Fever Ray
Support: Tami T
Muffathalle, München, 22. Februar 2018
Ehrlichkeit ist nicht immer angebracht, angenehm schon gar nicht, ohne kommt man aber auch nicht sehr weiter. Deshalb, auch wenn’s schmerzt, ehrlich: Knappe neun Jahre hatte man auf ein Konzert von Karin Dreijer Andersson aka. Fever Ray warten müssen, so lange also, wie die Schwedin, Frontfrau des leider verblichenen Avantgarde-Duos The Knife, gebraucht hatte, um ihr neues Album “Plunge” dem gradiosen Debüt hinterher zu schicken. Das ist eine lange Zeit, in der sich viel ändern kann und dies tatsächlich auch hat – Sound, Optik, Subtext, alles neu. War der schwarzgewandete Erstling noch ein düster berauschtes Amalgam aus Elektro, Trip Hop und Ethnomystik, irgendwo zwischen Massive Attack und “Felt Mountain” von Goldfrapp, so sind wir jetzt bei schwer pumpenden, irren Dancerhtymen, einer Art Endzeitdisco angelangt. Wo auch nicht mehr schwarz, sondern feuriges Neon in allen Grelltönen die bestimmende Farbe ist und der Stilmix für Bild, Schrift und Ton die Richtung diktiert. Reizvoll, aber auch etwas anstrengend. Hinzu kommt der Umstand, daß Dreijers Auftritte, in filmischer Form oder eben live, zunehmend sexuell aufgeladen sind, passend natürlich zur anhaltenden Geschlechter- und Feminismusdebatte.
Das ist nicht neu, The Knife arbeiteten schon längere Zeit in diese Richtung, nun wird der Ton eben auch solistisch schärfer, deutlicher und für ihre Verhältnisse erstaunlich unzweideutig. Die Art, wie sie diese Veränderungen auf die Bühne bringt, wirkt dann aber leider über weite Strecken etwas arg kühl und ideenarm. Vielleicht hätte man sich ein paar mehr Variationen des Bühnenbildes (hier eine Art mehrstöckiger Amüsierschuppen mit lustig flackernder Illumination) gewünscht, auch die Choreographie ihrer Travestie-Armee kickte nach dem dritten oder vierten Song nicht mehr ganz so dolle - gemessen an den weirden Videoarbeiten wirkte das alles eine Spur zu brav. Der Sound wenigstens stimmte, die Tracks der beiden Alben kamen klar, druckvoll und meistensteils für die Show um ein paar Drehzahlen erhöht über die PA. Dennoch, ausgelassene Stimmung wollte man der prall gefüllten Halle nicht attestieren, dafür sind ein paar gruselige Kostüme und Bumm-Bumm (auf zugegebenermaßen sehr hohem Niveau) vielleicht einfach nicht genug. Die Qualität der neuen Songs mindert das allerdings in keinster Weise, Dreijer bleibt mit ihrem neuen Alter Ego, der finster dreinblickenden Kreuzung aus Big Baby und Joker, noch immer beste Unterhaltung und fieser Tripp zugleich.
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