Samstag, 9. Januar 2010

Gehört_86



The Jeffrey Lee Pierce Session Project “We Are Only Riders” (Glitterhouse)
Der plötzliche Tod von Jeffrey Lee Pierce 1996 ist an Tragik in der jüngeren Geschichte eigentlich nur mit dem Selbsttod Kurt Cobains zwei Jahre zuvor vergleichbar – auch er war mit einem gewaltigen kreativen Potential gesegnet und trotz allem zu oft ein Unverstandener, eingeschlossen mit dem eigenen Genie im Gedankenwirrwar, pendelnd zwischen Anerkennung, Ruhm und bodenloser, alptraumhafter Leere. Und auch sein Tod evozierte die immer gleiche Frage nach dem, was noch hätte alles Großes kommen können, wenn er doch nur … - egoistisches Geschrei sicher, unnütz, doch nur allzu menschlich. Eine illustre Schar von Weggefährten, Verehrern, Freunden hat jetzt auf „We Are Only Riders“ versucht, neben bekannteren Stücken einige von Pierce’ unvollendeten Songskizzen weiterzuspinnen, neu zu interpretieren und so ein wenig von seinem verschrobenen Geist wiederaufleben zu lassen. Die Besetzung des Jeffrey Lee Pierce Session Project liest sich wie das Who Is Who der altehrwürdigen Postpunk- und Indieszene: Nick Cave, Lydia Lunch, Mark Lanegan, Debbie Harry, David Eugene Edwards und Mick Harvey. Die Songs sind teilweise mehrmals vertreten – „Ramblin’ Mind“ erscheint wie zwei andere gleich drei Mal – in einer düster trägen Westernversion von Nick Cave, deutlich beschwingter vom Ex-16 Horsepower-Frontmann David Eugene Edwards und gänzlich „laid back“ von Cypress Grove. Pierce’ höchsteigenes Idol, Debbie Harry singt mit fast gläserner, brüchiger Stimme einen der späteren Songs des Gun Club „Lucky Jim“ – anrührend; noch jenseitiger das knorrig knarzende Raunen von Lydia Lunch bei „Cadillac“ und „St. Marks Place“. Gewohnt überzeugend und fast ein klein wenig zu glatt dann Mark Lanegan, solo mit „Constant Waiting“ und zusammen mit seiner Allzeitpartnerin Isobell Campbell bei „Free To Walk“. Mit elegantem Schwung dagegen Mick Harvey’s „The Snow Country“, überraschend schräg und etwas freaky dann Johnny Dowds „Constant Waiting“ – ein krasser Gegenpart zur eher konventionellen Countryversion der Sadies. Dass die Raveonettes auch mit von der Partie sind, kann man verschmerzen, auch weil von den alten Heroen eigentlich keiner ernstlich danebenlangt – Pierce wird, so er das ganze Spektakel auf Gods Own Stereoanlage anhören darf, jedenfalls eine ganze Menge Spaß haben da oben.

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