Belle And Sebastian
Support: Jane Weaver
Muffathalle, München, 16. Februar 2018
Es gibt ihn ja nicht so oft hier, diesen (nennen wir ihn mal generös) „Berlin-Moment“. Den Punkt am Abend also, an dem man sich entscheiden muss, was genau man nun sehen will und was man dafür zu verpassen bereit ist. Die Wahl steht zwischen den ziemlich angesagten Punkrockern von Feine Sahne Fischfilet dort und eben Belle And Sebastian hier. Die Wahl fällt also zwischen dem zwar sympathischen, aber doch auch sehr groben Klotz und der Einladung zur Tour durch die eigenen Jugenderinnerungen, ist demnach auch eine zwischen jung und jung geblieben. Die einen treten der landläufigen (und zumeist westlichen) Meinung entgegen, nach der sich in den endlosen Weiten Mecklenburg Vorpommerns nur rolatorbewährte Wellnessgreise und braungefärbte Dummbeutel herumtreiben, die anderen wiederum gelten als Paradebeispiel dafür, dass auch die Kargheit einer schottischen Arbeiterstadt etwas Wunderbares, Zartes, ja Träumerisches hervorzubringen im Stande ist. Rostock, Glasgow, you’ll never walk alone…
Und auch wenn man die Sache für sich schon ziemlich früh abmachen musste – beide Shows waren natürlich ausverkauft – so hatten die Belles in Stuart Murdoch doch ein Pfund, mit dem sie wuchern konnten. Schließlich ist der Mann das, was man einen „born entertainer“ nennt, und zwar einer der charmantesten Sorte. Seine beiläufigen und gut gelaunten Einlassungen zwischen den Songs sind fast so unterhaltsam wie die Musik selbst: Da werden fotografische Eindrücke vom Spaziergang durch München kommentiert („Slide!“), die Fahne der Stadt ausgiebig gewürdigt („Bold!“), es gibt entspannte Plaudereien mit dem Publikum (wenn man es in Teilen nicht gleich selbst zum Tanzen auf die Bühne holt), Geschichten, Erinnerungen, dafür ist man gekommen. Und wird nicht enttäuscht.
Auch und gerade nicht von der Setlist der neunköpfigen Kapelle. Selten mischt sich Aktuelles und Vergangenes so vielfältig und ausgewogen wie hier. Was auch daran liegen kann, daß die Band momentan keinen kompletten Longplayer, wohl aber eine feine EP-Sammlung mit dem schönen Titel „How To Solve Our Human Problems“ bewirbt. Wenn man es richtig überblickte, ist fast von jeder Platte, jeder Epoche ihres gut zwanzigjährigen Schaffens etwas dabei, von Frühwerken „The Boy With The Arab Strap“, „Tigermilk“ und „If You’re Feeling Sinister“ bis hin zum letzten Studioalbum „Girls In Peacetime Want To Dance“ – der hier eingespielte Clip zu „Perfect Couples“ zählt nach wie vor zu den raffiniertesten Kurzfilmen des Genres. Dazu noch ikonografisches Bild- und Videomaterial, das man mit der Band seit Jahren schon so fest verbindet wie sonst nur mit (dem leider etwas in Ungnade gefallenen) Steven Patrick Morrissey. Die richtige Wahl, der perfekte Abend also. Und, scheiß auf das Missverständnis: Immer noch Gutmenschenmusik. Heute spielen die Belles übrigens in Berlin. Und da treten zur gleich Zeit … ach, die sind schon selber groß genug dort.
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