Mittwoch, 20. Januar 2010

Gehört_92



Hot Chip „One Life Stand“ (EMI)
Einer jeden anderen Band würde solch ein Album wahrscheinlich wahlweise um die Ohren gehauen oder in der Luft zerrissen werden – nicht so bei Hot Chip. Spätestens seit ihrem furiosen „Made In The Dark“ aus dem Jahr 2008 sind die Londoner nämlich das, was man gemeinhin als Kritikerlieblinge bezeichnet und als solche können sie auch auf dem aktuellen Album mutmaßlich ohne größeren Ärger alles durch den Referenzwolf drehen, was in den 80ern Rang und Namen hatte. Sie dürfen das auch deshalb, weil sie in der Brange nach wie vor weniger als Band, sondern eher als begnadete Remixer wahrgenommen werden, bei denen die konsequente Verwurstung sämtlicher Stilrichtungen quasi zum Handwerkszeug zählt. Noch dazu machen sie ihre Sache, das läßt sich vorwegschicken, auch auf dem heiß erwarteten „One Life Stand“ mehr als großartig, zumal sie klug und geschickt genug sind, sich nicht auf das bloße Plagiat zu beschränken, sondern immer auf kunstvolle Veredelung, Verfeinerung und Verfremdung aus sind. So springen einem zwar beim Eröffnungsstück „Thieves In The Night“ Arm in Arm Kraftwerk und Visage entgegen, werden aber gleich von einer recht brazzigen Gitarrenspur zurechtgerückt. Hot Chip schaffen das, was Zoot Woman im letzten Jahr nur ansatzweise gelungen ist – sie verlegen sich nicht nur auf schlichtes Wummern, sondern können jeden ihrer zumeist wieder sehr tanzbaren Tracks mit eigener unverwechselbarer Charakteristik versehen. „Hand Me Down Your Love“ und „I Feel Better“ dürften für den Dancefloor bestens funktionieren, beim Titelsong selbst wie auch beim Schlußstück „Take It In“ sollte das Herz eines jeden Depeche-Mode-Fans deutlich an Frequenz zulegen, ist die Instrumentierung hier doch gekonnt an deren stilbildende Alben „Construction Time Again“ und „Some Great Reward“ angelehnt – wohliges Schauern garantiert. Bei „Slush“ gönnt man sich dann die wohlverdiente Ruhepause, an den Titel wird sich mancher auch erst gewöhnen müssen – für meinen Geschmack wurde hier die verträgliche Dosis Enya und „Unchained Melody“ leicht überzogen, was soll’s. Der Rest gelingt dann wieder traumwandlerisch sicher und bestechend leichtfüßig: ein smoothes „Alley Cats“, mit „We Have Love“ kommen Bronski Beat zu willkommener Erinnerung, bei „Keep Quiet“ sind es dann die Schweizer Double, die sich einem aufdrängen. Es wird manchen geben, der das Vertrackte vom Vorgänger vermißt, dem die Songs in der Summe zu glatt geraten sind. Ansichtssache. Sicher ist jedenfalls, dass man mit dem Kauf dieser Platte schon mal einen ganz dicken Anwärter auf den Spitzenreiter bei den Jahrescharts 2010 im Regal stehen hat.

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