dass ihr Album "Songs Of Innocence" (huhh, Nackenhaarkräuseln meets Fremdschämen) ab sofort in der iWolke geparkt wird. Erste Kommentare ließen natürlich nicht lange auf sich warten - Geoff Barrow, quasi Tontechniker von Portishead, schrieb via Twitter: "If U2 were given a broken drum machine and 2 string gtr and a cassette 4 track I might have a quick listen but...." und "Did Bono record vocals on the iwatch cos it sound like there recorded
groin height moving closer then further away in a rhythmical motion." Nun, es werden wohl nicht die letzten gewesen sein.
Julian Casablancas: Der Oasis-Effekt
Sollte mit dem Jungen wohl das Gleiche passieren wie mit den Gebrüdern Gallagher? Deren Band (wer sich noch erinnert: Oasis) war über die Jahre einfallslos und bräsig geworden, also stritten sie sich fleißig und versuchten es fortan auf getrennten Wegen und siehe resp. höre da - es klappte wieder mit den guten Songs. Geschwister, mit denen sich Julian Casablancas streiten könnte, gibt es keine, aber auch The Strokes haben sich in der letzten Zeit nicht mit Ruhm bekleckert. Doch solo blieb der New Yorker bislang nichts schuldig - "Phrazes For The Young" (2009) war wundervoll und auch sein letzter Gastauftritt bei Daft Punk ließ aufmerken. Nun hat er zusammen mit seiner Kapelle The Voidz die nächste Eigenleistung angekündigt, "Tyranny" soll Mitte Dezember auf seinem eigenen Label Cult Records erscheinen und nach dem Elfminüter "Human Sadness" kommt hier der zweite Leak "Where No Eagles Fly" samt Video.
Perfume Genius: Kampf den Dämonen
Die erste Single eine Offenbarung und auch die zweite ist nicht ohne: Perfume Genius läßt dem Song "Queen" den nächsten folgen - im Video zu "Grid" kämpft er mit Dämonen und Versuchungen und es hört sich wieder blendend an. Das Album "Too Bright" erscheint Mitte September bei Matador.
Montag, 8. September 2014
Iceage: Dänische Chamäleons
Erst Rock'n Roll, dann Post Punk: Die dänischen Iceage hatten sich ja schon für den ersten Song ihres neuen Albums "Plowing Into The Field Of Love", das Anfang Oktober erscheinen soll, eine Überraschung einfallen lassen - der lässige Swing von "The Lord's Favorite" klang so ganz anders als der punkige Sound auf ihren beiden ersten Platten. Nun kommen sie mit "Forever" als Reinkarnation des jungen Nick Cave daher und machen das nicht gar mal so schlecht. Wer die Jungs live erleben möchte, hat dazu im November Gelegenheit - das Video zum neuen Stück gibt's bei Clipfish.
22.11. Hamburg, Uebel und Gefährlich
23.11. Trier, Exhaus
24.11. Berlin, Berghain Kantine
25.11. Esslingen, Komma
26.11. Wien, Arena
27.11. München, Strom
28.11. Zürich, Kinski
22.11. Hamburg, Uebel und Gefährlich
23.11. Trier, Exhaus
24.11. Berlin, Berghain Kantine
25.11. Esslingen, Komma
26.11. Wien, Arena
27.11. München, Strom
28.11. Zürich, Kinski
Donnerstag, 4. September 2014
Blonde Redhead: Mit weniger mehr
Blonde Redhead
„Barragán“
(4AD)
Über zwanzig Jahre musiziert Kazu Makino nun schon mit den Brüdern Simone und Amadeo Pace. Zu behaupten, sie hätten dies nahezu unbeobachtet getan, wäre übertrieben, aber ihre Anhängerschaft ist überschaubar – wie immer, wenn man eine Nische bespielt und ehrenwerter Weise für sich beschlossen hat, diese für großes Geld und noch größere Hallen nicht zu verlassen. Über ihrer steht im Übrigen in großen Buchstaben ‚Dreampop‘ geschrieben – was auch immer das heißen mag – und man kann Blonde Redhead hoch anrechnen, das sie diesen eigenartigen Begriff über die Jahre sehr weit gedehnt haben. Die letzten zwei, drei Alben wandelten beispielsweise zwischen bittersüßen Tagträumereien (insofern doch ein Genrebezug) und schwer melancholischem Klagegesang, verführerisches Moll, feingewebte Gitarren und Makinos mal feen-, mal sirenenhafte Stimme bestimmten das Bild.
Für das Verständnis des nun folgenden „Barragán“ ist es hilfreich, auch die Arbeit der Band an weniger bekannten Projekten zu erwähnen: Neben der Initiation der Erdbeben-Benefizplatte „We Are The Works In Progress“ haben Blonde Redhead auch die Soundtracks zu zwei Filmdokumentationen geschrieben – zum einen für Keven McAlester’s „The Dungeon Masters“ und später zu Brendt Barburs Film „The Commentator“, Computerspiele und Radklassiker, beides keine Themen, hinter denen man eine Indiepopband vermuten würde. Die Liebe zu konzeptionellen Scores läßt sich nun auf dem vorliegenden Album deutlich heraushören. Denn wie keine ihrer Platten zuvor ist diese hier wie die Klangkulisse zu einem fiktiven Drama angelegt.
Wer die Filme von Pedro Almodovar kennt und liebt, der wird zwischen ihnen und der Musik von „Barragán“ einige (unfreiwillige?) Parallelen erkennen können. Auch hier kippen die Stimmungen ineinander über, wechseln von beschwingt und lebendig über träge und schwermütig zum großen, gern auch theatralischen Gefühlsausbruch. Begleitet von einer Alltagsgeräuschkulisse gibt also es nach zarter Einstimmung die verzaubernden Töne der „Lady M“, gefolgt von federleichten Takten und herrlich schiefen 80er Synths („Dripping“) und den lässigen Hooks zum fettem Bass der „Cat On Tin Roof“. Richtiggehend südländisch dann „The One I Love“, das selbst gleich mehreren Richtungen folgen will. Und weil diese großartige Platte neben vielen Abwechslungen und Gegensätzen auch Herzstücke braucht und hat, kommen mit „No More Honey“, „Mind To Be Had“ und „Defeatist Anthem“ – zusammen knappe zwanzig Minuten lang – gleich drei Songs am Stück, die sich auf angenehme Weise dem verspielten Psychrockblues von Warpaint nähern.
Sie machen das so ähnlich, aber auf ihre Art deutlich puristischer und genau dies ist einer der wichtigsten Wesenszüge des Albums: Blonde Redhead haben für „Barragán“ gelernt, mit weniger mehr zu machen, haben die Anzahl der Instrumente und Schichten für den neuen Sound merklich zurückgenommen und erzielen dennoch eine vergleichbar beeindruckende Wirkung wie auf den vorangegangenen Werken. Ob nun Akustikgitarre, Flöte oder sogar eine Maultrommel, programmiertes Geplucker, die Riffs einschmeichelnd melodiös oder laut und schräg, es wird nichts übertrieben und immer mit Bedacht kombiniert und so ist der Gesamteindruck ein guter und bleibender. Und jetzt, wo das erste Halbjahr schon gedanklich gewogen ist, darf man sich schon mal zur Ansage versteigen: Top Twenty 2014, mindestens. www.blonde-redhead.com
16.09. Köln, Gebäude 9
17.09. Berlin, Frannz Club
04.10. (CH) Freiburg, Fri-Son
05.10. (CH) Luzern, Schüür
„Barragán“
(4AD)
Über zwanzig Jahre musiziert Kazu Makino nun schon mit den Brüdern Simone und Amadeo Pace. Zu behaupten, sie hätten dies nahezu unbeobachtet getan, wäre übertrieben, aber ihre Anhängerschaft ist überschaubar – wie immer, wenn man eine Nische bespielt und ehrenwerter Weise für sich beschlossen hat, diese für großes Geld und noch größere Hallen nicht zu verlassen. Über ihrer steht im Übrigen in großen Buchstaben ‚Dreampop‘ geschrieben – was auch immer das heißen mag – und man kann Blonde Redhead hoch anrechnen, das sie diesen eigenartigen Begriff über die Jahre sehr weit gedehnt haben. Die letzten zwei, drei Alben wandelten beispielsweise zwischen bittersüßen Tagträumereien (insofern doch ein Genrebezug) und schwer melancholischem Klagegesang, verführerisches Moll, feingewebte Gitarren und Makinos mal feen-, mal sirenenhafte Stimme bestimmten das Bild.
Für das Verständnis des nun folgenden „Barragán“ ist es hilfreich, auch die Arbeit der Band an weniger bekannten Projekten zu erwähnen: Neben der Initiation der Erdbeben-Benefizplatte „We Are The Works In Progress“ haben Blonde Redhead auch die Soundtracks zu zwei Filmdokumentationen geschrieben – zum einen für Keven McAlester’s „The Dungeon Masters“ und später zu Brendt Barburs Film „The Commentator“, Computerspiele und Radklassiker, beides keine Themen, hinter denen man eine Indiepopband vermuten würde. Die Liebe zu konzeptionellen Scores läßt sich nun auf dem vorliegenden Album deutlich heraushören. Denn wie keine ihrer Platten zuvor ist diese hier wie die Klangkulisse zu einem fiktiven Drama angelegt.
Wer die Filme von Pedro Almodovar kennt und liebt, der wird zwischen ihnen und der Musik von „Barragán“ einige (unfreiwillige?) Parallelen erkennen können. Auch hier kippen die Stimmungen ineinander über, wechseln von beschwingt und lebendig über träge und schwermütig zum großen, gern auch theatralischen Gefühlsausbruch. Begleitet von einer Alltagsgeräuschkulisse gibt also es nach zarter Einstimmung die verzaubernden Töne der „Lady M“, gefolgt von federleichten Takten und herrlich schiefen 80er Synths („Dripping“) und den lässigen Hooks zum fettem Bass der „Cat On Tin Roof“. Richtiggehend südländisch dann „The One I Love“, das selbst gleich mehreren Richtungen folgen will. Und weil diese großartige Platte neben vielen Abwechslungen und Gegensätzen auch Herzstücke braucht und hat, kommen mit „No More Honey“, „Mind To Be Had“ und „Defeatist Anthem“ – zusammen knappe zwanzig Minuten lang – gleich drei Songs am Stück, die sich auf angenehme Weise dem verspielten Psychrockblues von Warpaint nähern.
Sie machen das so ähnlich, aber auf ihre Art deutlich puristischer und genau dies ist einer der wichtigsten Wesenszüge des Albums: Blonde Redhead haben für „Barragán“ gelernt, mit weniger mehr zu machen, haben die Anzahl der Instrumente und Schichten für den neuen Sound merklich zurückgenommen und erzielen dennoch eine vergleichbar beeindruckende Wirkung wie auf den vorangegangenen Werken. Ob nun Akustikgitarre, Flöte oder sogar eine Maultrommel, programmiertes Geplucker, die Riffs einschmeichelnd melodiös oder laut und schräg, es wird nichts übertrieben und immer mit Bedacht kombiniert und so ist der Gesamteindruck ein guter und bleibender. Und jetzt, wo das erste Halbjahr schon gedanklich gewogen ist, darf man sich schon mal zur Ansage versteigen: Top Twenty 2014, mindestens. www.blonde-redhead.com
16.09. Köln, Gebäude 9
17.09. Berlin, Frannz Club
04.10. (CH) Freiburg, Fri-Son
05.10. (CH) Luzern, Schüür
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