Alt-J
„This Is All Yours“
(Pias)
Man hätte schon gern gewusst, ob die Jungs von Alt-J während der Arbeiten an ihrer zweiten Platte das himmelhoch gelobte Debüt „An Awesome Wave“ nicht ab und zu leise zum Teufel gewünscht haben. Ausgezeichnet mit einem der renomiertesten Musikawards, dem Mercury-Prize, und zu Frühvollendeten geadelt, könnte es durchaus sein, dass die Band aus Leeds das überschwängliche Lob im Nachhinein eher als Fluch denn als Segen empfunden hat, die Hypothek, diesem Meilenstein etwas Gleichwertiges, ähnlich Geniales folgen zu lassen, erschien übermächtig. Nimmt man nun aber das Ergebnis zur Hand, dann haben Joe Newman, Thom Green und Gus Unger-Hamilton nach dem Abgang ihres Bassisten dem großen Erwartungsdruck bestens standhalten können – sie sind noch immer und auch mit diesem zweiten Album die begabtesten Flickschuster auf der Insel.
Einen genauen Stil aus diesem überbordenden Soundpatchwork zu benennen scheint schlicht unmöglich, Elektrofolk ist es, Soul hat es, rocken tut es und wer sich aufmerksam durch den kompletten Liederzyklus hört, wird dazu noch Blues, Brass und ein paar mittelalterliche Töne entdecken und zwar so, dass es nicht überfordert, sondern fasziniert. Was auf den ersten Blick wie eine märchenhafte Klammer für den Mittelteil anmutet (Nara – Narnia, mmh…?), entpuppt sich nach einiger Sucherei als eigenwilliges Sinnbild für Vollkommenheit und Urvertrauen – mit Nara ist offenbar ein Landstrich in Japan gemeint, auf welchem sich Unmengen von Hirschen in freier Wildbahn tummeln, die einen angstfreien und ungestörten Umgang mit den Einwohnern der Gegend pflegen.
Dazwischen großartige Songs: „Every Other Freckle“ mit Flötentönen, Kopfstimmenchorus und den markanten, trippigen Beats, „Left Hand Free“ danach als knochentrockender Psychrock-Stomp, komplett gegensätzlich, perfekt gelungen. Dem zarten „Choice Kingdom“ folgt die Vorauskopplung „Hunger Of The Pine“, ein grandioser, chamäleonhafter Stilmix, dem selbst ein gelooptes Sample von Miley Cyrus nichts anhaben kann. Am schönsten ist vielleicht „The Gospel Of John Hurt“ geraten, feinster „Tessellate“-Wiedergänger und mit einem Facettenreichtum versehen, der bei manchem Künstler für ein ganzes Album herhalten muss. Trotz allem Wohlgefallen machen Alt-J noch immer keine gefällige Musik für Jedermann, etwas Zeit und Mühe sind schon erforderlich, um sich in den mal funkelnden, mal grell leuchtenden Kosmos der drei hineinzuhören – ohne Zweifel ein lohnendes Unterfangen. http://www.altjband.com/
07.02. Offenbach, Stadthalle
08.02. Köln, Palladium
09.02. Hamburg, Docks
11.02. Berlin, Columbiahalle
13.02. Winterthur, Eishalle
16.02. Wien, Gasometer
17.02. München, Zenith
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