Freitag, 22. Januar 2010

Gehört_94



Get Well Soon “Vexations” (City Slang)
Der Kritiker Karl Bruckmaier, an dieser Stelle schon desöfteren zitiert, hat die liebenswerte und höchst respektable Eigenschaft, seine Meinung über die tatsächlichen und vermeintlichen Größen im Pop- und Rockbusiness in kleine, scharfzüngige und zuweilen recht sarkastische Sätze zu zwingen und so nach kaiserlichem Gestus den Daumen über dem jeweiligen Werk zu heben oder zu senken. Davon abgesehen, dass er in dieser Funktion eigentlich Personenschutz beantragen müßte, um sich vor Farbbeutelattacken der Geschmähten zu schützen, abgesehen auch davon, dass ihm manch einer wegen seines Jahrgang (56) jedwedes Urteilsvermögen absprechen wird, abgesehen auch davon, dass ich selbst bei einigen seiner Urteile innerlich so manchen Strauß mit ihm ausgefochten habe – abgesehen davon also hat er bei „Vexations“ punktgenau getroffen: „Mit dem Lachen über diese Platte werde ich in Jahren noch nicht fertig sein.“ Rumms, das hat gesessen. Das kann man, kein Zweifel, differenzierter darstellen. Muß man aber nicht. Jedes Lied auf dem Album schreit Ambition, schreit Bedeutung, Kopfkunst. Sartre, Herzog, Darvin, drunter geht’s nicht, dazu Harfen, Streicher, Chöre und das ganze Posaunenensemble aus Jericho, alles dabei. Doch irgendwie bleibt der Großteil der Songs seltsam zäh und uninspiriert, es plätschert trotz fetter Instrumentierung so dahin. „Senecas Silence“ und „We Are Free“ haben ja noch halbwegs Schmackes, aber schon der „Red Nose Day“ dümpelt mit allerlei gerauntem Gewisper dahin, auch „5 Steps/7 Swords“ macht es als Trauermarsch nicht eben besser. Danach passiert eine große (Lange)Weile nicht viel, beschauliche Soundskizzen, Klangakrobatik – erst der „Angry Young Man“ holt die Platte kurz vor Schluß aus der Agonie – endlich, möchte man meinen, kommt der Junge mal in die Puschen. Hat sich dann aber wieder, für das „Römische Reich“ wird noch mal kräftig Schwermut aufgesattelt. Es ist ja nicht so, dass er es nicht könnte, der Konstantin Gropper, aber mir scheint, dass das Debütalbum deutlich stringenter, kraftvoller war und so auch musikalisch mit der textlichen Ambition mitzuhalten vermochte, Spannungsbögen setzte, ohne allzuviel aufgesetztes Brimborium auskam. „Vexations“ ist davon leider weit entfernt, da wäre weniger deutlich mehr gewesen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

So viel jünger bist du jetzt auch nicht
KB