Sonntag, 27. Januar 2013

Herz ist Trumpf

Local Natives 
„Hummingbird“
(PIAS)

Wird 2013 das Jahr der Weicheier und Warmduscher? Hoppla, ganz so hart sollten wir es nun vielleicht  nicht formulieren, aber nachdem sich selbst Tocotronic im Song „Neue Zonen“ als „Plüschophile“ und „Soft Boys“ outen und die Tour der – laut landläufiger Kritikermeinung – zu harmlosen Zuckerjungen verkommenen Mumford And Sons schon landauf, landab Monate vorher ausverkauft ist, hat man unweigerlich den Eindruck, den Leisetretern um Midlake und die Fleet Foxes könnten in diesem Jahr noch einige mehr folgen. Oder, um den abgegessenen Spruch mal wieder zu bemühen: Wieder einmal ist leise das neue laut. Grizzly Bear und die Villagers haben mit dem zarten Electrofolk begonnen, nun legen die Local Natives aus L.A. mit ihrer zweiten Platte nach.

Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass sie deren Standard so ganz nicht halten können, auch wenn „Hummingbird“ beileibe kein schlechtes Album geworden ist. Das Quartett um Sänger Taylor Rice weiß sehr wohl, wie Gefühl und Melancholie zu buchstabieren sind, für die Dauer der ersten drei, vier Songs will man ihnen auch gern widerstandlos folgen und den Kopf zu verträumten Melodien wiegen. Gerade „Heavy Feet“, die zweite Single der vier, ist ein grandioses Stück Folkpop und auch die nervösen Pianoanschläge bei „Black Spot“ tun ihre Wirkung. Leider aber verpassen sie es, diese herzschmerzende Grundstimmung über die Dauer der elf Songs auch einmal zu brechen, fügen sie ihnen – anders als die beiden letztgenannten Bands – kein überraschendes Moment hinzu.

Jedes der Stücke mag für sich allein wunderbar funktionieren, so manchem Soundtrack und Sampler werden sie prächtig zu Gesicht stehen, aber in der Summe verbraucht sich die anrührende Gefühligkeit leider etwas und so reiht sich selbst „Breakers“ nach spannendem Beginn – endlich mal etwas Leben in der Bude! – in die Reihe der getragenen, süßlichen Breitwandlandschaften ein. Bei „Black Balloons“ wagt sich mal eine straightere Gitarre nach vorn, bei „Mt. Washington“ verbleibt selbige leider nur als Textur im Hintergrund.

Vom Kolibri, welcher dem Album seinen Namen gab und der bei „Colombia“ aus dramaturgischen Gründen das Zeitliche segnen muss („A hummingbird crashed right in front of me and I understood all you did for us…“), liest man, dass er ein im Verhältnis zu seinem Körper überdimensioniertes Herz besitzt, die Wahl des Titelhelden kann also durchaus als Erklärung für den Mangel an Abwechslung herhalten. Wenn man jetzt noch weiß, dass das Debüt der Local Natives „Gorilla Manor“ noch deutlich lebendiger klang und sich selbst neben den Werken von Vampire Weekend nicht verstecken musste, so darf man doch immer noch hoffen, dass nach dem „down“ auch wieder ein „up“ folgen wird – sie haben einfach zu viel Potential für einen verfrühten Abgesang. http://www.thelocalnatives.com/

16.02.  Köln, Studio 672
25.02.  Berlin, Comet Club
26.02.  München, Atomic Cafe
01.03.  Zürich, Rote Farbrik

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