Lana Del Rey “Born To Die” (Vertigo Berlin)
Die Türen hoch, die Tore weit, Fanfaren auf Anschlag – die Branche japst im Dauerdelirium, bereit für den nächsten Hype, die malade Musikindustrie lechzt auf dem Krankenbett nach Linderung der Phantomschmerzen und doch landet am Ende alles im Rachen von Dotcomkim. Diesmal unter der Zirkuskuppel: Die bleichgesichtige Verwandlungskünstlerin Lana Del Rey, 25, in der Sedcard ein Album unter anderem Namen, für das sich ehrlicherweise niemand so recht interessiert hat, nun aber, gepusht von Guy Chambers, mit “Born To Die” der Sprung aus dem Stand zur Popikone. Natürlich wird kein Mensch gezwungen, die mediale Hysterie mitzugehen, im Unterschied zum Phänomen Lady Gaga, wo der Inhalt der reizvollen Verpackung, also die Musik, von erschreckender Durchschnittlichkeit ist, erwartet den Hörer bei Lana Del Rey jedoch ein deutliches Plus an Substanz.
Keine Ahnung, ob die SPEX das Copyright auf die Charakterisierung besitzt, “Hollywood Sadcore” trifft jedoch in jeglicher Hinsicht punktgenau das, was für die einen das Faszinierende, für andere das Abstoßende an der Amerikanerin ausmacht. Hollywood steht für die kalkulierte Inszenierung, für die Provokation, die Irritation, die sexuellen Anspielungen. Sie hat die porzellanpüppchenhafte Verletzlichkeit ebenso im Repertoire wie den psychotischen Vamp, sie gibt bereitwillig die Projektionsfläche, um gleich danach jegliche Doppeldeutigkeit von sich zu weisen. Die Beschaffenheit ihrer Lippen wird mit der gleichen Ernsthaftigkeit diskutiert wie der Kontoauszug von Mitt Romney, segensreiches Ballyhoo, Gesprächsfutter – soweit bekannt, Allgemeinplatzfestival.
Die Traurigkeit ist es wohl, die das Album als Grundrauschen, als Subtext begleitet und die einen dabeibleiben läßt – für einen Song sicher kein Alleinstellungsmerkmal, in der Gesamtheit der zwölf Stücke allerdings nicht so häufig zu finden. Sie deshalb gleich zur einzig legitimen Erbin von Christa Päffgen alias Nico auszuloben, geht dennoch zu weit – ganz so trostlos und bleischwer sind ihre Lieder doch nicht geraten. Sie orientieren sich eher an der leidenschaftlich überdrehten und surealen Kulisse von Lynchs “Wild At Heart” (Chris Isaaks “Wicked Game” meint man mehrmals wiederzuerkennen) und entfalten, versehen mit den passenden Requisiten, einen dauerhaften Reiz. Das gilt für das betörende Titelstück ebenso wie für die geschickt gesampelten Downtempostücke “Video Games” und “Blue Jeans”.
Aber neben diesen Stücken, die frühzeitig im Netz kursierten, fällt auch der weniger bekannte Rest kaum ab: “Off The Races” mit seinem mädchenhaft albernen Kieksen (“I’m sorry that I’m misbehavin “) auf pochendem Beat, ihre frivole Interpretation der Landeshymne (“Money is the anthem of success, so put on mascara, and your party dress,..., I sing the National Anthem, while I'm standing over your body, hold you like a python and you can't keep your hands off me“). Schwachstellen einzig das arg verkitschte „Dark Paradise“ (obwohl der Kitsch dieses Album irgendwie ja auch groß macht) und das dahinplätschernde „This Is What makes ...“, dafür gelingen der dunkle Schwof vom „Million Dollar Man“ und die schnulzige Fototapete „Summertime Sadness“ grandios. Man kann es am Ende drehen wie man will, für „Born To Die“ gibt‘s im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Finger weg! oder bedingungslose Hingabe. Alles andere ist F.D.P.
Die Türen hoch, die Tore weit, Fanfaren auf Anschlag – die Branche japst im Dauerdelirium, bereit für den nächsten Hype, die malade Musikindustrie lechzt auf dem Krankenbett nach Linderung der Phantomschmerzen und doch landet am Ende alles im Rachen von Dotcomkim. Diesmal unter der Zirkuskuppel: Die bleichgesichtige Verwandlungskünstlerin Lana Del Rey, 25, in der Sedcard ein Album unter anderem Namen, für das sich ehrlicherweise niemand so recht interessiert hat, nun aber, gepusht von Guy Chambers, mit “Born To Die” der Sprung aus dem Stand zur Popikone. Natürlich wird kein Mensch gezwungen, die mediale Hysterie mitzugehen, im Unterschied zum Phänomen Lady Gaga, wo der Inhalt der reizvollen Verpackung, also die Musik, von erschreckender Durchschnittlichkeit ist, erwartet den Hörer bei Lana Del Rey jedoch ein deutliches Plus an Substanz.
Keine Ahnung, ob die SPEX das Copyright auf die Charakterisierung besitzt, “Hollywood Sadcore” trifft jedoch in jeglicher Hinsicht punktgenau das, was für die einen das Faszinierende, für andere das Abstoßende an der Amerikanerin ausmacht. Hollywood steht für die kalkulierte Inszenierung, für die Provokation, die Irritation, die sexuellen Anspielungen. Sie hat die porzellanpüppchenhafte Verletzlichkeit ebenso im Repertoire wie den psychotischen Vamp, sie gibt bereitwillig die Projektionsfläche, um gleich danach jegliche Doppeldeutigkeit von sich zu weisen. Die Beschaffenheit ihrer Lippen wird mit der gleichen Ernsthaftigkeit diskutiert wie der Kontoauszug von Mitt Romney, segensreiches Ballyhoo, Gesprächsfutter – soweit bekannt, Allgemeinplatzfestival.
Die Traurigkeit ist es wohl, die das Album als Grundrauschen, als Subtext begleitet und die einen dabeibleiben läßt – für einen Song sicher kein Alleinstellungsmerkmal, in der Gesamtheit der zwölf Stücke allerdings nicht so häufig zu finden. Sie deshalb gleich zur einzig legitimen Erbin von Christa Päffgen alias Nico auszuloben, geht dennoch zu weit – ganz so trostlos und bleischwer sind ihre Lieder doch nicht geraten. Sie orientieren sich eher an der leidenschaftlich überdrehten und surealen Kulisse von Lynchs “Wild At Heart” (Chris Isaaks “Wicked Game” meint man mehrmals wiederzuerkennen) und entfalten, versehen mit den passenden Requisiten, einen dauerhaften Reiz. Das gilt für das betörende Titelstück ebenso wie für die geschickt gesampelten Downtempostücke “Video Games” und “Blue Jeans”.
Aber neben diesen Stücken, die frühzeitig im Netz kursierten, fällt auch der weniger bekannte Rest kaum ab: “Off The Races” mit seinem mädchenhaft albernen Kieksen (“I’m sorry that I’m misbehavin “) auf pochendem Beat, ihre frivole Interpretation der Landeshymne (“Money is the anthem of success, so put on mascara, and your party dress,..., I sing the National Anthem, while I'm standing over your body, hold you like a python and you can't keep your hands off me“). Schwachstellen einzig das arg verkitschte „Dark Paradise“ (obwohl der Kitsch dieses Album irgendwie ja auch groß macht) und das dahinplätschernde „This Is What makes ...“, dafür gelingen der dunkle Schwof vom „Million Dollar Man“ und die schnulzige Fototapete „Summertime Sadness“ grandios. Man kann es am Ende drehen wie man will, für „Born To Die“ gibt‘s im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Finger weg! oder bedingungslose Hingabe. Alles andere ist F.D.P.
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