Freitag, 22. Februar 2013

Wider das Klischee

Marius Ziska
„Recreation“

(Broken Silence)

Wohl dem, der ohne die üblichen Klischees über den Parcours kommt – aber wem fallen zu den Färöer nicht Unmengen von Schafen, wollbemützte und vollbärtige Naturburschen und natürlich Rudi Völler ein? Ja, Rudi Völler – denn dem war die zerklüftete Insellandschaft mitsamt seiner Einwohnerschaft seit jeher suspekt, sie veranlasste ihn 2002 nach einem denkbar knappen Sieg seiner Mannschaft zu der später maßgeblichen Lehrmeinung, im Fussball gäbe es keinen “Kleinen” mehr und im übrigen sei er “froh, dass dieses Spiel vorbei ist.” Vielleicht sollte unsere Tante Käthe ein Ohr für Marius Ziska, den Mann aus dem 500-Seelen-Dörfchen Søldarfjørður riskieren, denn ebenjenem Ziska könnte nicht nur als erstem Färinger der Sprung nach Mitteleuropa gelingen – sein Album „Recreation“ hat sogar das Zeug, einen paar gängige Vorurteile über das Land und seine Leute zu widerlegen.

Schnell wird nämlich klar, dass auf den Färöer neben den Lebensaufgaben Ackerbau und Viehzucht oder grimmigem Wahlschlächter sehr wohl noch andere Berufsbilder zu Auswahl stehen – man kann es, wie Ziska und sein Quartett eindrucksvoll beweisen, mit dem entsprechendem Talent auch zu einem anständigen Singer/Songwriter schaffen. Ob’s nur an der väterlichen Plattensammlung lag, die reichlich mit passenden Vorbildern wie Bob Dylan, John Lennon und E.L.O. gefüllt war, dass der Junge diesen Weg erfolgreich gehen konnte – wer weiß? Geschadet hat es sicher nicht, „Recreation“ vereint jede Menge solide, folkige Popsongs, einfach arrangiert und deshalb auch sehr anhänglich.

Ziskas Vocals erinnern manchmal etwas an die von Chris Martin, auch mancher Takt in „Nice Day“ könnte man bei Coldplay verorten. Glücklicherweise verharrt die Band nicht stur bei einer Klangfarbe, sondern variiert von Song zu Song – so gibt es einen ganzen Schwung von quicklebendiger Instrumente inklusive Slideguitar und Schafsblöken (kein Scheiß!) bei „Into The Silence“, gutgelaunte Bigbandatmo in „One In The Masses“ und natürlich das stimmungsvolle und nahezu perfekte „Love“. Mit Stücken wie „The Middle Way“ füllen Mumfords Söhne mittlerweile ganze Alben und Arenen und das rührige „Sound Of You“ erinnert einen daran, dass auch die beiden Schmachthappen von Simon And Garfunkel daheim im Regal standen. Geschenkt, der Liedermacher liefert von solide bis hochklassig und rückt dabei noch das eine oder andere Weltbild gerade, was – bitteschön – kann man mehr erwarten?

Marius Ziska "Love" als Download bei Soundcloud und auf Tour:

21.03.  Lübeck, Blauer Engel
22.03.  Husum, Live In The Living
23.03.  Kiel, Prinz Willy
24.03.  Berlin, Loophole
25.03.  Berlin, White Trash
26.03.  Dresden, Thalia Kino
27.03.  Leipzig, Lu99
28.03.  Duisburg, Grammatikoff
29.03.  Biel, Ufo (CH)
30.03.  Freiburg, Räng Teng Teng
31.03.  München, Milla
03.04.  Chemnitz, Aaltra
05.04.  Eckernförde, Das Haus

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