Massive Attack “Heligoland” (EMI)
Der Maßstab dieser Band war ja bekanntlich seltener der Tanzboden, sondern eher die sparsam beleuchtete, verruchte Nachtbar, natürlich Afterhour. Für diesen Ort waren die bisherigen Platten größtenteils gemacht und genau dort haben sie auch bestens funktioniert. Für die Clubs taugten sie nur bis jetzt nur bedingt, könnte sein, dass sich das mit der neuen Platte „Heligoland“ ganz schnell ändert. Bei genauerer Betrachtung ist sie ja ganz so neu nicht mehr, immerhin kommen drei Songs von der 2009 veröffentlichten EP „Splitting The Atom“ – das erdige „Pray For Rain“ mit Tunde Adebimpe von TV On The Radio, ein nach wie vor berückendes „Psyche“ mit Ex-Tricky-Chanteuse Martina Topley Bird und der damalige Titeltrack als unterkühlter Schwof mit Grabesstimme. Das hinzugefügte Material kann sich durchaus sehen und hören lassen: „Babel“, wiederum mit Topley Bird, entpuppt sich als erste Ausnahme im bisherigen Kanon, angedeutete Breakbeats weisen hier deutlich in Richtung Clubhit. Bei „Girl I Love You“ wird’s dann kurz mal düster und bedrohlich – alte Schule, „Maxinquaye“ winkt über die Schulter. Das zu Beginn recht zerrissen wirkende „Flat On The Blade“ mit Elbows Guy Garvey entwickelt sich mit allem Pfiepen und Pluckern zu einem echten Höhepunkt mit fast mystischer Dimension, der Song als Sog – großartig. Von gleicher Qualität ist ebenfalls das Stück „Paradise Circus“ mit Hope Sandoval, eine sehr entspannte Nummer; Handclaps und Streicherchöre inklusive. Deutlich beschleunigt zeigt sich dann auch „Rush Minute“ mit feinen Gitarrenloops, während für Damon Albarn ein nicht minder bestechendes „Saturday Come Slow“ gefunden wurde. „Atlas Air“ zum Schluß gibt in fast acht Minuten noch einmal alles, was unter den Topics Triphop und Bristol subsummiert werden kann: lässige Beats, Soundwände satt und rauchige Vocals. Ein eindrucksvolles Album ohne erkennbare Schwachstellen, gelungene Rückkehr, Wiedergeburt, was immer nach Durchhängern und BestOf-Gedöns. Massive Attack stehen wieder am Pult und geben den Ton an – gute Nachrichten für die Freunde der Nacht.
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