Dienstag, 17. April 2018

Bryde: Der richtige Weg

Bryde
„Like An Island“

(Seahorse Music)

Eine überstrapazierte Binse lautet, daß jeder und jede seine Bestimmung im Leben findet, nur die Wege dahin können manchmal ziemlich verworren und schwer nachvollziehbar sein. Selbiges gilt wohl auch für die Waliserin Sarah Howells. Gut möglich, daß sich jetzt nicht wenige an diesen Namen erinnern, ebenso gut möglich, daß die Hinweise aus völlig verschiedenen Lagern kommen. Denn Howells kann auf eine ziemlich bunte Künstervita verweisen: Einerseits hat sie zusammen mit Richard Llewellyn bei den Paper Aeroplanes einige hübsche Folkpop-Alben eingespielt, desweiteren hat sie mit ihrer Stimme mehrere Trance-Techno-Stücke gefeatured. Soweit dazu. Nun will man ihrem früheren Werk nicht zu nahe treten, aber man würde sich und natürlich auch ihr doch sehr wünschen, daß sie mit dem neuerlichen Kurswechsel unter dem Pseudonym Bryde ihre Bestimmung gefunden hat. Nicht deshalb, weil man des Folgens müde wäre, sondern weil die Musik, die Howells jetzt macht, die bislang reifste, spannendste und anspruchsvollste ihrer Karriere ist.



Die vorliegende Platte, man darf sie wohl als Solodebüt bezeichnen, gibt sich deutlich härter und leidenschaftlicher als die gemeinschaftlichen Vorwerke, und was sich in diversen EP und Singleveröffentlichungen der letzten Monate andeutete, findet auf „Like An Island“ sein gutes Ende. Grunge-Gitarre rules, ab und an fallen Namen wie Patti Smith, Feist oder Cat Power – ob diese Vergleiche nun überzogen oder berechtigt sind, steht auf einem anderen Blatt, Sound und Wandlungsfähigkeit jedenfalls überzeugen schon mal. Auch wenn Bryde mit „Euphoria“ noch etwas behutsam startet, die folgenden Stücke „Less“, „Flesh, Blood And Love“ und „Peace“ zählen zweifellos zu den Höhepunkten von Howells‘ Songwriting, ebenso wie die Balladen „To Be Brave“ und „Transparent“. Für den neuen Klang der Songs nicht ganz unerheblich war sicher die Zusammenarbeit mit Catherine Marks und Mandy Parnell, die auch schon für Wolf Alice, PJ Harvey, Brian Eno und Björk gemischt und produziert haben.

Eine Pointe hat uns Howells dann aber doch noch genommen. Denn es gibt tatsächlich eine ziemlich winzige Insel namens Bryde, gelegen im Gletschergebiet des antarktischen Grahamlandes. Doch auch wenn das zum Titel und zu den Lyrics ihrer Lieder ganz gut passen würde, so bezieht sich das Pseudonym, wie man liest, wohl doch auf die dänische Bedeutung dieses Wortes und die meint damit schlicht Unterbrechung oder Pause. Neben der Arbeit am eigenen Projekt unterstützt Sarah Howells im Übrigen auch andere Frauen mit ihrem selbstgegründeten Label: “Initially I wanted to elevate the profiles of the musicians around me. There are a lot of women rising to the top, but there’s still a lack of opportunities for them to work in the music industry. I thought a way to tackle that would be to start a label; to become someone in the music industry to create that change, rather than expecting other people to do it for me”, sagte sie kürzlich dem Online-Portal NARC. Wenn wir also schon bei Binsen sind – „Selbst ist die Frau“ paßt selten so gut wie hier – sie scheint ihre Pause höchst schöpferisch genutzt zu haben.

08.05.  Hamburg, Astra Stube
09.05.  Berlin, Kantine Berghain
10.05.  Köln, Yuca Club
12.05.  Zürich, EXIL
13.05.  Wien, B72

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