Mittwoch, 6. Februar 2019

Hajk: Melancholie mit Konzept

Hajk
„Drama“
(Jansen Records)

Um die Jahrtausendwende kam Mary J Blige mit ihrem Song und Albumtitel „No More Drama“ groß ins Geschäft, ein paar Jahre später sorgte Model-Scout Bruce Darnell mit seinem Spruch „Drama, Baby!“ zunächst für Quote bei der Zielgruppe und später noch für ein paar Leser seines gleichlautenden Ratgeberbändchens, übrigens versehen mit dem sinnigen Untertitel „Wie Sie werden, was Sie sind“. Beide Bezüge allerdings sind einigermaßen irreführend, denn aufregend oder gar reißerisch ist an diesem Wort ursprünglich erst einmal gar nichts. Das nämlich stammt aus dem Griechischen und bedeutet eigentlich nur „Handlung“, weiterführend dann als Text mit verteilten Rollen. Überall da, wo wir also mit einem Gegenüber, ob männlich, weiblich oder divers, interagieren, sind wir demnach dramatisch. Und das meint eben nicht überzogen emotional, aufgedreht oder niedergeschlagen, sondern: handelnd.

Natürlich meint auch der Name des zweiten Albums der norwegischen Band Hajk nicht nur das schnöde Hin und Her, sondern schon auch das ganze Spektrum, die komplette Berg- und Talbahn zwischenmenschlicher Beziehungsarbeit. Als sie vor zwei Jahren mit ihrem gleichnamigen Debütalbum begannen, klangen sie noch eine Spur beschwingter und galten schon damals als ernstzunehmende Alternative zum Pop der französischen Formation Phoenix, die sich just zu diesem Zeitpunkt in der Beliebigkeit von „Ti Amo“ endgültig verzettelte. Nun aber scheint es, als sei die Leichtigkeit etwas abhanden gekommen, denn über den gefälligen, weichen Sound der fünf Freunde aus Oslo hat sich eine unüberhörbare Schicht an Melancholie gelegt.



Und macht aus der zweiten das, was man eine Konzeptplatte nennt: Schon optisch unterscheidet sich „Drama“ vom Vorgänger – lugte man hier durch eine sonnenbeschienene Jalousie neugierig nach draußen, wird der Blick jetzt auf eine doch recht dunkel eingefärbte Innerlichkeit gelenkt, Abendrot, flackernde Beleuchtung, Regenschlieren, die Bildarbeiten von Steph Hope tun ein Übriges. Mitmenschlichkeit und Liebe bzw. die Abwesenheit derselben sind das Thema, von dem Sigrid Aase und Preben Sælid Andersen singen, Beschwichtigungen, Eingeständnisse, Entschuldigungen, man geht sehr bedächtig zu Werke. Sympathisch bleibt es dennoch, denn zumeist sind das feine und sparsame Arrangements, die da verbastelt werden und wirkliche Ausreißer hat es nur wenige dabei: „Breathe“ wird die Spur zu groß und laut, „Time To Forget“ erinnert vielleicht zu sehr an eine Neuauflage von „La Boum“. Der Rest aber passt – wehmütig, aber schön.

07.03.  Berlin, Fluxbau

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